I. Funde und Ausgrabungen.

Über die erste Ausgrabung eines Dorfes der Merowingerzeit bei Gladbach, Kreis Neuwied, geben K. H. Wagner, L. Hussong und H. Mylius einen Vorbericht < 755>. Aufgedeckt wurden etwa 4300 qm mit 53 Hüttenstellen, unter denen zwei größere Häuser (7×6,5 und 10×6 m) neben zahlreichen kleinen (Durchschnitt 3×4 m) und Speicherbauten auffielen. Solche Grabungen sind wegen ununterbrochener Bebauung bis heute nur selten möglich und die Untersuchung um so beachtenswerter.

Eine Zusammenstellung der Reihengräberfriedhöfe in Lothringen < 759> ergänzt den Überblick über die fränkische Landnahme in Lothringen, den M. Toussaint <1937, 710> nebst einer Statistik der Ortsnamen auf -ingen, -heim und -weiler gegeben hat.

Die geschichtliche, namentlich die siedlungsgeschichtliche Auswertung der zahlreichen Reihengräberfelder hat die möglichst sichere Zeitbestimmung der Funde zur Voraussetzung. Dieses Ziel verfolgt unter Ausblick auf die geschichtlichen Zusammenhänge H. Zeiß für ein großes schwäbisches Grabfeld < 757>, auf welchem andere Forscher Bestattungen vor und nach 536 ausscheiden zu können glaubten, während es insgesamt später fällt. Für die Baiern ist zum erstenmal ein Friedhof < 756> nachzuweisen, welcher bald nach der Landnahme beginnt, deren irrige Beurteilung durch Th. Steche < 798> bei dieser Gelegenheit abgewiesen wird <vgl. auch 1937, S. 245>. Etwas älter ist nach P. H. Stemmermann < 760> ein kleines Grabfeld von Heidelberg- Kirchheim, das dritte in der Gemarkung. Für die Siedlungsgeschichte bemerkenswert ist ferner das von F. Kuhn < 761> untersuchte Grabfeld Stetten (763 Stetiheim, heute Gem. Lörrach), dessen spärliche Beigaben aus dem späteren 7. Jh. gut zu der Annahme einer grundherrschaftlichen Dorfgründung passen. In noch jüngere Zeit reichen die von K. Naß < 758> vorgelegten hessischen Friedhöfe; die Beigabensitte hat sich in konservativen Randgebieten des Merowingerreiches noch eine gewisse Zeit erhalten, nachdem sie im Kernland schon aufgegeben war.

Im Unterschied von den bisher genannten Gruppen beschränkt sich die Ausstattung der von K. Waller < 763> erörterten Grabfelder zwischen Leeuwarden


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und Cuxhaven fast ganz auf Gefäße einfacher Form, welche W. als den einheitlichen Niederschlag einer friesischen Ostausbreitung des 7./8. Jh.'s ansieht. Vielleicht gestattet erst eine Mehrung des Stoffes um gut datierbare Stücke ein endgültiges Urteil. Die frühmittelalterliche Bevölkerungsgeschichte Niedersachsens berührt auch die Untersuchung von 23 Schädeln aus einem Grabfeld der Karolingerzeit, bei welcher G. Asmus < 171> das Vorherrschen des niedergesichtigen Langschädels feststellt und zu einer dreifachen Aufgliederung dieses von M. W. Hauschild als verhältnismäßig einheitlich betrachteten »Niedersachsentyps« gelangt.

Während karolingische Anlagen zwischen Rhein und Elbe sowie in Holstein schon länger bekannt sind, erbringt die Deutung eines vermeintlichen römischen Kastells am Leithagebirge als Königshof durch J. Barb < 735, Sp. 153--158> erstmals ein Beispiel aus der Ostmark.[H. Zeiß]


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