III. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte.

Die Sammlung oberrheinischer Stadtrechte bringt in der Reihe der vom Wissenschaftlichen Institut der Elsaß-Lothringer im Reich herausgegebenen elsässischen Rechte als dritten Teil die Veröffentlichung der Colmarer Stadtrechte durch P. W. Finsterwalder < 2374>. Die oberelsässische Rolle Colmars im Kreise der elsässischen und schwäbischen Stadtrechtsfamilie ist bekannt. Der vorliegende erste Band enthält die frühen Urkunden zur politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Ordnung der Stadt (823--1214), die Privilegien der Kaiser und Könige und die eigenen Rechtshandlungen der Stadt (1214--1660) und den Text des »alten Rotbuches« mit den Verfügungen des Rates seit 1362. Auf bedauerliche Beanstandungen in der Textgestaltung hat auch Mayer-Edenhauser hingewiesen (ZGORh. 91, S. 576). H. Thieme < 2373> hat einen klärenden Aufsatz über die staufischen Stadtrechte im Elsaß geschrieben. Finsterwalder hat auf die Auswertung seiner Stadtrechtsausgabe bisher noch verzichtet. Die ländliche Verfassung des Oberrheingebietes ist dagegen in mehreren Arbeiten des Berichtszeitraumes dargestellt worden. M. Prasse < 2087> untersucht in wirtschaftsgeschichtlichen Studien die Agrarverfassung des Schwarzwaldes vor der Bauernbefreiung mit ihren tragenden Rechtsordnungen der Grundherrschaft, der Gerichtsherrschaft und der Leibeigenschaft. Der Schwarzwaldbauer hat aus eigenem Antrieb die alte Rechts- und Wirtschaftsordnung verlassen und sich zäh eine eigene Agrarverfassung mit geschlossenen Hofgütern, eigenem Erbrecht und besonderem Wirtschaftssystem geschaffen. Der Fürsorge der Patrimonialgewalten durfte er sich dabei nicht erfreuen. Dagegen haben die Fürstenberger in ihrer an der Kinzig und ihren Nebenflüssen gelegenen Herrschaft Wolfach, die im 13./14. Jh. mit persönlich, nur zu grundherrlichen Abgaben verpflichteten Bauern besiedelt wurde, durch gesetzgeberische Maßnahmen den großbäuerlichen Besitz mit geschlossener Vererbung durchgesetzt. G. G. Veltzke < 2086> macht diese Entwicklung des gebundenen bäuerlichen Besitzes in der fürstenbergischen Gesetzgebung zum Gegenstand seiner wissenschaftlichen Untersuchung. Die Stammgutforschung erfährt am Falle von Bodman am Bodensee durch H. Meyer < 2372> eine Bereicherung, indem gezeigt wird, wie durch elf Stiftungsbriefe zwischen 1390 und 1845 die Bindung der Familiengüter zugunsten des Mannesstammes erreicht worden ist. Einen Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Markgenossenschaft, der die Forschung über ihr Wesen und ihre Bedeutung anregend befruchtet hat, liefert M. Wellmer < 2369> am Beispiel des Vierdörferwaldes bei Emmendingen. Die vier freien wirtschaftlichen Gemeinden verfügen seit der Mitte des 13. Jh.'s gemeinsam und unabhängig über den Wald; der Markgraf von Hachberg übt eine Schutz- und Schirmherrschaft aus. Mit der Darstellung der Entwicklung des Schwarzwälder Bergrechtes von H. Häuser < 2370> auf Grund der Gotheinschen Forschung in der Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes und unter


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Heranziehung des archivalischen Materials nehmen wir von den Arbeiten über die verfassungsrechtlichen Zustände dieses Gebietes Abschied. --

Der Grundbesitzverfassung und Zehntherrschaft im rechtsrheinischen Teil des Fürstbistums Speyer widmet E. Bühler < 2553> vornehmlich für das 18. Jh. seine nunmehr abgeschlossenen verfassungs- und wirtschaftsgeschichtlichen Studien. -- Schon am Rande unseres Berichtsgebietes liegt das Thema der Arbeit von H. van Ham < 2367> über die Gerichtsbarkeit an der Saar im Zeitalter des Absolutismus. Im Mittelpunkt stehen die Änderungen in dem Rechtszustand der einzelnen saarländischen Territorien während der französischen Herrschaft in der Reunionszeit (1680--1697), während der »die Gerichtsgewalt, ihre Ausübung und Zuständigkeit als politisches Kampfmittel zur Eingliederung der Saar und anderer linksrheinischer deutscher Gebiete in die französische Staatspolitik und das französische Rechtsdenken verwendet worden ist«.

Die Dissertation von K. Dörner < 2235> über die badische Heeresverfassung von 1806 bis zur Konvention mit Preußen leitet über zur Verfassungsgeschichte des neu-badischen Staates. Mit der Beendigung der napoleonischen Kriege begann erst eine stetige wehrrechtliche Entwicklung in Baden. In der Zeit von 1815 bis 1870 vollzieht sie sich immer mehr nach preußischem Vorbild. Die konstitutionell-kommunale Selbstverwaltung im Großherzogtum Baden hat sich im Gegensatz dazu immer mehr von den Grundgedanken der Preußischen Städteordnung entfernt, so groß auch die Wahrscheinlichkeit einer unmittelbaren Beeinflussung durch den Freiherrn vom Stein ist. A.-W. Blase < 2368> sieht in der Geschichte der badischen Selbstverwaltung, die er auf Grund der Akten mit geschichtlichem Blick zur Darstellung bringt, die Geschichte des badischen Liberalismus sich spiegeln.

Die wirtschaftsgeschichtlichen Arbeiten, über die zu berichten ist, gehören zumeist dem fürstenbergischen Gebiete an. K. S. Bader < 2657> zeigt an dem Musterbeispiel des 1123 als Tochterkloster von St. Georgen gegründeten, seit dem 13. Jh. unter der Vogtei der Grafen von Fürstenberg stehenden Benediktinerinnenklosters Friedenweiler den Ausbau einer klösterlichen Grundherrschaft und ihre Bedeutung für die Siedelung in einem Waldtal der südöstlichen Schwarzwaldabdachtung. K. S. Bader < 2554> schildert auch die Geschichte des Eisenerzabbaues und des Hüttenwerkes zu Blumberg auf der Hochebene der Wasserscheide zwischen Wutach-Rhein und Aitrach-Donau, eines fürstenbergischen Regiebetriebes, der Ende des 18. Jh.'s aufgehoben wurde. Die Geschichte der Jagd in den schwäbischen Gebieten der fürstenbergischen Standesherrschaft von K. Stephani < 2179> rundet das geschichtliche Bild der fürstenbergischen Lande ab. Die industrielle Entwicklung des Wiesentales bis zum Jahre 1870 untersucht umsichtig in wirtschaftsgeschichtlichen Studien R. Dietsche < 2552>. Die Politik der vom Völkerbund eingesetzten saarländischen Regierungskommission versuchte von der wirtschaftlichen und sozialen Seite her die Eingliederung des Saarbeckens in den französischen Wirtschaftsraum. Den Kampf gegen diese Absichten schildert Br. Ranecker < 2550> in dem Buche: Die sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Elsaß-Lothringen und dem Saargebiet 1920--1935.


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