IV. Geschichtliche Landeskunde. Volkstumsgeschichte.

Der Landesverein »Badische Heimat« erfreut seine Mitglieder alljährlich mit einem stattlichen Band über Landschaft und Volkstum abgerundeter badischer Teilgebiete. Der Jahresband


S.462

1938 hat die Baar < 1597> mit seinen Mittelpunkten Donaueschingen und Villingen zum Gegenstand. H. E. Busse schrieb die Einführung, der Geograph Metz stellt ihre Einheit als Natur- und Kulturlandschaft auf altem Siedlungsgebiet heraus. Aus der Fülle seiner Forschungsergebnisse zur Geschichte der südöstlichen Schwarzwaldabdachung spendet K. S. Bader seinen Beitrag: Die Baar vom Mittelalter zur Neuzeit. Die Bedeutung des Fürsten Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg für die staatlichen und kulturellen Verhältnisse in den Fürstenbergischen Landen stellt E. Johne dar. Eine Anzahl weiterer Beiträge zur Kultur- und Geistesgeschichte, stadt- und baugeschichtliche Übersichten für Villingen, Donaueschingen, Hüfingen, Bräunlingen, Geisingen und Möhringen bereichern den Band. Volkstum und Reich < 352> nennt sich der zweite Band des Jahrbuchs der Stadt Freiburg i. Br. Die Anführung der wichtigsten geschichtlichen Beiträge kann die dargestellte kulturelle Wechselwirkung im alemannischen Raum diesseits und jenseits der Reichsgrenze nur andeuten. Fr. Metz behandelt die Einwanderung in das Alemannenland, O. Gruber die Bauernhäuser des Schwarzwaldes, J. Müller-Blattau den Reichsfreiherrn Franz Friedr. Siegmund August Böcklin von Böcklinsau als alemannischen Musikfreund zu Goethes Zeit. Die Beiträge von E. Fischer: Schicksal des Erbes-Erbe als Schicksal der Alemannen und von G. Ritter: Freiburg als vorderösterreichische Stadt stellen das lebendige Fortwirken einer reichen Vergangenheit dar. Nach den Richtlinien des Reiches legt das Badische Landesamt für Denkmalpflege einen neuen Band der Bad. Kunstdenkmäler < 356> vor, der den Amtsbezirk Pforzheim-Land mit 35 Landgemeinden umfaßt. Die Römerzeit hat hier starke Spuren hinterlassen. Im MA. sind die Klöster Hirsau und Maulbronn, in den folgenden Zeiten die badischen Markgrafen Ausgang und Mittler des Kunstschaffens gewesen. An der Spitze stehen die Kunstwerke der Dorfkirche zu Tiefenbronn im Gemmingenschen Gebiet, vor allem mit dem Kleinod des Lucas Moser-Altars. Aus der Reihe der Ortsgeschichten < 351 a, 353, 354, 355> verdient einen besonderen Hinweis K. Neckermanns < 353> Heimatscholle Vilchband mit der Darstellung der wechselvollen Schicksale des früher bischöflich-würzburgischen Dorfes und seines bodenständigen Volkstums. Die Dorfwelt der Gegenwart ersteht in der Beschreibung der 28 Erbhöfe, in der Untersuchung über das rassische Erbe der Heimatbevölkerung, in der Darstellung von Sprache, Brauchtum und Volksglaube. Ihr steht die Welt der Stadt gegenüber. Es bedeutet eine grundsätzliche Erweiterung der volkskundlichen Forschungsaufgabe, auch das städtische Volkstum in seiner Ganzheit darzustellen. Jede Stadt besitzt ihre Eigenart, die sich nicht nur in der baulichen Anlage, im Stadtbild und im Ablauf des modernen Lebens der Technik und des Verkehrs kundtut, sondern auch in der Mundart, im Bevölkerungscharakter, in Stimmung und Lebenshaltung, in Sitte und Brauch, in Fest und Feier. Am Beispiel der pfälzischen Stadt Mannheim löst K. Kollnig < 2178> klug und neuartig diese Aufgabe, Volkstum und Volkskunde einer Großstadt durch die Darstellung ihrer geschichtlichen Grundlagen hineinzustellen in die Volkskunde der Landschaft, in der sie letztlich wurzelt. Die Zünfte entwickelten seit dem MA. in den Städten einen erstaunlichen Reichtum von Sitten und Gebräuchen, deren volkskundlicher Auswertung man erst jüngstens wieder mehr Beachtung schenkt. Geschichte und Brauchtum der Mannheimer Zünfte vergegenwärtigt uns W. Treutlein < 2115>.

S.463

Zur Bevölkerungsgeschichte werden auch in diesem Berichtsjahr nur Bausteine zusammengetragen. F. Harzendorf < 1738> errechnet auf Grund der Quellen eine Einwohnerzahl von 3300 Seelen für die Stadt Ueberlingen um das Jahr 1500. H. Kluge < 2048> zählt die Orte des deutschen Südwestens mit jüdischem Bevölkerungsanteil in den Jahren 1770--1810 auf. Beteiligt sind die geistlichen und weltlichen Territorien des Oberrheins, beteiligt sind namentlich die reichsritterschaftlichen Dörfer. Die Judengemeinden im elsässischen Bischheim und Colmar behandelt M. Ginsburger < 2049, 2050>. -- Einzelbeiträge zur Auswanderung aus der Saarpfalz steuern E. Christmann < 1849> und, gemeinsam mit A. Jakob, J. A. Kell < 1847> bei. Zur mittel- und oberbadischen Abwanderung in den Donauosten geben weitere Einzelheiten J. Häßler < 1758, 1851> und L. Döbele < 1759>. Ein sprechendes Zeugnis volksdeutscher Verbundenheit zeigt das von J. Künzig < 1832> betreute stattliche Jubiläumswerk zur Feier des 200jährigen Bestehens der südschwarzwälder Bauerngemeinde Saderlach im rumänischen Banat. Land und Volkstum in der Ferne werden in Vergleich gesetzt mit der unverlorenen Heimat im badischen Hotzenwald. Mit seiner Schrift: Schweizer Einwanderer in der Pfarrei Contwig bei Zweibrücken liefert K. Dahl < 1903> einen neuen Beitrag zur Siedlungs- und Familiengeschichte der Westmark.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)