VII. Kirchengeschichte.

Von der 11. Tagung der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte in Göttingen < 14> werden ausführliche Referate der gehaltenen Vorträge veröffentlicht. Uns interessieren hier besonders die von R. Smend über »Patronatswesen, Grundherrschaft, Lehnswesen«, J. Meyer über »Quellen und Literatur zur hannoverschen Ortskirchengeschichte«, E. Hennecke über »Die Patrozinien als Quelle für die Ortsgeschichte« und O. Grotefend über »Das Deutsche Archivwesen mit besonderer Berücksichtigung Niedersachsens«. -- Verschiedene Aufsätze behandeln Gründungsfragen niedersächsischer Klöster. Auf Grund neuerer Forschungen <1937, 2347, S. 449> ist es außer Zweifel, daß das später nach Corvey verlegte Kloster Hethis in der Gegend von Neuhaus im Solling gelegen hat. Die genauere Lage untersucht B. Rock < 2627> und glaubt die Stelle in dem heutigen Forstorte Mönnekenplaggen (südlich von Neuhaus) gefunden zu haben. -- Das einzige niedersächsische Kloster des Karmeliterordens befand sich von etwa 1300--1565 in Marienau. Es bereitete einer wissenschaftlichen Bearbeitung seiner Geschichte infolge schlechter Überlieferung große Schwierigkeiten. W. Hartmann < 2629> hat in mühsamer Forschung rund 500 Quellenbelege gesammelt und kritisch gesichtet, wobei das Archiv der niedersächsischen Provinz der Karmeliter, das sich im Stadtarchiv zu Frankfurt a. M. befindet, besonders ergiebig war. Die wichtigsten Belege hat er in Regestform einer kurzen Darstellung seiner Klostergeschichte beigegeben. -- Ein glücklicher Fund brachte in einer Einbanddecke ein für die Osnabrücksche Stadtgeschichte


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bemerkenswertes Schriftstück zutage. Es handelt sich um eine Urkunde, durch die das Gründungsdatum des Beginenklosters Wedering (1347) festgelegt wird und in der die Namen der Gründerinnen genannt und die Statuten aufgeführt werden. Den Wortlaut dieser Satzungen veröffentlicht H. Schröter < 2644> nach einer einführenden Einleitung. -- Wie bei dem ehemaligen Karmeliterkloster Appingen bei Greetsiel <1932, 2238, S. 418>, ist auch beim Kloster Hopels im jetzigen Kreise Wittmund die Erinnerung an ein Kloster im Laufe der Jahrhunderte völlig verschwunden. H. Reimers < 2628> untersucht die Geschichte des Klosters, das etwa um 1300 gegründet sein muß und um 1450 Prämonstratenser-Kloster zu sein aufhörte. Die Säkularisation des Klosters, das in den Augustinerorden übernommen wurde, ist gänzlich in Dunkel gehüllt. -- Bis in die neueste Zeit gingen die Meinungen über das Gründungsjahr des Delmenhorster Kollegiatstiftes und der Delmenhorster St.-Marienkirche auseinander. K. Sichart < 2626> unterzieht das Gründungsdatum des Stiftes einer abschließenden Kritik und setzt es auf den 27. Dezember 1285. -- R. Steinmetz < 2804> behandelt die Generalsuperintendenten von Hildesheim; im vorliegenden 1. Teile zunächst die 15 Generalsuperintendenten von Alfeld -- bei Einführung der Reformation im ehemaligen Hochstifte wurden 1569 zwei Generalsuperintendenturen in Alfeld und Bokenem gebildet -- von 1569 bis 1800. Den Lebensbildern ist ein kurzer Überblick über die geschichtliche Entwicklung dieses Gebietes voraufgeschickt. -- Entsprechend der Ankündigung in seinen »Quellen zur Durchführung der Reformation im Braunschweigisch-Wolfenbüttelschen Lande 1551 bis 1568« <1937, 2516, S. 449> bringt F. Spanuth < 2805> weitere Stücke aus den Jahren 1568--1570 zum Abdruck; zunächst ein Verzeichnis »endurlaubter«, d. h. wohl bei der Visitation 1568 amtsenthobener Pfarrer, und dann Examensprotokolle aus den Jahren 1569 und 1570. -- Die Visitationen, die durch die Spezialsuperintendenten vorgenommen wurden, sind ausführlicher und ergiebiger als die Generalkirchenvisitationen. In Hannover und Wolfenbüttel ist eine stattliche Zahl von solchen Protokollen bzw. Berichten erhalten, besonders aus dem Teile Niedersachsens, der jetzt das große Industriegebiet wird. E. G. Wolters < 2803> veröffentlicht zunächst Kirchenvisitationen der Aufbauzeit (1570--1600) im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel. In diesen Berichten werden auch zahlreiche Dorfbewohner namentlich aufgeführt. Personen- und Ortsverzeichnisse werden mit Abschluß der Veröffentlichungen folgen. -- Von einer Kirchenvisitation Michael Walthers, des Verf.'s der ostfriesischen Kirchenordnung und späteren Generalsuperintendenten zu Celle, vom J. 1629 sind uns leider nicht die ausführlichen Protokolle erhalten, wohl aber ein von ihm selbst angelegtes Protokollbuch der von ihm visitierten Gemeinden, das sich in der Registratur der lutherischen Generalsuperintendentur Aurich befindet. H. Reimers < 2806> stellt aus diesen Protokollen ein Bild der Zeit zusammen, dem er anhangsweise u. a. die Visitationsartikel beifügt. -- E. Kochs < 2807>, der im J. 1934 eine mittelalterliche Kirchengeschichte Ostfrieslands <1933/34, 2946, S. 566> veröffentlichte, setzt diese Arbeit in den »Grundlinien der ostfriesischen Kirchengeschichte seit der Reformation« fort, die zur Orientierung über die neuere Zeit dienen sollen. -- Zur Geschichte des Pietismus in Ostfriesland ist in den letzten Jahren umfangreiches Material veröffentlicht worden <1931, 1791, S. 403, und 1935, 2314, S. 462>. A. de Boer

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< 2807 a>, der planmäßig den in den Archiven liegenden Quellenstoff durchforschte und verarbeitete, vervollständigt das bisher bekannte Bild. Er gliedert den Stoff nach den Regierungsjahren der Fürsten und behandelt die einzelnen Zeitabschnitte mit ihren Vertretern. Leider fehlt ein Namenregister. -- D. Henkel < 2808> untersucht auf Grund umfangreicher Quellenstudien die Beziehungen zwischen Staat und evangelischer Kirche im Königreich Hannover in der Zeit vom Wiener Kongreß bis zum hannoverschen Staatsgrundgesetz vom J. 1833, für eine Zeit also, die für Neuregelungen grundlegend wurde. Nach einem Rückblick auf die hannoversche Geschichte der Reformationszeit zeigt er in klarer und umsichtiger Form, wie der Staat bis 1830 die Herrschaft über die Landschaftskirche festhielt, wie dann aber seit 1830 das Staatsgrundgesetz mit seiner Aufstellung der Vertretungsrechte der Kirchen entstand.


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