g) Die Täuferbewegung.

Das Interesse an der Geschichte des Täufertums hält in Deutschland unvermindert an. Der 1936 zum ersten Male hervorgetretene Mennonitische Geschichtsverein bringt seitdem regelmäßig die Mennonitischen Geschichtsblätter heraus. Besondere Bedeutung für die deutsche Geschichte hat die auch als Sonderdruck veröffentlichte Arbeit von E. Crous < 2784> über den Anteil der M. am Wiederaufbau Deutschlands nach dem Dreißigjährigen Kriege. Staunenswert sind die wirtschaftliche Kraft und der


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Unternehmungsgeist unter den M. an der Nordsee und am Rhein. Man sollte zur Ergänzung den Aufsatz von O. Schowalter über die kulturellen Leistungen der Hamburger M. lesen (Schiffahrt, Industrie, Welthandel). Neben die Z. ist 1938 die Schriftenreihe des Mennonitischen Geschichtsverein getreten, in der als erste Erscheinung die Festgabe für Chr. Neff vorliegt < 2783>. Hier findet man das Schriftenverzeichnis dieses verdienten mennonitischen Historiographen. Daneben stehen mehrere lokalgeschichtliche Aufsätze. Beachtenswert ist noch der Aufsatz von O. Schowalter über die M. in der deutschen Literatur. Hier zeigt sich auch in der schönen Literatur das steigende Interesse für das Täufertum. In den Quellenpublikationen zur Geschichte des Täufertums greift das Werk von L. Müller eine neue Aufgabe auf < 2779>. Die vom Verein für Reformationsgeschichte herausgegebenen Quellen zur Geschichte des Wiedertäufertums haben für die Ausbreitung und Stärke der Bewegung wertvolles Material geliefert. Aber bei der Gleichförmigkeit und Eintönigkeit der Verhörsprotokolle lassen sich meist nur sehr oberflächliche Einblicke in die innere Geschichte des Täufertums gewinnen. Ganz anders verhält es sich mit den Bekenntnisschriften der Täufer selbst, die L. Müller aus dem oberdeutschen Kreis vorlegt. Da versteht man, daß es die einzelnen Gruppen niemals zum Zusammenschluß gebracht haben, wenn auch die Verbindung zwischen sozialen und religiösen Forderungen überall vorhanden ist. In diesen Männern lebt eine solche Überzeugungskraft und -treue, daß nichts ihre Selbständigkeit brechen kann. Zur Einführung sind die fünf Artikel (Taufe, Abendmahl, Gemeinschaft, Obrigkeit, Ehescheidung) geeignet, die M. auf H. Denck zurückführt. Zu bedauern ist, daß sich aus äußeren Gründen Kürzungen nicht vermeiden ließen. Vor allem P. Walpots Kinderlehre hätte eine vollständige Wiedergabe verdient. Übrigens ist M. geneigt, den vorbereitenden Charakter mittelalterlicher religiöser Bewegungen anzunehmen, was gerade L. von Muralt ablehnt < 2850>. Sein Aufsatz grenzt die Sonderart der Schweizer eindringlich ab: hier fehlt der Kommunismus. Auch macht sich keine Feindschaft gegen den Staat breit. Der Spiritualismus konnte hier gegen den Biblizismus nicht recht aufkommen. M. lehnt auch einen Anteil dieser Täufer an der Entstehung des Bauernkrieges ab. Man darf in diesem Zusammenhang nicht Bergfrieds Arbeit übergehen < 2777>, wenn auch hier der Nachdruck vom Historischen weg auf das Systematisch-Theologische gerückt ist. Sein theologisches Anliegen ist es, gegen den täuferischen Mythos vom frommen Menschen vorzugehen, um dadurch Reformatorisches vom Schwärmerischen streng zu scheiden. Der Verf. besitzt eine mehr als durchschnittliche Kenntnis des Schrifttums der Täufer. Deshalb kann er trefflich zwischen den einzelnen Auffassungen scheiden (vgl. die verschiedenste Wertung der Obrigkeit von der restlos positiven bis zur schroff negativen Einstellung).


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