§ 1. Allgemeine Bibliographie(P. Sattler) Es ist unnötig, den Lesern der Jahresberichte die neue Auflage des
Dahlmann-Waitz (
11) vorzustellen; denn ein jeder wird das Werk schon oft in der Hand gehabt und
sich selbst ein Urteil gebildet haben, und wer wissen will, mit welchen Worten die Fachkritik die unendlich
entsagungsvolle Arbeit von H. Haering, des Herausgebers der neuen Auflage, belohnt hat, der möge
die in der Bibliographie angeführten Besprechungen, zu denen inzwischen die eingehende und sachlich bedeutsame von
P. Herre (HZ. 148, 103 ff.) hinzugekommen ist, nachlesen. Da die Jberr. die im D.-W. niedergelegte
Sammelarbeit fortführen, so ist wohl an dieser Stelle ein etwas eingehenderer Vergleich zwischen beiden
Unternehmungen am Platze. Inhaltlich geht der D.-W. über das Sammelgebiet der Jberr. hinaus, indem er einige in
sich selbständige Geisteswissenschaften mit erfaßt. Doch kann ich nicht darin einen Mangel der Jberr.
erblicken, daß diese nicht wie der D.-W. Literaturgeschichte, Musikgeschichte und Geschichte der bildenden Kunst
berücksichtigen; dagegen sprechen die praktischen Gründe der Ökonomie der Wissenschaften und auch
geschichtsphilosophische Gesichtspunkte, da bei einer Verlagerung des Schwergewichts der Geschichte von der Seite des
Staates und der großen Politik zur allgemeinen Geistesgeschichte durch Aufnahme aller nur denkbaren Lebensgebiete
die gedankliche Einheit eines solchen Sammelwerkes nur auf der subjektiven Idee des jeweiligen Bearbeiters beruhen wird.
Mit dieser Ausnahme decken sich die beiden Unternehmungen so weit, daß jede an dem Inhalt des D.-W. geübte
Kritik auch für die Jberr. gilt. Der wichtigste Unterschied in der Einteilung des Stoffes liegt darin, daß
die Jberr. die einzelnen Zweige des geschichtlichen Lebens (Recht, Verfassung, Wirtschaft, Kirche usw.) als
selbständige Gruppen neben die chronologisch geordnete politische Geschichte stellen, während der D.-W. in der
Regel die Literatur über diese Gebiete, soweit nicht die gesamte Entwicklung behandelt wird, in den nach Epochen
der politischen Geschichte gegliederten Teil B (die einzelnen Zeitalter) einschiebt. Die von dem D.-W. beibehaltene
Einteilung leidet darunter, daß die Perioden dieser Sondergebiete sich nicht mit denen der politischen Geschichte
decken; das gilt selbst für Gebiete, die dem staatlichen Geschehen so nahe stehen, wie Recht, Verfassung und
Wirtschaft, aber erst recht für Geistes- und Kulturgeschichte. Zu welchen Konsequenzen diese Einteilung führt,
kann man daraus ersehen, daß die entscheidenden Zäsuren der neueren Geistesgeschichte auf die Jahre 1648
--1806--1871 gelegt werden müssen. Über die Titelanführung des D.-W. sei
S.100 noch ein Wort gesagt. Es ist Haering gelungen, ohne Erhöhung des Umfangs den Inhalt um rund ein Drittel durch rigorose Anwendung von Abkürzungen aller Art zu erhöhen. Unbedingt zu begrüßen ist die einheitlich durchgeführte Normalisierung der Abkürzung aller häufig vorkommenden Titel, insbesondere der Zeitschriften; ich möchte wünschen, daß diese Sigel von nun ab für alle Literaturzitate auf dem Gebiete der deutschen Geschichte sich durchsetzen. Dagegen kann ich die viel zu weit getriebene Abkürzung innerhalb der Titel nicht gutheißen; es ist so, als ob unsere Schrift im Begriff wäre, einen Rückschritt von der Buchstabenschrift zur Sigelschrift zu machen, die die Benutzung des D.-W. Ausländern und auch wohl Anfängern sehr erschwert. Dabei aber schleppt der D.-W. eine ganze Reihe von ziemlich überflüssigen bibliographischen Angaben mit fort, die nur die nicht mehr leichte Übersicht noch mehr erschweren. Eine so materialüberladene Bibliographie wie der D.-W., die die Bücher nicht beschreibt, sondern nur nachweist, braucht einen Titel nur so weit anzugeben, daß er in jedem alphabetischen Katalog einer Bibliothek gefunden werden kann. Wozu z. B. die Anführung des Erscheinungsortes für Bücher, die nach 1800 erschienen sind? Die Jberr. teilen Verleger- und Serientitel, wenn diese zur Charakterisierung eines Werkes nicht wesentlich sind, nicht mit. Diese Praxis kann man dem D.-W. auch empfehlen. Ob ein Buch ein Bestandteil der »Acta Borussica« oder ob es in der Reihe »Aus Natur und Geisteswelt« erschienen ist, kann natürlich nicht gleichgültig sein. Aber die sorgfältige Anführung »HSt (= Eberings histor. Studien) u. ä. des D.-W. schadet mehr als daß sie nützt. -- An Arnolds Bücherkunde ( 17) sollte auch der Historiker nicht vorübergehen. Sie ist zwar für den Gebrauch des Literarhistorikers bestimmt und weist Bücher aus allen Gebieten nach, die für diesen in Betracht kommen können. Der Begriff Literaturgeschichte ist so weit gefaßt, daß dieses Werk in seiner neuen Bearbeitung als wirklich brauchbarer Ersatz für ein nicht vorhandenes bibliographisches Handbuch über die Geisteswissenschaften der Neuzeit gelten kann. Mit dem D.-W. hat der »Arnold« ein geradezu ausgeklügeltes Sigelsystem gemein, das es ihm ermöglicht, auf nur 362 Seiten sehr viel zu bringen. Ihm voraus hat er den Vorzug, von einem einzigen Manne geplant und bearbeitet zu sein; die beim D.-W. nicht gerade seltenen Überschneidungen vermeidet er glücklich. Dagegen ist natürlich das Wissen eines einzelnen begrenzt gegenüber der Kenntnis von 54 Mitarbeitern. -- Hingewiesen sei auch auf die neue Bearbeitung von Paetows Guide ( 10), der zwar für amerikanische Studenten berechnet ist, aber dennoch zur Ermittlung englischer Literatur über mittelalterliche Geschichte willkommen sein wird. |
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