c) Bis 1849.

Wieder lenkten die Folgen der Schlacht auf dem Weißen Berge die Aufmerksamkeit der Forscher stärkstens auf sich. Hrubý darf neuerlich das Hauptverdienst daran in Anspruch nehmen. Legt er doch einen neuen Band mährischer Korrespondenz und Akten für die Jahre 1625--1636 vor < 45>, der sich gleich dem vorausgehenden durch die Reichhaltigkeit des ausgebreiteten Stoffes auszeichnet. Wieder steht freilich die tschechische Korrespondenz im Vordergrunde, während die deutsche meist unter den Strich gedrängt wird, ohne daß die von H. dafür angeführten Gründe immer stichhaltig wären. Wieder betrifft das vorgelegte Material in erster Linie die böhmische Emigration, deren schlesischer (Brieger) Mittelpunkt dabei besonders klar hervortritt. All die finanziellen Schwierigkeiten und die Vorstöße der Gegenreformation werden ebenso sichtbar wie die starke Ablehnung, der die Flüchtlinge in den einzelnen Staaten begegneten. Die Lebensschicksale Zierotins stehen dabei im Vordergrunde. Da es gerade drei Jahrhunderte her sind, daß dieser mährische Ständeführer in der Emigration starb, wurde seiner mit besonderer Anteilnahme gedacht. So faßte Hrubý < 30a> die Grundzüge des Lebenswerkes dieses Politikers zusammen, der nicht im besten Angedenken des tschechischen Volkes steht, da man ihm die Schuld an der Schlacht auf dem Weißen Berge mit zuschreibt. H. feiert ihn denn auch als den »großen Mährer«. Hrubý < 30b> verlebendigt dieses Lebensbild noch durch die Herausgabe von zehn Briefen Zierotins. Aber auch Odložilík < 76> stellte sich mit einer Gesamtwürdigung der Zierotinschen Lebensarbeit ein. O., der auch die Anführung belangloser Einzelheiten nicht vermeidet, bringt eine reiche Menge an Belegen für Zierotins Beziehungen zur deutschen Kulturwelt bei. Schon sein Ausbildungsweg führte ihn durch den deutschen Kulturkeis. Seine ausgedehnten Studienreisen machten ihn zu einem der gebildetsten Adligen dieser Zeit. Besonders zog es ihn nach Westdeutschland, ins kalvinische Heidelberg. Auch unterhielt er Beziehungen zum Pfälzer Kurfürsten und zum Herzog von Anhalt. Ab 1629 hielt er sich in Breslau auf. Zu den führenden böhmischen Emigrantenkreisen gehörte auch das Brüderpaar Roupa, dem Hrubý < 29> eine Sonderstudie widmet. Wichtig ist dabei H.s Bemerkung, daß die Gestalt des deutschen Grafen Mathias Thurn wächst, je tiefer man in diese Zeit eindringt. Zum Schluß bringt H. eine Reihe von Briefen zum Abdruck, die von Berlin geschrieben wurden. In die Kreise des aufständischen böhmischen Adels führt auch Dostál mit seiner Studie über Wilhelm Trczka, und dann namentlich über die Konfiskation der Güter nach Adam Erdmann Trczka 1634 < 16a, 17>. Ist in der ersten Studie, in der D. eine augenblickliche Geldschwierigkeit Trczkas in Paris schildert, von höchstem Belange, daß der tschechische Adlige Bubna erklärt, er sei seinem


S.647

Freunde »allein zur Erhaltung des Teutschen credits bey fremdten Nationen« und zur Vermeidung einer Schande »totius Germanicae nationis« beigesprungen, so läßt die zweite das zähe Ringen zwischen der Krone und den Anhängern Wallensteins um den Nachlaß des auch in Eger ermordeten Trczka erkennen. Die Wallensteintragödie wird nunmehr auch dem deutschen Leser in einer Übersetzung von Pekařs Aufsehen erregendem Wallensteinwerke <S. 50, Nr. 930> nahegebracht. In die gleich schwüle Zeit politischer Hochspannungen führt Seidlers Arbeit <S. 50, Nr. 933> über das Prager Blutgericht von 1633 ein, bei dem jene Offiziere abgeurteilt wurden, die in der Schlacht bei Lützen desertiert waren. --Volf < 116> erwarb sich durch die Veröffentlichung der Namen der böhmischen Exulanten in den Pirnaer Matrikeln ein beträchtliches Verdienst. Schade, daß er nicht mehr zu ihrer Auswertung gekommen ist.

Die Belagerung Prags durch die Schweden 1648 schildert auf Grund neuen Materials Líva < 58>. -- Mit einer wichtigen Korrespondenzveröffentlichung aus der Zeit der Gegenreformation wartet Kalista < 41> auf. Schon die Tatsache, daß einer der Briefschreiber Kaiser Leopold I. war, der andere der böhmische Große Humprecht Johann Czernin von Chudenitz, bestimmt ihren Wert. Die im ersten Bande von K. vorgelegten 65 Briefe -- sie umfassen die Jahre von 1660 bis 1663 -- lassen vor allem Leopold in günstigerem Lichte erscheinen, als es sonst geschieht.

Die Erinnerungen des bekannten tschechischen Bauern»literaten« Vavák, die tiefe Einblicke in das tschechische bäuerliche und dörfliche Leben während des schließenden 18. und beginnenden 19. Jh.'s gestatten, umfassen in ihrem vierten Teile die Jahre 1802--1806 < 113>. -- In die gleiche Zeit führt Kutnar < 52>. Eingehend schildert er die Maßnahmen der österreichischen Staatsgewalt gegen das Eindringen revolutionären französischen Gedankengutes in Böhmen. Zensurmaßnahmen und Überwachung der Gesellschaften und bestimmter Personen wurden durch eine aktive propagandistische Gegenwehr verstärkt. In ihren Dienst wurde sogar der nationale Gedanke gestellt, da gerade er als Gegengift gegen den französischen Imperialismus betrachtet werden konnte. Auch der Gedanke der Freiheit wurde dabei zu Hilfe gerufen. Sonst waren die Propagandatrümpfe vor allem auf den Bauern berechnet.

Um die Einordnung der Hankaschen Fälschungen in den Geist der damaligen Zeit bemüht sich Bartoš < 1>. --Čejchan < 11> ist der Meinung, daß bei der Bewertung des Bewegungsjahres 1848 auf tschechischer Seite die Wirksamkeit des radikalen Flügels auf Kosten des konservativen Lagers unterschätzt wurde. Gerade die Radikalen hätten für soziale und wirtschaftliche Freiheit gerungen.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)