VI. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte.

In der aus der Schule von Planitz hervorgegangenen Dissertation von W. Sonntag < 1907> wird der Zunftzwang nach den verschiedensten Richtungen hin betrachtet, nachdem der Verf. die Überzeugung ausgesprochen hat, daß nur durch Zwang im MA. ein geregeltes Erwerbsleben aufrechtzuerhalten war. »In all seinen Formen diente der Zunftzwang dem Bestreben der Handwerker, allen Fachgenossen gleichmäßigen Absatz zu sichern.« In mannigfachen Variationen wird dies Thema des Zunftzwangs hier durchgeführt: die Verleihung dieses Zwangs, sachlicher und persönlicher Zwang, Zulassungsbedingungen, Ausnahmen vom persönlichen Zunftzwang. »Den Juden war eine Betätigung sowohl im zünftigen als auch im nichtzünftigen Handwerk verboten« (S. 44). In Köln konnte sich der örtliche Zunftzwang nicht vollständig durchsetzen. Ebenso ist hier der regalistische Zunftzwang nicht zu größerer Bedeutung gekommen. Die Ausübung des Zunftzwangs hatten in Köln nur 3 Zünfte. Im übrigen entschied das Ratsgericht.

Die fast die Stärke eines Buchs umfassenden Studien von J. V. Bredt < 2094> geben ein lebensvolles Bild von Land und Leuten der auf dem Grenzgebiet zwischen Franken und Sachsen gelegenen Ortsgemeinde Barmen, von Rechtswesen und Kommunalverwaltung, Markennutzung, Höfen und Hofesgerichten in Barmen. Die umfassenden Kenntnisse des Verf. sind hier in einer sehr anziehenden und verständlichen Weise niedergelegt worden. Mit Rücksicht auf das Buch von Ad. Werth hat er darauf verzichtet, auf die kirchliche Geschichte hier noch einmal einzugehen. Im übrigen ist aber alles behandelt,


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was namentlich die rechtlichen Verhältnisse betrifft. Der Verf. wollte damit auch einen Beitrag zur allgemeinen deutschen Rechtsgeschichte geben.

F. Lau < 2095> hat im wesentlichen auf Grund von Rechnungen die Lücken unserer bisherigen Kenntnisse von den Persönlichkeiten ausgefüllt, die als Beamte sowie als Angehörige des Hofstaats in Düsseldorf tätig waren. Obwohl die Quellen im Düsseldorfer Staatsarchiv vielfach versagten, konnte L. doch durch Heranziehung der Akten des Generallandesarchivs Karlsruhe und der Kirchenbücher des Düsseldorfer Pfarrarchivs von S. Lambertus vieles ergänzen. So verdanken wir seinen mühevollen Studien die Listen über den Personalbestand der Düsseldorfer Regierungskollegien für die Zeit von 1619 bis 1716. Demnächst werden auch die Listen über das Personal des Hofstaats folgen.

Dem bereits von Lacomblet veröffentlichten Bergischen Ritter- und Landrecht haben E. Dößeler und O. Fuhrmann < 2097> außerordentlich sorgfältige Studien gewidmet. D. hat sich vorzüglich bemüht, die zahlreich vorhandenen Handschriften nach Alter, Schrift- und Sprachcharakter zu prüfen, wobei ihm auch die Wasserzeichenkunde Dienste leistete. Das eigentliche Original ist verloren, und so galt es, die älteste Abschrift zu ermitteln, die er dann seiner Edition zugrunde legte. Sie stammt aus dem Ende des 15. Jh.'s, während das Rechtsbuch selbst in die 2. Hälfte des 14. Jh.'s zu setzen ist. Zu den 62 Paragraphen der Edition von D. gibt dann F. willkommene Erläuterungen. Er zeigt, daß ein großer Teil der Vorschriften Standesrecht der bergischen Ritterbürtigen ist, die Bestimmungen lehnrechtlicher und eherechtlicher Natur enthalten. Die übrigen Vorschriften haben rein landrechtlichen Inhalt. Eine direkte Abhängigkeit des bergischen Rechtsbuches von andern Territorialrechten weist F. zurück, stellt aber fest, daß viel niederdeutsches Rechtsgut, das sich auch im Sachsenspiegel vorfindet, vorhanden ist. Zu der ganzen, recht wertvollen Arbeit hat D. noch ein Orts-, Personen- und Sachregister beigesteuert. -- Eine interessante Aufgabe hat sich B. Vollmer < 2098> gestellt mit der Untersuchung über die staatsrechtliche Stellung der niederrheinischen Unterherrschaften, zu der gerade die bergische Herrschaft Broich an der Ruhr umfangreiches Material bietet. Da dieses Gebiet sich seit dem 18. Jh. im Besitz der Landgräfin von Hessen-Darmstadt befand, suchte diese nach dem Zusammenbruch der Fremdherrschaft für Broich den Anspruch auf Reichsstandschaft Preußen gegenüber zu behaupten. Es haben damals sehr eingehende staatsrechtliche Untersuchungen stattgefunden, die der historischen Entwicklung der Herrschaft galten. Hauptsächlich waren damit der kölnische Oberlandesgerichtspräsident Sethe und der bekannte Staatsrechtler Klüber beschäftigt. Die Entscheidung erfolgte erst 1824. Sie wies jenen Anspruch ab, entschädigte aber infolge der vom König von Preußen der Landgräfin gegebenen Zusicherungen deren stark verschuldeten Sohn in finanzieller Weise. Doch wurden schließlich alle Hoheitsrechte und das Schloß Broich veräußert, so daß heute die Hauptinhaber der Hoheitsrechte und des Grundbesitzes der einstigen Herrschaft der Staat und die Stadt Mühlheim sind. Die ganze Untersuchung bietet für die Geschichte des Gebiets sehr belangreiche Einblicke und der Verf. hat die schwierigen staatsrechtlichen Fragen verständlich zu machen gewußt.

In einer überaus eingehenden und vorsichtigen Untersuchung zeigt O. Cremer < 2100> die Entwicklung des Rentenkaufs aus der Erbleihe und setzt sich bei seinen Ausführungen über die Kölner Verhältnisse mit der Arbeit von Göbbers


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auseinander. Das Kernstück bildet der Abschnitt über den städtischen Rentenkauf, doch werden zum Schluß noch andere Arten der Rente untersucht. Daran schließt sich eine kurze Übersicht über die weitere Entwicklung, soweit sie nicht der reinen Geldwirtschaft angehört. Im Anhang ist neben einer Reihe von Schreinsurkunden ein Privileg Karls V. von 1541 über Fahrrenten und Hauszinsen und deren Ablösung abgedruckt. -- Über die wirtschaftsgeschichtlich interessante Publikation von Wilkes < 2259> ist bereits oben berichtet worden, ebenso über die rheinisch-westfälischen Wirtschaftsbiographien < 68>. Für dieses Gebiet sei noch hingewiesen auf die prächtig ausgestattete Festschrift der Dillinger Hüttenwerke (250 Jahre Dillinger Hütte). H. van Ham hat hier, gestützt auf reiche archivalische Quellen, die Entwicklung dieses mit Ausnahme von Neunkirchen ältesten Hüttenwerks des Saarlands von 1685 bis zum Weltkrieg geschildert. Dem Marquis de Lénoncourt hatte 1685 Ludwig XIV. die Genehmigung zu dieser Hütte erteilt. Es hatte hier aber auch früher schon Hämmer und Schmelzen gegeben. Diese Vorgeschichte ist nicht aus der Acht gelassen. Manche Urkunden sind wörtlich abgedruckt.


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