V. Rechtsquellen und Rechtsgeschichte.

Die Sammlung schweizerischer Rechtsquellen ist in der Lage, jedes Jahr einen oder mehrere neue Bände vorzulegen. Herausgegeben vom Schweizerischen Juristenverein wird das Unternehmen durch eine besondere Kommission für die Herausgabe der Rechtsquellen geleitet. An der Spitze dieses Ausschusses standen früher Andreas Heusler, später Walther Merz, und heute ist es der Herausgeber des zur Besprechung stehenden Bandes. Rennefahrt < 223> veröffentlicht die Rechtsquellen der Landschaft Frutigen (Bestandteil des heutigen Berner Oberlandes). In der Einleitung werden der Verfassungszustand und die Grenzverhältnisse zu Ende des 18. Jh.'s mitgeteilt, daran schließt sich ein geschichtlicher Überblick über die behandelte Landschaft, welche sich vom Thunersee bis zum Gemmipaß hinauf erstreckt. In der eigentlichen Quellenausgabe werden 120 Dokumente von 1280 bis 1789 mitgeteilt. Die Ausgabe ist in der vortrefflichen Form der bisher edierten Bände veröffentlicht. -- Das sog. »Testament des Bischofs Tello« von Chur von 765 untersucht Streicher < 721>. Er kommt auf Grund einer diplomatischen Untersuchung zum Schlusse, daß es sich um eine echte Urkunde handelt. Als Empfänger kommt das Kloster Disentis in Frage, und damit erhält die These P. Iso Müllers von der Gründung des Gotteshauses Disentis um 750 eine neue Stütze. --Bauhofer < 2135> untersucht das engere Reichsvogteigericht Zürich und stellt fest, daß eine Zweiteilung des Vogtgerichtes im 14. und 15. Jh. bestand, indem ein vom Blutgericht getrenntes Vogtgericht eine Bußengerichtsbarkeit über Frevel ausübte. Auf dem Wege des Rückschlusses darf vermutet werden, daß dieses Gericht schon im 13. Jh. bestanden hat. Um 1500 muß es


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eingegangen sein. Zahlreiche bisher nicht benützte Quellenstellen aus dem Staatsarchiv Zürich sind mitgeteilt. -- Ein sehr beachtenswertes Gebiet der schweizerischen Rechts- und Verfassungsgeschichte berührt Gasser < 2136> mit seinen landständischen Verfassungen. Unter Verwendung von Kategorien, die Otto Hintze geschaffen hatte, untersucht G. das Vorkommen solcher Ständevertretungen auf schweizerischem Boden in der Waadt, in Neuenburg, im Bistum Basel (heutiger Berner Jura), im Bistum Sitten und in Graubünden. Sehr interessant sind die Feststellungen, wie sich an einzelnen Orten das bäuerliche Element in der Hauptsache durchsetzte und daß auf diese Weise eine Art von bäuerlichem Einkuriensystem entstand.


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