V. Frühkapitalismus und Merkantilismus.

P. C. G. Walker <1937, 2190> bespricht die Frage des Zusammenhanges von Kapitalismus und Puritanismus und meint, daß Max Weber den Protestantismus als soziologisches, wesentlich nur durch die Idee der Askese bestimmtes Phänomen gekennzeichnet hat. Demgegenüber nimmt er eine spezifisch religiöse Gesamthaltung der Reformation und ihrer verschiednen Richtungen, auch des Kalvinismus, an, die neben und parallel den wirtschaftlichen Veränderungen des 16. Jh.'s herzieht, mit ihnen verbunden, von ihnen durchkreuzt, aber in ihrer Wurzel nicht durch sie bedingt war. -- T. G. Werner <1937, 2186> untersucht ausgehend von gründlichem Aktenstudium die Finanzierung des Bergbaues und des Metallhandels im Annaberger Bergbau, der am Ende des 15. Jh.'s stark in Aufschwung kam und eine Blüteperiode bis 1560 hatte. W. stellt dar, wie in den Handel die großen süddeutschen Handelshäuser eingedrungen sind, wie aber auch im Bergbau selbst sich das auswärtige, d. h. nicht Annaberger Kapital durchsetzte. Nürnberger, Kölner, Frankfurter, Leipziger usw. Bürger, sächsische Fürsten, Hochadlige und Klöster beteiligten sich. Bemerkenswert ist, daß sich die Augsburger von Anfang an mehr um des Handels willen, die Nürnberger aber zwecks Gewinnung einer Rohstoffgrundlage für ihr eigenes Metallexportgewerbe beteiligten. Die Arbeit bringt eine wirkliche und wertvolle Bereicherung unserer Kenntnisse über die sogenannte frühkapitalistische Bewegung. -- R. Schmied <1937, 2185> behandelt im Anschluß an Strieders Forschungen recht gut die verschiedenen Möglichkeiten der Beschaffung von Betriebskapital durch Vergesellschaftung und Beteiligung, besonders durch das Depositengeschäft in den großen italienischen Handels- und Bankhäusern des 13. und 14. Jh.'s und dann etwas abgewandelt in Deutschland im 15. und 16. Jh. Dazu kam die Ausbildung des Zahlungsverkehres, der Kredittechnik und der organisatorischen Einrichtungen. Dadurch wird die kapitalistische Unternehmertätigkeit, die in der kurialen Politik, viel später in der der anderen großen europäischen Staaten eine wesentliche Rolle gespielt hat, verdichtet. Besonders typische Erscheinungen waren die internationalen Verbindungen, Konsortien und die gesteigerte Erschließung industrieller Möglichkeiten besonders im Bergbau und in der Textilindustrie. -- J. Kallbrunner < 2435> berichtet anschaulich und schlicht von einer Reihe österreichischer Protestanten, Steinberger, Henckel v. Donnersmarck, Zach. Geizkofler und ihren Leistungen für die österreichische Montanindustrie und deren finanzieller Verselbständigung, obwohl sie wegen ihres Glaubens zum Teil schwer verfolgt wurden. -- In J. Müllers nachgelassener Schrift < 2464> wird das Leben und die amtliche Tätigkeit des großen Reichspfennigmeisters Zach. Geizkofler (1560--1617) auf guter aktenmäßiger Grundlage gründlich, wenn auch etwas trocken und stark auf die persönlichen Angelegenheiten beschränkt zur Darstellung gebracht.

S. Helander < 2466> behandelt als Ausschnitt aus der merkantilistischen Politik die Verkehrspolitik, besonders die Straßen- und Kanalbauten, die in Deutschland wegen der vielen kleinen Territorien sehr gehemmt waren. In den westlichen Staaten wird die gegenwärtige Politik der autoritären Staaten oft als neomerkantilistisch bezeichnet, um sie zu diskreditieren, dagegen zeigt Verf., daß die autoritären Staaten das organische Wirtschaftsprogramm des Merkantilismus


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mit größerem Erfolg durchführen können, als das im 17. Jh. möglich war. -- H. Jaschinski <1937, 2191> behandelt die rechtlichen Formen der wirtschaftlichen Unternehmungen des Staates im 16.--18. Jh., wobei er eine Reihe von Salinen, die preußischen Gewehrfabriken, die Domänenwirtschaft und die Meißner Porzellanmanufaktur herausgreift. Die Arbeit ist auf das -- keineswegs vollständig herangezogene -- Schrifttum aufgebaut, sie berücksichtigt die wirtschaftsgeschichtlich bedingte Verschiedenheit der als Beispiele aufgeführten Produktionszweige ungenügend, so daß auch die Vergleiche zwischen den in den einzelnen Staaten angewandten Systemen nicht befriedigen. Der Wert der Arbeit liegt also auf dem rein dogmatischen Gebiet. -- M. Pest <1937, 2195> zeigt uns die Barockzeit als ein Zeitalter gewaltiger Bauten, deren Finanzierung von großem wirtschafts- und sozialgeschichtlichem Interesse ist. Die inhaltsreiche Arbeit, die auf breitem Quellenmaterial aufgebaut ist, berücksichtigt aber nur die kirchlichen Bauten, während die weltlichen, obgleich auch wichtigen, unberücksichtigt bleiben. -- F. Arens <1937, 2188> behandelt in einer gründlich unterbauten, hauptsächlich auf archivalischen Quellen aus dem Staatsarchiv von Antwerpen und aus portugiesischen Archiven beruhenden Arbeit den Kunsthandel einer aus Schlesien in Antwerpen eingewanderten Familie Forchoudt. Die Arbeit besitzt erheblichen Wert für die Geschichte des Kunsthandels im 17. und 18. Jh. -- F. Mager <1937, 2213> schildert in einer kurzen Skizze die Geschichte und den Betrieb der Waldbienenzucht, die im Deutschordensland einen recht bedeutenden Handelsartikel geliefert hat. Sie war Regal und wurde von Beutnern betrieben, die in eigenen Dörfern angesiedelt wurden. Im 18. Jh. ging aber die Waldbienenzucht wegen der Forstschäden allmählich ein und wurde verboten, wogegen die Gartenbienenzucht obrigkeitlich gefördert wurde. A. Zottmann <1937, 2210> gibt eine auf der Literatur und den Quellenpublikationen der Acta Borussica aufgebaute und nach den Kategorien der Wirtschaftstheorien von O. Spann ausgerichtete Darstellung der Wirtschaftspolitik Friedrichs des Großen, die außer einigen schlaglichtartigen Aufklärungen wesentliche neue geschichtliche Erkenntnisse nicht bringt. -- Die »Materialien zur Geschichte der Preise und Löhne in Österreich« < 2461> bringen umfangreiche Tabellen über Löhne und Preise aus dem Spätmittelalter und der Neuzeit, besonders aus dem 17. Jh.; eine von R. Geyer bearbeitete sehr klare, gewissenhafte und inhaltsreiche Geschichte des österreichischen Münz- und Geldwesens seit dem 14. Jh. sowie eine vom gleichen Verfasser stammende Darstellung der Maße und Gewichte verdienen volles Lob und können als mustergültig bezeichnet werden. Die eigentliche Bearbeitung der Preistabellen, für die Quellenmaterial aus Wien, Nieder- und Oberösterreich verwendet wurde, ist in Aussicht genommen, sobald die Tabellen aus noch weiteren österreichischen Ländern fertiggestellt sein werden.


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