V. Kultur-, Kunst- und Bildungsgeschichte.

Den kühnen Versuch, »die ganze Kultur unserer Thüringer Heimat auf beschränktem Raume zusammenfassend darzustellen«, hat Greiner < 308> unternommen. Ausgehend von den stammesmäßigen Eigenheiten des Thüringer Volkes, von Wesensart und Anlagen


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der Bevölkerung sucht er die Auswirkungen des Volkscharakters in der heimischen Kultur, d. h. in einer subjektiven Auswahl von bedeutenden Persönlichkeiten des wirtschaftlichen, schulischen, wissenschaftlichen, militärischen, künstlerischen, dichterischen, theatralischen und musikalischen Lebens, die in Thüringen geboren sind oder aus thüringischen Familien stammen, zu erkennen und die Gesamtheit von deren Leistung so als eine Stammesleistung zu bezeichnen. Man kann nicht bestreiten, daß das Buch einem heute weithin bestehenden Bedürfnis entgegenkommt und daß manche Anregung in ihm steckt. Aber man darf auch nicht verschweigen, daß die bedenklichen, in Fragestellung und Methode, in Auswahl und Urteil bestehenden Mängel die Arbeit über das Stadium eines Versuchs nicht haben hinauskommen lassen.

Für eine Gesamtgeschichte der Universität Jena sind im Berichtsjahr wieder mehrere Vorarbeiten erschienen. Hiller < 123> gibt eine quellenmäßig gut unterbaute und abgerundete Darstellung der Geschichtswissenschaft in Jena zur Zeit der Polyhistorie, die hier um so mehr interessiert, als drei der damaligen Professoren, Sagittarius, Struve und Buder, auch für die Landesgeschichtsforschung bedeutsam geworden sind. -- O. Knopf, Die Astronomie an der Universität Jena (Jena, Fischer), stellt die Entwicklung dieses Faches von den Anfängen in der Mitte des 16. Jh.'s bis zu seiner eigenen Entpflichtung 1927 in auch dem Laien verständlicher Form dar, würdigt die Leistungen der Fachvertreter im Rahmen ihrer Zeit und setzt Jena dabei in deutsche und außerdeutsche Beziehungen. -- Th. Lockemann, Schellings Berufung nach Jena (In: Festschrift für Albert Leitzmann, Jena, Frommann), behandelt dieses Thema auf Grund archivalischen Materials und der Briefe Schellings.

Die Kulturgeschichte von Weimar wird bereichert durch die Arbeiten von A. Bartels, Weimar und die deutsche Kultur (3. Aufl. Weimar, Fink), E. Herfurth, Gymnasiasten von anno dazumal (Weimar, Gebr. Knabe), W. Deetjen, Die Erwerbung Oßmannstedts durch Wieland (In: Festschrift für Albert Leitzmann, Jena, Frommann), und Max Hecker, Goethe und Schiller in ärztlicher Behandlung (ebd.), auf die hier nur kurz hingewiesen sei. -- Die Geschichte des Museums in Gotha und seiner bedeutenden Schätze wird durch die Veröffentlichung von K. Purgold-Eberhardt Frhr. Schenk zu Schweinsberg, Das Herzogliche Museum (In: Gotha, das Buch einer deutschen Stadt, H. 8. Gotha, Engelhard-Reyher), aufgehellt, die mit vorzüglichen Abbildungen ausgestattet ist. -- Den ersten Versuch einer Theatergeschichte von Altenburg bietet B. Lürgen, Chronik des Theaters in Altenburg (Leipzig, Max Beck). -- Musikgeschichtlich sind hier zu nennen die Arbeiten von E. Wennig, Chronik des musikalischen Lebens in Jena (Jena, Diederichs), die einen guten Überblick über die Jenaer musikalischen Vorgänge bis 1750 gibt, und H.-J. Wagner, Die Orgelmusik in Thüringen zwischen 1830 und 1860 (Diss. phil. Berlin), der diese Zeit als Erstarrung alter, zugleich aber als Aufkommen neuer Formen charakterisiert.


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