II. Politische Geschichte und Volksforschung.In einem
kleinen Beitrag über Misikows (Mieszkos) Tributpflicht bis zur Warthe begründet H. Ludat <
834> den Standpunkt der deutschen gegenüber der polnischen
Wissenschaft. -- Das im allgemeinen ungünstige Verhältnis Königs Kasimir d. Gr. gegenüber der Stadt
Posen stellt Z. Kaczmarczyk in einem polnischen Zeitschriftenaufsatz dar <
2>. Darin ist wohl eine Nachwirkung der feindlichen
Stellungnahme der überwiegend deutsch bevölkerten Stadt, die die schlesischen Piasten begünstigte,
gegenüber Kasimirs Vater zu sehen. -- Ein neues großes Werk von Dr. K. Lück behandelt
nach der polnischen Vorarbeit von Jan Bystroń: »Megalomanja Narodowa« und unter Mitwirkung vieler
Helfer, die den umfangreichen Stoff ergänzt haben, den Mythos vom Deutschen, wie er sich in der polnischen
Volksüberlieferung und Literatur äußert <
1635>. Mit einem riesigen wissenschaftlichen Apparat wird die seelische
Einstellung gegenüber dem deutschen Volkstum, das den Polen in dem deutschen Siedler, Industrievorkämpfer usw.
entgegentrat, dargestellt. Sie ist meist verständnislos ablehnend und hat zu dem alten Sprichwort von der
Unüberbrückbarkeit des deutsch-polnischen Gegensatzes geführt, vgl. die Besprechung in »Deutsche
Wissenschaftliche Zeitschrift für Polen« (abgekürzt: ZP.), H. 35, S. 262 f. -- Eine genaue Untersuchung
der Herkunft und Volkszugehörigkeit der Krakauer Studenten des 15. Jh.'s hat H. Franze <
1755> geliefert. Danach überwogen damals durchaus die Deutschen und
unter diesen die Schlesier im Stammes-, nicht Provinzialsinn. Diese stellten über drei Viertel aller deutschen
S.403 Studenten in Krakau und über die Hälfte aller Studenten überhaupt. Sorgfältige Aufstellungen und eine große Karte verdeutlichen die Ergebnisse der mühseligen Durchforschung der Universitäts-Matrikeln. -- Der ehemalige Posener Professor für ma.'liche Geschichte, K. Tymieniecki < 1637>, behandelt die Verpolung der Deutschen in den Städten des Gebietes im gleichen Jh. auf Grund der Gerichtsbücher. Dabei findet er für Fraustadt 100, Meseritz 50, Posen und Kosten 33 v. H. deutsche Namen, für alle anderen weniger, während die Berücksichtigung auch anderer Quellen z. T. höhere Sätze zeigt. Bis zum Einsetzen der noch erhaltenen Gerichtsbücher des 15. Jh.'s dürften schon in kleinerem Maße Verpolungen vorgekommen sein, vgl. ZP. 36, S. 280. Die Zusammenstellung Tymienieckis ergänzt nützlich das frühere Schrifttum über die Frage. -- Der Breslauer Professor A. Aubin verfolgt in einem lehrreichen Zeitschriftenaufsatz den oberdeutschen Wanderzug im Spät-MA. nach dem Nordosten< 1709>, und zwar besonders die Nürnberger. Diese drangen hauptsächlich nach Krakau, Rotreußen, Posen und darüber hinaus vor und traten mit den Hansen in Wettbewerb. Erfreulicherweise wird in dem Aufsatz auch das Schrifttum, allerdings nur das deutsche, genannt. -- Ein kurzer, aber wertvoller Aufsatz von E. Lendl über die Bedeutung der deutschen Volksinseln im Osten für den Auf- und Ausbau fremder Volksböden < 3> wird hier genannt, weil er neben Ungarn usw. auch unser Gebiet mit berücksichtigt, ebenso einer von W. Kohte zur Volkstumsentwicklung Posens und Westpreußens < 1713>.Im Handwörterbuch des Grenz- und Auslanddeutschtums ist
u. a. im Berichtsjahr auch Galizien behandelt worden <
4>, meist von Prof. W. Kuhn, außerdem von W. Czajka,
G. Ipsen, D. Frey, A. Karasek, J. Kraemer und R. F. Scholz. Mit seinen 22 Karten, Flurplänen usw. ist es jetzt nach
dem Buch von W. Kuhn: »Die jungen deutschen Sprachinseln in Galizien« die maßgebende Darstellung
für diese Volksgruppe, die inzwischen ins Wartheland übergesiedelt ist. -- Ähnlich wie andere
Volksgruppen des ehemaligen polnischen Staates in Heften des schönen Kauderschen Bildbandes
»Das Deutschtum in Polen« behandelt worden waren, geschieht es nunmehr für das Deutschtum in
Mittelpolen durch den tragischerweise als Reserveoffizier des polnischen Heeres und durch deutsche Fliegerbomben
gefallenen Volkstumsforscher A. Breyer <
1650>, der auch die ausgezeichnete Karte der deutschen Siedlungen
beigesteuert hat, vgl. ZP. 35, S. 265. -- Diese wichtige Karte hat Breyer auch an anderer Stelle <
6> veröffentlicht. Sie enthält jedes einzelne
deutsche Dorf, getrennt auch nach der Stammeszugehörigkeit der Bewohner, in mehreren bunten Farben, so daß
eine leichte Übersicht möglich ist. Zu dieser Frucht jahrzehntelangen Forschens hat der Verfertiger einige
erklärende Bemerkungen beigesteuert. -- Von anderen Gesichtspunkten aus ist die Karte von F. Doubek
über die zahlenmäßige Verbreitung des Deutschtums in Mittelpolen ausgezeichnet, wobei je 1000 und 100
Menschen unterschieden werden <
5>. -- In einer volkstümlichen Posener Schriftenreihe
wird wiederum für 3 Orte und ihre Umgebung die Geschichte des dortigen Deutschtums unter Beifügung von Winken
für die Familienforschung in der Gegend fortgesetzt. Ein erweiterter Sonderdruck aus einem Kalender von K.
Otto (Otto Schendel) behandelt so Czarnikau <
292>, wobei sich der Verf. auf Vorarbeiten des Heimatforschers J. Klemm
stützen konnte. -- Auf Grund
S.404 von Forschungen in 9 Archiven und des Schrifttums hat uns A. Breyer eine Geschichte von Deutscheneck (früher Sompolno), Kr. Warthbrücken (Koło), geschenkt < 290>, die die von den deutschen Siedlern im 18. und 19. Jh. geleistete Riesenrodearbeit und ihre sonstigen Leistungen darstellt. -- Der im Kriege von den Polen schwer verwundete M. Grossert hat ferner die Geschichte des Deutschtums in Rosenau, Kr. Mogilno, und der dortigen Volksinsel < 291> geliefert. Hier sind altansässige Bauern und Ansiedler aus verschiedenen Gegenden zusammengekommen. Wie bei den meisten Heften der Reihe, geben zahlreiche Listen von vorkommenden Bewohnern und Angaben über die zuständigen evangelischen und katholischen Kirchspiele und das Alter ihrer Kirchenbücher Familienforschern dankenswerte Hilfen. -- Ein erfreulicher Beitrag zur Geschichte der Kultureinwirkungen und -leistungen des Deutschtums im alten Polen ist ein Aufsatz von A. Klose über deutsche Komponisten, Musiker und Musikgelehrte und ihren Einfluß auf das polnische Musikleben < 7>. Eine Anzahl Musiker werden nur kurz erwähnt, andere genauer behandelt. Der bedeutendste war wohl der schlesische »Schöpfer der polnischen Musik«, Josef Xaver Elsner, der Lehrer von Chopin und Moniuszko. -- Eine Sammlung von 1400 Sagen der Deutschen aus Wolhynien und Polesien haben A. Karasek-Langer und E. Strzygowski herausgebracht < 9>. Dieses Buch wird hier mitgenannt, weil ersterer das geschichtliche Werden, die Schicksale und Entwicklung der Einwanderung, das Neustammwerden mitbehandelt. Das Sagengut kennzeichnet er als Sinnbild der Entstehung dieses jüngsten und biologisch entsprechend fruchtbaren Stammes, der nunmehr auch in den Warthegau heimgeholt ist, vgl. ZP. 35, S. 328 f. --In einem polnischen Zeitschriftenaufsatz behandelt A. Skałkowski den 1801 geborenen und 1859 gestorbenen Josef Szułdrzyński, »einen Mitarbeiter Marcinkowskis« < 8>, wie sich auf seinem Grabmal dieses Mitglied des Herrenhauses und der Landschaftsrat nennen ließ. Zahlreiche Quellenstellen ergänzen das Lebensbild. |
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