§ 9. Wappen, Siegel, Fahnen und Flaggen

(E. Kittel)

Der Leipziger »Zentralstelle« gebührt Dank, daß sie die Titelsammlung für die seit langem erwünschte umfassende heraldische und sphragistische Bibliographie von Berchems < 404> abschloß und vorlegte; der Nutzen übersteigt bei weitem die noch anhaftenden Mängel. Schwerer als die etwa noch verbliebenen Lücken wiegt dabei wohl der Verzicht auf jede Systematik. Man hat den Weg gewählt, Verfassernamen und Schlagworte in ein Alphabet zu stecken, wobei aber die Schlagworte nur nach den Titeln gebildet sind. So findet man z. B. die Arbeit von Heyck über Siegel und Wappen der Herzöge von Zähringen sowohl unter »Heyck« wie unter »Zähringen« (Verweisung). Bei den Gebiets-, Orts- und Familiennamen wird dieser Weg auch wohl meist zum Ziele führen, wenn genügend Verweisungen gebracht worden sind; mitunter fehlt es daran, z. B. bei »Sachsen« auf »Rautenkranz«. Daß jüngste Literatur mehrfach nur unter dem Verfasser erscheint, dürfte technische Gründe haben. Schwierig wird es aber, wenn Literatur über allgemeine Probleme gesucht wird. In diesem Fall kann man nur seine Phantasie spielen lassen, unter welchen Titeln wohl das Gesuchte zu finden ist. Daß dabei durch Verweisungen (z. B. Entstehung der Wappen: s. auch Ursprung d. W.) Hilfen gegeben sind, sei ausdrücklich anerkannt. Letzte Rettung bleibt der umfängliche Artikel »Wappen« (S. 390--402). -- Daß Kenfenheuers Namenregister


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veröffentlichter bürgerlicher Wappen < 405>, zumal darin auch zahlreiche Zeitschriften verkartet sind, von großem praktischen Nutzen ist, unterliegt keinem Zweifel. Auf die Unzulänglichkeit einer Hereinnahme nicht erkannter adliger Wappen weist Verf. selbst hin. Es ist dies in großem Umfange bei Wappen aus Rietstap geschehen. -- Mit der Herausgabe der Wappenbücher von Arlberg durch Hupp < 416> beginnt eine Veröffentlichung der Wappenbücher des deutschen MA.'s, für deren Inangriffnahme der Volksbund der deutschen sippenkundlichen Vereine des wärmsten Dankes der deutschen Heraldiker sicher sein kann. Das »Hauptbuch« der drei im Original erhaltenen Bruderschaftsbücher der St.-Christoph-Herberge für Reisende auf dem Arlberg, das im Wiener Staatsarchiv aufbewahrt wird, bezeichnet H. als die »durch die außerordentliche Schönheit und Lebendigkeit der Wappen und durch den kulturgeschichtlichen Wert ihrer Beischriften wertvollste aller deutschen Wappenhandschriften«. Zweck der Zusammenstellung war nicht eine Wappensammlung, sondern ein Verzeichnis derer, die sich zu St. Christoph verbrüdert hatten, mit der Summe ihres Beitrages. Die Jahresbeiträge wurden durch Boten einkassiert, die mit Botenbüchern ausgestattet waren, von denen noch zwei erhalten sind. Von weiteren Botenbüchern mit Wappen liegen Nachrichten und Kopien des 16./17. Jh.'s vor. Die vorliegende Veröffentlichung erfaßt nur die drei alten Handschriften, die Kopien späterer Zeit sind einem zweiten Bande vorbehalten. Da die über 2000 Wappen vornehmlich aus Oberdeutschland und den Rheinlanden in den Handschriften ohne durchgehende Ordnung und zum Teil auch mehrfach verzeichnet sind, hat sich der Bearbeiter entschlossen, sie in alphabetischer Reihenfolge zu bringen. Die Abbildungen selbst sind Nachzeichnungen Hupps, in die die heraldischen Tinkturen eingedruckt wurden. Die Seiten enthalten außerdem den Text der Beischriften in buchstabengetreuer Abschrift Hupps, dessen Handschrift reproduziert ist; im Druck sind beigegeben die Angabe, wo die Eintragungen in den Handschriften zu finden sind, und genealogische Erläuterungen. Es war also, wie H. in einem »Rechtfertigung« überschriebenen Absatz selbst schreibt, nur mit Einschränkungen und Freiheiten möglich, die Schätze der Arlbergbücher zu erschließen. Der Leser wird sich den dargelegten Gründen nicht entziehen können, doch den Wunsch haben, daß die für die Schlußlieferung angekündigten Angaben über erkenntliche Ansätze zu einer sachlichen Ordnung der Wappen in den Handschriften möglichst erschöpfend ausfallen möchten, weil ihre Kenntnis für die Deutung unentbehrlich ist. Vielleicht würde sogar die Herstellung einer vollständigen Konkordanz der 444 Pergamentblätter der Handschriften mit der Veröffentlichung nicht unmöglich sein. Auch die Beigabe von photographischen Reproduktionen einiger Originalseiten wäre sehr erwünscht. Besonders hingewiesen sei noch auf die große Zahl der in den Büchern enthaltenen bürgerlichen Wappen. Die beiden hier anzuzeigenden Lieferungen 1 und 2 enthalten außer der Einleitung die Wappenherren A--B(P)ra. -- Die im Auftrage des Vereins »Herold« im Jahre 1887 erstmalig erschienene bekannte Wappenfibel von Ad. M. Hildebrandt, deren 12. Aufl. lange vergriffen war, ist vom Verein Herold (Bearbeiter: v. Goertzke, Lignitz, Neubecker) als Jubiläumsausgabe in umgearbeiteter und um sechs farbige Tafeln vermehrter Form neu herausgegeben worden (Görlitz, Starke = Sippenbücherei Bd. 15). Der Rahmen einer Fibel für Anfänger, deren Inhalt alphabetisch in Schlagworten von »Abstammungsnachweis« bis »Zunftwappen« angeordnet ist, setzt der Auswahl des Stoffes und der Ausführlichkeit der Behandlung Grenzen, über deren zweckmäßige Ziehung dann leicht verschiedene Auffassungen möglich

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sind. Zu begrüßen sind die Artikel Fahne, Flagge, Grabdenkmäler, Orden. Ich vermisse dagegen einen die bekannten Irrtümer klarstellenden Abschnitt »Runen«, die nur unter »Entstehung des Wappenwesens« und »Bedeutung der Wappenbilder« erwähnt werden. Unter dieser Rubrik wäre auch ein Hinweis auf die sonst nicht erwähnten bekannten Huppschen Hefte »Wider die Schwarmgeister« um so mehr am Platze gewesen, als an anderen Stellen List und Koerner zitiert sind. Zu empfehlen gewesen wäre wohl auch ein zusammenfassender Artikel »Marken«. Wenn unter »Hausmarken« gesagt ist, sie seien grundsätzlich nicht Familien-, sondern Personenzeichen, so trifft das nicht zu; es sind vor allem Marken, die an Haus und Hof haften und mit diesen den Besitzer wechseln. Etwas dürftig erscheint der Artikel »Siegel«. »Reitersiegel« zu führen war im MA. keineswegs nur der hohe Adel »berechtigt«. Wenn unter »Gemeindewappen« in bezug auf das Vorkommen des landesherrlichen Wappens im Stadtwappen gesagt ist: »Hierbei ist eine landesherrliche förmliche Verleihung meist erfolgt«, so ist hier wohl ein »nicht« nur versehentlich ausgefallen; jedenfalls ist das Gegenteil richtig. Solche Ausstellungen an Einzelheiten sollen die Brauchbarkeit dieser bewährten Einführung in die Heraldik nicht in Frage stellen. Gerne bemerkt man die präzisen Angaben einschlägiger neuerer Rechtsbestimmungen und die Angaben über neuere Literatur. -- An den Schluß dieser allgemeinen Neuerscheinungen sei noch eine kleine Schrift von W. Weidler gestellt: Redende Wappen und Wappenfabriken (Hamburg, Zentralstelle für Niedersächsische Familienkunde). Nützlich ist die Namhaftmachung einzelner älterer Wappenfabriken. Zur Polemik gegen falschredende Wappen darf bemerkt werden, daß, freilich innerhalb gewisser Grenzen, die Heraldik souverän dem Wortklang folgen darf, auch wenn die etymologische Namensdeutung zu anderen Resultaten führt.

An die Spitze der Landschaften darf dieses Mal Brandenburg mit der von mir herausgegebenen Jubiläumsfestschrift des märkischen Geschichtsvereins gestellt werden, die ganz den brandenburgischen Siegeln und Wappen gewidmet ist < 407>. Beabsichtigt war, gewissermaßen als Ersatz für eine auf lange Sicht nicht zu erwartende umfassende Siegelpublikation in Form von Einzeluntersuchungen die wichtigsten Teilgebiete vorweg behandeln zu lassen. So untersucht denn nach einem Geleitwort des Vereinsvorsitzenden Prof. Dr. W. Hoppe und einer Vereinschronik Kurt Mayer die Herkunft des Brandenburger Adlers und setzt sich dabei für seine Ableitung vom Reichsadler als Amtswappen ein, das ursprünglich auch bei den Askaniern schwarz in Gold gewesen sei. H. Bier legt die Entwicklung der Siegeltypen der Markgrafen und Kurfürsten aus eingehender Kenntnis der Überlieferung in klarer Linienführung erstmalig dar, wobei die Hauptzäsuren in den Übergang der Herrschaft auf die Luxemburger und in den Beginn der neueren Zeit unter Joachim I./II. zu liegen kommen. Von den Teilgebieten der Mark mit eigenem Wappen kommt dem des Markgrafentums Niederlausitz vor dem Ruppiner und Crossener Adler die größere Bedeutung zu. Ihm gilt eine Untersuchung W. Lipperts, die der verdiente Geschichtsforscher noch auf seinem letzten Krankenlager beendet hat, von dem er sich nicht wieder erheben sollte. Er weist die Unmöglichkeit nach, die sog. Landsberger Pfähle als ältestes Wappen der Lausitz in Anspruch zu nehmen, wie es schon die Illustratoren des Sachsenspiegels getan haben, und sieht vielmehr in dem erst 1363 belegten Stierwappen das alte Lausitzer Landeswappen noch aus Wettinischer Zeit, das deshalb auch nicht nach dem Sekretsiegel der Stadt Luckau mit dem Stierbild gebildet sein


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kann, da dieses nicht vor 1393 nachweisbar ist. Wie es zur Wahl des Stierwappens gekommen ist, das keinem ursprünglichen persönlichen Träger zugewiesen werden kann, bleibt dabei freilich offen. Das Thema ist gleichzeitig noch in den Niederlausitzer Mitt. < 409> behandelt worden, wo die landesherrlichen und Landessiegel der Lausitz ausführlicher besprochen werden. Johannes Schultze gibt einen Überblick über die gebiets- und typenweise geordneten ältesten Siegelbilder der brandenburgischen Städte, wobei die Rolle, die der askanische Adler spielt, deutlich den Gang der landesherrlichen Städtegründungen widerspiegelt. Sch. ist geneigt, die redenden Siegel einer späteren Zeit (2. Hälfte des 13. Jh.'s) zuzuschreiben, der ein älteres Siegel mit dem Adler allein oder dem Adler und einer Burg wahrscheinlich vorausgegangen ist. Am uneinheitlichsten ist das Bild der Mittelmark, in der in stärkerem Maße als sonst auch andere Stadtgründer entgegentreten. Den Siegeln der märkischen Bistümer Brandenburg, Havelberg, Lebus ist eine ausführliche Darstellung von K. Dülfer gewidmet. Es beginnen bei den drei Bistümern in der genannten Reihenfolge die Bischofssiegel 1154, 1186, 1232, die Rücksiegel 1297, 1305, -- die Sekretsiegel 1338, 1343 -- die Kapiteilsiegel 1238, 1286, 1232, die Stiftswappen 1329, 1341/48, 1338. Beschreibungen aller Siegel sind beigegeben, für Lebus wurde eine solche Liste hier erstmalig aufgestellt. Auch die folgenden Siegelbeschreibungen der brandenburgischen Adelssiegel der Askanierzeit von H. Saring stellen den ersten Versuch einer solchen Zusammenstellung dar. Wenn auch die Auswertung auf die Originale des Preuß. Geh. Staatsarchivs und die Sammlungen Voßbergs beschränkt bleiben mußte, so ist die Hauptmasse doch bereits erfaßt, zumal auch die wichtigste Literatur, wenigstens anmerkungsweise, noch mitberücksichtigt ist. Die ältesten Siegel stammten danach von 1184 (?), 1207, 1219, 1225, 1226, 1233, 1235, 1241, 1248, 1252 usw. Bei den Bürger- und Zunftsiegeln, die H. Bütow bearbeitete, fand eine Beschränkung auf die Überlieferung der neumärkischen Stadtarchive und des Frankfurter Stadtarchivs statt, deren einschlägige Siegel (111) in einem Verzeichnis vollständig nachgewiesen sind. Von den Ergebnissen der eingehenden, die Literatur für die übrige Mark vergleichsweise ebenfalls heranziehenden Untersuchung sei hervorgehoben, daß die Reihe mit einem Gewerkssiegel von 1311 und mit bürgerlichen Wappensiegeln von 1317, sämtlich übrigens Berliner Ursprungs, beginnt. Bis zum Jahre 1350 sind sieben Bürgersiegel überliefert. An märkischen Zunftsiegeln stammen nach B. aus dem 14. Jh. etwa ein Dutzend, wenn sie auch meist erst an späteren Urkunden überliefert sind. B. kommt zu dem Ergebnis, daß auch in der Mark spätestens im 15. Jh. alle angesessenen und einigermaßen wohlhabenden Bürger ein eigenes Petschaft besaßen. Hausmarken sind erst Ende des 14. Jh.'s in den Siegeln nachweisbar und gehen somit zeitlich den Wappen- und Bildsiegeln nach; die Menge der Hausmarkensiegel verhält sich zu den übrigen wie 10 : 11. Die älteste Minuskellegende stammt von 1392. Ein Verzeichnis der brandenburgischen Dorfsiegel, denen ein Beitrag von R. Moderhack gewidmet ist, hat es bisher noch nicht gegeben. Auch hier war Vollständigkeit selbstverständlich nicht erreichbar, doch weist die Liste bereits über 250 Stücke auf. Sie entstammen ganz überwiegend den ehemals sächsischen, auch schlesischen Gebieten der Provinz. Sechs datierte Siegel sind aus der zweiten Hälfte des 17. Jh.'s überliefert. An Bildern finden sich Tiere und Pflanzen (43mal ein Baum), 20 Justitien, menschliche Figuren, Gestirne, Gebäude, Geräte, Wappen und mehrfach ein redendes Bild. Sinnbilder alter Volkskunst sind nicht vertreten, wenn man nicht mehrfach

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vorkommende Herzen mit drei sprossenden Blumen hierher rechnen will. Ich selbst habe einen Beitrag über Wappenverleihung in Brandenburg-Preußen bis zur Gründung des Heroldsamtes 1855 beigesteuert mit folgender Untergliederung: I. Herolds- und Wappenwesen in Brandenburg (Wappenbuch eines Persevanten Albrecht Achills mit Namen Hans Burggraf im Britischen Museum in London, für dessen Abfassungszeit als terminus post quem 1452, terminus ante quem 1455 anzusetzen ist; brandenburgische Herolde und Turniere sowie Wappenbücher des 16./17. Jh.'s). II. Die Wappenverleihung bis zur Erwerbung der Souveränität in Preußen 1657 (Angermünder Stadtsiegel 1420, Zollernschild mit Beizeichen an italienischen Pfalzgrafen 1436, Wappenentwurf für Steinmetzen ca. 1540, Preußische Städtesiegel seit 1612 in Fortsetzung der herzoglichen Verleihungen, Adelsatteste seit 1600, erste landesherrliche Bestätigung anderwärts empfangener Standeserhöhung 1646). III. Von der Erwerbung der Souveränität und Königswürde in Preußen bis zur Gründung des kgl. Heroldsamtes 1855. 1. Adelswappen. Entwicklung der Standeserhöhungen und der Ressortverhältnisse (Auseinandersetzungen mit dem kaiserlichen Hof, Oberheroldsamt 1706, Gründung des Heroldsamtes). 2. Bürgerliche Wappen (Wappenkrieg Friedrich Wilhelms I.). 3. Städtewappen (Liste aller ermittelten älteren Wappen- und Siegelverleihungen -- 22 -- vor 1855). Dem Werk konnten insgesamt XVI Tafeln mit Abbildungen beigegeben werden, von denen eine Übersicht über die Wappenführung der Askanier im 13. Jh. sowie die Abbildung Hans Burggrafs aus seinem Wappenbuch hervorgehoben seien. -- In einem Aufsatz »Grabdenkmäler von Landfremden in der Klosterkirche zu Berlin« (Familiengesch. Bll., Jg. 35, Sp. 305--326, 1 Tafel) behandelt W. H. v. Schmelzing acht Grabsteine vom 15.--18. Jh. und gibt dabei nicht nur sorgfältige genealogische, sondern auch heraldische Erläuterungen.

Aus dem Gebiet der Ostmark des Reichs und den ihr vorgelagerten Deutschtumsgruppen liegen einige Arbeiten vor. Wutte < 415> verzeichnet sämtliche Wappen der Kärntner Landstände in den beiden Wappensälen des ca. 1590 erbauten Klagenfurter Landhauses aus dem 17. und 18. Jh. Nach einem Brande von 1723 erfolgte eine Neuausmalung 1738/40, Renovierung im 19. und 20. Jh. Von drei dazugehörigen Wappenbüchern des Landesarchivs enthält die Handschrift C einen Rest der Landtafel (Matrikel) von 1624 und Kopien der alten Malereien, während A und B Kopien der Neuausmalung darstellen. Beigegeben sind Listen der mit Wappen vertretenen geistlichen und weltlichen Stände, Landeshauptleute, Verweser usw., auch Städte und Märkte mit Plänen über die Anordnung. -- Die Arbeit Fischnalers < 414> über Wappen und Siegel aus Alttirol war mir nicht zugänglich. -- Österreichs neues Symbol. Geschichte, Entwicklung und Bedeutung des Kruckenkreuzes, dargestellt von K. J. Heilig (2. Aufl. Wien 1936, Gsur & Co.) ist eine Schrift betitelt, die sich leider nicht darauf beschränkt hat, das Vorkommen des Krückenkreuzes in vorchristlicher Zeit, als Münzzeichen christlicher Germanenreiche und sonst als bedeutungslose Erscheinungsform des allgemeinen Christenkreuzes, vor allem aber dann als Wappen des Königreichs Jerusalem in seinen mannigfachen Verbindungen darzustellen; die Schrift ist gleichzeitig eine gehässige Kampfschrift gegen das Hakenkreuz und eine auch den historischen Teil verzerrende Verherrlichung des Symbols der »Vaterländischen Front«, zu dem das Kruckenkreuz sich als Ordens- und Münzzeichen Seipelscher Erfindung entwickelt hatte. Mit dieser Eigenschaft als politische Tendenzschrift überwundener Mächte entfällt auch die Brauchbarkeit des Heftes als Spezialuntersuchung über ein heraldisch


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an und für sich interessantes Symbol, das allerdings für die Zukunft nunmehr genau so kompromittiert ist wie etwa vorher die Farben Schwarz-Rot-Gold. Habent sua fata symbola! -- Wesentlich erfreulicher ist die Beschäftigung mit den »Historischen Wappen der ehemaligen siebenbürgisch-sächsischen Gebietskörperschaften« (Hermannstadt, Verl. Krafft & Drotleff) von A. Arz von Straußenburg, der auch Schöpfer glücklich gelungener neuer Zeichen der 39 völkischen Nachbarschaften in Hermannstadt ist. (Vgl. W. Schunn, Die Nachbarschaften der Deutschen in Rumänien, Hermannstadt 1936.) Nach J(oseph) B(edeus) v. S(charberg), Die Wappen und Siegel der Fürsten von Siebenbürgen und der einzelnen ständischen Nationen dieses Landes (Hermannstadt 1838), ist dies die erste heraldische Arbeit, die im Zusammenhang über die Wappen nicht nur der sächsischen Nation handelt, sondern auch ihrer 4 Provinzen (der Hermannstädter Provinz oder der 7 Stühle, der 2 Stühle, des Nösnergaus sowie Burzenlandes) und 11 Stühle und Distrikte, die in engen Beziehungen zu den Wappen ihrer Hauptorte stehen. In ihnen hat das Königswappen der ungarischen Anjou zahlreiche Spuren hinterlassen. Besonderes Interesse verdient das Wappenbild der 3 (2 : 1) Lindenblätter mit zu einem Dreieck verbundenen Stielen, das unter einer Krone seit dem 14. Jh. Wappen der Hermannstädter Provinz ist und im 16. Jh. zum Range eines Nationswappens gelangt, bis es in dieser Eigenschaft seit dem 17. Jh. durch die 7 Türme des Siebenbürgener Landeswappens verdrängt wird; der Ursprung des Blätterwappens ist noch ungeklärt. Ihm gilt auch eine Auseinandersetzung des Verf. mit Baron G. Bedeus in der Siebenbürgischen Vierteljahrsschrift 1935 und 1936.

Einem reizvollen schwäbischen Wappenproblem gilt die Untersuchung M. Eimers < 412>. Die Tübinger Pfalzgrafen, deren Siegel schon Hohenlohe-Waldenburg untersuchte, führten als Inhaber eines Fahnenlehens eine Fahne im Wappen, und zwar in der Form der sog. Kirchenfahne (Querstabbanner). Von den verschiedenen Linien des Hauses ist die bekannteste die von Montfort-Feldkirch. Auch die Stadt Tübingen führt, wie noch andere, das stadtherrliche Fahnenwappen. Die allgemeinen Darlegungen über Lehensfahnen lassen eine Kenntnis der neueren Literatur (Erdmann -- Meyer) vermissen, und als Quelle spielt außer verschiedenen Skulpturen, auf die dankenswerterweise hingewiesen wird, der »Siebmacher« eine nicht unbedenklich große Rolle. Gerade für die Frage der Farben hätte an den ma.'lichen Wappenbüchern (z. B. Grünenberg Taf. 51, 74, 79, 86 b) nicht völlig vorbeigegangen werden sollen. An gleicher Stelle (S. 41--44) findet sich noch eine Abhandlung von J. Forderer, Pfalzgrafenfahne im Tübinger Stadtwappen und auf den Tübinger Pfennigen. Nach allgemeinen Betrachtungen über Kaiserfahnen im wesentlichen Anschluß an Herb. Meyer interessiert hier besonders die sicherlich zutreffende Deutung des bisher als 3 Türme angesprochenen Prägebildes der Tübinger Pfennige ebenfalls als pfalzgräfliches Wappenbild. --Weitnauer < 411> veröffentlicht ein Verzeichnis oberdeutscher Kaufleute, von denen Kaufmannszeichen in den im Münchener Hauptstaatsarchiv erhaltenen Quittungen der zum nächtlichen Unterstellen der Salzfuhren aus Hall dienenden Salzstadel zu Oy (an der Straße von Füessen nach Kempten) und Hindelang (an der Straße durchs Tannheimer Tal nach Immenstadt) aus dem 16., 17. und z. T. noch 18. Jh. überliefert sind, und bildet u. a. daraus 173 Zeichen schwäbischer Firmen ab (ältester Beleg: 1578). Wiedergegeben ist auch noch eine nicht näher erläuterte Scheibe aus Füessen mit rund hundert in vier konzentrischen Kreisen angeordneten und mit Namen versehenen Marken des 16. und 17. Jh.'s (seit 1556).


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Der 51. Jg. des Schweizer Archivs für Heraldik enthält außer den angeführten Aufsätzen über die Landammänner von Uri im 16. Jh. < 417>, das Domkapitel zu Chur < 419>, dessen ältestes angeführtes beinernes Petschaft mit dem Bild der thronenden Maria sicherlich nicht schon dem 11. Jh. angehört, und über die historischen Studien des Abtes Buchinger von Kloster Lützel im 17. Jh. < 420> noch Untersuchungen über die alten Gebietswappen des Kantons Freiburg von Fr. Th. Dubois, eine Fortsetzung der Beschreibung der Neuenburger Siegel von L. Jéquier und den Anfang einer Inventarisation der handschriftlichen Wappenbücher der Schweiz mit der Zusammenstellung der zumeist dem 17. Jh. entstammenden Wappenbücher aus den Stiftern Einsiedeln (Henggeler < 2390>) und Engelberg (Hartmann). Daneben ist die Herausgabe kantonaler Wappenbücher lebhaft fortgeschritten. Vorbildlich ist das Glarner Wappenbuch von Frau Tschudi- Schümperlin und J. Winteler < 418>, enthält es doch sämtliche Geschlechter des Landes Glarus seit dem 13. Jh. (25) bis zur Gegenwart (insgesamt 837) mit Angaben über ältestes Vorkommen, Verbreitung usw. Von den Wappen, die quellenmäßig belegt werden, stammen 3 aus dem 14. Jh., 12 aus dem 15. Jh. Die bereits vergriffenen »Wappen der Bürger von Solothurn«, herausgegeben von der Bürgergemeinde der Stadt Solothurn (Bearbeiter außer der Bürgerkanzlei: J. Kälin, A. Kocher, K. Glutz), beschränken sich auf die lebenden Geschlechter und enthalten eine vollständige Bürgermatrikel. Anzuführen ist noch das Wappenbuch des Vorderrheintals von Casura < 420a>, das von D. L. Galbreath im Selbstverlag zu Baugy sur Clarens 1934 und 1936 herausgegebene Armorial Vaudois (2 Bände) und das gleichzeitig im Auftrage der Société d'histoire de la Suisse romande, Lausanne, von ihm bearbeitete Waadtländische Siegelbuch (Inventaire des sceaux vaudois), mit deren Erwähnung wir das deutsche Sprachgebiet allerdings überschritten haben.

Von den Untersuchungen über einzelne heraldische oder sphragistische Probleme ist vor allem Schaffers Aufsatz über die Symbole der Stadt Nürnberg < 413> hervorzuheben. Nürnberg ist ein Musterbeispiel für das Nebeneinander zweier verschiedener, aus dem Siegel und aus dem Wappen entwickelter Bilder. Altes Siegelbild ist der Königskopfadler. Wappen war nach Konrad von Mure ein fünfmal von Weiß und Rot schräggeteilter Schild, der im 13. Jh. gespalten und vorn mit halbem Adler als Bild des Rücksiegels erscheint und zum Zeichen fast aller städtischen Ämter und überhaupt zum gemeinen Stadtzeichen wird. Es ist bei diesem Sachverhalt etwas unerfindlich, wie Verf., gerade vom Beispiel Nürnbergs ausgehend, für eine unbedingte Identität von Siegel und Wappen sich einsetzen kann. Als drittes Symbol kommt für Nürnberg der Reichsadler hinzu. Die verschiedenen Verwendungsarten werden klar dargelegt, die allgemeinen Schlußfolgerungen fordern gelegentlich noch zum Widerspruch heraus. Die neueste Festlegung hat die Verfälschung des Siegelbildes (Jungfrauenadler) berichtigt, den Dualismus aber in Form eines »großen« und »kleinen« »Stadtwappens« beibehalten. -- Der Aufsatz von Bernh. Schmid < 421> behandelt die unpersönlichen Amtssiegel des deutschen Ordens in Preußen aus dem Zeitraum von 1225 bis 1309, nämlich die Siegel des Ordensmeister (Maria), des Meisters in deutschen Landen (desgl.), des Konvents (Münzsiegel: Maria bzw. Fußwaschung; St. Georg) und der Landmeister in Preußen (Flucht nach Ägypten); unter letzteren befindet sich ein Siegel mit persönlicher Legende. 5 Tafeln mit Abbildungen dieser wichtigen Siegel sind beigegeben. -- Neben der Bauernheraldik des 17. Jh.'s aus den Kirchen


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der Hamburger Marschenlande < 408> ist hier auf Boie zu verweisen, der den ma.'lichen Geschlechtern Dithmarschens und ihren Wappen eine eindringende und grundlegende Untersuchung widmet < 1702>, nachdem sich bereits weniger kritisch Thomssen <vgl. 1932, 397, S. 154> mit dem gleichen Thema beschäftigt hatte. Den genealogischen Angaben in der Landesbeschreibung des berühmten Chronisten Johann Adolphi gen. Neocorus werden die sonstigen erreichbaren Quellen gegenübergestellt. Da außer der etymologischen Deutung auch die Wappen zur Aufhellung der Zusammenhänge regelmäßig herangezogen sind, interessiert die Veröffentlichung auch in diesem Zusammenhang. Abbildungen sind nicht beigegeben, doch eine Ordnung der Geschlechter nach Wappenbildern.

Zur Geschichte der Fahnen und Flaggen sind der Bibliographie hier einige Neuerscheinungen nachzutragen. In einem reich bebilderten Heftchen »Schweizerkreuz und Schweizerfahne« von E. A. Geßler (Zürich, Rüegg & Co.) sind die Nachrichten über Schweizer Heeresfahnen aus bildlichen Darstellungen, eidgenössischen Abschieden, Kriegsordnungen usw. zusammengestellt. Danach findet sich seit dem 14./15. Jh. ein weißes Kreuz als Abzeichen des eidgenössischen Kriegers und ein gemeineidgenössisches Fähnlein mit durchgehendem weißen Kreuz in Rot neben den einzelnen Kantonsbannern und -fähnlein, in die dann auch ein weißes Kreuz übertragen wird. Dieses Kreuz blieb dann auch nach dem 16. Jh. das Wahrzeichen der Schweiz, seit dem 19. Jh. nicht mehr durchgehend, sondern freischwebend. Den Ursprung sieht auch G. in der Kreuzfahne des Reiches. Willkommen ist ein Nachweis der älteren einschlägigen Literatur. -- Die Archives alsaciennes d'histoire de l'art von 1936 enthalten zwei eindringende und mit guten Abbildungen ausgestattete Untersuchungen über die Fahnen Straßburgs. Über das Bild des großen Banners, »La Vierge aux bras étendus«, hatte bereits 1922 an gleicher Stelle P. Perdrizet einen Aufsatz veröffentlicht. H. Reinhardt (La grande bannière de Strasbourg, S. 1--17) weist die Entstehung dieses mit dem Siegelbild eng zusammenhängenden Banners für den Anfang des 13. Jh.'s nach und macht auf Übereinstimmungen in der bildlichen Darstellung mit dem Hortus deliciarum aufmerksam. P. Martin (Contributions à l'histoire des drapeaux de la ville et de l'évêché de Strasbourg, du XIVe au XVIe siècle, S. 19--51) untersucht, auf Grund vor allem von Schweizer Quellen, die kleinen Banner und Fähnlein der Stadt, die einen roten Schrägbalken in Weiß zeigen; die Stadt scheint diese Farben vom Bistum entlehnt zu haben, das sie seinerseits später im Gegensatz zur Stadt umkehrte. -- O. Neubecker hat seinen im vorigen Bericht angezeigten Aufsatz über die hannoverschen Fahnen <1936 S. 169> jetzt ergänzt durch eine Untersuchung: Welche Fahnen waren bei Langensalza? (Hann. Geschichtsbll. N. F. Bd. 4, S. 153 ff.). Die Bestimmung der 1866 an Preußen ausgelieferten Fahnen stieß damals auf Schwierigkeiten. Dem Verf. ist jetzt die Zuweisung an die einzelnen Truppenteile gelungen durch Klarstellung der verwickelten hannoverschen Fahnengeschichte seit der Neuerrichtung der Armee 1820. Nach den Mustern von 1821 zeigten die Gardefahnen das englisch-hannoversche Staatswappen umgeben von sechs Orden, die Linienfahnen das hannoversche Pferd in einem Schriftring unter einer Krone, umgeben von paarweis übereck gestellten Abbildungen eines Ordens und des betreffenden Provinzwappens. Unter Ernst August kamen Fahnen ganz nach preußischem Muster (Pferd in Lorbeerkranz, Eckkeile mit Monogramm) hinzu. Über einige ältere hannoversche Fahnen finden sich noch Zeichnungen und Angaben bei Fr. Schirmer, Northeimer Soldatenbuch (Northeim, Verlag Museumsverein).


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