III. Landesgeschichte.

Von Leben und Wirken des zum Geheimen Rat Kaisers Ludwig des Bayern emporgestiegenen schwäbischen Adligen Heinrich von Zipplingen, der auch als Deutschordenskomtur zu Ulm in der Hierarchie eine geachtete Stellung einnahm, berichtet A. Naegele < 917>. Dunckers Zusammenstellung der über die Geschichte des württ. Geschlechts von Bubenhofen erhaltenen Nachrichten hat insofern Bedeutung, als einige Mitglieder dieser Familie am württ. Hof und in der württ. Verwaltung zu Einfluß und Ansehen gelangt sind < 1923>.

Das Vorbild von K. O. Müllers Behandlung der württ. Landschreibereirechnungen der Zeit von Herzog Karl Alexander <1932, S. 484> hat W. Schempp zu einer entsprechenden Untersuchung der Rechnungen von Stadt und Amtspflege Tübingen angeregt < 2557>. Sch. will dabei einen Beitrag zur württ. Finanzgeschichte geben, legt aber zugleich -- mit Recht -- großen Wert auf die Nutzbarmachung der in solchen Rechnungen enthaltenen Angaben für die politische, militärische und kulturelle Geschichte.

Seinem Bändchen über den Rußlandfeldzug 1812 <1937, S. 532 f.> läßt O. Gerhardt eine entsprechende volkstümliche Darstellung der Teilnahme der württ. Truppen am deutschen Befreiungskrieg 1813/15 folgen < 1082>, die namentlich den Feldzug von 1813, die Tragödie der württ. Truppen bei Dennewitz und Leipzig, eingehend behandelt, im übrigen unter Anlehnung an die größeren Werke von A. Pfister geschickt die wesentlichsten Punkte herauszuheben versteht.

Dem Einfluß der Julirevolution auf die Entwicklung des politischen Lebens in Württemberg spürt auf Grund eingehenden Quellenstudiums nach die Erstlingsarbeit


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des 1914 verstorbenen J. Haering < 1122>, aus der H. Haering Auszüge mitteilt, da angesichts der inzwischen zugänglich gewordenen neuen Quellen und des Fortgangs der Forschung eine nachträgliche Drucklegung der gesamten Untersuchung nicht mehr angängig erscheint. Immerhin verdient H.'s Studie Beachtung; seine eindringende Beschäftigung mit den bewegten Jahren 1830--1835 enthält doch eine Fülle wertvoller Beobachtungen und Mitteilungen, die für das Verständnis der Zeit, vor allem auch der Politik König Wilhelms I. von Wichtigkeit sind, zumal H. neben den Akten auch eingehend die Publizistik und die Zeitungen und Zeitschriften ausgeschöpft hat. Da nach H.'s Ansicht vom Jahre 1835 an kaum mehr Nachwirkungen der durch die Julirevolution erzeugten Bewegung zu spüren sind, hat er die weiteren anderthalb Jahrzehnte bis zum Ausbruch der Revolution von 1848 nur mehr in Form einer Übersicht behandelt. Dem Jahrzehnt nach 1848, der Zeit der sog. »Reaktion«, widmet M. Traub seine gleichfalls auf Akten des Staatsarchivs aufbauende Untersuchung < 1147>. Die deutsche Politik König Wilhelms I., die nach dem Scheitern des Frankfurter Verfassungswerks bis 1852 wohl für eine Neugestaltung Deutschlands eintritt, aber von einem Bundesstaat unter Preußens Führung nichts wissen will, wird eingehend mit ihrem Für und Wider gewürdigt; den Minister von Linden, der die »Reaktion« in Württemberg verkörperte, nimmt Tr. weithin gegen die ihm gemachten Vorwürfe in Schutz. Genau wird die Geschichte der politischen Parteien geschildert; abschließend gibt Tr. einen Überblick über die Stellung, die die öffentliche Meinung in den Jahren 1850/59 gegenüber Preußen und Österreich einnimmt. Tr. behandelt auch einzelne hervortretende politische Gestalten, so u. a. auch die etwas abseitige Persönlichkeit des württ. Pfarrersohns Gustav Diezel und seine Wandlung vom unbedingten Revolutionär zum gemäßigten, stark sich mit außenpolitischen Fragen beschäftigenden Publizisten; ihm gilt auch eine besondere Studie von Willy Lorch < 1129>, die freilich noch manches zu tun übrig läßt.

Mit der Geschichte der Juden in Württemberg beschäftigen sich mehrere Arbeiten, die diesmal erfreulicherweise alle aus nichtjüdischen Federn stammen. W. Grube < 2051> gibt einen kritischen Überblick über den Stand der Erforschung des württ. Judentums und über die in den staatlichen Archiven verwahrten einschlägigen Quellen. Ein Verzeichnis der in den Akten nachweisbaren jüdischen Niederlassungen schließt den verdienstvollen Aufsatz ab und wäre mit der schon oben (Abschnitt II) erwähnten Arbeit von H. Kluge zusammenzuhalten. Die ausgesprochen judenfeindliche Politik Eberhards im Bart schildert Th. Miller auf Grund der Akten, leider ohne Quellenbelege < 2052>. M. weist nach, daß Eberhard schon als junger Mann 1459 ausgesprochen scharf gegen die Juden vorging und die Reise ins Heilige Land 1468 ihn in dieser Haltung nur bestärkte; er steht in dieser Hinsicht im schärfsten Gegensatz zu Graf Ulrich dem Vielgeliebten. Die von ihm veranlaßte 1. Landordnung von 1495 verbot jeden Geschäftsverkehr mit Juden und jedes zu ihren Gunsten ausschlagende Gerichtsverfahren; sein Testament von 1492, das auf ein Verbot jeder Niederlassung und jeden Geschäftsbetriebs für Juden hinauszielte, wurde wenige Jahre später die Grundlage zu der Bestimmung der 2. Landordnung, die den Ausschluß der Juden aus Württemberg zum Gesetz erhob. In die Reichsstadt Heilbronn führt uns die kleine Studie von G. Krusemarck < 2053>; hier lagen trotz der Vertreibung der Juden im Jahr 1469 die Dinge etwas schwierig, da


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die großen Judengemeinden in den der Stadt benachbarten Deutschordensorten Sontheim und Neckarsulm immer wieder für alle möglichen jüdischen Versuche, in der Stadt Fuß zu fassen, den Stützpunkt abgaben. Eingehend schildert K. den raschen Aufstieg der Judengemeinde im 19. Jh., nachdem die Einverleibung Heilbronns in den württ. Staatsverband den Juden die Tore der Stadt endgültig geöffnet hatte.


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