II. Quellen.

Die Veröffentlichung von sippenkundlichen Quellen verschiedener Art, die ja fast stets zugleich für andere Zweige geschichtlicher Forschung wie die allgemeine Bevölkerungs-, die Siedlungs- und Ständegeschichte von Bedeutung sind, hat in den letzten Jahren dermaßen zugenommen, daß hier nur in Auswahl auf das Wichtigste, und zwar vorzüglich auf das, was im Sinne des Herausgebers zunächst Zwecken der Sippenforschung dienen soll, kurz hingewiesen werden kann. Unter den zu nennenden Bevölkerungsverzeichnissen einzelner Territorien ist das älteste ein Urbar der Herrschaft Rotenfels von 1451, das der verdiente Heimatforscher W. Weitnauer < 1908> in der von ihm herausgegebenen Serie »Alte Allgäuer Geschlechter« mit eingehenden Erläuterungen hat drucken lassen. Danach folgen zeitlich Auszüge aus Untertanenlisten des deutschen Oberamts im Herzogtum Lothringen vom Jahre 1519, herausgegeben von A. Jakob < 1692>. Einen stattlichen Band füllen die von Ph. A. Fürst < 1693> zusammengestellten Einwohnerlisten aus dem heutigen Kreise Ottweiler, durch die der Forschung in diesem Gebiet ein unerschöpfliches Material vom 16. Jh. an zur Verfügung gestellt ist. In gleicher Weise bietet der zweite, von G. Tessin < 1665> bearbeitete Band der »Mecklenburgischen Bauernlisten« für das Amt Bukow und die Insel Poel, vor allem aus Landbüchern von 1558 und 1580, reiche Ausbeute. Man kann nur wünschen, daß in dieser Publikationsreihe, mit der sich Mecklenburg großzügig an die Spitze aller Länder gesetzt hat, bald weitere Stücke herauskommen mögen. In Gegenden mit ungünstigerer Quellenlage sind solche umfassenden Bevölkerungsübersichten leider erst aus viel späterer Zeit erhalten, so in der Provinz Brandenburg ein Beeskower Amtsuntertanenverzeichnis < 1661>, mit dessen Abdruck uns nunmehr ein weiterer Restteil der kurmärkischen Landreiterberichte von 1652 zugänglich gemacht worden ist, oder in der bisherigen Grenzmark Posen-Westpreußen einige von W. Schulz < 1656> bearbeitete Namenlisten und Inventare aus dem 17. und 18. Jh., die hier auch für die Siedlungsgeschichte hervorragenden Quellenwert haben. Einer anderen Quellengattung gehören die Handelsbücher des Amtes Arnshaugk an; aus diesen Protokollen über Akte der Verwaltungs- und Rechtspflege zog E. Wagner < 1675> reichhaltiges Material über die Amtseingesessenen aus.

Den Abdruck der Wiedenbrücker Kirchenbücher setzte F. Flaskamp < 1684--1690> weiter fort. Damit dürfte die Stadt Wiedenbrück dank der unermüdlichen Tätigkeit ihres Stadtarchivars in der Erschließung dieser und ähnlicher Quellen an die erste Stelle in Deutschland gerückt sein. Ähnliche Verdienste hat sich um Augsburg A. Haemmerle < 1700> erworben, der diesmal das Hochzeitsbuch einer evangelischen Pfarre, eine dem Trauregister nahestehende Quelle, veröffentlicht. Die Bearbeitung von Bürgerbüchern einzelner Städte ist weiterhin in erfreulichem Maße fortgeschritten. Es mag hier genügen, die bedeutendsten nach ihrer zeitlichen Folge kurz aufzuführen: Wiedenbrück 1480--1730 < 1683>, Sprottau 1534--1552 < 1671>, Oberglogau 1638--1682 (Arch. f. Sippenforsch. 15, S. 15 ff.), Minden 1641--1662 < 1681>, Wetzlar 1651--1700 < 1682>, Stendal 1694--1850 < 1674>. Hierunter ist die Stendaler Veröffentlichung von W. Salewski sowohl inhaltlich wie formal besonders bemerkenswert, weil sie mehr enthält als die üblichen Bürgereinschreibungen, nämlich auch Geburtszeugnisse u. ä., und weil sie in ihrer


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drucktechnischen Ausgestaltung zeigt, wie Bürgerbücher auf engstem Raum bequem benutzbar gemacht werden können. In Auszügen aus der alten, schon 1328 beginnenden Bürgermatrikel Göttingens hat W. van Kempen < 1668> alle Neubürger aus Kurhessen zusammengestellt. An Hand eines Bürgerbuches, das demnächst gedruckt werden soll, beleuchtet O. Kurzbauer < 1703> eingehend die Bevölkerungsverhältnisse der Stadt Linz in der zweiten Hälfte des 17. Jh.'s. Zwei sippenkundlich sehr ergiebige Mindener Quellen kirchlicher Herkunft erschließen Arbeiten von M. Burchard < 1678> und M. Krieg < 1679>. Städtische Einwohnerlisten (Steuer-, Häuser- u. ä. Register) aus einzelnen Jahren, und zwar teils in originalgetreuer Wiedergabe, teils in Bearbeitung, liegen u. a. vor von Hannover 1435 < 1666>, Weikersheim 1610 < 1701>, Fraustadt 1628 < 1658> und Perleberg 1648 < 1662>. Von Geburtsbriefen, die ja leider sehr zerstreut und nur spärlich erhalten sind, gibt Schober < 1657> eine Sammlung von 43 Einzelstücken aus Lissa bekannt. Aus Hunderten von Lebensabrissen besteht das sogenannte »Leichenbuch« der pommerschen Gemeinde Frauendorf < 1664>, das in den Jahren 1735--1822 von den Ortspfarrern angelegt worden ist.

In den Reihen der Universitäts- und Schulmatrikeln konnten, besonders zum Nutzen der westdeutschen Personen- und Sippenforschung, wieder einige Lücken geschlossen werden. Die Duisburger Matrikel < 1691> umfaßt mit den Jahren 1652--1818 die ganze Zeit des Bestehens der Universität, während das Schülerverzeichnis des protestantischen Gymnasiums zu Straßburg i. E. < 1696>, dessen älteste Matrikel verloren ist, erst 1621, mit der Abzweigung der Universität, beginnt. Die von 1651--1752 reichende Liste des Darmstädter Pädagogiums < 1889> wurde wegen schwieriger Quellenvorlage in Form eines alphabetischen Suchbuches herausgegeben.


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