II. Historische Landeskunde.

Während von den Bistümern Bremen und Verden eine gedrängte Grenzbeschreibung und vom Bistum Hildesheim <vgl. 1932, 1827, S. 415, und 1935, 1785, S. 459> eine ausführliche erhalten ist, die zur Grenzbestätigung rückläufig verwendet werden können, gibt es von der älteren Diözese Minden, die in ihrem ganzen Umfange in der sächsischen


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Provinz Engern liegt, eine solche nicht. B. Engelke < 1809> bietet auf der Grundlage der Zugehörigkeit der einzelnen Grenzkirchspiele zu Minden oder einer der angrenzenden Diözesen unter Zuhilfenahme der aus den älteren Diözesanbeschreibungen von Bremen, Verden und Hildesheim gewonnenen Grenzmerkmale eine Umschreibung der Mindener Diözese an Hand einer Karte im Maßstab 1 : 200_000 mit Angabe der 12 Archidiakonate. -- W. Moormeyer < 1561> behandelt im 17. Hefte der »Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas von Niedersachsen« das kleine Territorium Diepholz, dessen Hauptteil -- nur das Amt Auburg kam an Hessen -- nach Erlöschen des Grafenhauses 1585 an das Welfenhaus fiel. Die Edelherren von Diepholz, die im Lande Hadeln beheimatet waren und sich seit 1531 »ohne ersichtlichen Grund« den Grafentitel beilegten, errichteten zwischen 1120 und 1160 ihre Stammburg Diepholz und bauten unter ihrer Einwirkung von der Grundherrschaft aus ihr Territorium auf, das 1410 seinen Höhepunkt erreichte. Zu Anfang des 16. Jh.'s wurde die allodiale Herrschaft in eine reichslehnbare umgewandelt. Die Grafschaft Diepholz erstreckt sich über den früheren Kreis Diepholz (ohne den Kreis Sulingen), Teile des Kreises Grafschaft Hoya und des oldenburgischen Amtes Vechta. -- Zur Stadtgeschichte Hamelns liefern zwei Nichthistoriker wertvolle Beiträge. Sie lösen zwar auch nicht alle Fragen, bringen aber die Erörterung über die Frühgeschichte, die mit den Erkenntnissen P. J. Meiers ihren Abschluß gefunden zu haben schien, von neuem in Fluß. E. Natermann (Zur Ortsgeschichte von Hameln. Oldenburg 1938, 110 S.) kommt durch Funde und Beobachtungen beim Bau der neuen Brücke und der Schleuse zu neuen wichtigen Ergebnissen über den Verlauf der Weser in frühgeschichtlicher Zeit und verlegt die älteste Siedlung Hameln auf das Westufer, von dem sie nach dem Weserdurchbruch um das J. 1000 herum auf das Ostufer verlegt wurde. A. Jürgens < 863>, der die Verlagerung des Weserlaufs gegen 900 ansetzt, stellt fest, daß die geschichtlichen Nachrichten, die er in feiner Quellenanalyse den ältesten Güterverzeichnissen entnimmt, durchaus zu den Beobachtungen Natermanns passen. Das alte Dorf lag in der Nordwestecke des mittelalterlichen Hameln. -- Da quellenmäßige Unterlagen für die älteste Geschichte Northeims anscheinend nicht vorhanden waren, hatte man bisher die karolingische Zeit nach Kenntnis der Verhältnisse, die die Franken im eroberten Sachsenlande vorfanden, und ihrer Siedlungsmethode rekonstruiert. Nun stellt W. Lüders < 1559> fest, daß die richtige Auswertung der Fuldaer Traditionen zur Bestätigung und Ergänzung oder hier und da auch zu einer Änderung der bisherigen Ansichten über die Frühgeschichte Northeims und seiner Umgebung beitragen können. Das Kloster Fulda erwarb in Northeim und in den Nachbarsiedlungen schon in den ersten Jahren und Jahrzehnten des 9. Jh.'s einen großen zusammenhängenden Güterkomplex und gewann damit -- am Kreuzungspunkte wichtiger Straßen und am Übergang über die beiden Flüsse Leine und Rhume -- einen wichtigen Stützpunkt seiner Missionsarbeit. -- Die Stadt Hildesheim hat ihrem Geschichtsschreiber J. H. Gebauer zu seinem 70. Geburtstage eine schöne Ehrung bereitet, indem sie 23 seiner wertvollen, vielfach in Zeitschriften und Zeitungen verstreuten Aufsätze in geschlossener Buchform herausgebracht hat (Ausgewählte Aufsätze zur Hildesheimer Geschichte. Hildesheim 1938. VI, 291 S.). Von besonderer Bedeutung ist der

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Aufsatz über die Straßennamen. Ein Verzeichnis sämtlicher Veröffentlichungen Gebauers ist am Schluß beigefügt. -- Die ersten beiden Bände der Hannoverschen Kunstdenkmale < 303>, die sich im Text und Format nach den neuen Bestimmungen für diese Veröffentlichungen in Großdeutschland richten, behandeln die ehemals stifthildesheimschen Kreise Peine und Hildesheim- Land. Beide Kreise, zu denen je eine kleinere Stadt (Peine und Sarstedt) gehört, besitzen nur im geringen Maße wirklich bedeutende Bauten und sonstige Kunstdenkmäler. Der Landkreis Hildesheim zerfällt nicht nur dem Bekenntnis nach, sondern auch nach der Art seiner Baudenkmäler in zwei fast gleiche Teile. Außer den Aufnahmen der Baudenkmäler und ihrer Beschreibung wird für jeden Ort eine kurze, aber treffliche geschichtliche Übersicht gegeben, der genaue Angaben über die Quellen und Darstellungen beigefügt sind. -- Die älteren Arbeiten zur mittelalterlichen Geschichte der Stadt Osnabrück sind meist überholt. L. Hoffmeyer hat in seiner zweibändigen Chronik der Stadt Osnabrück (Bd. 1, 2. Aufl., 1935) das Mittelalter nur einleitend gestreift. Es ist daher dankbar zu begrüßen, daß H. Rothert < 305> eine in Durchdringung des schwierigen Stoffes wie Geschick der Darstellung gleich mustergültige Geschichte geschrieben hat. Sie ist in zwei starken Bänden erschienen, nachdem sie vorher in den »Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück« (1937 u. 1938) veröffentlicht war. Rothert geht von der Vor- und Frühgeschichte aus und behandelt im ersten Buche die Stadtwerdung bis zum 15. Jh., im zweiten und dritten Buche das spätere MA. bis zur Reformationszeit. Mit besonderer Liebe sind die Abschnitte mit der verfassungs-, verwaltungs- und rechtsgeschichtlichen Entwicklung gestaltet. Ein von G. Twelbeck bearbeitetes Stichwortregister (56 S.) erschließt den reichen Inhalt. -- Die Kontroverse P. J. Meiers < 306> mit H. Rothert über die Anfänge der Stadt Osnabrück, die an den ersten Teil der Geschichte anknüpft, ist von allgemeinen städtegeschichtlichen Gesichtspunkten aus von Interesse. -- Angeregt durch H. Rotherts »Besiedlung des Kreises Bersenbrück« (1924) unterzieht W. Krüsselmann < 2505> das größte Kirchspiel des Kreises einer zuverlässigen Untersuchung. Es gelingt ihm durch ein bisher unbekanntes Meßkornregister der Ankumer Pfarrkirche ein fast lückenloses Bild von dem Stand der Siedlung im Ausgang des 12. Jh.'s zu gewinnen. Im zweiten Teile stellt er die soziale und wirtschaftliche Lage des Bauernstandes bis zum Ausgang des 16. Jh.'s dar. -- O. Brunken < 1563> geht in seiner aus einer Dissertation erwachsenen Untersuchung über das ehemalige kleine Amt Wildeshausen an der mittleren Hunte in Oldenburg, die durch die Arbeiten von K. Ostermann <1931, 406, S. 400> und U. Roshop <1932, 1834, S. 416> angeregt wurde, im Zusammenwirken von Erdkunde und Geschichte methodisch bisher wenig begangene Wege. Nach einer Einleitung über die natürlichen Grundlagen, die Urlandschaft und die Ursiedlung behandelt er in drei Abschnitten die Entwicklung des heutigen Kulturlandschaftsbildes, den Bauernhof und das Besiedlungsbild. Wertvoll ist der Anhang mit einer Liste der alten Bauernhöfe und ihrer Besitzerfolgen, meist seit 1534.


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