d) Staufer.Ein von einem Bucheinband gelöstes Fragment eines Briefes Erzbischof Konrads von Salzburg an den hl. Norbert gibt J. Bauermann < 1060> Anlaß, die Frage der Kirchenpolitik Lothars III. neu zu untersuchen. Die neue Quelle bietet einen weiteren Beleg für den Versuch dieses Kaisers, zu dem vor dem Wormser Konkordat geltenden Staatskirchenrecht zurückzulenken; allerdings betont B. daneben, daß es Lothar »an einer grundsätzlichen Klärung seiner Haltung ... und am Durchhalten eines bestimmten Kurses immer wieder gebrach«. Die Hohenstaufen im Urteil Dantes, vor allem dessen Charakteristik von Friedrich II., Manfred und dessen Tochter Konstanze von Aragon, vergleicht W. Cohn < 1072> mit der heute in der Wissenschaft herrschenden Beurteilung. -- Der Schwerpunkt der Untersuchung von J. Cohn < 2381> über die Judenpolitik der Hohenstaufen liegt in der Stellungnahme zu der kontroversen Frage über die Politik Friedrichs II., die er als einen Versuch der Eingliederung der Juden in den Staat erklärt. In Sizilien war dem durch den normannischen Staat, in Deutschland durch den von Friedrich I. begründeten Begriff der Kammerknechtschaft vorgearbeitet; aber in Deutschland verhinderten die der Zentralgewalt entgegenarbeitenden Kräfte die Durchführung des Gedankens. -- Zur inneren Geschichte der deutschen Juden vgl. auch S. Auerbach < 2382>, der in einem Exkurs für das Bestehen einer Judengemeinde in Speyer vor 1084 eintritt. Zu Friedrich Barbarossa sind einige Untersuchungen zu verzeichnen. E.
Rundnagel <
1062> führt eine Nachricht der Petersberger Chronik auf die
Ilsenburger Annalen zurück und begründet damit quellenkritisch die These, daß der eigentliche Grund der
Ehescheidung Friedrichs I. von seiner ersten Gemahlin Adela von Vohburg Ehebruch war, eine Parallele zu dem
gleichzeitigen Vorgang am französischen Hofe. -- Der zweite Sohn aus der zweiten Ehe Barbarossas
S.276 ist bekanntlich Heinrich VI. gewesen. F. Güterbock macht es sehr wahrscheinlich, daß seine Geburt in den November, nicht schon in das Frühjahr 1165 zu legen ist, denn in dieser Zeit hat nach einer italienischen Urkunde ein Hoftag in Nimwegen, dem Geburtsort Heinrichs, stattgefunden. Der Aufsatz, in dem dieser Nachweis steht < 1064>, behandelt in der Hauptsache die Bemühungen von Bürgern und Gemeinde von Piacenza um die Behauptung des wichtigen Straßenübergangs über den Po. Er eröffnet auf Grund des reichen, aber wenig bekannten Urkundenmaterials aus Piacenza überraschende Einblicke in die italienische Politik, die Verfassungs-, Wirtschafts- und Kirchengeschichte der Lombardei von den Anfängen Barbarossas bis zum Konstanzer Frieden. -- Unter den deutschen Edelherren, die in der Politik dieser Zeit eine große Rolle gespielt haben, treten die fränkischen Grumbacher hervor. F. Güterbock < 1068> hat unter Beseitigung bisheriger Unklarheiten gezeigt, daß unter Friedrich I. zwei Marquarde von Grumbach zu unterscheiden sind, von denen der Sohn 1166 als Statthalter der Lombardei starb, während ihn der gleichnamige Vater noch um mindestens fünf Jahre überlebte. -- Weiterhin verteidigt F. Güterbock < 1069> seine früher festgestellte Genealogie des Grafen Rudolf von Pfullendorf-Bregenz gegen nichtige Einwände A. Helboks <vgl. 1930, S. 170, und 1932, 1754>. -- Für die letzte Zeit von Barbarossas Italienpolitik liegt das Buch von A. Kauffmann < 1061> vor, das sich in der Fragestellung mit der bekannten Arbeit von Scheffer-Boichorst berührt. Mit sicherer Methode und ausgedehnter Literaturbenutzung ist darin die Wiederaufrichtung der Reichsverwaltung in Italien nach dem Konstanzer Lombardenfrieden 1183 geschildert. Das maßgebende Urteil über das Buch hat Güterbock, der beste Kenner des Gegenstandes, gefällt < 1061> und die Anerkennung, die er trotz mancher Ausstände im einzelnen dem Buche gezollt hat, darf durchaus unterstrichen werden. Das Hauptergebnis des Buches, daß die Spätzeit der Italienpolitik Barbarossas genau das Gegenteil von einem »Fiasko« (v. Below) war, wird danach kaum mehr angezweifelt werden können. -- Den großen norddeutschen Gegenspieler Barbarossas, Heinrich den Löwen, schildert H. H. Jacobs < 1067> in einem im Urteil ansprechenden, wenn auch in der sprachlichen Gestaltung nicht immer ganz befriedigenden Lebensbild für weitere Kreise. -- Auch F. Güterbock < 1066> hat zu dem Thema noch einmal das Wort ergriffen, indem er in der Kontrastierung der beiden Gegner auf die tieferen Gründe deutscher Geschichte im MA. hinwies.Das Buch von
M. Preiß <
1063> schildert die besondere Stellung, die der Cisterzienserorden im
Kampfe Friedrichs I. gegen die Kurie eingenommen hat. Er zeigt deutlich, wie die anfängliche Parteinahme des Ordens
für Alexander III. »unter dem Druck der tatsächlichen Machtverhältnisse« allmählich
einer mehr vermittelnden Stellungnahme wich und führt diesen Wechsel auf »ordensstaatlichen Egoismus«
zurück. Der erste Teil des Buches verfolgt die Tätigkeit der einzelnen Persönlichkeiten in den
allgemeinen Fragen der Politik, wobei auch der englische Kirchenstreit, der ja in die Reichspolitik hineinspielte, seine
gebührende Berücksichtigung erfährt; im zweiten Teil ist der Versuch gemacht, aus der gesamten gedruckten
Überlieferung die Stellungnahme der Klöster des Reichsgebiets zu dem Schisma zu bestimmen. -- Ein verwandtes
Thema, aber in weiter gespanntem Rahmen, behandelt die Dissertation von M. Dietrich <
2914>. Allerdings ist der im Titel angedeutete Versuch, den
S.277 Gegenstand geistesgeschichtlich (Stellung zum Reichs gedanken) zu fassen, nicht streng festgehalten; nur die ersten Kapitel über Bernhard von Clairvaux und Otto von Freising und später etwa die Bemerkungen über Caesarius von Heisterbach bewegen sich im Rahmen des Themas. Weite Partien sind erfüllt von einer Schilderung der kaiserlichen Stellungnahme zum Orden, und diese lassen oft gründliche Quellenkritik und ausreichende Literaturkenntnis vermissen, und dasselbe gilt von den aus cisterziensischen Chroniken und Annalen zusammengestellten Urteilen über die deutschen Könige. Das Thema müßte noch einmal von breiterer, den internationalen Charakter des Ordens stärker berücksichtigender Basis aus in Angriff genommen werden.Friedrich II. hat in diesem Jahre zwei Biographen gefunden; das Interesse an seiner Persönlichkeit ist also immer noch rege. Das Büchlein von W. Beumelburg < 1073> erhebt wohl mehr literarische als wissenschaftliche Ansprüche und darf trotz mancher Verzeichnungen (z. B. die Kaiserin Konstanze) doch als wohlgelungen bezeichnet werden. -- Das ausführlichere Buch von E. Momigliano < 1070> ist, wenn es auch gelegentlich Quellenstellen anführt und eine bescheidene Literaturübersicht bietet, ebenfalls auf ein breiteres Publikum berechnet, ohne dabei wesentlich Neues zu bieten. Von der deutschen Wissenschaft kann das Buch ohne Schaden vernachlässigt werden. -- Wichtiger sind zwei Aufsätze von S. A. Luciani. Der erste davon < 1073 a> beschäftigt sich mit der hsl. Überlieferung und der Textgeschichte von Friedrichs II. Buch über die Falkenjagd. Er hat das Verdienst, eine weitere Hs. der Fassung in 6 Büchern (Univ. Bibl. Bologna, ms. lat. 717) nachzuweisen, die ich nach der beigegebenen Schriftprobe allerdings nicht in die 1. Hälfte des 13., sondern erst ins 14. Jh. setzen würde. Weiterhin bestätigt der Aufsatz, daß die bisher allein gedruckte Fassung in zwei Büchern eine Umarbeitung Manfreds ist. Im Anschluß an diese Arbeit möchte Luciani < 1073 b> in einer bisher unbeachteten Zeichnung auf der ersten Seite der vatikanischen Hs. (Pal. lat. 1071) des Falkenbuches ein lebenswahres Bildnis des Kaisers erblicken; der Aufsatz gibt auch eine Zeichnung der Leiche Friedrichs II. wieder, wie sie bei der Öffnung des Sarkophags 1781 vorgefunden wurde. Dabei fand man übrigens über der Leiche des Kaisers noch diejenigen des Königs Pedro II. von Aragon und seiner Gemahlin beigesetzt. -- Das Buch von G. M. Monti, Lo stato normanno-svevo, lineamenti e ricerche (Napoli, Miccoli 1934, 8, VIII u. 123 S.) konnte ich nicht erreichen; es enthält u. a. Aufsätze über Pier delle Vigne als Verf. der Constitutionen von 1231 und über die Gründung von Aquila (vgl. Arch. stor. Napol. 59, S. 394). Aus der regen Beschäftigung mit den Fragen der Ostkolonisation
seien hier nur drei Arbeiten besonders hervorgehoben, die einen allgemeineren Zusammenhang mit der Reichsgeschichte
aufweisen. Cl. Redlich <
2419> macht auf die sozialen Voraussetzungen für die Frage der
Entstehung des Nationalbewußtseins aufmerksam. Ausgehend von dem christlichen Universalismus des früheren MA.
betont sie das Überwiegen ständischer Gemeinschaftsvorstellungen über nationale Bewußtseinsinhalte
im heutigen Sinne, deren Existenz sie für den Beginn der Kolonisation überhaupt leugnet. Daraus ergibt sich
die besondere Bedeutung des deutschen Rechts im Kolonisationsvorgang des 12. und 13. Jh.'s: wer deutsches Recht erhielt
und sich in einem der Stände eingliederte, die es kannte, wurde Deutscher. -- Die Berufung des deutschen Ordens
S.278 nach Preußen ist von E. Maschke < 1074> zum Gegenstand einer tiefschürfenden Untersuchung gemacht worden, deren Verdienst hauptsächlich in der Auseinandersetzung mit der neusten polnischen Literatur besteht. Dabei ist in breiter Schilderung der Vorgeschichte der Preußenmission seit Adalbert besonderes Gewicht auf die Schilderung, wie sich die Dinge von Polen her gesehen darstellten, gelegt und mit Seraphim die Echtheit der Kruschwitzer Urkunde verfochten. -- Der Aufsatz von J. Becker < 1075> rückt in aller Deutlichkeit die Spärlichkeit der Überlieferung über die Schlacht bei Wahlstatt 1241 in den Vordergrund und schildert die Vorgänge nach den wenigen brauchbaren Quellen. Ohne die Bedeutung der Schlacht für die deutsche Geschichte bestreiten zu wollen, macht er darauf aufmerksam, daß es sich bei dem Einfall der Mongolen doch nur um eine Nebenaktion zur Deckung der rechten Flanke eines auf Ungarn gerichteten Feldzugsplanes handelte.Für die Kulturgeschichte der Stauferzeit interessiert die Skizze von M. Lintzel < 3288>, der die Bedeutung der von fürstlichen Mäzenen ausgehenden Anregungen nach verschiedenen Richtungen hin schildert. Werden diese Anregungen zuerst am Welfenhofe Heinrichs des Löwen fühlbar, so bleiben sie doch einseitig auf die Epik beschränkt und ohne breitere Wirkung. Diese geht vor allem von dem thüringischen Hofe aus, während daneben der staufische besonders unter Heinrich VI. und den Söhnen Friedrichs II., daneben der zähringische und der babenbergische, nach dem Sturz der Staufer auch der přemislidische eine Rolle spielten. |
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