§ 6. Historische Bildkunde

(H. Ladendorf)

In den vorangehenden Berichten ist darauf hingewiesen worden, daß die Geschichtswissenschaft gerade in den letzten Jahren neben dem Hauptstoff der schriftlichen Überlieferung andere Gebiete, die der Realienkunde angehören, bearbeitet hat. Diese eingehendere Beschäftigung mit dem ikonographisch


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zu fassenden Stoff hat aber nicht zur Bildung einer neuen, etwa der Siegelkunde oder der Münzkunde vergleichbaren Sonderwissenschaft geführt. Der Begriff der Historischen Bildkunde bezeichnet eher einen Grenzraum zwischen Geschichte und Kunstgeschichte, der in sehr verschiedenen Richtungen begangen werden kann. Die Beachtung nicht nur des Bildnisses und der Darstellungen historischer Begebenheiten, sondern auch der ortskundlichen Darstellungen und Denkmäler und anderer Realien hat auf einigen Gebieten in steigendem Maße zur Bereicherung des geschichtlichen Bildes beigetragen. Wichtige Bemühungen auf dem Gebiete der Rechtsgeschichte drängen sich gerade um das Berichtsjahr zusammen. Die Ausweitung der rechtsgeschichtlichen Forschung in dieser Hinsicht ist so auffällig, daß es nützlich erscheint, in diesem Bericht die stoffliche und methodische Bedeutung der Historischen Bildkunde besonders an diesem Beispiel zu zeigen.

Seit den Veröffentlichungen Amiras hat die Beschäftigung der Rechtsgeschichte mit den Realien zwar nie eine Unterbrechung erfahren, mit den Arbeiten der letzten Jahre scheint sie aber in ein neues Stadium getreten zu sein. K. Frölich hat in einer kurzen Übersicht: Erhaltene Rechtsdenkmäler auf deutschem Boden, ihre Erfassung und Auswertung (Forschungen u. Fortschritte 15. 1939, S. 245--246), an Hand eigener Arbeiten erneut Forderungen aufgestellt, deren Erfüllung durch seine Beiträge für Hessen und die Nachbargebiete zu einem Teil bereits gegeben ist. Dafür sind zunächst zwei Aufsätze zu nennen: Stätten ma.'licher Rechtspflege in Hessen und den Nachbargebieten (Nachr. d. Gießener Hochschulges. 11. 1936, S. 168--203) und: Zeugen ma.'lichen Rechtslebens im Rhein-Main-Gebiet und seiner Umgebung < 2353>. Besonders aber ist auf die Reihe der Arbeiten zur rechtlichen Volkskunde hinzuweisen, von der bisher 3 Hefte erschienen sind. Das erste Heft < 2296> (Bespr. K. S. Bader, ZRG. Germ. Abt. 59. 1939, S. 372--376) zeigt, daß Stätten ma.'licher Rechtspflege in den genannten Landschaften in beträchtlicher Zahl erhalten sind, die als Zeugnisse der Rechtsentwicklung mehr als bisher zu beachten sein werden. Das zweite Heft < 2297> (Bespr. K. S. Bader, ZRG. Germ. Abt. 59. 1939, S. 372--376), eine Erweiterung des Aufsatzes: K. Frölich, Alte Dorfplätze und andere Stätten bäuerlicher Rechtspflege im Rhein-, Main- und Wesergebiet (Hess. Heimat, 1938, S. 65--72), geht ebenfalls von den Denkmälern des südwestdeutschen Gebiets aus. Es werden Gerichtsstätten unter Bäumen, z. T. mit ummauerten und geleiteten Linden, zusammengestellt, ferner Dorfplätze mit Steintischen und Bänken, mit festen Gebäuden, auch sind Dorfgerichtsplätze auf Friedhöfen, Brücken und andere Stätten erwähnt, die Anbringung von Halseisen, Maßen und dergleichen berücksichtigt. Die Gruppierung geschieht nicht nach Orten, sondern nach Typen in sachlicher Folge, sie wird durch einzelne Belege und Literaturhinweise für andere Landschaften ergänzt. Bei dem Mangel an Vorarbeiten vermögen diese Hinweise die Arbeit noch nicht zu einer Sachkunde der bäuerlichen Rechtspflege abzurunden, immerhin gibt sie, von zahlreichen Abbildungen unterstützt, eine Anschauung von den vielen beachtenswerten Erscheinungen, die trotz ihres Formenreichtums bisher wenig Aufmerksamkeit gefunden haben. Wenn auch über die engeren rechtsgeschichtlichen Zusammenhänge der Stücke noch wenig ausgesagt ist, werden Denkmalpflege und Heimatkunde aus der Schrift bereits bedeutenden Nutzen ziehen. Andererseits wird der Rechtshistoriker


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die Mithilfe der kunstgeschichtlichen Forschung bei der näheren Bestimmung einzelner Zeugnisse noch stärker als bisher in Anspruch nehmen müssen, und gerade da, wo er glaubte, Resultate übernehmen zu können, bedarf der Wert solcher Bestimmungen noch genauerer Prüfung. Dies gilt etwa für die Übernahme der Meinung von H. Franke, der in seinem Buche über Ostgermanische Holzbaukultur in schlesischen Gerichtskretschams Erweiterungen von Gerichtslauben erkennen zu können glaubte. Die neue Veröffentlichung von H. Franke, Die ostgermanische Gerichtslaube, ein Rassenmerkmal im Lebensstrom Europas (Breslau 1938), die dem Ausbau dieser Vermutungen gewidmet ist, zeigt ihn von einer weit verbreiteten und hochentwickelten Holzbaukunst in alter Zeit überzeugt. Durch willkürliches Umgehen mit vereinzelt und zufällig herangezogenen Bauwerken kommt er zu vermeintlichen Ergebnissen, die nicht nur von dem kunstgeschichtlichen und baukundlichen Fach, sondern sicher auch von der Rechtsgeschichte zumeist abzulehnen sind. Aus den wenigen verwertbaren Beobachtungen einen Nutzen zu ziehen, wird schwer, wenn nicht unmöglich sein, da der Verf. weder mit der einen noch mit der anderen Fachwissenschaft eine nähere Fühlung hat und in seinem Verfahren eine Methode nicht zu erkennen ist. Das dritte Heft in der Reihe der Arbeiten von Frölich, Mittelalterliche Bauwerke als Rechtsdenkmäler (Tübingen 1939), geht ähnlich wie das zweite von den südwestdeutschen Denkmälern aus, die vorher in dem Aufsatz: Mittelalterliche Bauwerke als Rechtsdenkmäler, besonders im Mittelrhein- und Maingebiet (Nachr. d. Gießener Hochschulges. 12. 1938, S. 126--166) behandelt worden sind. Da die Zeugnisse der Stadtkultur, denen die Arbeit hauptsächlich gilt, in größerer Zahl überliefert sind als die Überreste bäuerlicher Rechtspflege und die Forschung dieses Gebiet auch früher schon stärker berücksichtigt hat als jenes, ist diese Arbeit besonders ergiebig. Der erste Teil, den Gebäuden als Rechtsaltertümern gewidmet, geht von den Königstühlen, den karolingischen Westwerken, den Pfalzen und Burgen aus und bringt Neues zu den Rathäusern, Gerichtshäusern und anderen städtischen Gebäuden, deren Betrachtung wichtige rechtsgeschichtliche Aufschlüsse zur Entwicklung des Stadtrechtes, der Öffentlichkeit des Verfahrens usw. bietet. (Im Zusammenhang mit dem Kaiserkultus der Städte hätte auf die bildliche Darstellung der deutschen Reichsstände näher eingegangen werden sollen, die von L. Volkmann, Der Überlinger Rathaussaal des Jacob Russ [Berlin 1934] ausführlich behandelt worden ist.) Auch kirchliche Gebäude, ferner Stadtmauern, Brücken und Tore haben Berücksichtigung gefunden. Der zweite etwas weniger aufschlußreiche Teil der Arbeit gilt den Rechtsaltertümern an Gebäuden, den Inschriften, Skulpturen, bildlichen Darstellungen, schließlich den Wappen, Hausmarken, Maßen, Gewichten usw. Das Ganze bietet eine dankenswerte Übersicht mit zahlreichen nützlichen Literaturhinweisen, läßt aber ein näheres Eingehen für die einzelnen Materialgruppen noch vermissen, sondern dient mehr der Feststellung und Bereitstellung von Material für die rechtsgeschichtliche und verfassungsgeschichtliche Forschung nicht minder als für die kunstgeschichtliche Arbeit.

Eine beträchtliche Anzahl von Arbeiten, die der Erforschung der Realien der Rechtsgeschichte in verschiedenen Landschaften gewidmet sind, läßt erkennen, daß die Forschung hier ein dankbares neues, unter verschiedenen


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Gesichtspunkten zu behandelndes Stoffgebiet entdeckt hat. Von diesen Arbeiten kann nur eine Anzahl der wichtigeren verzeichnet werden: < 2288>, ferner H. Schwartz, Der Niederschlag des Soester Rechts in der Soester Kunst (Deutsches Recht 8. 1938, S. 282--286), und W. Reinecke, Lüneburger Rechtsdenkmäler (ebda., S. 278--282), beide Arbeiten sind in: Das Recht in der Kunst (Berlin, Dt. Rechtsverlag, 1938) wieder abgedruckt worden. Dieses Buch enthält eine Sammlung verschiedener zum großen Teil nur hier veröffentlichter Aufsätze unterschiedlichen Wertes, die allerdings meist dem Grenzgebiet zur Literaturgeschichte angehören. Zu dem Aufsatz von W. Reinecke ist die Arbeit von H. Reinecke, Der Maler Hans Bornemann (Z. d. dt. Ver. f. Kunstwiss. 5. 1938, S. 204--229), zu erwähnen, der die Miniaturen des Lüneburger Sachsenspiegels des Brand van Tzerstede untersucht. W. Medding, Mittelalterliche Gerichtsstätten und Rechtsdenkmäler in Waldeck (Hess. Heimat 5. 1938, S. 2--8), führt eine stattliche Anzahl wichtiger Stücke vor, besonders den von dem Verf. des Aufsatzes wieder zu Ehren gebrachten Roland von Korbach. Ferner sind zu nennen: S. Rühle, Der Stockturm und die Peinkammer, Eine Führung durch eine alte Befestigungsanlage und ein Gefängnis der Stadt Danzig (Führer des St. Landesmus. f. Danziger Gesch., Heft 10, Danzig-Oliva, o. J.), K. Hahn, Zwickauer Rechtsaltertümer (in: Zwickauer Kulturbilder aus acht Jahrhunderten, Zwickau 1939, S. 75--81), H. Graf, Der ma.'liche Dorfkirchhof als Ort der Wehr und des Gerichts (Abhdlgen. z. Saarpfälz. Landes- u. Volksforschg. 1. 1937, S. 44--48), eine kurze Skizze, die für die Rechtsgeschichte von Belang ist, wenn die Belege auch meist den Wehranlagen gelten. P. Goessler, Grabhügel und Dingplatz, in: Festgabe f. K. Bohnenberger, Tübingen 1938, kann im Anschluß daran genannt werden, die Studie bringt zwei süddeutsche Beispiele für die These von H. Meyer der Identität von Gerichtsstätte der Sippe und Ahnengrabhügel.

Die noch immer vereinzelten Beiträge werden sich noch auf lange nicht zu einer allgemeinen deutschen Rechtsarchäologie zusammenfassen lassen. Mit < 2247> drängt K. Frölich auf die Schaffung eines Atlas der rechtlichen Volkskunde für das deutschsprachige Kulturgebiet. Den Titel seiner Schriftenreihe: Arbeiten zur rechtlichen Volkskunde, meint man zunächst damit erklären zu können, daß die Sammlung später Studien über rechtliche Volksbräuche, den rechtlichen Gehalt von Sagen, Märchen usw. aufnehmen wird. In zwei weiteren Aufsätzen des Verf.'s: Die rechtliche Volkskunde als Lehrfach und Forschungsgebiet unter bes. Berücksichtigung der hessischen Verhältnisse (Nachr. d. Gießener Hochschulges. 10. 1935, S. 31--39) und: Begriff und Aufgabenkreis der rechtlichen Volkskunde (Gießener Beiträge z. dt. Philologie, 60. 1938, S. 49--59) (Bespr. ZRG. Germ. Abt. 59. 1939, S. 373 von K. S. Bader) zeigt sich aber, daß er das ganze Gebiet als rechtliche Volkskunde bezeichnet wissen will. Diese Benennung ist nicht unangefochten geblieben, ob sie sich einbürgern wird, ist zu bezweifeln. Vorerst bleibt jedenfalls festzuhalten, daß sie nur eine beschränkte Gültigkeit haben kann. Zwischen Rechtsgeschichte und Volkskunde wie zwischen Kunstgeschichte und Volkskunde bestehen wichtige Beziehungen, die sich auf dem hier behandelten Gebiete sogar überkreuzen können. Der Nutzen für die Volkskunde wird aber meist ein Nebenergebnis bleiben. Dazu hat Referent einen kleinen Beitrag: Kunst und Recht,


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Das Recht in Kunst und Volkskunst, in: Volk und Recht, Katalog der Ausstellung des NS. Rechtswahrerbundes im Grassi-Museum (Leipzig u. Berlin 1939, S. 24--44) geliefert. Gerade die oben besprochene Studie von Frölich über die ma.'lichen Bauwerke als Rechtsdenkmäler scheint zu zeigen, wie erheblich der Gewinn ist, der als Anliegen der historischen Bildkunde aus der wechselseitigen Förderung von Rechtsgeschichte und Kunstgeschichte gezogen werden kann. Der Beitrag von A. Suhle, Medaillen und Siegel des Münzkabinetts der St. Museen in Berlin, Kunst und Recht (in: Volk und Recht, dem ebengen. Katalog, S. 45--61) gehört hierher, und der vom Referenten bearbeitete Katalog »Recht und Rechtswahrer im Spiegel der Kunst, Ausstellung, veranstaltet vom NS. Rechtswahrerbund Berlin und dem Museum der Bildenden Künste (Leipzig u. Berlin 1938)«, der auch ältere Schriften zum Thema in Auswahl verzeichnet, darf vielleicht noch mit erwähnt werden. H. Frank, Recht und Kunst, Rede des Reichsministers anläßlich seines Besuches der Ausstellung Recht und Rechtswahrer im Spiegel der Kunst (Leipzig 1938), hat dem Thema eine geistreiche Betrachtung gewidmet.

Von hohem Wert ist das Buch < 2383> (Bespr. Engel, Arch. d. Hist. Ver. f. Mainfranken, 71. 1938, 334--335; K. Frölich, ZRG. Germ. Abt. 59. 1939, S. 550 bis 553), dem eine ungewöhnliche Liebe zur Sache ein Heimatrecht in der Rechtsgeschichte und in der Kunstgeschichte sichert, so wenig die Schwierigkeiten übersehen werden können, die die Behandlung eines Stoffes bietet, der eigentlich die wohl kaum zu erreichende Sicherheit eines Fachwissenschaftlers auf beiden Gebieten fordert. In einer von künstlichen theoretischen Erwägungen freien, sympathischen Gliederung bespricht der Verf. die rechtsgeschichtliche Bedeutung der Denkmäler und führt eine große Zahl meist fränkischer Beispiele neu in die Literatur ein. Gerichtsbaum, Gerichtstisch, Gerichtslaube, Verkünfplätze (auch Freikanzeln), Rats- und Gerichtshäuser, Steinkreuze (Sühnekreuz und Erinnerungsmal) werden behandelt, ferner Galgen, rechtsgeschichtlich bisher unbeachtet gebliebene Wegekapellen, endlich u. a. Pranger, Schandsteine, Schandmasken, Rolande und Hausmarken. Für einzelne Denkmälergattungen sind noch einige wichtige Einzelstudien zu verzeichnen. W. Funk hat seine Nachforschungen mit einer Arbeit: Pranger in Mainfranken (Am Fränkischen Herd [Kitzingen], 15. 1938, Nr. 25--34) für ein Gebiet weitergeführt, das vorher von G. Bader-Weiß u. K. S. Bader, Der Pranger, Ein Strafwerkzeug und Rechtswahrzeichen des Mittelalters <1935, 1480> (Bespr. K. Frölich, H. Z. 160. 1939, S. 352--355), ausführlich behandelt worden ist, ein Buch, dessen Wert durch die seitherigen Ergänzungen und Berichtigungen nicht wesentlich gemindert werden konnte: Fr. Hefele, Vom Pranger und verwandten Strafarten in Freiburg i. B. (Schauinsland 62. 1935, S. 56 ff.), und R. Horna, Pranýře na Slovensku (Die Pranger in der Slowakei), Prag 1937 (Aus: Festschrift zum 60. Geburtstag von A. Milota) (Bespr. H. F. Schmid, ZRG. Germ. Abt. 58. 1938, S. 964--965). Für die Steinkreuze sind die Arbeiten von G. A. Kuhfal von dem Baderschen Werk vergleichbarer Bedeutung. An das Buch: Die alten Steinkreuze in Sachsen, Nachtrag zum Heimatschutzbuch von 1928, Dresden 1936 (Bespr. K. Frölich, ZRG. Germ. Abt. 58. 1938, S. 923--924), sind andere Arbeiten zum Thema anzuschließen: P. Georgi, Steinerne Zeugen alten deutschen Rechts (Das Thüringer Fähnlein 8. 1939, S. 55--58); G. Buchmann, Das Steinkreuz am Wege (Thüringer Heimatschutz


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5. 1939, S. 1--4, Beilage zum Thüringer Fähnlein 8. 1939, 1); G. Trukenbrod, Steinkreuze des Bezirksamtes Rehau (Siebenstern 11. 1937, S. 164 bis 168); J. L. Wohleb, Sühnekreuze (Schauinsland, Freiburg i. B. 65/66, 1938/39, S. 198--202); O. Höfel, Die Steinkreuze Rheinhessens (Der Wormsgau 2, 1939, S. 266--272); die beiden letzten Aufsätze sind besonders wichtig. Im Gegensatz zu diesen behandelt R. Jeuckens, Die alten Steinkreuze im Aachener Grenzland, Beiträge zur Volkskunde und Volkskunst (Aachen 1938), fast nur Grabkreuze auf Friedhöfen und läßt die Würdigung der rechtlichen Bedeutung von Wegekreuzen fast ganz außer acht, da seine Belege nicht mit Sicherheit als Sühnekreuze oder Grenzzeichen zu bestimmen sind. Die einseitige Beschäftigung mit den Steinkreuzen der Friedhöfe ist aber auch von nicht zu unterschätzendem Wert, da diese Stücke wieder in den anderen Arbeiten fast völlig vernachlässigt werden, obwohl sie in geschichtlicher und formgeschichtlicher Beziehung auch für die Bestimmung der Wegekreuze von erheblicher Bedeutung sind. Als ein entlegeneres Einzelbeispiel für die zahlreichen Beiträge zur Hausmarkenforschung kann der Aufsatz: H. W. Kaufmann, Holzmarken, Hefte f. Volkskunde (Mitt. d. bayr. Landesstelle für Volkskunde 9. 1938, S. 10--11), genannt werden. Einer besonderen Gruppe von Denkmälern hat neuerdings H. Meyer eine Arbeit gewidmet: Menschengestaltige Ahnenpfähle aus germanischer und indogermanischer Frühzeit (ZRG. Germ. Abt. 58. 1938, S. 42--68). Die wertvolle Arbeit < 2279> (Bespr. Cl. von Schwerin, ZRG. Germ. Abt. 59. 1939, S. 308--313), zu der noch J. Giesen, Pfeffer, Filz und Handschuhe [Der Wormsgau 2. 1939, S. 264--265, vgl. M. Illert zum Pfeiffermarsch ebda. S. 241 ff.] erwähnt werden kann), greift weit aus und liefert auch für das kirchliche Leben neue Aufschlüsse. In ihr geht die Sachforschung zu den Aufgaben einer Historischen Ikonographie im weiteren Sinne über. Die hier betriebene, von der Sachforschung ausgehende Sinnzeichenforschung findet eine Spiegelung in dem wichtigen Aufsatz < 2259>, dessen Ausgangspunkt sprachgeschichtlicher Art ist.

Für das engere Gebiet der Historischen Bildkunde sind in diesem Bericht nur einige bildniskundliche Arbeiten hervorzuheben. J. Pohl, Die Verwendung des Naturabgusses in der italienischen Porträtplastik der Renaissance (Würzburg 1938, Diss. Bonn 1937) gibt einen erwähnenswerten allgemeinen Überblick der Technik und Geschichte der Lebendmaske und der Totenmaske, in dem auch die Entwicklung in Deutschland berücksichtigt wird. H. Schwindrazheim, Eine Porträtsammlung Wilhelms IV. von Hessen und der Güldene Saal (Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, 10. 1937 [1939], S. 263--306), behandelt zwei in Kopien erhaltene Bildnisreihen des ausgehenden 16. Jh. in Gemälden (120) und Skulpturen (20), die eine Vergegenwärtigung des Bestandes im Hauptsaal des untergegangenen Kasseler Residenzschlosses ermöglichen. Eine gute Übersicht zur Geschichte der Bildnisreihen bestimmt die Stellung der Serien in der Entwicklung des auf die Sammlung des Paolo Giovio zurückgehenden Typus. Der Katalog verzeichnet Einzelbeobachtungen zu den Bildnissen der europäischen Regenten der Zeit; ein neuerer Aufsatz zum Thema, der einige Ergänzungen gebracht hätte, sei hier nachgetragen, weil er auch sonst meist übersehen wird: G. Ladner, Zur Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol (Ambraser Porträtsammlung),


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Die Gonzaga-Medici- und Wittelsbacher-Serien und einige Kopien nach den Homines illustres des Giovio-Museums <1936, 180>.

Für das plastische Bildnis ist die Dissertation von Luise Hager, Büste und Halbfigur in der deutschen Kunst des ausgehenden MA.'s (Würzburg 1938, Diss. München 1936), zu nennen. Sie behandelt Vorgeschichte und weitere Entwicklung für die Prager Dombüsten und für die Halbfiguren des Nicolaus Gerhaert und bringt allgemeines zum Thema im weiteren Umkreis. Büste und Halbfigur wird als eine der Wurzeln der deutschen Bildnismalerei angesprochen, die Unterschiede zu anderen Arten plastischer Bildnisse (Reliquiare und Büsten des 16. Jh.'s) betont, und die Eigenart der deutschen Leistungen und ihre Stellung in der deutschen Kunst näher bestimmt. Der kurze Aufsatz zu einem anderen Bildnistypus, E. Nienholdt, Doppelbildnisse der altdeutschen Malerei des 15. Jh.'s (Geistige Arbeit 5. 1938 [13], S. 5--6), enthält leider keine bemerkenswerten Feststellungen. Die Arbeiten < 193, 195 bis 199, 201> sind in erster Linie als Einzelstudien von Belang. Eine kleine historische Ausstellung im Zeughaus: König Friedrich Wilhelm I. Zur 250. Wiederkehr seines Geburtstages, ist in einem Amtlichen Führer (Berlin 1938) festgehalten. Zu der Arbeit von Hm. Schwindrazheim bietet < 200> für die neuere Zeit ein interessantes Gegenstück. Der gleiche Verfasser, H. Röthel, hat noch eine weitere Arbeit veröffentlicht: Bürgerliche Kultur- und Bildnismalerei in Hamburg während der ersten Hälfte des 18. Jh.'s (Hamburg 1938 = Aus Hansischem Raum, Schriftenreihe der Hanseschen Gilde Bd. 10), der durch die sorgsame und umsichtige Behandlung des Themas eine allgemeinere Bedeutung zukommt. Der Bericht von L. Reygers, Zur schwedischen Bildnismalerei und Bildnisikonographie der Vasazeit (Z. f. Kunstgesch. 7. 1938, S. 185--187), bespricht die neueren Arbeiten von K. E. Steneberg, die auch für die deutsche Bildnisforschung von Belang sind.

Zwei Sonderfälle der Historischen Bildkunde verdienen noch Erwähnung: < 451> (Bespr. W. Körte, Das Werk des Künstlers 1. 1939, S. 103--105) führt Zeugnisse der großen Persönlichkeiten der Zeit in einer weit über das münzkundliche Interesse hinausreichenden Weise vor. < 194> bietet ein Verzeichnis, in dem die graphischen und sonstigen Blätter der umfassenden Sammlung zur Theatergeschichte für alle Gebiete von der Außenarchitektur des Theatergebäudes bis zum Rollenbildnis des Schauspielers näher bestimmt werden. Der Katalog, der u. a. auch Bühnenbild, Artistik, Tanz usw. berücksichtigt, erschließt einen reichen Stoff.

Einige Arbeiten zur Bildniskunde von grundsätzlicher Bedeutung werden im nächsten Berichtsjahr zu besprechen sein.


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