II. Hilfswissenschaften und Sprachgeschichte.

Die Untersuchung von


S.448

Opitz < 414> über Urkundenwesen, Rat und Kanzlei des Markgrafen Friedrich des Streitbaren von Meißen ist bei den engen Beziehungen dieses Wettiners zu Thüringen vergleichsweise auch für die Betrachtung der innerstaatlichen und verwaltungsmäßigen Verhältnisse in Thüringen am Ende des 14. und Anfang des 15. Jh.'s heranzuziehen.

Auf münz- und geldgeschichtlichem Gebiet ist die Arbeit von Hävernick < 473> eine der anregendsten der letzten Jahre. Auf Grund der Münzfunde weist er nach, daß vom 12. bis 15. Jh. Thüringen den Mittelpunkt eines großen wirtschaftlichen Verkehrsraumes bildete, der außerdem Hessen, Ostfalen und Meißen umfaßte. Die Darlegungen werden durch gute Karten eindrucksvoll verdeutlicht. --Frede < 2528> schildert nach eingehenden Aktenstudien recht anschaulich und angenehm lesbar die Maßnahmen, die in Sachsen-Weimar-Eisenach 1772/73 ergriffen wurden, um eine eingetretene Überschwemmung des Landes mit Sechsern aus der Eisenacher Münze zu bannen; über das eigentliche Thema hinaus gibt die Arbeit wertvolle Aufschlüsse über das weimarische Münz- und Geldwesen des 18. Jh.'s überhaupt.

Auf sprachgeschichtlichem Gebiet sind vor allem die beiden mundartenkundlichen, aus der Jenaer Landesstelle für thüringische Mundartenforschung hervorgegangenen tüchtigen Arbeiten von Rosenkranz < 499> und Glück < 497> zu nennen, die den ostthüringischen Raum im Gebiet der oberen Saale und des Frankenwaldes und das nördlich und östlich anschließende Gebiet um die Achse Kahla-Plauen auf Grund der Karten des Deutschen Sprachatlas, der Erhebungen der genannten Mundartenstelle und umfassender eigener Aufnahmen sprachlich untersuchen und insbesondere aus den geschichtlichen Gegebenheiten deuten. Beide sind nach der gleichen, von Rosenkranz eingehend erläuterten raumgrammatischen Methode bearbeitet. Die geschichtliche Auswertung des Materials bringt allgemein die Bestätigung der von Frings für den ostmitteldeutschen Sprachraum gewonnenen Ergebnisse, daß nämlich in den untersuchten Gebieten die heutige sprachliche Gliederung in der Siedlungszeit geschaffen wurde und daß demgegenüber die territorialen Grenzen erst in zweiter Linie sprachraumbildend gewirkt haben; sie zeigt ferner im einzelnen, daß sich fränkische und thüringische Siedlung hier getroffen haben. -- Zur thüringischen Ortsnamenforschung bringt Mentz < 548> kritische Beiträge; er wendet sich gegen die Auffassung, daß die Wenigen-Orte slawische Gründungen seien, und weist die Deutung des Ortsnamens Jena aus keltischer Wurzel zurück, hält vielmehr an seinem germanischen Ursprung fest. -- Als Beitrag zur Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache untersucht Bach < 496> die thüringisch-sächsische Kanzleisprache bis 1325 auf Grund von Rechtsquellen (für Thüringen des Mühlhäuser Reichsrechtsbuches) und 100 Urkunden unter Berücksichtigung der heute gesprochenen Mundart und kommt zu dem Ergebnis, daß die Kanzleisprache »eine sehr kräftige Abstraktion« der gesprochenen Mundart ist, daß die neuhochdeutsche Schriftsprache auf der in Thüringen und Sachsen geschriebenen Sprache, nicht auf der gesprochenen Mundart fußt und daß die sächsische Kanzleisprache durch die Macht des Buchdrucks und durch Luthers Bedeutung die Grundlage der neuhochdeutschen Schriftsprache geworden ist.


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