III. Bevölkerungs- und Siedlungsgeschichte.

Das wichtigste Werk zur Siedlungsgeschichte des Weichsellandes lieferte im Berichtsjahre Kasiske mit seiner erstmaligen Darstellung der Besiedlung Pommerellens im MA. < 1782>. In jahrelanger, sorgsamer Arbeit hat er sämtliche, auch viele noch nicht veröffentlichte Quellen in den Archiven in Danzig und Königsberg ausgewertet und dadurch den Gang der bisher unterschätzten deutschen Siedlung in den Gebieten westlich der Weichsel, die zunächst zum Herzogtum Pommerellen und erst nach 1308 zum Staat des Deutschen Ordens gehörten, mit genauen Belegen darlegen können. Landesherrliche, kirchliche, städtische und adlige Siedlungen werden ebenso unterschieden, wie die Aussetzung von Dörfern und Gütern nach deutschem oder slawischem Recht. Pommerellen war am Anfang des 15. Jh.'s im Begriff, ebenso ein deutsches Bauernland zu werden, wie Ostpreußen; nur die folgenden Einfälle der Polen und der Hussiten sowie der Zusammenbruch der Ordensherrschaft haben das Deutschtum in diesem Raum gemindert, wenn nicht vernichtet. Während der vorliegende Band vorwiegend die wirtschaftliche und rechtliche Entwicklung schildert, soll ein späteres Werk desselben Verfassers der Bevölkerungsgeschichte gewidmet sein. Im Gegensatz zu anderen Gebieten Pommerellens entfaltete sich um Konitz, in der sogenannten Koschneiderei, eine starke deutsche Volksinsel. Panske hat die Namen und Lebensdaten der in den dortigen Dörfern nachweisbaren Bewohner aus dem 17. und 18. Jh. zusammengestellt und damit einen weiteren Beweis für ihr angestammtes deutsches Volkstum erbracht < 1659>. Obwohl der Name der Kaschuben ursprünglich und auch heute noch eine ursprünglich slawische Volksgruppe bezeichnet, wurde er zeitweise auch auf die deutschen Siedler übertragen, die in den gleichen Gebieten ansässig geworden waren und von dort


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in andere Landschaften abgewandert sind; so werden nach Kuhn niederdeutsche Bauern in Mittelpolen zwischen Weichsel und Warthe, bei Lodsch, Rawa und Radom auch als Kaschuben bezeichnet; dieser Name begegnet auch für die Deutschen in Wolhynien und Bessarabien, wenn auch viele dieser Siedler gar nicht aus Pommerellen, sondern aus Pommern stammten < 509.> Entgegen einer verbreiteten Annahme war die deutsche Einwanderung in das von Friedrich dem Großen 1772 zurückgewonnene Weichselland zu seiner Zeit nur gering; Koerth verweist auf den Zu- und Abgang der Bevölkerung in den Kammerbezirken Marienwerder und Bromberg in den Jahren 1772--80 < 1714>. Walther hat Zahl, Herkunft, ständische Gliederung der Danziger Bürgerschaft in den Jahren 1710--93 vorbildlich untersucht < 1712>. Nach Darstellung der Grundsätze, nach denen das Bürgerrecht verliehen wurde, zeigt er das starke, durch politische und wirtschaftliche Ereignisse bedingte Schwanken in der Zahl der jährlichen Neubürger auf 84 v. H. von ihnen stammten, abgesehen von den Bürgersöhnen, aus der näheren Umgebung der Stadt, nur 10 v. H. kamen aus dem Altreich westlich der Elbe; auch die Einwanderer aus Polen waren zum größten Teil Deutsche. Während zunächst die Kaufleute und Handwerker die Mehrzahl der Neubürger bildeten, wuchs gegen Ende des 18. Jh.'s die Zahl der »Arbeitsmänner« an, welche nur die unterste Stufe des Bürgerrechts erhielten; auch sie waren jedoch vorwiegend im Handel und Handwerk tätig. Der starken Einwanderung nach dem Weichselland steht im Laufe der Jahrhunderte nur eine einzige größere Auswanderung gegenüber; sie wurde von den Mennoniten unternommen, die nach 1788 ihre weichselländische Heimat verließen, um sich, veranlaßt durch russische Werbung, in Südwest- und Südostrußland anzusiedeln. Quiring hat Ursachen und Verlauf der Auswanderung für die Jahre 1788--1870 kurz zusammengefaßt < 1836>.


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