II. Ortsgeschichte.

Es ist die Folge der bisherigen politischen Zersplitterung des Weichsellandes gewesen, daß Gesamtdarstellungen seiner Geschichte in den vergangenen Jahren nicht verfaßt worden sind. Die landesgeschichtliche Forschung war vorwiegend örtlichen Untersuchungen zugewandt. Die Erinnerung an die Begründung der Stadt Elbing im Jahre 1237 rief mehrere wertvolle Untersuchungen zur Elbinger Stadtgeschichte hervor. Die Elbinger Altertumsgesellschaft gab Heft 14 ihres Jahrbuchs als »Preußisch-hansische Beiträge« < 224> zur 60. Jahresversammlung des Hansischen Geschichtsvereins und zur gleichzeitigen 56. Jahresversammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung in Elbing heraus. Ehrlich erwies das Vorhandensein prußischer und Wikingersiedlungen und Gräber im heutigen Stadtgebiet und machte dadurch die dortige Lage des alten Handelsplatzes Truso erneut wahrscheinlich. Fink legte die ältesten Beziehungen zwischen Elbing und Lübeck unter Beifügung von urkundlichen Regesten dar < 885>. Carstenn untersuchte die Einführung des Lübischen Rechtes in Elbing und seine Geltung trotz der andersartigen Bestimmungen des Kulmischen Landesrechts < 2314>. Krollmann gab unter Darstellung der Entstehungsgeschichte der Städte Danzig, Elbing und Königsberg einen großzügigen Überblick über Städtegründung und Politik im Preußenlande < 861>; alle drei Städte sind unter dem Einfluß Lübecks entstanden. In dem Abwehrkampf der weichselländischen Stände gegen die Krone Polens suchte Elbing seine Stellung durch die Aufbewahrung des ständischen Landessiegels zu behaupten; Carstenn hat Entstehung und Gebrauch dieses Siegels erstmalig dargelegt < 418>. Abs lieferte einen wertvollen Beitrag zur Bildniskunde mit einem Verzeichnis der Bildnisse der Elbinger Bürgermeister und Ratsherren sowie der Rektoren des dortigen Gymnasiums; Beispiele einiger Bildnisse sind beigefügt < 199>. Der Bedarf des Ordenshauses Elbing an Lebensmitteln und Kleidung in dem Jahre 1386 konnte von Semrau aus einer 1422 angelegten Handschrift des Elbinger Stadtarchivs ermittelt werden; sie gibt auch Aufschluß über die damaligen Löhne, Preise, die Zinse der Ordensdörfer und die Verwaltungsbeamten der Elbinger Komturei; S. verbindet mit der Ausgabe dieser Quelle wichtige Hinweise auf die Baugeschichte der Burg < 2492>. Auf dem Gelände dieser Burg und auch in Teilen der Stadt Elbing wurden zahlreiche Gefäße und Gefäßreste rheinischer Herkunft aufgefunden, die aus den Werkstätten im Westerwald, in Siegburg und Raeren im 16.--18. Jh. eingeführt worden sind < 168>.

Die der Stadtgeschichte Danzigs gewidmeten Arbeiten gelten fast ausschließlich seiner politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in den neueren Jahrhunderten. Die Stadt an der Weichselmündung war auch im 16. Jh. der gegebene Einfuhrhafen für Heringe, die von dort nach dem Wartheland verfrachtet wurden. v. Unruh hat einige Angaben über diesen Heringshandel aus Gerichtsakten veröffentlicht < 2493>. Sehr wertvoll sind die Zusammenstellungen von Furtak über die in Danzig in den Jahren 1701--1815 geltenden


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Preise für alle Arten von Getreide, Vieh, Pferde, Häute, Salz, Zucker, Fisch, Wein und Bier, Bekleidungsstoffe und alle anderen gehandelten Waren sowie über die Danziger Preise und Löhne, den Metallgehalt der Danziger Münzen, über Maße und Gewichte <1936, 2056>. Aufschlußreich sind auch die Mitteilungen von Ramm-Helmsing über die politischen Verhandlungen zwischen Danzig und Riga in der zweiten Hälfte des 16. Jh.'s über ihr Verhalten zum polnischen König, besonders über die von diesem zu erwirkende Bestätigung ihrer hergebrachten politischen Rechte < 949>. Keckermann, Professor am Danziger Gymnasium am Anfang des 17. Jh.'s, verwertete die damalige Verfassung Danzigs, sein Verhältnis zu Polen und die Verfassung Polens, für seine grundsätzlichen Erörterungen über die Bedeutung der Staatsformen und konnte somit, aus seiner persönlichen Kenntnis heraus, nach einer Abhandlung Schieders die allgemeine Staatslehre anschaulich abwandeln < 2315>. Die Geschichte Danzigs bildete auch den Gegenstand mehrerer polnischer Untersuchungen, die unter politischen Gesichtspunkten auf dem ersten Kongreß der baltischen Historiker in Riga im Sommer 1937 vorgetragen wurden; sie verdienen zumal unter den veränderten politischen Verhältnissen keine größere Beachtung < 288, 289, 2467, 2495>.

An der Abzweigung der Nogat von der Weichsel lag, nachweisbar seit 1233, die Burg Zantir, die von Prußen, Pomoranen und dem Deutschen Orden umstritten, für diesen zunächst den Mittelpunkt der Verwaltung des Weichsel-Nogat-Deltas bildete, bis dieser nach der Marienburg verlegt wurde; Keyser hat Lage und Geschick dieser Burg quellenmäßig dargelegt < 1552>.


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