II. Quellenwerke.

In einer Besprechung der Aachener Regesten < 215> hat F. W. Oediger schon darauf hingewiesen, daß Aachen seinen Stolz hätte darein setzen sollen, statt eines Regestenwerks ein Urkundenwerk vorzulegen, dessen Kosten kaum erheblich größer gewesen sein würden (Düsseld. Jbb. 40, S. 316), auch müßten die Quellen erst in einwandfreier Form veröffentlicht sein. Aus dem Vorwort des Herausgebers, A. Huyskens, geht nun freilich hervor, welche Schwierigkeiten für die ganze Publikation zu überwinden waren, zumal


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da die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde eine Veröffentlichung aller rheinischen Urkunden bis 1250 seit vielen Jahren plant und für die folgende Zeit (bis 1519) eben nur Regestenwerke vorgesehen hat. Huyskens wollte den ersten Band der Regesten von 1251--1300 selbst bearbeiten, konnte diese Absicht aber bisher nicht verwirklichen. So erscheint zunächst der zweite Band 1301--1350, bearbeitet von W. Mummenhoff. Er enthält alle erreichbaren Urkunden, die sich auf das Gebiet der Reichsstadt und des Aachener Reichs beziehen, ebenso das der Reichsabtei Burtscheid. Dagegen ist für das Gebiet der Reichsabtei Cornelimünster eine besondere Veröffentlichung vorgesehen. Mummenhoff weist darauf hin, wieviel Urkunden rein städtischer Herkunft durch den Stadtbrand von 1656 zugrunde gegangen sind. Auch das Archiv des Schöffenstuhls war z. T. vernichtet worden. Demgegenüber ist der Anteil der aus den geistlichen Stiftungen stammenden Urkunden erheblich größer. Der Bearbeiter hat bei der Regestierung der Urkunden alle in ihnen vorkommenden Orts- und Personennamen berücksichtigt und bei der Identifizierung der ersteren die germanischen Namensformen vorgezogen. Wegen der Grenzlage Aachens ist besonderer Wert darauf gelegt worden, die sprachliche Eigenart möglichst unverfälscht zum Ausdruck zu bringen. Daß der Bearbeiter außerordentlich sorgfältig gearbeitet hat, bestätigt auch Oediger, der nur einige wenige Verbesserungen und Ergänzungen anzuführen weiß. Das übersichtliche Orts- und Personenregister nimmt etwa den 6. Teil des ganzen Bandes ein. Soviel ich sehen kann, ist es durchaus zuverlässig. Auch ein Wort- und Sachregister ist beigefügt.

Der Xantener Dombauverein ist mit sehr umfangreichen und bedeutenden Veröffentlichungen hervorgetreten. Was in dem von B. Vollmer entworfenen Arbeitsplan in Aussicht gestellt wurde, hat in verhältnismäßig kurzer Zeit schon seine Erfüllung gefunden. Zunächst erschien 1935 das von P. Weiler bearbeitete Urkundenbuch des Stifts Xanten, 1. Band, der die älteste Zeit bis 1359 umfaßt (Bonn, Röhrscheid 1935, XIX, 714 S.), in prächtiger äußerer Ausstattung. Die Zahl der aus dem Hochma. stammenden Stücke ist leider sehr gering, da der Brand vom J. 1109 fast alle alten Urkunden vernichtet hatte. So stehen vor dieser Zeit nur 4 eigentliche Urkunden zur Verfügung. Den Nummern des UB. nach sind es mehr, da der Bearbeiter wie in einem Regestenwerk jede Notiz als Nummer zählt. Die Geschichte des Stiftsarchivs wird in der Einleitung nur gestreift, doch werden hier die Kopiare und Handschriften genau beschrieben. Beim Abdruck der Urkunden werden in sorgfältiger Weise die bisherigen Drucke und Erwähnungen dem Text vorgesetzt, was andern Urkundenbüchern gegenüber angenehm auffällt. Schon hierdurch kann man feststellen, wie groß der Bestand an bisher gänzlich unbekannten Urkunden ist. Der Bearbeiter hat sich auch nicht auf das Xantener Material allein beschränkt, sondern die in andern Beständen vorliegenden Urkunden herangezogen, die etwa vom Propst oder Kapitel ausgestellt sind oder das Xantener Archidiakonat und Stift betreffen. Mit genaueren diplomatischen Untersuchungen der ältesten Urkunden scheint sich Weiler nicht beschäftigt zu haben, auch hat er es mit den Inhaltsangaben der einzelnen Urkunden sich ziemlich leicht gemacht. Inwieweit die ihm im Deutschen Archiv für Geschichte des MA. (Jg. 1, S. 217) gemachten Vorhaltungen voll gerechtfertigt sind, wird erst eine eingehendere Untersuchung der Edition festzustellen haben.


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Als Band 3 dieser Veröffentlichungen (Bd. 1 hatte R. Klapheck »Der Dom zu Xanten und seine Kunstwerke« geboten) liegt der erste Band der von C. Wilkes < 2259> herausgegebenen Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte des Archidiakonats und Stifts Xanten vor, mit einem Geleitwort von B. Vollmer, das auf die inhaltliche Bedeutung dieser Publikation für die Geschichte bedeutender Persönlichkeiten sowie auf das reiche Material für Landes-, Kunst- und Wirtschaftsgeschichte hinweist. In der Einleitung berührt der Herausgeber die Geschichte des Stiftsarchivs und gibt einen Überblick über die einzelnen Abteilungen mit bemerkenswerten Hinweisen auf den eminenten Reichtum dieser Quellen für ein Gebiet, das den ganzen Niederrhein bis weit nach Holland hinein und einen großen Teil Westfalens umfaßt. Mit Rücksicht auf die wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung wurden die ältesten Urbare, Heberegister und Rechnungen hier veröffentlicht, um die summarischen Angaben der Urkunden zu ergänzen. Die Edition zeigt 3 Abschnitte: 1. Propstei und Archidiakonat, 2. Das Stiftskapitel, die Offizien und Vikarien und 3. Der Besitz und die Gerechtsame des Stiftskapitels. Die Register scheinen mir nach mehreren Stichproben durchaus zuverlässig zu sein. Wenn man bedenkt, daß dem Bearbeiter gleichzeitig die nicht geringe Aufgabe oblag, das Stiftsarchiv zu ordnen, so wird man bewundern müssen, daß es ihm gelungen ist, in so kurzer Zeit diese keineswegs leichte Edition zu vollenden.

Als Band 4 der Veröffentlichungen liegen die Memorien des Stiftes Xanten vor, bearbeitet von E. Weise (Bonn, Röhrscheid 1937, XLVIII, 358 S.). Wie in dem Geleitwort B. Vollmers hervorgehoben wird, kamen als Grundlage der Veröffentlichung außer den im Stiftsarchiv zu Xanten und im Staatsarchiv Düsseldorf verwahrten Totenkalendern und Memorienbüchern die in der Universitätsbibliothek Münster und im Archief van den Hoogen Raad van Adel im Haag ruhenden wertvollen Handschriften in Betracht. In der Einleitung setzt sich Weise zunächst mit den Begriffsbestimmungen auseinander und zeigt, daß hier eine ununterbrochene Linie der Entwicklung von den ältesten Totenkalendern des 11. bis zu den Namensregistern des 17. und 18. Jh.'s verfolgt werden kann. Das Memorienbuch ist eine Weiterbildung des Nekrologiums. Beide Arten sind nie nebeneinander geführt worden. Das in Münster befindliche älteste Nekrologium hat bereits M. Meyer zu bearbeiten begonnen. Es scheidet hier aus. Im übrigen bietet Weise hier neben einer Beschreibung der einzelnen Handschriften den Ertrag der außerordentlich mühevollen Feststellung der einzelnen Schreiberhände. Die Veröffentlichung gliedert sich in 3 Teile: A. Kalendarium, B. Liber presentiarum (1300--1454), C. Memorienkalender der Xantener Domvikare. In B. hat C. Wilkes eine Rechnung der Praesenz von 1345 und ein Urbar der Praesenz von 1400 beigesteuert. Sorgfältige Register sind auch dieser Publikation beigefügt, außerdem einige Reproduktionen einzelner Handschriftenseiten. Sie geben dem Laien einen kleinen Begriff von der außerordentlichen Schwierigkeit der Edition.


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