IV. Quellen und Darstellungen nach der Folge der Ereignisse.

R. Drögereit < 302>, der sich vielfach mit den gegenseitigen Beziehungen zwischen Hannover und England beschäftigt hat, gibt in einem Vortrage, dem er eine kurze Literaturübersicht beifügt, in knapper und geschlossener Form einen weitausholenden Überblick über die Beziehungen zwischen Niedersachsen und England bis etwa zum J. 1280. Er zieht dabei die kulturellen Zusammenhänge weitgehend heran. -- O. Fahlbusch < 1560> verfolgt hauptsächlich an Hand von Kämmereirechnungen, wie von Göttingen aus nach allen Seiten Warten und Landwehren als Schutz gegen überraschende Überfälle durch feindliche Reiterscharen in der zweiten Hälfte des 14. Jh.'s, als die fast ununterbrochenen Fehden das südliche Hannover unsicher machten, errichtet wurden und besonders nach Osten hin immer weiter vorgeschoben wurden. Den Schutz des Gebietes, den die Fürsten nicht in ausreichender Weise gewährten, versuchte Göttingen selbst zu übernehmen. -- J. H. Gebauer < 950> behandelt die schweren Kämpfe der Herzöge Heinrich Julius und Friedrich Ulrich mit


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der Stadt Braunschweig, das Einschreiten des Kaisers Rudolf II. gegen die aufsässige Stadt, das Heinrich Julius betrieben hatte, und die Beziehungen der Hanse und mit ihr die selbständigen Beziehungen von Hildesheim zu Braunschweig. -- W. Hartmann < 976> berichtet von den Schicksalen der ehemaligen Grafschaft Spiegelberg zwischen Hildesheim und Hameln bei Coppenbrügge während des Dreißigjährigen Krieges. Dabei stand ihm in Spiegelbergschen Akten, die aus den damaligen Besitz- und Verwaltungsverhältnissen erwachsen waren, eine Überlieferung zur Verfügung, wie sie wohl kein anderer Gebietsteil Niedersachsens besser und lückenloser besitzt. -- A. Köcher wollte in vier Bänden die Politik des Welfenhauses vom Westfälischen Frieden bis zur Thronbesteigung in England zur Darstellung bringen. Es war ein Plan, der bei der breiten Anlage des Werkes scheitern mußte. Der 1. Band führte bis 1668, der 2., der bis 1688 geplant war, nur bis 1674. Es war der letzte von Köchers Hand. Um so bedauerlicher, als die europäische Bedeutung des Hauses erst nach 1674 begann. Wer das Werk fortsetzte, mußte die Grundlage wesentlich ändern und sich in der Hauptsache auf den bedeutenderen Zweig des Welfenhauses beschränken, der in Hannover saß. Als G. Schnath < 1004> sich entschloß, das fehlende Hauptstück zu Köchers Werk zu schreiben, war er sich darüber von vornherein im klaren und setzte sich zum Ziel, seine Aufgabe in zwei Bänden zu lösen. Er hat nun das reiche Quellenmaterial, das ihm die bedeutendsten Archive Europas boten, in methodisch sicherer Form verarbeitet, den Stoff bis aufs äußerste zusammengedrängt und in klarer Gliederung zu schöner anschaulicher Darstellung gebracht. Der 1. Band, der von 1674--1692, dem Jahr der Erwerbung der Kurwürde, reicht, ist ein überragendes Beispiel deutscher Landesgeschichtsforschung geworden. Er behandelt darin den Aufstieg Hannovers vom Kleinstaat zum Kurfürstentum und zur europäischen Macht. Anhangsweise werden 53 wichtige Aktenstücke in mustergültiger Bearbeitung im Wortlaut wiedergegeben. Außer den Stammtafeln und einer Anzahl sorgfältig ausgewählter Abbildungen ist vor allem das vorzüglich bearbeitete Namensverzeichnis am Schluß zu nennen. Der in Aussicht stehende 2. Band verheißt manche neuen Aufschlüsse über die englische Sukzession des Hauses Hannover und die Ahldentragödie. -- Aus der Sammlung von Abschriften bemerkenswerter Briefe, die von der Kurfürstin Sophie von Hannover gesammelt sind und sich im Staatsarchiv zu Hannover befinden, berichtet R. L. Arkell < 1005> von dem vergeblichen Werben des späteren Kaisers Karl VI., der zu jener Zeit König von Spanien war, um die schöne und kluge Karoline von Brandenburg-Ansbach. Die Prinzessin wies die Aussicht auf die glänzende Heirat zurück, um nicht katholisch zu werden, und wurde 1705 die Gemahlin des Kurprinzen Georg von Hannover. Der Aufsatz wurde von R. Drögereit übersetzt. -- D. Albers < 1020> behandelt »Nordwestdeutschland als Kriegsschauplatz im Siebenjährigen Krieg« und weist dabei auf die Bedeutung der Flußläufe und kleinen festen Plätze und auf die geopolitischen »Kraftlinien« hin. In einer Schlußanmerkung greift er den von A. von Hofmann gebildeten geographisch-politischen Begriff der »Weserfestung« stark an. -- A. Kühn < 2233> forscht nach den Gründen für die auffällige Vernachlässigung einer so ausgeprägten und geschlossenen Landschaft wie der Lüneburger Heide in kriegerischer Beziehung und untersucht zu diesem Zwecke

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die hier stattgefundenen kriegerischen Handlungen während des ersten Teiles des Siebenjährigen Krieges. -- Der Hauptstadt des Königreichs Hannover blieben, wie H. Beyer < 1109> erzählt, tiefer greifende Erschütterungen im Revolutionsjahre 1848 erspart. Die Unruhen in Hildesheim und Göttingen griffen nicht auf Hannover über, weil hier die unruhigen Elemente keinen Boden für ihre Bestrebungen fanden. Es blieb hier bei im Grunde harmlosen, meist in aller Ordnung sich vollziehenden Demonstrationen. Zu grundlegenden Änderungen von Staat und Gesellschaft kam es daher nicht. -- Auf Grund gedruckter und ungedruckter Quellen, von denen besonders der nie historisch ausgewertete Briefwechsel des Königs Ernst August von Hannover mit der Gräfin Luise zu Inn- und Knyphausen geb. Gräfin Kielmannsegge im Hausarchiv zu Lütetsburg zu nennen ist, gibt D. Bischoff < 1108> ein gutes Bild von der Volksbewegung der Revolutionsjahre 1848/49 in Ostfriesland und kommt zu folgendem Ergebnis. Die Regierung siegte zwar auf der ganzen Linie. Das einzige politische Ergebnis war die Gründung des Arbeitervereins zu Emden, dessen Satzungen später in die sozialistische Bewegung übernommen wurden. Von größter Bedeutung war aber, daß die Revolution den Ostfriesen endgültig ihre Verbundenheit mit dem Gesamtdeutschtum klarmachte.


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