III. Politische Geschichte.

Nachdem die Stellung des Kernlandes des Karolingischen Reiches mit der neuen Grundlegung ein wesentlich schwereres Gewicht bekommen hat, muß auch dessen spätere Geschichte in anderem Lichte erscheinen. Es kommt heute weniger darauf an, die französische Ausdehnungspolitik, ihre Zersetzungsmethoden und ihr kulturelles und politisches Vordringen in die germanischen Volksgebiete festzustellen als vielmehr die Widerstandskräfte und das Beharrungsvermögen auf deutscher Seite. Dieser Forderung entspricht der Aufsatz von Hübinger <S. 43, Nr. 807>. »Gegenüber der Ostpolitik Frankreichs soll Geschichte und Funktion der alten Westmark als Glied des Reiches Gegenstand der Darstellung sein.« Er untersucht vorsichtig abwägend die Beziehungen Oberlothringens zu Rhein und Reich in den einzelnen Phasen und in den charakteristischen Äußerungen, so die kirchlichen Bindungen der älteren, die fürstlichen


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der jüngeren Periode nach staatsrechtlichen und personalen Gesichtspunkten und ihren Einfluß auf das Reichsbewußtsein. Von dem gleichen Gedanken angeregt ist der »Hinweis« von Schieffer < 171>, der eine kritische Übersicht der das Grenzbistum Kamerich betreffenden Literatur gibt und dabei anmerkt, welche Punkte bei einer Behandlung vom deutschen Gesichtskreis aus im Vordergrund zu stehen haben. Würdigung verdienen vor allem die Bemühungen Heinrichs II. und Friedrichs I., Kamerich aus der Reimser Kirchenprovinz zu lösen und die hierdurch für die politische Zersetzung des Eckpfeilers der deutschen Westgrenze für Frankreich gegebenen Möglichkeiten zu beschränken <S. 42, Nr. 780>. Erschwert wurde eine starke Grenzpolitik durch den Gegensatz von Bischof und Stadt, wozu Thelliez < 195> einen Beitrag liefert. -- Sehr viel geringer ist die deutsche Einwirkung im Bistum Besançon, wie aus den Bischofslisten in der Arbeit von Niewisch < 148> hervorgeht. Hier ist es eigentlich nur Friedrich Barbarossa, der, wie Güterbock <S. 44, Nr. 817> darlegt, eine bewußte Steigerung des deutschen Einflusses anstrebt. Seit dem 14. Jh. steht Besançon völlig unter dem Einfluß der Herzöge von Burgund; die Bischöfe stammen durchweg aus dem burgundischen Zwischenreich (Pikardie, aber auch Luxemburg). -- Wegen der völlig neuen Einstellung, die Baldewin von Luxemburg als Erzbischof von Trier und Förderer seines Hauses zu den Grenzfragen einnahm, verdient die Arbeit von Stengel < 188> eine besondere Hervorhebung. Trier, das bis zum Ende des 13. Jh.'s in engsten Beziehungen zu seinen westlichen Suffraganen stand und nun französischem Einfluß unterlag, wurde von Baldewin bewußt stärker an die rheinischen Kernlande angeschlossen, die Grafschaft Luxemburg über diese mit dem deutschen Osten in Verbindung gebracht. Den Widerstand gegen Frankreich, den der im Osten verankerte Kaiser nicht mehr leisten kann, sollen nach Baldewins Plan die rheinischen Kurfürsten und die verstärkten Grenzfürstentümer übernehmen.

Vom Ende des 15. Jh.'s veröffentlicht Stein < 186> wichtige Texte zu den Reichsbeziehungen des Burgundischen Zwischenreichs betr. eine Mission Hanerons beim Kaiser, die Trierer Zusammenkunft Karls des Kühnen mit Friedrich III., Instruktionen an Peter Hagenbach u. a.


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