1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1925§ 30. Territorialverfassung und Ständestaat.Die territoriale
Verwaltung ist im Berichtsjahr mehrfach monographisch behandelt worden, die Zentralverwaltung sowohl wie
die Lokalverwaltung. Die Reform der Zentralregierung (15./16. Jahrhundert) behandeln zwei Arbeiten von Fr. K.
Barth (
1606) und Jos. K. Mayr (
1590) über die Verwaltungsorganisation der gräflich
Fürstenbergschen Territorien (bis 1560) und des Salzburger Erzstiftes (bis zum Ende des 16. Jahrhunderts). Beides
sind kleine Territorien, in denen der Fürst die Regierung im allgemeinen selbständig in der Hand behielt und
den Behördencharakter der Kollegien sich nicht festigen ließ, wie es nach Veit L. von Seckendorfs
»Teutschem Fürstenstaat« in der großen Masse deutscher Kleinstaaten noch des 17. Jahrhunderts die
Regel war. Der unorganisierte Fürstenbergsche Rat erhielt jedenfalls bis 1560 noch nicht die Form einer
Behörde mit festen Kompetenzen und dauernder Vollmacht; und die »Oberbehörden« in der Baar und im
Kinzigthal verdienten den Namen der »Behörde« noch weniger, es waren vielmehr Ämter, die von einem
Obervogt (Landvogt) oder Oberamtmann mit Hilfe etwa eines Rentmeisters und Schreibers verwaltet wurden. Der gleiche
primitive, über mittelalterliche Verhältnisse kaum hinausreichende Zustand bestand auch im Salzburger
Erzstift. Die ausführliche, offenbar bodenständig erwachsene Salzburger Hofratsordnung von 1524, welche Jos.
K. Mayr veröffentlicht, beschränkte die Vollmacht des vom Landesherrn ernannten Ratskollegiums, das ein
Regentschaftsrat mit zeitlich und sachlich beschränkter Kompetenz, aber keine Behörde war, ausdrücklich
für den Fall der Abwesenheit des Erzbischofs; und selbst in Zeiten der Abwesenheit fiel die Entscheidung wichtiger
Dinge dem Landesherrn zu. Es kam also auch in Salzburg noch nicht zur Entstehung von Behörden; und Jos. K. Mayr
hätte daher seine im einzelnen sorgfältige und lehrreiche Abhandlung besser nicht als Geschichte der
Salzburger »Zentralbehörden« bezeichnet. Die Arbeit gliedert sich in vier Abschnitte, die den
Erzbischof, den Rat, die Kanzlei und 4. die zentralen Ämter (des Landeshauptmanns, Generalvikars und Offizials, des
Hofmarschalls, Hofmeisters, des Kammermeisters und der Kammerräte) behandeln.
S.343 3. Geistliche Territorien.Der im Berichtsjahre
vorgelegte zweite Teil von Mayrs Arbeit über die Salzburgschen Zentralbehörden (
1590) behandelt das 16. Jahrhundert, und zwar mit großer
Gründlichkeit und Sachkenntnis die allmähliche Ausbildung aller Zweige des Zentralbeamtentums. Im Anhang kommt
die Salzburger Hofratsordnung von 1542 zum Abdruck. Von besonderem verfassunggeschichtlichen Interesse ist die
Entwicklung des Hofrats in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. --Koberg (
1679) schildert die Rechts- und Verfassungsentwicklung in einem kleinen
westfälischen Ländchen, das seit Mitte des 15. Jahrhunderts zu Kurköln gehörte. Das
eigentümliche ist hier, daß das Ländchen, als eine durchaus geschlossene Einheit, dem unmittelbaren
Einfluß
S.350 einer Landeshoheit und der systematischen Boden- und Siedlungspolitik eines Landesherrn entzogen war. Es hatte deshalb keine Grundherrschaften. Es war genossenschaftlich organisiert. Die Gerichtsbarkeit wurde durch Freigerichte ausgeübt. Die Mehrzahl der Bevölkerung bestand aus den sog. »Freien des Landes«, den Stuhlfreien, die freilich nicht absolut frei sind, sondern auf abgabenpflichtigen Freigütern sitzen. Diese relative Freiheit hat dann später, unter dem Einfluß der kurkölnischen Verwaltung und der allgemeinen Wandlung der Rechte, einem Zustand weichen müssen, der der Hörigkeit angenähert ist. Im ganzen hat sich die alte Verfassung doch bis 1803 erhalten.II. Allgemeine Parteigeschichte.Dankworth ( 1693) arbeitet die Gegensätze und das Gemeinsame, das Großdeutsch und Kleindeutsch zu eigen ist, scharf heraus und geht dabei bis zur Reformationszeit zurück, die s. E. den Grund zur Spaltung legte. Seine Ausführungen gipfeln in der Auseinandersetzung der Gründe, weshalb das Großdeutschtum, mit dem der Gedanke des Föderalismus verbunden war, Anhänger in den verschiedensten Parteilagern und Landesteilen fand; ausschlaggebend war außerhalb Preußens die Furcht vor Preußens Übermacht und seiner straff organisierten Verwaltung in einem etwaigen Kleindeutschland; dazu kam in Süddeutschland das Stammesgefühl und konfessionelle Antipathie. Innerhalb Preußens fürchteten die Konservativen die Verminderung der Macht des Landesherrn durch die nationale Einheit. Dankworth zitiert Stahls bekanntes Wort, die letzte Entscheidung sei nicht deutsch oder preußisch, Staatenbund oder Bundesstaat, sondern königlich oder parlamentarisch. Im Schlußwort geht Dankworth auf die veränderte heutige Stellung der Parteien, insbesondere der Demokratie, zu Großdeutschtum und Föderalismus ein und bezeichnet die letztere »als -- kulturell gesprochen -- vorzüglichste Trägerin des Großdeutschtums«. VII. Kirchengeschichte.Die Abhandlungen zur
niedersächsischen Kirchengeschichte weisen zum größeren Teile nach Osnabrück und Ostfriesland. Nur
die mittelalterliche Kirchengeschichte erstreckt sich auf Hildesheimer und Bremer Gebiet. H. Homanns (
2136) Dissertation bietet eine wertvolle Ergänzung zu Schreibers
»Kurie und Kloster« für die Diözese Hildesheim. Solche Ergänzungen »durch die
historische Erforschung der territorialen Verhältnisse« sind eine Forderung A. Brackmanns, der sie selbst
für die Salzburger Kirchenprovinz gegeben hat. Das Ziel der Arbeit ist die Erkenntnis der rechtlichen
S.520 Stellung zu den kirchlichen Oberen. Der kuriale Einfluß war in der Diözese nicht stark; das stimmt zu den Ergebnissen Brackmanns. Wohl strebten die Bischöfe nach straffer Zusammenfassung ihrer Gewalt über die Klöster. Der Höhepunkt dieser Machtäußerung lag im 12. Jahrhundert. -- A. Bertram ( 2013) schließt mit dem dritten Band die Geschichte des Bistums Hildesheim ab. Dieser beginnt mit der Regierung Ferdinands von Bayern ( 1612) und geht bis zum Jahre 1905, in dem der Verfasser den Stuhl des heiligen Bernward bestieg. Neben der Geschichte der Bischöfe und der äußeren Entwicklung des Bistums hat Bertram die Geschichte der einzelnen Kirchen und Orden berücksichtigt. -- H. Strunk ( 310) bietet Quellenstücke von Fehden, Bündnissen und Verträgen in der Zeit von 1381 bis 1432, über das kulturelle Leben im 15. Jahrhundert und die Kämpfe der Wurster um ihre Freiheit. -- G. Wentz ( 457) hat eine Reihe von Eintragungen aus dem Brüderschaftsbuch von S. Maria dell'Anima, der deutschen Nationalkirche in Rom, die auf die Provinzen Hannover und Sachsen, die Länder Braunschweig und Anhalt, die Städte Hamburg und Bremen Bezug nehmen, zusammengestellt, um an einem umfassenden Beispiel den Wert der Publikation für deutsche Verhältnisse darzutun. -- Zahlreicher sind die Veröffentlichungen zur nachreformatorischen Kirchengeschichte. Der Jahrgang 29 und 30 der »Zeitschrift der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte« ( 2376) ist dem Oberkonsistorialrat D. Philipp Meyer in Hannover, der am 24. Januar 1927 gestorben ist, gewidmet und führt im Rückblick auf dessen Leitung des damals neu errichteten hannoverschen Predigerseminars den Sondertitel »Erichsburgensia«. Der Inhalt der Festschrift begegnet den besonderen Interessen des Gefeierten: Geschichte des kirchlichen Unterrichts, der kirchlichen Erziehung und des kirchlichen Prüfungswesens. J. Feltrup ( 2377) eröffnet den Band mit einem Beitrag »zur Geschichte des Predigerseminars Hannover-Erichsburg«. F. Cohrs ( 2373) würdigt Christoph Fischers d. Ä. »Einfältige Form« ( 1575), und Weerts ( 2613) untersucht die Dannenbergsche Schulordnung von 1687. E. Rolffs erzählt von dem »Konfirmandenunterricht des Magisters Weibezahn in Osnabrück«, und J. Beste gibt ein Bild von den Kämpfen des Wolfenbüttler Predigerseminars zur Zeit Henkes. E. G. Wolters veröffentlicht Briefe von und gegen Paulus Felgenhauer in Bederkesa, und P. H. Meyer ( 1838) liefert einen Beitrag über »die wirtschaftlichen Leistungen des Klosters Wülfingshausen für die Landesherrschaft während der Regierung Erichs II.«. -- A. Brenneke ( 2371), der die Geschichte der hannoverschen Klosterkammer bearbeitet, hat aus dem zweiten Abschnitt des ersten Bandes, der das Kirchenregiment der Herzogin Elisabeth behandeln wird, das fünfte Kapitel veröffentlicht, wobei die Darstellung der Verhältnisse des Klosterregiments nur im Auszuge mitgeteilt wird. Die damaligen kirchlichen Verhältnisse erfahren in diesem Kapitel eine erwünschte Beleuchtung. Mit Eifer führt Elisabeth, die das Reformationsrecht »lediglich aus ihrer weltlichen obrigkeitlichen Stellung geschöpft, nicht aus einer Übernahme bischöflicher Befugnisse hergeleitet hat«, die Evangelisierung des Territoriums durch. Der Reformator Corvinus, der auf die Abfassung ihrer Landeskirchenordnung eigensten Einfluß ausgeübt hat, hat das wirkliche Regiment des Landesherrn in der Kirche gebilligt und anerkannt. -- Den ersten Teil der Molanusbiographie hat H. Weidemann ( 2374) aus seiner Lizentiatenarbeit umgestaltet. Ihr schließt sich hier eine Untersuchung über die StellungS.521 Molans als Konsistorialdirektor an. Eine biographische Behandlung dieses bedeutenden Loccumer Abtes ist nicht nur lokalgeschichtlich von Wert. Denn die Kämpfe um die kirchliche Einigung nach der politischen Einigung des Landes und die Schaffung einer zentralen Verwaltungsbehörde in dem hannoverschen Konsistorium, die die Amtstätigkeit Molans ausfüllen, tragen eine typische Bedeutung. Neben dem fürstlichen Absolutismus war sein Ziel der kirchliche Absolutismus. Der Sinn für die seelsorgerischen Aufgaben des Geistlichen fehlte ihm ganz. -- Drei Aufsätze behandeln die Osnabrücker Kirchengeschichte. H. Rothert ( 2370) gibt uns in dem Abdruck einer Erkundung über die Religionsverhältnisse der Osnabrücker Ritterschaft eine wertvolle Übersicht über die damals vorhandenen Edelsitze und ihre Besitzer. F. Schultz ( 2230) widmet nach einer Schilderung der Schicksale des 1235 oder früher gegründeten Stiftes Quakenbrück den Hauptteil seiner Arbeit einer Untersuchung des Kapitels und besonders der Stiftsprobstei bis zu ihrer endgültigen Überlassung an die lutherischen Domherren im Jahre 1669. --Bindel ( 1680) untersucht den Status ecclesiasticus des Fürstentums Osnabrück, den Vitus Büscher mit Hilfe von vier Mitarbeitern geschaffen hat. Diese Polizeiordnung ist für die Beurteilung der kirchlichen und kirchenregimentlichen Verhältnisse von besonderer Bedeutung, weil sie im Gegensatz zu den zeitgenössischen Berichten des Lucenius und Bronkhorst von Protestanten abgefaßt ist. -- Von der ostfriesischen Kirchengeschichte und ihren Kämpfen berichten mehrere Aufsätze. F. Ritter ( 2379) verrät die unerwartete Tatsache, daß Enno II. zwei Jahre vor seinem Tode im Verein mit seinem Bruder Johann insgeheim und doch unverhüllt die Rückkehr Ostfrieslands zum Papsttum betrieb. -- H. Garrelts ( 2381) unterzieht die lutherischen Berichte vom Jahre 1593 einer eingehenden Untersuchung mit dem Ergebnis, daß sie geschichtlichen Wert haben, und gibt einen textkritischen Abdruck dieser Darstellung sowie des Gegenberichtes. -- F. Ritter ( 2380) handelt über das von dem reformierten Pastor Ritzius Lucas herausgegebene Gesangbuch vom Jahre 1616, das den persönlichen Beziehungen dieses Emder Predigers zu Graf Enno III. seine Entstehung verdankt. -- E. Kochs ( 2383) prüft, soweit es für die reformierte Gemeinde Emden zutrifft, die Frage, »ob fast völlig unberührt vom Rationalismus die reformierte Kirche Ostfrieslands sich jeder Neologie verschlossen hat«, und stellt fest, daß der vulgäre Rationalismus nicht Wurzel geschlagen hat. »Nur gewisse Kreise haben sich dem Idealismus der Aufklärung zugewandt und sind auch durch die Erneuerung des kirchlichen Lebens um die Mitte des 19. Jahrhunderts nicht wiedergewonnen worden.«IV. Kirchengeschichte.Von der Reformation in Nordhausen versucht G. Schmidt ( 2401) in seiner Dissertation auf Grund der Archivalien des Nordhäuser Stadtarchivs ein Bild zu zeichnen. Ausgehend von den allerdings sehr breit behandelten vorreformatorischen Verhältnissen berichtet Verfasser über die Einführung der neuen Lehre, die schon 1522 in Lorenz Süße ihren ersten Verkünder fand, und über den Bauernkrieg, von dessen verheerender Wirkung Nordhausen jedoch durch den Sieg der Fürsten bei Frankenhausen verschont blieb. Beachtenswert sind die interessanten Ausführungen über den eigentlichen Reformator Nordhausens, den bereits 1524 aus Stolberg an die Blasiikirche berufenen Johannes Spangenberg (seit 1546 Generalsuperintendent der Grafschaft Mansfeld), und über den Stadtschreiber und späteren Bürgermeister Michael Meyenburg, den Freund Luthers und eifrigen Förderer der Reformation. -- O. Clemen ( 2400) veröffentlicht 5 Briefe (1527--30) des aus Henneberg stammenden Georgius Crinner, der wahrscheinlich Kantor an der neuen evangelischen Johannesschule in Magdeburg war, an den Zwickauer Ratsschreiber Roth. -- Wertvolle Nachrichten zur Lebensgeschichte Kaspar Aquilas, des ersten Saalfelder Superintendenten, wie überhaupt zur allgemeinen Reformationsgeschichte bringt W. Dersch ( 2402) für den Zeitraum von 1548--52 bei. Eingehend wird der Aufenthalt des 1548 aus Saalfeld vertriebenen Aquila in Untermaßfeld und Schmalkalden, wo er als Stiftspfarrer tätig war, geschildert. Groß war sein Einfluß auf seinen Landesherrn, den Grafen Georg Ernst von Henneberg, der ihn in seinem Streit mit dem Hennebergischen Superintendenten Bartholomeus Wolfhart in Schutz nahm. 1552 ging Aquila wieder nach Saalfeld zurück, und an seine Stelle trat Christoph Fischer, der, 1555 zum Superintendenten der ganzen Herrschaft bestellt, im selben Jahre die erste Kirchenvisitation veranstaltete. Als Anhang sind einige Briefe (1549--59) Aquilas, Justus Jonas' und der Grafen von Henneberg beigegeben. -- Ein kulturgeschichtliches Bild aus der Reformationszeit zeichnet E. Wollesen ( 2403), der aus dem Naumburg- Zeitzer Gebrechenbuch Nachrichten über die Zustände dieses Stifts in der Mitte des 16. Jahrhunderts und über das Leben der dortigen Stiftsgeistlichen zusammenstellt. -- Weitere Mitteilungen über die kirchlichen Zustände in den einzelnen Gemeinden finden sich in reichem Maße in den Kirchenbüchern. Es ist daher zu begrüßen, daß E. Machholz ( 461) diese nicht nur genealogischen Zwecken dienende Quelle einem weiteren Kreise durch sein Verzeichnis der Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen aufgeschlossen hat. VI. Kirchen- und Kirchenverfassungsgeschichte.Auch für das Gebiet der evangelischen Kirchengeschichte fehlt es an größeren Arbeiten. Einzelne Untersuchungen sollen indes hier erwähnt werden. H. Grün ( 2360) zeigt, ausgehend von der Verfassung der Nassau-Oranischen Landeskirche im 16. Jahrhundert, daß die Verfassung im 18. Jahrhundert, nachdem katholische Gebietsteile mit dem Gesamtstaat verschmolzen waren, in ihrer obersten Spitze nicht nach reformierten Grundsätzen geordnet war. Die Kirchenregierung war ein Teil der Staatsregierung geworden. Trotz des jus reformandi des Landesherrn blieb in den katholischen Landesteilen der alte Bekenntnisstand gewahrt. Aber gleichzeitig wahrte sich auch der Landesherr seine Hoheitsrechte in bezug auf die Aufsicht über Klöster usw. Ebenso tolerant wie gegen die Katholischen war er auch gegen die Lutheraner. Diese Toleranz des Aufklärungszeitalters verwischt mehr und mehr den Unterschied der beiden evangelischen Konfessionen und drängt von selbst auf eine Union, die tatsächlich Nassau 1817 zuerst durchgeführt hat. -- Über die Union der beiden evangelischen Kirchen liegt uns eine Spezialuntersuchung für Düsseldorf vor von Euler (die Vereinigung der reformierten und lutherischen Gemeinden in Düsseldorf 1817--25. Festsch. z. Feier der hundertjährigen Wiederkehr. Düsseldorf 1925. 72 S.). Die hier abgedruckten Konsistorialordnungen gewähren den besten Einblick in die Arbeitsweise der reformierten und lutherischen Kirchenvertretung. III. Quellen und Darstellungen nach der Reihenfolge der Ereignisse.Noch eines anderen Memoirenwerkes ist zu gedenken. Jagemann (
1297) war eine arbeitsfrohe Natur, vielfach amtlich und außeramtlich
tätig. Als Beamter im Justizministerium, als Bundestagsgesandter in Berlin, als Honorarprofessor in Heidelberg, als
juristischer Schriftsteller, sah und hörte er viel. Er gibt seine Erfahrungen und Erlebnisse im Plauderton wieder.
Schon als junger Staatsanwaltgehilfe beschäftigte er sich mit der Domänenfrage und regte eine
Auseinandersetzung zwischen Fürstentum und Land an. Doch die Denkschrift verschwand im Aktenschrank und wurde erst
im Jahre 1924 unter recht veränderten Verhältnissen wieder vorgenommen. Im Justizministerium hatte Jagemann
zunächst die Aufsicht über die Strafanstalten, nahm mit größter Energie den Kampf gegen das
Verbrechen auf und führte zahlreiche Verbesserungen durch. Sein Name wurde infolgedessen auch außerhalb
Deutschlands rühmlichst bekannt. Auch auf kirchenpolitischem Felde betätigte sich Jagemann. Viermal ging er
nach Rom, zweimal gelegentlich einer Vakanz des Freiburger erzbischöflichen Stuhles. In Freiburg »erkundigte
man sich nämlich grundsätzlich nicht, welche Persönlichkeiten dem Landesherrn genehm sein würden und
verschmähte jede Vorsondierung über die Genehmheit derer, die das Kapitel auf die
S.598 Liste setzt«. Eine vermittelnde Natur, in »keinen Parteikäfig gesperrt«, hatte Jagemann Erfolg: sowohl die Wahl von Roos als von Nörber war dem Staate genehm, allerdings nicht den Parteien.V. Kirchengeschichte.Durch K. Braun (
2196) wird die noch wenig durchforschte Geschichte Nürnbergs zwischen
dem Augsburger Religionsfrieden und dem Westfälischen Frieden um einen wertvollen Beitrag bereichert. Den Versuchen
der katholischen Kirche, die durch die Reformation in Nürnberg verlorene Stellung wiederzugewinnen, setzte der Rat
der Stadt energischen Widerstand entgegen. Trotzdem begannen gegen Ende des 16. Jahrhunderts die Gegner der Reformation,
die in den Nachbargebieten Nürnbergs siegreich vordrangen, auch in der Stadt selbst an Boden zu gewinnen. Das
Restitutionsedikt von 1629 bedrohte den Protestantismus in Nürnberg mit dem Untergang. Durch Gustav Adolfs
Auftreten wurde diese Offensive aufgehalten. Im Westfälischen Frieden konnte Nürnberg seinen evangelischen
Charakter und seinen Besitzstand behaupten. -- Den einer Nebenlinie des berühmten fränkischen Geschlechtes der
Hutten entstammenden Fürstbischof von Eichstätt, Moritz v. Hutten (
1539--52, nicht 57, wie auf dem Titelblatt gedruckt), macht K.
Ried (
2195) zum Gegenstand einer Monographie. Hutten hatte in seiner Jugend in
Ingolstadt, Padua und Freiburg studiert und eine Zeitlang zu reformatorischen Ideen hingeneigt. Nach seiner Ernennung
sah er sich der Aufgabe gegenüber, den auch in seinem Gebiet sich mächtig ausbreitenden Protestantismus in
seinem Siegeszug aufzuhalten. Die Schwierigkeit lag vor allem darin, daß der Bischof auch in Gebieten sein
kirchliches Amt ausübte, die einem anderen Landesherrn untertan waren. So gelang es Moritz v. Hutten nicht, in der
Oberpfalz, in Neuburg und der Markgrafschaft Ansbach gegen die Neuerungen erfolgreich einzuschreiten. In seinem Bistum
suchte er durch Reformen die kirchlichen Mißstände im Volk und bei den Geistlichen abzustellen. Sichtbarer
Erfolg war auch hier seinen Bestrebungen nur in geringem Maß beschieden. Erst nach seinem Tode ließen sich
die Jesuiten dauernd in Ingolstadt nieder und begannen von hier aus die Wiedereroberung der dem Katholizismus
entrissenen Gebiete. -- Das Lebensbild, das O. Erhard (
2330) von dem lutherischen Prediger Georg Zeämann entwirft, führt
in die Zeit der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges. Zeämann, in Zweibrücken 1580
geboren, wirkte längere Zeit als Professor in Lauingen und als Pfarrer in Kempten. Der streitlustige Theologe hat
eine Reihe von Kampfschriften gegen die Jesuiten verfaßt. Als 1628 die katholische Partei in Kempten die Oberhand
gewann, wurde Z. gefangen gesetzt. Nach seiner Freilassung wirkte er die letzten acht Jahre seines Lebens als
Superintendent in Stralsund ( 1638). -- Zu der 1903 erschienenen Geschichte des Pietismus in Bayreuth von
Batteiger bringt eine wertvolle Ergänzung das von Weiske (
2331) aufgefundene Tagebuch des bekannten Hofpredigers Joh. Chr.
Silchmüller, der, aus dem halleschen Kreis hervorgegangen, 1727 von Markgraf Georg Karl Friedrich nach Bayreuth
berufen wurde, um dort dem Pietismus zum Siege zu verhelfen. Die Aufzeichnungen Silchmüllers, für seine
Freunde in Halle bestimmt, geben ein anschauliches Bild von dem damaligen Bayreuth und schildern das allmähliche
Vordringen der neuen religiösen Auffassung, die sich auch hier nicht ohne Widerstand durchsetzte.
S.623 1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1926§ 28. Territorialverfassung und Ständestaat.Das Gebiet des territorialen
Gerichtswesens ist in einigen eben bereits erwähnten Schriften mehr oder weniger eingehend behandelt worden.
Betrachten wir die speziellen rechtsgeschichtlichen Monographieen des Berichtsjahres, so steht die vom
Landgerichtspräsidenten a. D. F. Graner verfaßte Geschichte des Tübinger Hofgerichtes (
1621) den verwaltungsgeschichtlichen Arbeiten des letzten Abschnittes am
nächsten. Das württembergische Hofgericht ist zweifellos nicht, wie G. annimmt, in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts neu errichtet worden, sondern hat als höchstes Gericht, das der Landesherr mit Räten als
Beisitzern in der Kammer abhielt, schon lange vor dem 15., vielleicht sogar seit dem 13. Jahrhundert bestanden und durch
die Ordnung von 1514 (wenn nicht schon früher) nur die festere Form einer modernen Behörde erhalten. G.
behandelt (leider ohne Berücksichtigung der allgemeinen Literatur) vor allem die äußere Organisation,
das Richterkollegium, Hofgerichtssekretäre und -advokaten,
S.385 Anstellungs- und Einkommensverhältnisse, den Geschäftsgang, die Rechtsmittel gegen Urteile des Hofgerichts, dagegen nur ganz kurz (S. 72 bis 74), da die Protokolle und Relationen des 1805 aufgelösten Hofgerichts bis auf geringe Reste zugrunde gegangen sind, die Rechtsprechung selbst. Das Tübinger Richterkollegium setzte sich aus drei Abteilungen zusammen: »Der adligen Bank, der gelehrten Bank, der Landschaftsbank«; die Mitwirkung der Landschaft, welche drei oder vier vom Landesherrn zu bestätigende Beisitzer des Gerichtes vorschlug, war eine Eigentümlichkeit des württembergischen Herzogtums. -- Die der höchsten richterlichen Instanz unterstehenden mittleren Gerichte, die Landgerichte des Deutschordenslandes, eine Schöpfung des Ordens selbst, der sie durch Komture bzw. Vögte oder Pfleger verwalten ließ, bilden das Thema einer gründlichen Monographie Fritz Gauses ( 1591), welche die Geschichte der Landgerichte, ihr Verhältnis zu den Ständen erörtert und im dritten Teil, einer Übersicht über die einzelnen Landgerichte, alle erreichbaren Nachrichten über Gerichte, Landrichter und Schöffen zusammenstellt. Die Landgerichte verfielen allmählich seit dem zweiten Thorner Frieden (1466), »bis sie in den letzten Jahren vor der Säkularisation wohl fast alle zu bestehen aufhörten.« --Max Pappenheim ( 1583) veröffentlicht mit Hilfe bisher unbekannter Handschriften den Text der sogenannten Siebenhardenbeliebung vom 17. Juni 1426, in der uns, wie es scheint, die älteste größere Rechtsaufzeichnung Nordfrieslands erhalten ist. Dem Text ist eine Einleitung vorausgeschickt, welche über die Entstehung, Überlieferung und den Rechtsstoff der Siebenhardenbeliebung eingehend berichtet. Die in Föhr 1426 versammelten, in ihrer Autonomie durch Herzog Heinrich von Schleswig bedrohten Friesen erhoben Anspruch auf selbständige Regelung ihrer Rechtsangelegenheiten; sie stellten in der Beliebung ihr altes Recht fest und suchten es gegen Eingriffe und Neuerungen zu sichern; und zwar haben »Strafrecht, Vermögensrecht und Erbrecht in sehr ungleichem Maße den Stoff der Beliebung geliefert«. Die wesentlichen Rechtssätze der Beliebung überdauerten bis nahe an die Gegenwart den Wechsel der Zeiten und verloren erst mit dem Inkrafttreten des bürgerlichen Gesetzbuches ihre Geltung.IV. Ordens- und Klostergeschichte der einzelnen Territorien.Noch weitere Probleme von allgemeinem verfassungsgeschichtlichen Interesse sind mit der Frühgeschichte von Lambach verbunden. Auch Lambach wird hineingezogen in den Kampf um die Vogtei. Das Würzburger Eigenkloster kommt durch Kauf in den Besitz des Babenberger Herzogs Leopold VI. Sobald das Kloster landesfürstlich geworden ist, strebt es nach Entvogtung und wird dabei von dem Landesherrn Leopold unterstützt im Kampf gegen die Untervögte, die Herren von Starhemberg. In diesem Kampf spielen, wie damals üblich, Urkundenfälschungen eine große Rolle. II. Die einzelnen Territorien.In das ostdeutsche
Kolonialgebiet führen uns zwei Arbeiten von ganz besonderer Bedeutung. Von der groß angelegten Abhandlung H.
F. Schmids S.456 ( 2058) über die rechtlichen Grundlagen der Pfarrorganisation auf westslawischem Boden und ihre Entwicklung während des Mittelalters fällt der erste Teil in das Berichtsjahr 1926. Der Verfasser will zunächst ein »möglichst treues und vollständiges Bild ... der vorkolonialen Pfarrkirche des Sorbenlandes«, der Burgwardeikirche bieten, um im zweiten Abschnitt »die Grundlagen der Pfarrorganisation derjenigen Gebiete mit verwandter, westslawischer Bevölkerung zum Vergleich heranzuziehen, in denen die selbständige Entwicklung heimischer Rechtsformen und Institute nicht, wie im Sorbenland, durch das unaufhaltsame Eindringen fremder Kulturelemente verwischt worden ist«. Im Gegensatz zu Hauck, der dem sorbischen Volk eine Stellung außerhalb der Kirche zuweisen wollte, betont Schmid im ersten Kapitel, daß die Organisation der Pfarreien in den sorbenländischen Sprengeln Meißen, Merseburg und Naumburg »deutlich das Gepräge der Zeit vor dem Beginn der bäuerlichen Kolonisation« aufweise. Die Ergebnisse des zweiten Abschnittes werden in dem noch ausstehenden Schlußteil der ganzen Abhandlung voll und ganz zur Geltung kommen; hier genüge die vorläufige Nachricht, daß diese mit überragender Kenntnis der Quellen und Literatur durchgeführte Untersuchung der Pfarrorganisation Böhmens und Mährens ihren völlig grundherrlichen Charakter aufgezeigt hat. Für die Entwicklung des Pfarrsystems aber ist in älterer Zeit der Wille des Landesherrn, in späterer der des Grundherrn maßgebend gewesen. -- E. Michaels ( 2057) Buch »Das schlesische Patronat. Beiträge zur Geschichte der schlesischen Kirche und ihres Patronats« ist vergriffen. Der verdienstvolle Verfasser hat sich entschlossen, sein Werk in erweiterter Form unter dem Titel »Die Schlesische Kirche und ihr Patronat« vorzulegen. Der erste Band umfaßt die mittelalterliche Zeit, zu der die schlesische Kirche unter polnischem Recht stand. Damit ist schon das Hauptergebnis angedeutet, zu dem Michael gelangt ist: daß Schlesien vor der deutschen Einwanderung keineswegs so arm an Kirchen war, wie es die bisher von W. Schulte geführte Forschung angenommen hatte. Auf einer beigegebenen Karte wird veranschaulicht, daß schon vor der Errichtung des schlesischen Herzogtumes (1163) eine Anzahl von gut ausgestatteten Kirchen bestanden hat. Hier berührt sich Michael eng mit den oben vorgeführten Ergebnissen des Grazer Slavisten H. F. Schmid, der auch bereits zu diesen Fragen Stellung genommen hat (Zt. d. Sav.-Stift. f. Rg. kan. Abt. 16, 448 ff.) und den Ausdruck »unter polnischem Recht« im Hinblick auf die Oberlausitz und die Grafschaft Glatz durch das weitere »unter slawischem Recht« ersetzen möchte. Auch findet Schmid die Annahme bedenklich, daß allein schon die Nachbarschaft mit deutschem Recht ausgestatteter Siedlungen die Neugründung einer polnisch-rechtlichen Kirche unwahrscheinlich mache. Doch hebt auch er die hervorragende Bedeutung des dritten und vierten Kapitels hervor, in denen außer den schon angedeuteten Ergebnissen alle aus gedruckten und ungedruckten Quellen erreichbaren Nachrichten über Gründung von Klöstern und Kirchen in Schlesien gesammelt und kritisch gesichtet worden sind.II. Luther.Grisars neues
Buch (
2160) faßt nur für einen weiteren Leserkreis die Ergebnisse seiner
früheren Arbeiten, besonders seiner dreibändigen Lutherbiographie, zusammen. Dabei hat G. von seiner rein
negativen Wertung Luthers und von dessen psychopathischer Deutung, statt der Deutung aus dem positivreligiösen
Zentrum heraus, ebensowenig aufgegeben wie von seiner These, daß Luther für den heutigen Protestantismus nur
noch eine historische, von ihm durch starke Distanz getrennte Größe sei; die seinen früheren Schriften
zuteil gewordene Kritik hat er leider nirgends berücksichtigt. -- In das Internum Lutherscher Frömmigkeit, als
das man in den letzten Jahren in steigendem Maße seine bestimmte Gottesanschauung zu erfassen
gesucht hat, führt die Studie des Schweden Aulén (
2162), die nur eine Einzelstudie aus A.s großem Werk über die
Entwicklung des christlichen Gottesglaubens (Den kristna gudsbilden, Stockholm 1927; vgl. Theol. Lit.-Ztg. 1928, S. 89
ff.) ist. Luthers Erfassung des persönlichen Gottes mit seiner Gnadenbotschaft hebt sich von dem Hintergrunde des
dynamistischen Gottesbegriffs und der physischnaturalistischen Deutung der Gnade ab, wobei freilich die Spannung, die
zwischen dem persönlichen, gnädigen Gott und dem düsteren Deus absconditus (nicht nur in Luthers Schrift
De servo arbitrio) besteht, nicht übersehen werden darf. A. spricht (auch im Blick auf die weitere Entwicklung des
Gottesgedankens in Orthodoxie, Aufklärung usw.) von einer »Synthese« Luthers, in der sämtliche
religiöse Motive zur Geltung gebracht seien. -- Starke Beachtung findet noch immer die Frage nach Luthers
Entwicklung zum Reformator. Während Merz (
2161) hier nur Ergebnisse der Forschung für weitere Kreise
zusammenfassen will, hat Stracke (
2164) in Erweiterung seiner 1925, S. 406 angezeigten Dissertation das Problem
in Nachprüfung des Selbstzeugnisses Luthers (in Vorrede zu Bd. I seiner Opera latina in der Wittenberger Ausgabe
seiner Werke 1545) erneut in gewissen Hauptpunkten angepackt mit dem Ergebnis, daß Luthers Darstellung trotz ihres
apologetischen Willens und mancher Irrtümer in Zeitangaben u. a. doch eine gute Geschichtsquelle sei, die man
übrigens ihrer apologetischen Grundtendenz nach, wie O. Clemen, ZKG., N. F. 8, S. 618 betont, mit
Luthers Vorrede zum Catalogus 1533 (W. A. 38, S. 133 f.) und mit dem Abschnitt »Anfang des Lutherischen
Lärmens« in seiner Schrift »Wider Hans Worst« 1541 (W. A. 51, S. 538 ff.) zusammenstellen
muß. Diese apologetische Tendenz hat freilich ein Hervortreten der konservativen und ein Zurücktreten der
reformatorischen Linie in dieser autobiographischen Rückschau mit sich gebracht. Betreffs der Datierung seines
Erlebnisses an Römerbrief 1,17, über das in jener Vorrede ein authentischer Bericht vorliegt, deutet Str.
Luthers Worte (captus fueram, Plusquamperfektum, dessen Betonung
S.474 freilich O. Clemen, ZKG., N. F. 8, S. 619 widerspricht) dahin, daß Luther es nicht irrigerweise erst auf 1518/19, sondern auf die Zeit vor der ersten Psalmenvorlesung 1513 datiert habe (G. Krüger, Theol. Lit.-Ztg. 1927, S. 15 f. deutet die Angabe auf die Zeit der Vorbereitung zur Römerbriefvorlesung 1515). Die Datierungsfrage ist unter dem Gesichtspunkt der Lutherbiographie deshalb von Wichtigkeit, weil von ihr die Beantwortung der Frage abhängt, ob für die Gestaltung der lutherischen Gottesanschauung tatsächlich überhaupt Röm. 1, 17 oder das schon 1513 evangelisch interpretierte Psalmwort Ps. 31, 2 (iustitia tua libera me) von primärer Bedeutung gewesen ist. -- Mit einer Einzelfrage, der Bedeutung seines Ordensoberen Johann v. Staupitz für Luthers Werden, beschäftigt sich die Publikation von A. Jeremias ( 2199), die freilich nicht nur in Textauswahl und Textbehandlung zu mancher Kritik Anlaß gibt, sondern auch hinsichtlich der evangelischen, reformatorischen Haltung St.s irrt (vgl. E. Wolf, Theol. Lit.-Ztg. 1927, S. 300 ff.; ders., Staupitz und Luther, Leipzig 1927). St. gehört nur zur Reihe der mystisch-quietistischdeterministisch gerichteten »Vorreformatoren«, die die kath. Linie doch grundsätzlich nicht verlassen haben. Unbestreitbar dürfte freilich sein, daß er Luther bei der Überwindung seiner Prädestinationsangst geholfen hat, indem er seine Anfechtungen zu der Übung der conformitas Christi rechnete und geradezu als Zeichen des Erwähltseins deuten lehrte. -- Jeremias hat sogar (S. 74, 80 f.) das Verhältnis Friedrichs des Weisen zu Luther aus der Staupitz mit dem Kurfürsten verbindenden Jugendfreundschaft abgeleitet. Jene viel umstrittene Frage nach der Stellung des Kurfürsten zu Luther und zur Reformation, die letzthin in der Diskussion zwischen El. Wagner (ZKG., N. F. 5, S. 331 ff.) einerseits, Kalkoff (ebda., N. F. 6, S. 180 ff.) und Anni Koch ( 995) anderseits erörtert worden war, versucht Kirn ( 994) in breiterem Rahmen und auf solidem archivalischen Fundament der endgültigen Lösung entgegenzuführen, indem er ein Bild von dem vor wie nach 1517 stets durch Zurückhaltung, Bedächtigkeit, Respektierung wohlerworbener Rechte, Gewissenhaftigkeit gekennzeichneten Landesherrn entwirft, der auch nach 1517 seinen Reliquieneifer betätigt, aber auch längst vor 1517 gegen Mißbrauch der geistlichen Gerichtsbarkeit ankämpft, für Ordensreform eintritt, die kirchliche Vermögensverwaltung wie die kirchliche Stellenbesetzung beeinflußt, entsprechend der auch anderswo zu beobachtenden Vorstufe des späteren evangelischen landesherrlichen Kirchenregiments. Gegen Kalkoffs Urteile hat Kirn dabei vielerlei stichhaltige Bedenken geäußert; es wird hinfort unmöglich sein, die kirchenpolitischen Maßnahmen Friedrichs in seinen acht letzten Jahren isoliert zu betrachten und seine Politik als zielbewußten, wenn auch vorsichtigen Kampf eines »Lutheraners« zu deuten. -- Der lutherischen Gottesdienstreform geht nicht nur Flemming ( 2171) in seiner ausschließlich praktisch orientierten, künftigen Reformen dienenden Arbeit nach, sondern historisch detaillierter und speziell auf Luthers Liturgik eingestellt ist Adolf Allwohn, »Gottesdienst und Rechtfertigungsglaube, Luthers Grundlegung evang. Liturgik bis 1523« (Göttingen, Vandenhoek & Ruprecht, IV, 103 S.). A. verfolgt Luthers Stellung zum Gottesdienst in der bisher nur wenig durchforschten älteren Zeit (bis 1517 grundsätzliche Kritik der kath. Auffassung von Kultus, Sakrament, verdienstlicher Leistung; 1517 bis 1519 Loslösung von der Kultusreligion; 1521--1523 Vorbereitung der Reform) in Zusammenhang mit seinem Rechtfertigungsglauben und unter starkerS.475 Betonung der von Luther empfundenen Spannung zwischen Gottesdienst im Geist und Kultus, -- einer Spannung, die der Spannung im Menschen (gerecht und doch imperfectus) und der Spannung zwischen Ewigkeit und Zeit entspreche (zur Kritik vgl. Joh. Meyer, Theol. Lit.-Ztg. 1928, S. 284 ff.). --Holsteins Vortrag ( 2169) gehört in das Kapitel: politische Wirkung Luthers hinein und bejaht diese Wirkung, indem er Luthers »Patriarchalismus« als nur zeitbedingte äußere Form ablöst und als das Neue an Luthers Staatsauffassung die Wertung der natürlichen Ordnungen als gottgewollter, daher nicht minderwertiger Ordnungen, die christliche Pflicht zur Einordnung in diese Ordnungen und die Aufgabe, das Gegebene mit sittlichem Geist zu durchdringen, herausarbeitet. Dieser Staatsgedanke ist nicht nur im Konfessionsstaat des 16. und 17. Jahrhunderts wirksam, sondern wirkt sich auch in der idealistischen Auffassung des Staats als sittlichen Organismus und im Gegensatz gegen die aufklärerische Vertragsidee aus. Der von H. gegebene typologische Vergleich der idealistischen mit der lutherischen Staatsidee müßte durch den Nachweis der tatsächlichen Wirkung Luthers auf die einzelnen idealistischen Denker, wie ihn Blanke, ZKG., N. F. 1927, S. 616 für Hamann gibt, im einzelnen unterbaut werden. Zur Debatte über Luthers Staatsauffassung sei noch auf G. Ritters Auseinandersetzung mit Pauls ( 2170) und auf das allgemeine Bild, das G. Lagarde ( 991) zeichnet, hingewiesen.VI. Territorien.Nach Altemeyer ( 1578) ist die Ausbildung der Amtsverfassung im Bistum Münster am frühesten in den 1252 erworbenen Ämtern des Niederstiftes, Vechta und Emsland, nämlich bald nach der Erwerbung, erkennbar; im Oberstift sei sie erst wesentlich später erfolgt. Die Drosten, die in jenen Bezirken den Landesherrn in allen seinen Rechten vertreten, gehören der bischöflichen Ministerialität an; auf ihre Bestellung beginnt in Vechta schon im 14. Jahrhundert die Burgmannschaft Einfluß auszuüben. -- Welche wichtige Quelle für die neuzeitliche Verwaltungsgeschichte die Hof- und Staatskalender sind, ist bekannt. Was es an solchen für diejenigen Staaten gegeben hat, die an dem Gebiet der heutigen Provinz Westfalen Anteil hatten, und für die Zeit, in der dies der Fall war (also auch für die Oranien-Nassauischen Fürstentümer, Landgrafschaft bzw. Großherzogtum Hessen-Darmstadt, Großherzogtum Berg und Königreich Westfalen), hat Bauermann ( 1630) zusammengestellt. -- Die Reform der brandenburgisch-preußischen Domänenverwaltung am Ausgang des 17. Jahrhunderts gehört zwar in erster Linie der Geschichte des preußischen Gesamtstaats an. Ihre Durchführung und Auswirkung im einzelnen ist erst im Rahmen der Landesgeschichte voll erfaßbar. Eine eingehende Schilderung von dem Verlauf der Dinge in der Grafschaft Mark, zum Teil auch im Herzogtum Kleve, mit ihren besonders schwierigen Verhältnissen, bietet Penzler ( 1832). Das Reformwerk unter Knyphausen ist in den beiden Westprovinzen mit dem Namen des Kammersekretärs A. L. Walter untrennbar verknüpft, der die Neuverpachtung der märkischen Renteien im Jahre 1691 in der Form der Arrende durchgeführt hat. V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte.Unter stetem Hinweis auf verwandte Erscheinungen im englischen
Verfassungsleben beleuchtet Wintterlin am Beispiel des »Geheimen Rats« die dem
altwürttembergischen Beamtentum eigentümliche rechtliche Doppelstellung zwischen Landesherrn und Landschaft,
die sich aus dem Vertragscharakter der altwürttembergischen Verfassung ergab (
1618). Derselbe stellt das nur lückenhaft erhaltene Material über
die durch fortschreitende Geldentwertung und Münzverschlechterung 1622--1624 veranlaßte Gesetzgebung Herzogs
Johann Friedrich von Württemberg zusammen, die auf Grund des schwäbischen Kreisabschieds vom 11/21. März
1622 die Rückzahlung von Darlehen und
S.630 Entrichtung von Geldschulden in möglichst billiger Gestalt regeln und die Mündelgelder vor Entwertung sicherstellen sollte ( 1619).3. Einzeldarstellungen zur politischen Geschichte nach der Reihenfolge der Ereignisse.F. Kozubowskis nationalpolitisch orientierte
Skizze der Unterwerfung Preußens und Pomerellens durch den Deutschen Orden (
120) bringt nichts Neues, bemüht sich aber, den Ergebnissen der
Forschung, der deutschen wie der polnischen, gerecht zu werden, ohne freilich ihre letzten Früchte
(Zachorowski, Caspar) zu berücksichtigen. Die gehaltvolle Rezension von E. Caspars
»Hermann von Salza« durch T. Tyc (
232) würdigt die Bedeutung der besprochenen Schrift streng objektiv,
wenn sie ihr auch die Unkenntnis der neuesten polnischen Forschung vorhalten muß und erhebt die Forderung nach
einer Caspars Studie ebenbürtigen Darstellung des ideengeschichtlichen Hintergrundes der polnischen
Preußenpolitik. Einen höchst willkommenen Beitrag zur Geschichte der Anfänge der Deutschordensherrschaft
im masovisch-preußischen Grenzgebiet liefert W. Polkowska-Markowska in ihrer Geschichte des
Dobrzyner Christusordens (
185): W. Kętrzyński hatte in seinem
»Generalangriff« gegen die urkundlichen Grundlagen jener Vorgänge auch die für die Kenntnis dieser
kurzlebigen Gründung in erster Linie maßgebenden Dokumente als Fälschungen des Deutschen Ordens
bezeichnet, überdies gegen den Christusorden den Vorwurf erhoben, er habe an seinem Gründer und Landesherrn,
Herzog Konrad von Masovien Verrat begangen und bewußt zu der für diesen und die gesamte polnische Politik
ungünstigen endgültigen Gestaltung der Herrschaftsverhältnisse in jenem Grenzgebiet beigetragen: die
Verfasserin vermag die Unhaltbarkeit beider Theorien nachzuweisen. Die angefochtenen Urkunden von 1228 sind echt und
können im Zusammenhang mit den sonstigen spärlichen, von ihr sorgfältig gesammelten und analysierten
Nachrichten als Grundlage der Rekonstruktion der Geschichte des von Herzog Konrad zusammen mit dem Preußenbischof
Christian gegründeten Ordens dienen, der sich aus deutschen, wahrscheinlich mecklenburgischen Kreuzfahrern
rekrutierte, nach der letzten Endes derjenigen des Tempelordens verwandten Regel der livländischen
Schwertbrüder lebte, in dem ihm vom Herzog mit den Attributen wirtschaftlicher und gerichtlicher Immunität
überlassenen Gebiet, dessen Grenzen genau festgestellt werden, durch den Kleinkampf mit den Preußen
beschäftigt, eine umfassendere Tätigkeit, namentlich auf kirchlich-organisatorischem Gebiet, nicht entfalten
konnte, dabei doch aber seine Hauptburg Dobrzyń mit deutschem Stadtrecht bewidmete, und schließlich, um
seinen Aufgaben wirksamer gerecht werden zu
S.710 können, sich mit dem mächtigen Bruderorden vereinigte; allerdings wohl nicht vollständig, denn mit den in Dobrzyń verbliebenen Resten versucht Herzog Konrad noch 1237 einen Grenzschutz in Drohiczyń gegen die Angriffe der Jadwinger zu organisieren, dabei seine landesherrlichen und des Bischofs von Płock oberhirtliche Rechte, durch die mit dem Deutschen Orden gemachten Erfahrungen gewitzigt, wirksam sichernd. Der Tatarensturm fegt diesen Vorposten hinweg: die versprengten Brüder suchen bei den Templern irgendwo im nordostdeutschen Kolonialland Schutz oder kehren in ihre mecklenburgische Heimat zurück, wo sich ihre Spuren schon 1240 verlieren.4. Rechtsgeschichte, insbesondere Verfassungsgeschichte.Unter den Einzelstudien zur Verfassungsgeschichte brauchen wir Arnolds
bedeutungsvolle Forschungen über die älteste Landeseinteilung Polens (
8,
10) hier nicht zu würdigen, weil sie inzwischen in ausgeführter
Gestalt in Buchform erschienen sind. Unsere Kenntnis der infolge der verwirrenden Fülle der in den Quellen
auftretenden termini schwer zu übersehenden altpolnischen Abgabenorganisation wird durch die Monographie von J.
Widajewicz über die Leistungen für den landesherrlichen Tisch (
250) entscheidend gefördert: der Verfasser rechnet zu dieser Gruppe
nicht nur die statio, den »stan« der altpolnischen Terminologie, sondern auch die Abgaben, die unter den
Bezeichnungen »narzaz« (incisio), »opole«, »podworowe« und »podymne«
auftreten; es handelt sich dabei nur um verschiedene Einhebungsarten einer ihrer Substanz nach identischen Steuer.
Scharfsinnige Beobachtungen über den allgemeinen Gang der Entwicklung des Abgabenwesens im piastischen Polen
beschließen das Buch, das für jeden Historiker, der etwa die älteren schlesischen Verfassungs- und
Wirtschaftsverhältnisse verstehen will, unentbehrlich ist. Jetzt wird er daneben freilich auch immer die in manchen
Stücken die Ergebnisse von Widajewicz berichtigenden und ergänzenden Untersuchungen von O.
Balzer über die incisio heranziehen müssen, von deren Bedeutung der im Berichtszeitraum
veröffentlichte Auszug (
11 a) freilich nur eine schwache Vorstellung gibt; auf sie wird bei der
Verzeichnung des inzwischen (
1928) erschienenen abgeschlossenen Werkes zurückzukommen sein.
Wertvolle Aufschlüsse bringt
S.718 auch die in vergleichender, ethnologischer Betrachtung gebotene Behandlung einiger der bäuerlichen Abgaben im alten Polen durch St. Ciszeweski (in 49). Wichtig für den Historiker Schlesiens, aus dessen Arbeitsgebiet sie ihre meisten Belege schöpfen, sind auch die Untersuchungen von J. Łoś, R. Grodecki und J. Czubek ( 145, 52 a) über die »Waldroder« (łazęki) und andere Schichten der wirtschaftlich und rechtlich vom Landesherrn abhängigen Bevölkerung Polens in der Zeit vor der deutschrechtlichen Siedlung, während Czubeks Ausführungen über den Garbenzehnt der Bauern in Polen (und Schlesien, 52) nichts wesentlich Neues bringen und die Vertrautheit mit dem Stande der Forschung vermissen lassen. Gänzlich mißlungen ist der Versuch desselben Forschers, die von Bujak in einer eigenen Monographie ( 27) neuerdings entwickelte These, die auch den schlesischen Quellen bekannte Institution des »narok« -- seine Träger, die »narocznicy«, stehen in einem schwer zu deutenden Abhängigkeitsverhältnis zu bestimmten landesherrlichen Burgen -- sei strafrechtlichen Ursprungs, der »narok« stelle also konfisziertes Land dar, durch philologische Argumente zu erschüttern ( 53) und den terminus als Bezeichnung der Burgbesatzung aufzufassen. Bujak hat ihn in einer Replik ( 24) auf das bündigste zurückweisen können.1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1927II. Darstellungen.Heuberger ( 763) bespricht ein in deutscher Sprache zwischen 1316 und 1320 abgefaßtes Schreiben, das inhaltlich interessant ist, weil es einen sonst nicht bekannten Heiratsplan zum Gegenstande hat: Herzog Heinrich von Kärnten will seine Nichte Elisabeth dem Grafen Berthold VII. (X.) von Henneberg geben; wirklich geheiratet hat sie 1323 den Peter von Aragon. Bemerkenswert ist es auch darum, weil es wohl die älteste Aufzeichnung über Verhandlungen eines Landesherrn mit seinen ständischen Beratern darstellt. I. Allgemeine Quellenkunde. Bibliographie und Genealogie.Der von W. Schulte (Darstell. u. Quellen z. Schles. Gesch., Bd. I) als Hauptergebnis seiner Untersuchungen
vertretenen Auffassung, daß die zu den hervorragendsten schlesischen Quellen zählende Chronica principum
Poloniae eine national-polnische Tendenz enthalte und ihr Verfasser ein Pole und Vorläufer des Joh. Długosch
von Krakau sei, tritt A. Schaube (
741) mit neuen Forschungsergebnissen aus den fragmentarischen Quellen
über die Person und den Lebensgang des Verfassers überzeugend entgegen. Er weist nach, daß der Kanonikus
an der Brieger Kollegiatkirche Peter Bitschen weder ein Pole, noch von polnischer Gesinnung war. Die Geschichte des
Fürstentums Brieg in ihren Hauptzügen mit Berücksichtigung aller seiner Verzweigungen und der
genealogischen Zusammenhänge zu schreiben, war die Aufgabe, die er von seinem dafür auf das lebhafteste
interessierten Landesherrn übernommen hatte. Im Gegensatz zu dem leidenschaftlichen Nationalpolen Joh.
Długosch lag dem deutschen Schlesier Peter Bitschen politische Tendenz durchaus fern. Dadurch, daß das
Brieger Fürstenhaus, wie die Piasten überhaupt, polnischen Ursprungs war, konnte der Schein entstehen,
daß die Sympathien des Verfassers, der naturgemäß auch die polnischen Herrscher als Vorfahren seines
Fürsten zu behandeln hatte, dem Polentum gehörten. Er wollte kein umfassendes Annalenwerk, wie Schulte es
nennt, sondern eine Fürstenchronik des Gesamthauses der Piasten bis auf seine Zeit schreiben. -- J.
Gottschalk (
1502) weist die von J. Heyne (Bistumsgeschichte I, 624/64) nach der
Handschrift des Bresl. Diözesanarchivs auszüglich mitgeteilten und ohne nähere Untersuchungen dem 14.
Jhd. zugeschriebenen Einkunftsregister des Breslauer Domkapitals und seiner Prälaten und Präbenden als aus
ganz verschiedenen Zeiten stammend nach. Die Hs. beruft sich zwar auf ein »antiquum regestum« des 14. Jhd.,
aber die Abgaben, Hufenzahl usw. bei den Eigendörfern sind der Zeit um 1600 entnommen. Als
S.512 Teil eines alten, zweifellos ins 14. Jhd. zurückgehenden Einkunftsregisters nach dem Muster eines liber fundationis (vgl. Jahresbericht 1926, S. 564) entdeckte er in Prozeßakten des 16. Jhd. ein Fragment, dessen Veröffentlichung im größeren Zusammenhang er verspricht.III. Historische Landeskunde.Die Arbeiten am Geschichtlichen Atlas
von Hessen und Nassau haben einen guten Fortgang genommen. Das Unternehmen hat sich neuerdings zu einem Institut
für geschichtliche Landeskunde erweitert. Der Leiter, E. E. Stengel, hat mit dem Prachtwerk
über den bisher nur als Städtezeichner und Chronisten bekannten Wilhelm Dilich (
390) einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der Kartographie gegeben. Als
Dilich den 1607 gegebenen Auftrag seines Landesherrn, Generaltafeln in kleinerem und größerem Maßstab,
genauere Amtskarten und Spezialtafeln in größerem Maßstab auszuführen begann, war in Hessen, wo
ein Arnold und Johannes Mercator gewirkt hatten, das Karten- und Vermessungswesen über die Anfänge bereits
hinaus. Die mittelst einer vorgeschrittenen Technik gewonnenen Ergebnisse der Karten Dilichs, der für seine
Feststellungen auch Grenzakten heranzog, sind von einer vor ihm noch nie erreichten Genauigkeit, wie auch die Karten als
Kunstwerke ersten Ranges gewertet werden müssen. Die vortreffliche Wiedergabe läßt die beigegebenen 26
Karten in Farbengebung und Größe originalgetreu erscheinen. Von Einzeluntersuchungen zum geschichtlichen
Atlas liegen für das Berichtsgebiet
S.537 zwei Arbeiten im Teildruck vor. Anhalt ( 1332) behandelt Gau und Grafschaft im oberhessischen Edergebiet. Nach urkundlichen Zeugnissen, unter Beobachtung des Ganges der Besiedlung, kommt er zu dem Ergebnis, daß der Hessengau, wie Menke das schon festgestellt hatte, bedeutend weiter nach Westen gereicht hat als es die ältere Forschung annahm, daß aber abweichend von Menke die Südgrenze mehr nach Norden zu verschieben und ebenso die Nordgrenze von der Eder abzurücken ist. Gaugrenze gegen den Lahngau ist die Wasserscheide zwischen Eder und Lahn, gegen den westfälischen Gau Angeron läuft sie z. T. mit der mainzisch-kölnischen Diözesangrenze zusammen. Bei der Bestimmung der alten Zenten ist Anhalt genötigt, aus Mangel an Quellenmaterial von den späteren unteren (Land-)Gerichten auszugehen. Er bestätigt die von v. Below schon beobachtete Erscheinung der Verkleinerung des ursprünglichen Umfangs der Zentbezirke. Die Zeit des 9. bis 12. Jhds., der Auflösung der Gaue und Entstehung der territorialen Bildung übergeht A. unter Hinweis auf die Arbeit von Wrede ( 202). Am Ende des 13. Jhds. hat sich Mainz in seinem Streben nach Begründung eines geschlossenen Territoriums an Stelle der Grafen von Battenberg und Ziegenhain gesetzt, die am Anfang des Jahrhunderts neben den (Reichs-?) Vögten von Keseberg das Gebiet beherrschten. Auf den von Anhalt zitierten Vortrag Stengels über: Politische Wellenbewegungen im hessisch-westfälischen Grenzgebiet soll hier nachdrücklich hingewiesen werden. Leider ist er nur in seinen Hauptzügen ohne Kartenskizzen gedruckt (Mitt. d. V. f. Hess. Gesch. u. Landesk. 1925/26, S. 4--8. Kassel 1927). An dem sehr instruktiven Beispiel der Grenzwandlungen zwischen den in ihrer Eigenart so ausgeprägten Volksstämmen der Sachsen und Franken deckt Stengel die politischen Triebkräfte auf, die hinter diesem Wechsel standen und durch das im Reiche jeweils geltende politische Machtverhältnis bedingt waren.VIII. Kultur- und Bildungsgeschichte.Die Förderung der Marburger
Universität durch Christian Wolff wird durch einige von W. Dersch (
2065) veröffentlichte Briefe beleuchtet. -- R. Brieger (
2067a) weist bei einer eingehenden Würdigung der zu Beginn des 19.
Jhds. an der Marburger Universität tätigen Dozenten und der Verfassung
S.544 der Universitätsbibliothek und der Institute nach, daß der Grund für den damals in der Bürgerschaft beklagten Verfall der Universität nicht in der mangelnden »Celebrität« der Professoren, wohl aber neben dem kläglichen Zustand der wissenschaftlichen Hilfsmittel in der allgemeinen Teuerung, dem auch sonst zu beobachtenden Rückgang der Frequenz, in der nur in den beiden Hessen üblichen Studierbeschränkung und in der Knauserigkeit des Landesherrn zu suchen ist.3. Quellen und Darstellungen.Zur mittelalterlichen
Geschichte Badens ist nur die fleißige Dissertation von Meinzer (
773) zu nennen, der auf Grund des reichen, in den Regesten der Markgrafen von
Baden aufgespeicherten Materials eine Biographie Markgraf Karls I. (1453--1475) bietet und darin über die
früheren summarischen oder veralteten Darstellungen in manchen Punkten hinauskommt. Karl war in seinen
weitverzweigten politischen Unternehmungen unbeständiger und daher weniger glücklich als sein Vater. Die
Niederlage bei Seckenheim, das verunglückte Eingreifen in den Lütticher Bistumsstreit, unaufhörliche
Reibereien mit Württemberg und schließlich die Ausbreitung der burgundischen Macht am Oberrhein machten seine
Hoffnungen auf Arrondierung seiner Lande zuschanden. Die (S. 45 Anm. 2 aufgezählten) kleineren Erwerbungen
vermochten ihn für zahlreiche Verluste und finanzielle Opfer nicht zu entschädigen. Dem Defensivbündnis
mit einigen kleinen Ritterfamilien,
S.572 das wesentlich zur Abwehr befürchteter burgundischer Übergriffe bestimmt war und nach zehn Jahren ablief, tut Meinzer (S. 40) doch wohl etwas zu viel Ehre an, wenn er es als einen Ersatz für die fehlgeschlagene Hoffnung auf eine einträgliche Landvogtei ansehen will. -- Das im vorigen § bereits angezeigte Werk von Rosenkranz über den Bundschuh ( 760) behandelt in seinem Hauptteil die Bauernbewegungen innerhalb der Grenzen des heutigen Baden, die Bruchsaler Erhebung des Jahres 1502, den Bundschuh von Lehen 1513, den Bühler Armen Konrad von 1514 und den großen Bundschuh von 1517. Der Arme Konrad des Jahres 1514, der sich ganz auf die Bühler Lokalgravamina (Rügegericht, Erbordnung und Fischrecht) beschränkt, fällt völlig aus dem Rahmen der von R. behandelten, durch wachsenden Radikalismus und grundsätzliche Auflehnung gekennzeichneten Bundschuh-Bewegung heraus und hätte füglich in diesem Werk keinen Platz verdient. Die geplanten Erhebungen der Jahre 1502, 1513 und 1517, durch die Führerpersönlichkeit des Untergrombacher Bauern Joß Fritz zu einer Einheit verschmolzen, bilden dagegen die folgerichtigen Etappen in der Entwicklung des Bundschuh-Gedankens von lokaler Unzufriedenheit zum allgemeinen Umsturz. Schon 1502 war die Aufwerfung des Bundschuhes nicht mehr wie 1493 bei Schlettstadt letztes verzweifeltes Mittel, sondern von vornherein ein wesentlicher Punkt des Programms, das die allgemeine Idee von der »göttlichen Gerechtigkeit« verwirklichen sollte. Die hier schon greifbare und in Joß Fritz verkörperte Wendung zu krassem Radikalismus war auch nach dem Mißlingen dieses Versuchs nicht mehr aufzuhalten. Sie erreichte ihren Höhe- und Endpunkt in der großen Verschwörung von 1517, die sich auf beide Rheinufer und selbst bis ins Württembergische erstreckte und in Baden, besonders in Ortenau und Breisgau, mindestens 35 Ortschaften ergriffen hatte. -- Aus den Vorarbeiten zu einem neuen demnächst erscheinenden Band des Badischen Inventarisationswerks ist der Aufsatz von Rott über Baden-Baden im 16 und 17. Jhd. erwachsen (ZGORh. NF. 41, 38), der zur Topographie und Baugeschichte dieser Stadt manche neuen Aufschlüsse bringt. Bemerkenswert ist die aus einem amtlichen Bericht geschöpfte Feststellung (S. 57), daß bei der Niederbrennung der Stadt durch die Franzosen 1689 weder die Gräber der Markgrafen erbrochen noch die Mauern der Stadt niedergerissen wurden, wie bisher im Anschluß an den unzuverlässigen Bericht eines Karmeliterpaters (Theatr. Europ. 13, 707) von manchen Autoren wiederholt worden ist. Eine ausführliche Denkschrift des badischen Amtmanns an den Türkenlouis v. J. 1691 mit Plänen für den Wiederaufbau wird im Wortlaut abgedruckt. -- Die Jahrzehnte von der napoleonischen Zeit bis zum Jahre 1870, die in mehr als einer Hinsicht den Höhepunkt der badischen Geschichte bilden, haben schon manche Feder in Bewegung gesetzt. Daß trotzdem auch hier noch Ersprießliches zu leisten ist, wird aber durch die Produktion des Berichtsjahres in erfreulicher Weise bewiesen. Schnabel ( 908) hat in seiner Biographie Sigismunds von Reitzenstein diesen »Begründer des badischen Staates« eigentlich erst wieder neu entdeckt, der das Staatsschiff mit Weitblick und kalter Berechnung durch zwei klippenreiche Jahrzehnte seit 1795 hindurchsteuerte und an der Bildung des badischen Mittelstaates den allein entscheidenden, an seinem inneren Ausbau einen überragenden Anteil hatte. Von dem Augenblick an, da Reitzenstein mit der Voraussetzungslosigkeit, die das Kennzeichen jeder höheren staatsmännischen Begabung ist, den unbedingten Anschluß des GrenzstaatesS.573 an Frankreich als einziges Heilmittel erkannte und zur Anwendung brachte, bis zu seinen letzten Schritten auf der politischen Bühne in den dreißiger Jahren war er einer Fülle von Widerständen ausgesetzt, die sein Leben zu einer wahren Tragödie machten. Gegen die Anfeindungen des Geheimen Rats und des unfähigen Ministers Edelsheim und die legitimistischen Bedenklichkeiten des alternden Karl Friedrich mußte er seine ersten Schritte erkämpfen wie alle späteren gegen die Kabalen am Hofe und die Mißgunst der Kollegen und Beamten. Daß er trotzdem unbeirrt seinen Weg ging, verrät außer einer an klassischen Vorbildern erstarkten Seelengröße eine Begabung, die weit über den Kreis seiner Aufgaben hinausreichte. Auch darin liegt Tragik, daß er der Rheinbundpolitiker war und bleiben mußte, dessen Kraft schließlich nur »dem Aufbau einer zweckwidrigen partikularen Gewalt gedient hat«. Die fesselnde, formvollendete Darstellung, in der Schnabel dieses bewegte und bedeutsame Leben an uns vorüberziehen läßt, macht die Mühen der archivalischen Forschung vergessen, die ihr zugrunde liegen. -- Mit der Herausgabe der monumentalen Aktenpublikation über Großherzog Friedrich I. durch Oncken ( 995) hat die Badische Historische Kommission einer Ehrenpflicht genügt und damit zugleich über den Umkreis ihres engeren Interessengebietes hinaus einen grundlegenden Baustein zur deutschen Geschichte des 19. Jhds. beigetragen. Denn die Jahrzehnte vom Krimkrieg bis zur Reichsgründung, die in diesen beiden Bänden umfaßt werden, sind die bedeutsamsten der badischen Geschichte; es war die Zeit, da Baden, aus der Enge seiner mittelstaatlichen Grenzen hinaustretend, zu einem entscheidenden Eingreifen in den Gang der deutschen Entwicklung bestimmt schien, eben dank der Persönlichkeit seines Landesherrn, der gewiß kein politischer Genius war, aber dadurch aus der Reihe seiner Standesgenossen bedeutend hervorragte, daß er die zwei Grundgedanken des Zeitalters, den nationalen und den liberalen, frühzeitig in sich vereinigte und auch unter Rückschlägen und Enttäuschungen mit reinem Idealismus und männlicher Charakterstärke festhielt. Es war freilich nach einem Wort Roggenbachs auf die Dauer nicht möglich, von der Basis eines Mittelstaates aus deutsche Politik zu treiben, und Friedrich mußte diese bittere Wahrheit bis zur Neige kosten, denn auf die hoffnungsschwangeren Jahre der friedlichen Bundesreformpläne, in denen er seinen Zielen nahe zu sein schien, folgte der Aufstieg der Bismarckschen Großmachtpolitik, die ihn -- bei aller Übereinstimmung der schließlich erreichten Ziele -- die Verschiedenheit der dahin führenden Wege aufs schmerzlichste empfinden ließ und ihn sogar gegen seine Überzeugung an die Seite Österreichs führen mußte. Das Jahr 1866 bedeutet die tiefste Depression in Friedrichs politischem Dasein vor dem endlichen, von Schwierigkeiten starrenden Wiederanstieg. Die darstellende Einleitung Onckens, die in dem Gang dieses persönlichen Lebens zugleich den Gang der deutschen Geschichte aufzeigt, hebt die Quintessenz der Quellenpublikation in klaren Zügen und mit souveräner Beherrschung des Stoffes heraus. Unter den Korrespondenten nimmt Wilhelm von Preußen weitaus die erste Stelle ein, nächst ihm stehen Ernst von Coburg, Roggenbach, der Staatsrat Gelzer und andere. Die Korrespondenz mit Roggenbach erscheint nur einseitig, da die Briefe Friedrichs an den Minister, von verschwindenden Ausnahmen abgesehen, leider verloren sind. Der zweite Band wird zum größten Teil von Friedrichs Versailler Tagebuch eingenommen. (Vgl. auch S. 253.)VIII. Stadtgeschichte.Der erste Band der
Geschichte von Antwerpen, die der Antwerpener Stadtarchivar Fl. Prims (
41) zu schreiben unternommen hat, behandelt in 17 nur lose
zusammenhängenden Kapiteln die Zeit bis 1221. Die Urkunden sind mit löblicher Vollständigkeit verwertet,
leider aber nicht angeführt, so daß der Benutzer sie sich selbst zusammensuchen muß. Ungenügend
ist es auch um die Quellenkritik bestellt; beispielsweise sind gleich die ältesten vier im Oorkondenboek von St.
Michiels te Antwerpen (1909) gedruckten Urkunden, die ihren äußeren Merkmalen nach keine Originale und im
Diktat teilweise durch spätere Papsturkunden beeinflußt sind, leicht als unecht erkennbar. Das dürfte
für die Beurteilung des Verhältnisses zwischen Michaelskloster und Marienkirche, das Pr. übrigens selbst
(S. 76 ff.) nicht für ganz geklärt hält, nicht ohne Bedeutung sein. Da Pr. ferner auf jede genauere
Zeitfolge zugunsten einer Einteilung nach sachlichen Gesichtspunkten verzichtet, erhält man von der
Entstehungsgeschichte der Stadt nur ein undeutliches Bild. Beachtenswert sind aber, wie auch die Besprechung von Pirenne
(Revue belge de philologie 7, 670) hervorhebt, die Ausführungen über die libertas castrensis auf Grund einer
Urkunde von 1242. Die beigefügten Kartenskizzen erweisen sich als ganz unbrauchbar zur Orientierung. Im Faksimile
sind beigegeben eine Seite aus dem Echternacher Codex aureus in Gotha mit der Schenkung des Rauchingus von 726, eine
Urkunde des Propstes Hildolf von St. Michael zu Antwerpen von 1124, die aber kein Original ist, und eine Handfeste des
Herzogs Heinrich I. von Lothringen von 1221. -- Der zweite Teil von Kannegieters Aufsatz (
42) über die älteste Geschichte von Amsterdam und Amstelland (vgl.
Jberr. 1926, S. 683) behandelt ausführlich Bevölkerung, Verfassung und Rechtspflege, den ältesten Handel
und die Parochialgeschichte. Auch hier gibt der Verf. lediglich eine Zusammenstellung der Ansichten anderer Autoren, die
er nur teilweise kritisch würdigt. Zustimmend verhält er sich gegenüber der Abhandlung von Brugmans im 8.
Jaarboek van Amstelodanum von 1910. Aber man kann doch das seit 1360 an Urkunden vorkommende große Stadtsiegel,
dessen Umschrift auf das Zollprivileg von 1275 Bezug nimmt, nicht mit Br. als Zollsiegel von diesem Jahre ansprechen.
Ebensowenig kann man mit Br. aus der Schwurgemeinde, die 1274 von Muiden, Amstel (d. h. Ouderkerk), Mijdrecht und Loenen
gebildet wurde, schließen, daß jeder dieser Orte als concilium et universitas coniuratorum organisiert war
und dies auch die »Dorfverfassung« des ältesten Amsterdam gewesen sein müsse. Die Übernahme
der Amsterdamer Stadtverfassung aus Utrecht, die von Br. geleugnet wird, ergibt sich doch nicht nur aus dem Rechtszug
dorthin, sondern auch aus der vielfach wörtlichen Übereinstimmung des Ratseides in beiden Städten. -- C.
G. 't Hooft (
43), der seit längerer Zeit (Het ontstaan van Amsterdam 1917,
Aufsätze im Jaarboek van Amstelodanum 1918, 1923, 1924, 1925) bemüht ist für Amsterdam eine weit
ältere Geschichte aufzuzeigen, als man bisher, nach H.s Meinung tendentiös von Deutschland her
beeinflußt, angenommen hat. bringt in seinem neuesten Buch manches zur ma. Topographie von Amsterdam bei, aber
für seine Hauptthese nur gewagte Behauptungen; doch tritt er mit Recht für die Utrechter Herkunft des
Amsterdamer Schöffenrechts ein. Zwanzig hübsche Bildtafeln und zwei Kartenskizzen von Amsterdam sind
beigegeben. Die auf Tafel 6 und 16 abgebildeten Siegel, für die befremdlicherweise die Jahreszahl 1275 angegeben
wird, sind von 1317 und 1360. -- Eine Leidener
S.641 Dissertation von Frl. Jansen ( 44) behandelt die Entstehung der vroedschappen in Amsterdam, Delft, Dordrecht, Gouda, Haarlem, Leiden und Rotterdam. Die Verf. unterscheidet eine ältere, schon im 14. Jhd. erscheinende vroedschap, die aus den früheren Mitgliedern des Stadtrates besteht, aber keine geschlossene Körperschaft bildet, und eine jüngere, von Herzog Philipp von Burgund eingesetzte vroedschap, die überall ein Kollegium von bestimmter Mitgliederzahl ist und das Vorschlagsrecht zur Schöffen-Ernennung hat. Die Einsetzung dieser jüngeren vroedschap ist dem Landesherrn überall durch Zahlung erheblicher Geldbeträge abgewonnen worden. Eine schärfere Interpretation der Quellen hätte gezeigt, daß diese Unterscheidung nicht durchführbar ist. Die ältere Leidener vroedschap von 1399/1413 variiert keineswegs, wie (S. 6) angegeben wird, zwischen 36 und 80 Mitgliedern; sie hat nach Ausweis der Stadtrechnungen am 27. Oktober 1399 36, am 10. November 1399 und 17. Juni 1400 55 und am 10. November 1412 80 Mitglieder. Man muß also annehmen, daß sie jedes Jahr in wechselnder, aber bestimmter Zahl neu ernannt worden ist. Ob man bei diesen Ernennungen lediglich frühere Mitglieder des Rates berücksichtigt hat, ist höchst zweifelhaft. Allerdings wird noch 1386 die Leidener vroedschap als die an den gherecht gheweest hebben, d. h. dem Rat angehört haben, bezeichnet. Aber schon in vorburgundischer Zeit -- 1381 in Rotterdam, 1409 in Haarlem, 1418 in Delft -- werden neben dem Rat vroedschap ende rijkheid genannt, so daß über die teilweise rein plutokratische Herkunft dieser Körperschaft kein Zweifel sein kann. Eine erhebliche Geldzahlung an den Landesherrn hat z. B. Rotterdam 1380 geleistet. Die holländische Bürgerpolitik Philipps des Guten erscheint somit lediglich als Fortsetzung der schon unter den Wittelsbachern begonnenen Entwicklung. --1. Quellenveröffentlichungen, Quellenkunde.Wichtige Quellentexte bringt auch die gehaltvolle Untersuchung Wł. Abrahams ( 1) über eine liturgische Handschrift, die er als ein Pontificale der Krakauer Bischöfe aus dem XII. Jhd. erkennt, in dem Abdruck ihrer auf die Benedictio principis, die Ordinatio episcopi und den Ordo iudiciorum Dei, bezüglichen Teile. Die für die Benediktion ungekrönter Fürsten, wie es die polnischen Herzöge seit 1079 waren, vorgesehenen Gebete decken sich mit entsprechenden Stücken englischer Herkunft, das Rituale der Bischofsexamination hat seine Parallelen in deutschen und französischen Texten, nimmt aber in höchst bemerkenswerter Weise auf die in Polen tatsächlich herrschenden Verhältnisse -- die Einsetzung des Bischofs durch den Landesherrn -- Rücksicht, die Ordaliengebete unterscheiden sich von den bekannten Texten des Elbinger polnischen Gewohnheitsrechtsbuches einmal sachlich durch die ausführliche Behandlung des jenem unbekannten iudicium cum pane et caseo, dann aber auch in ihrem Wortlaut, der auf Vorbilder westlicher Herkunft, aus dem rheinfränkischen Stammesgebiet, Frankreich oder England, hinweist. Dort, am ehesten in der Diözese Lüttich, dürfte auch der Codex selbst, aber unter Berücksichtigung der Wünsche der polnischen Besteller, geschrieben worden sein. Abraham hat seine Untersuchung durch wichtige Hinweise auf Fragen der kirchlichen Verfassungsgeschichte (Eigenkirchenwesen, Entstehung der wirtschaftlichen Machtstellung der polnischen Hochstifte) und namentlich durch eine eingehende Darstellung des Standes der Forschung über das polnische Ordalienwesen bereichert, in dessen liturgischer Einkleidung man nach den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung nicht mehr, wie bisher, eine unselbständige Nachahmung deutscher Vorbilder wird sehen dürfen (vgl. auch die ausführliche Besprechung durch H. F. Schmid, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte XLVIII, Kan. Abt. XVII, 1928, S. 682--686). 4. Rechtsgeschichte, insbesondere Verfassungsgeschichte.K. Maleczyńskis Untersuchung über die Zahl, die wirtschaftliche Bedeutung und die Rechtsstellung der Marktsiedlungen in Polen vor der deutschrechtlichen Städtegründung (vgl. Jahresberr. 2, S. 722) wird in ihrem verfassungsgeschichtlichen Teil von Z. Wojciechowski eingehender Kritik unterzogen ( 133): Maleczyński hatte das Vorhandensein eines Marktregals in Polen vor der Zeit der deutschrechtlichen Siedlung in Abrede gestellt: sein Rezensent erschließt es vor allem aus dem Vorkommen einer eigenen Marktabgabe, des targowe. Dagegen lehnt er die Annahme Maleczyńskis ab, daß der zur Wahrnehmung der besonderen Marktgerichtsbarkeit von dem Landesherrn oder einem Immunitätsherrn bestellte Marktrichter auch als Organ einer autonomen Marktgemeinde habe fungieren können, ab: die Autonomie der Siedlergemeinde ist ebenso wie die völlige Loslösung der Siedlung aus dem Wirkungsbereich des Landrechts erst das Werk der deutschrechtlichen Kolonisation. 1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1928§ 29. Territorialverfassung und Ständestaat.In die Entstehungszeit der landständischen
Verfassung führt Hans Voltelinis Beitrag zur Below-Festschrift: »Der Bericht
über die Rechte des Herzogs von Kärnten in zwei Handschriften des Schwabenspiegels« (
1037). Der Bericht spiegelt nach V.s scharfsinniger Untersuchung nicht uralte
Rechtszustände wider; er ist wahrscheinlich erst spät, um 1336, zur Zeit der Belehnung der Habsburger mit
Kärnten entstanden, um die Sonderrechte des Kärntner Herzogs dem neuen habsburgischen Erwerber bekanntzugeben
und diesen in größere Abhängigkeit vom Adel zu bringen, der zur Zeit der Entstehung einer
landständischen Verfassung ein Wahlrecht des Landesherrn durch die Stände durchsetzen und dadurch bestimmenden
Einfluß auf die Regierung gewinnen wollte. Zu solchen Zwecken suchte der Bericht alte, die feierliche
Einführung des Herzogs in den Besitz des Landes darstellende Formalitäten (Fragen des Herzogsbauern an den
Herzog und dgl.) in ein Wahlverfahren umzudeuten, welches den Landsassen, d. i. dem landsässischen Adel sogar das
Recht der Ablehnung des Herzogs einräumte. »Als Quelle für die Geschichte der kärntnerischen
Herzogseinsetzung,« bemerkt V. (S. 111) zusammenfassend, »wird der Bericht der Schwabenspiegelhandschriften
also nicht mehr in Betracht kommen
S.278 können; wohl aber ist er ein merkwürdiges Zeugnis über die politischen Ziele, die im 14. Jhd. der landständische Adel in Kärnten verfolgte.« -- Das Werk von Wold. Goerlitz »Staat und Stände unter den Herzögen Albrecht und Georg 1485--1539« ( 1059) enthält nicht, wie man nach dem Obertitel »sächsische Landtagsakten Bd. 1« annehmen sollte, eine Aktenedition. Da das Aktenmaterial der Ständetage jener Zeit sehr geringfügig und ein rechtes Verständnis der ständischen Verhandlungen nur im Zusammenhang der gesamten inneren Politik des Staates möglich ist, hat sich G. mit Zustimmung der sächsischen Kommission entschlossen, die gesamten Materialien der inneren Politik Albrechts und Georgs (außer der Kirchenpolitik) zu einer »aktenmäßigen« Darstellung zu verarbeiten, ohne die Lücken der Quellen durch Kombinationen oder Vergleiche mit der Entwicklung anderer deutscher Territorien zu ergänzen. Das Ganze zerfällt in 15 Kapitel, von denen das letzte, kurze Kapitel das eigentliche Thema »Fürst und Stände«, die übrigen ganz lose, ohne inneren Zusammenhang aneinander gereiht die Städte, Ämter, Ritter- und Bauerngüter, Heeres-, Finanz- und Gerichtswesen, das Oberhofgericht, die Landesordnung, Zentralverwaltung, Münzpolitik, Steuern, Bergbau, Ständetage, Bischöfe und Dynasten behandeln. Die stoffreiche Darstellung macht den Eindruck der Zuverlässigkeit. Die Ständetage von 1486--1539 (S. 428), sowie die Steuerbewilligungen in derselben Zeit (S. 351 ff.) werden gesondert besprochen. G. betont m. E. mit Recht den Vertretungscharakter der Landstände. Die Aktenbeilagen (S. 483 ff.) enthalten 34 Nummern, darunter wichtige Stücke wie z. B. die allgemeine Verordnung (1490 August 4) und die Hofordnung Georgs (vermutlich aus dem Jahr 1502). Den Beilagen reiht sich die Tabelle der Dynasten, Geistlichen, Städte, Ämter und schriftsässigen Edelleute an; ein Register fehlt.§ 29. Territorialverfassung und Ständestaat.Die Abhandlung Hans Goldschmidts »Das Erbkämmereramt im Herzogtum Jülich 1331--1796« ( 1048), das vom 14. bis ins 19. Jhd. hinein bei dem Geschlecht der Herren von dem Bongart geblieben ist, liefert einen Beitrag zur Geschichte des territorialen Beamtentums. Die Geschichte dieses Erbamtes ist ein »charakteristisches Beispiel dafür, wie schwierig, wenn nicht unmöglich es im alten deutschen Territorialstaat für den Landesherrn war, die Rechte des persönlichen Lehens wieder an sich zu ziehen; mochte deren Gewährung inzwischen auch längst ihre sachliche Berechtigung verloren haben« (S. 123). -- Die deutsche Sprache als Amtssprache ist, wie E. Keyser ( 383) ausführt, in der Kanzlei des preußischen Ordenslandes schon verhältnismäßig früh eingeführt worden. Den deutschen Fassungen des Mainzer Landfriedens (1235) und des bairischen Landfriedens von 1244 reiht sich die deutsche Fassung der Culmer Handfeste vom Jahre 1250 an. Seit dem Jahre 1250 ist »eine fast lückenlose Reihe von urkundlichen Zeugnissen vorhanden, daß sich die Ordenskanzlei der deutschen Sprache neben der lateinischen bediente«. Weit länger hielten die Kanzleien der geistlichen Fürsten im Ordensland am Gebrauch der lateinischen Sprache fest; erst 1410 begegnet die erste deutsche Urkunde des Culmer Bischofs. In den Städten dagegen überwog das Deutsche schon sehr bald; die älteste deutsche Urkunde der Stadt Elbing stammt aus dem Jahre 1286. Der Deutschorden bediente sich vorwiegend einer mitteldeutschen Mundart. § 29. Territorialverfassung und Ständestaat.Das territoriale Rechtswesen ist im Berichtsjahr durch Otto
Peterka (
1067) und Theodor Knapp (
1045) monographisch bearbeitet worden. Peterkas Rechtsgeschichte der
böhmischen Länder Band 2 behandelt, wie
S.279 der im Jahre 1923 erschienene erste Band, diejenigen »von den Ländern der böhmischen Krone, den späteren böhmischen Erbländern des Hauses Habsburg, welche nun Bestandteile der tschechoslowakischen Republik bilden«, nämlich Böhmen, Mähren und die bei der Republik verbliebenen schlesischen Gebietsteile, und gliedert sich in drei Abschnitte: 1. das hussitische Zeitalter, 2. das erste Jahrhundert unter der Herrschaft der Habsburger (seit Erwerbung der böhmischen Länder durch das Haus Habsburg 1526), 3. die Schlacht auf dem weißen Berge und ihre Folgen. Jeder der drei Abschnitte zerfällt wieder in mindestens fünf Unterabteilungen: Königtum, Landstände, Städte, Bauern, Kirche, Rechtsbildung und Rechtsquellen. Das 15. Jhd. hebt sich durch die hussitische Revolution in der böhmischen Geschichte viel schroffer ab, als es in anderen mitteleuropäischen Gebieten der Fall war. Anders das 16., das durch die fortbestehende Teilung der Gewalt zwischen Königtum und Ständen sein verfassungsgeschichtliches Gepräge erhält und daher »keine Grundlage für eine strenge periodische Teilung gibt« (S. 76). Der verfassungsrechtliche Zusammenhang des 15. und 16. Jhds. ist vornehmlich in dem »starken Aufbau des Ständewesens« begründet. Eine scharfe Zäsur dagegen »brachte die verfassungsrechtliche Rückwirkung der Schlacht am weißen Berge«, welche »den jähen Zusammensturz der... bis zur revolutionären Gestaltung gesteigerten Machtfülle der ständischen Macht in Böhmen« zur Folge hatte. Seitdem begannen die absolutistischen und zentralistischen Bestrebungen zur Begründung einer unumschränkten Machtvollkommenheit des böhmischen Königtums. -- Die Geschichte des württembergischen Hofgerichts in Tübingen, mit der sich vorher schon F. Graner befaßte (vgl. Jberr. 1926 S. 384, 385), hat durch Theodor Knapp ( 1045) eine ausführliche und zuverlässige Darstellung erhalten, die mit der ersten, bis auf kleine Reste verlorenen Hofgerichtsordnung (1475) beginnt. Das Hofgericht wurde als besonderes Gericht, hauptsächlich als Berufungsgericht am Hofe des Landesherrn abgehalten und im Jahre 1514 dauernd nach Tübingen verlegt. Es war kein ständiges Gericht, sondern trat wie unsere Schwurgerichte nur von Zeit zu Zeit zusammen. Der Hofrichter sollte ein studierter Mann sein; die Beisitzer bzw. »Urteilssprecher« des Hofgerichts »verteilten sich auf drei Bänke, die edle oder adlige, die gelehrte oder Gelehrtenbank, die landschaftliche oder Landschaftsbank«. Zu den Gelehrten gehörten mindestens seit 1493 Professoren der fast gleichzeitig mit der Einrichtung des Hofgerichts gegründeten Universität Tübingen; dem juristischen Professor kam das votum primum zu. Th. Knapp schildert eingehend soweit möglich -- denn die Hofgerichtsakten sind zum größten Teil bei einem Stuttgarter Kanzleibrand im Jahre 1683 durch Feuer vernichtet worden -- die Geschäftsführung, Stimmabgabe, das Gerichtsverfahren, die Zuständigkeit, den erst 1803 endgültig entschiedenen Streit um die württembergischen Privilegien oder Freiheitsbriefe (insbesondere das privilegium de non appellando). Durch eine Verordnung vom 23. Sept. 1817 wurde von König Wilhelm eine »oberste Justizstelle« unter der Bezeichnung Obertribunal in Stuttgart errichtet; damit hörte Tübingen auf, der Sitz des obersten Gerichts zu sein.III. Verschiedene Gebiete geschichtlicher Forschung.Adolf Friedrich von Mecklenburg-Strelitz, der sich mit großen Unkosten ein selbständiges Territorium
erstritten hatte, war nun genötigt, alle Mittel seines Fürstentums zur Dekkung seiner Schulden heranzuziehen.
Eine bedeutende Rolle spielte dabei der Holzhandel, dessen Grundlagen Solinger (
1219) darstellt. Die Formen der Waldverwertung wechselten. Eine Zeitlang
hatte der Herzog den Gebrüdern Grantz monopolartige Rechte über den Wald überlassen, der unter
Hintansetzung einer rationellen Forstwirtschaft nur nach den gewährten Rechten finanziell ausgenutzt wurde.
Ähnlich verfuhr der Landesherr bei seinen eignen ausgedehnten Holzgeschäften, wobei ihm noch die Dienste
seiner Bauern kostenlos oder billig für die Abfuhr aus dem Walde zur Verfügung standen. Nach
umständlicher Flößerei wegen des Zustandes der Flüsse und der Zollerschwerungen, die jedoch der
Herzog kraft seiner Stellung meist zu beseitigen vermochte, gelangte das Holz nach Hamburg, wo es ein Händler
für den Herzog vertrieb. Bei der Preisbildung waren die Transportkosten die wichtigsten Faktoren. -- Angeregt durch
die Arbeit von Krause über den Hafenort Warnemünde suchte Voß (
1220) der topographischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Hafens von
Rostock nachzugehen. Bereits um die Mitte des 13. Jhds. erhielt die Stadt Rostock, deren Verbindung mit dem Meere von
der Gründung an eine Lebensfrage war, die östlichen Mündungsgebiete der Warnow. Zwar machten die
Dänen zeitweilig der Stadt dieses Gelände streitig, doch war Rostock bereits 1323 im Besitz des ganzen
Mündungsgebietes. Mit Hilfe einer Karte sucht Voß die verschiedenen Vermutungen über die Ortslage des
ursprünglichen Hafens zu entkräften und seine Lage endgültig nachzuweisen. Erst 1420 wurde der Hafen nach
Warnemünde verlegt, nicht erst 1485, denn in diesem Jahre fand nur eine Verbesserung des Fahrwassers statt. Der
Rostocker Petriturm, der mit Unterstützung Friedrichs II. von Dänemark im Jahre 1579 errichtet wurde, gewann
auch für den Hafen große Bedeutung und leitete dessen Glanzzeit ein. -- Seit Einführung der Reformation
in Mecklenburg bildete in der kirchlichen Verwaltung das Land Stargard einen der 6 Kirchenkreise und ebenso Ratzeburg,
jedoch mit besonderer Selbständigkeit. In dieser Form gingen diese beiden Landesteile nach dem Vertrage von 1701 in
das neue Herzogtum Mecklenburg-Strelitz über, in dem der Schweriner Herzog infolge ungenügender Klärung
der kirchlichen Verhältnisse ein Mitwirkungsrecht besaß. Der Strelitzer Herzog mußte
naturgemäß auf völlige Trennung der kirchlichen Angelegenheiten bedacht sein, wobei ihm zustatten kam,
daß die Kirche nur zum Landesherrn, nicht zu den Ständen, welche körperschaftlichen Bildungen neben sich
abhold waren, in Beziehung
S.417 stand und daher leichter in den territorialen Behördenzusammenhang eingegliedert wurde. Blanck ( 1477) verfolgt diese kirchliche Entwicklung, die bald nach der Staatsgründung mit der Bildung eines eignen Konsistoriums für das Land Stargard einsetzt. Auch für Ratzeburg, das seit 1621 bereits ein eignes Konsistorium besaß, wurde ein neues bestimmt. Erst 1842 gingen dessen Befugnisse an das zu Neustrelitz über. Gemeinsam für beide Länder blieb bis 1919 das Obere Kirchengericht zu Rostock. -- Aus den Urkunden der Herzöge von Mecklenburg und auch der Grafen von Schwerin nimmt Grohmann ( 215) den Stoff zu einer quellenmäßigen Geschichte der mecklenburgischen Kanzlei, indem er den genannten Kanzleibeamten und den Ausfertigungsformeln nachgeht und dabei zeigt, wie aus der Kanzlei bis zum 16. Jhd. allmählich die wichtigsten Teile der modernen Verwaltung hervorgegangen sind. Die Betrachtung der Kanzlei im einzelnen und ihrer Arbeitsweise führt zur Besprechung der in der Kanzlei entstandenen Register (vgl. S. 103). -- Die Inventarisation der nichtstaatlichen Archive war nach dem Muster anderer Provinzen auch in Pommern bereits vor dem Kriege begonnen worden. Nach der Aufnahme der Kreise Greifswald, Saatzig und Pyritz war noch im Jahre 1914 die Arbeit im Kreise Demmin angefangen worden, bis der Kriegsausbruch die Fortsetzung hinderte. Die wiederkehrende Festigung der Verhältnisse hat auch diese wichtige Aufgabe in dem Arbeitsplan der neu organisierten Hist. Kommission einen sicheren Platz finden lassen. Das erste Ergebnis der Wiederaufnahme der Inventarisationen liegt für den Kreis Demmin von Bellée ( 65) vor. Entsprechend den überwiegend agrarischen Verhältnissen sind auch die noch auf dem Lande ermittelten Archivalien kirchliche und gutsherrliche Akten. -- Aus den Beständen der Univ.-Bibl. Greifswald unterzieht Luther ( 1599) einen Sammelband mit Zeitungen aus den Jahren 1636--1638 einer näheren Betrachtung, aus der hervorgeht, daß entgegen der bisherigen Auffassung nicht 1656, sondern bereits schon 1636 in Pommern Zeitungen hergestellt wurden, wodurch diese Reste an die ältesten in Deutschland überhaupt vorhandenen Zeitungen zeitlich nahe heranrücken. Von den beiden Zeitungsreihen des Sammelbandes läßt sich der »Bericht durch Pommern« mit Sicherheit, die andere Zeitung ohne Titel aber wahrscheinlich auf Stettin als Druckort zurückführen. -- Aus den Akten des Stettiner Staatsarchivs hat Stuckmann ( 1600) aus Anlaß des 175jährigen Bestehens der Stralsunder Zeitung und der Kgl. Regierungsbuchdruckerei den amtlichen Schriftwechsel herausgegeben, der in der Mitte des 18. Jhds. bei der Gründung des Unternehmens geführt wurde. Ebenfalls zum Abdruck gelangen die aus der gleichen Zeit stammenden Korrespondenzen über die durch Dähnert herausgegebene umfangreiche Sammlung der schwedischen Landesgesetze, die noch heute ein unentbehrliches Hilfsmittel bildet. -- Die Verzeichnung der Neuerscheinungen zur mecklenburgischen Geschichte setzte Strecker ( 32) fort und verzeichnet 213 Titel. Auch für Pommern ist die früher bereits gepflegte Zusammenstellung der Neuerscheinungen durch Ziegler ( 33) wieder aufgenommen und umfaßt die Jahre 1924--1926 auf 3½ Bogen. Die zweckmäßigere Ausgestaltung wird durch die Hist. Kommission f. Pommern vorbereitet, die auch eine Pommersche Bibliographie in Angriff genommen hat.IV. Rechts- und Wirtschaftsgeschichte.Die von der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde seit 1907 veröffentlichten Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der rheinischen Städte waren im Gebiet des Herzogtums Berg für die Städte Siegburg, Blankenberg und Deutz erschlossen worden. Da F. Lau seiner Geschichte der Stadt Düsseldorf ein umfangreiches Urkundenbuch beigegeben hatte und da für die Städte Lennep und Wipperfürth ein zu geringes Urkundenmaterial vorlag, blieb nur noch Ratingen aus dem genannten Gebiet übrig. Die Quellen dieser alten bergischen Stadt hat jetzt O. R. Redlich ( 1050) veröffentlicht, gewissermaßen als Ergänzung der 1926 erschienenen Stadtgeschichte (vgl. Jberr. 2, S. 596--597). -- H. Goldschmidt ( 1048) bietet mit der Geschichte des jülichschen Erbkämmereramts ein charakteristisches Beispiel dafür, wie schwierig, wenn nicht unmöglich es im alten deutschen Territorialstaat für den Landesherrn war, die Rechte des persönlichen Lehens wieder an sich zu ziehen, mochte deren Gewährung inzwischen auch längst ihre sachliche Berechtigung verloren haben. Die älteste der beigegebenen Urkunden gibt einen Überblick über die Tätigkeit des Erbkämmerers in der ersten Hälfte des 14. Jhds. Sein Wirkungskreis ging weit über das hinaus, was den Kämmerern anderer Territorien oblag. -- Das Buch von E. Rütimeyer ( 1047), das hier nur eben erwähnt werden soll, da es in anderm Abschnitt eingehender gewürdigt wird (vgl. S. 274), hat mit Recht größte Beachtung und Anerkennung gefunden. Von den hier behandelten sechs alten Römerstädten am Rhein kommt für uns nur Köln in Betracht. Auch hier zeigt sich wie in den andern Städten, daß es der Bürgerschaft im 12. und 13. Jhd. gelungen ist, die ursprünglich in der Hand des bischöflichen Stadtherrn liegenden Hoheitsrechte an sich zu bringen und damit allmählich die Stadt zu einem unmittelbaren Territorium innerhalb des Reichs zu machen. -- In der Stadt Köln wurden seit 1328 allgemeine Verordnungen in der Form einer »Morgensprache« von der Laube des Rathauses verkündigt. In dieser Form gelangte auch die jetzt von E. Kuphal ( 416) veröffentlichte Polizeiordnung vom 24. April 1623 zur Verkündigung, die insofern beachtenswert ist, als sie bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit Geltung behielt. C. Bayerische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.Der Vortrag von Max Leyh (
55) über die Organisation und die Aufgaben des Bayerischen Kriegsarchivs
ist auf dem Deutschen Archivtag zu Speier 1927 einem größeren Gelehrtenkreis bereits bekannt geworden. Er
zeichnet ein erfreuliches Bild vom Werden des aus Ruinen im vollen Sinn des Wortes in schwerster Zeit mühsam
aufgebauten Bayerischen Kriegsarchivs, das heute in vieler Hinsicht, nicht zuletzt durch die ausgezeichnete,
reichhaltige Lichtbildersammlung aus dem Weltkrieg von den entferntesten Kriegsschauplätzen, als mustergültig
bezeichnet werden kann. Der Rundgang durch die einzelnen Abteilungen des Kriegsarchivs beantwortet kurz die Frage des
Forschers: Was finde ich im Bayerischen Kriegsarchiv? -- O. Riedners (
765) Artikel über König Ludwig I. von Bayern und die Pfalz
-- zunächst als Vortrag gehalten -- bietet einen aufschlußreichen Überblick über die zunächst
guten Beziehungen, welche Ludwig in seinen Pfälzer Jugendjahren zur Rheinpfalz natürlicherweise pflegte,
über seine bitteren Erfahrungen im Napoleonischen Zeitalter und seinen daraus geborenen Haß gegen die
französischen Bedrücker. Die Auswirkungen des Wiener Kongresses für die Pfalz, die Sponheimer Frage und
die daraus sich ergebende Spannung zwischen Bayern und Baden werden, soweit es der knappe Rahmen gestattet, kurz
behandelt. Die revolutionäre Bewegung der beginnenden dreißiger Jahre löste bei Ludwig I. schwere
Verstimmungen gegen die Pfalz aus. Daß Riedner die Wiederanknüpfung inniger Beziehungen des Königs nach
1848 nicht vergessen hat, sei hervorgehoben. Gerade diese Zeit hat alte Wunden geheilt und die alte Neigung vertieft und
verklärt. -- Drei mehr wirtschaftsgeschichtliche Arbeiten Münchner und Erlanger Doktoranden bringen zwar keine
außergewöhnlich weittragenden Ergebnisse, verdienen jedoch Beachtung. Die Arbeit von A.
Heßler (
1185) geht aus von der politischen Lage Nürnbergs in der ersten
Hälfte des 16. Jhds. und versucht einen kurzen Querschnitt durch die Zeit bis zum Beginn des 19. Jhds. Er
übernimmt hierbei die bisher üblichen Urteile, auch den Irrtum, daß der Dreißigjährige Krieg
der Stadt so tiefe Wunden schlug, daß sie sich nicht mehr ganz davon erholte. Ich habe in meinem eben erschienenen
Werk über Nürnberg und die reichsstädtische Außenpolitik diese Meinung richtiggestellt, kann es mir
daher ersparen, auf alle die Gründe, welche wirklich den Niedergang der Nürnberger Wirtschaft
brachten, nochmals einzugehen. Hier also befährt H. alte Gleise. Wertvoll wird die Dissertation dagegen beim
eigentlichen Thema. Die naturgegebene Einteilung in zwei Kapitel: I. Handwerk und Industrie, II. Handel und Verkehr
bringt Ordnung in das an sich Unübersichtliche der Entwickelung -- letzteres ist nicht Schuld des Verfassers. Es
ist wirtschaftsgeschichtlich lehrreich zu verfolgen, wie
S.500 diese heruntergekommene Stadt ganz langsam, aber doch folgerichtig unter dem Schutz des Königreichs Bayern sich zu neuer Blüte anschickte. Vor allem möchte ich darauf hinweisen, wie diese Stadt, welche, wie ich gezeigt habe, durch ihre engstirnige Wirtschaftspolitik und infolge der Großzügigkeit des benachbarten Landesherrn die besten Wirtschaftskräfte hinausgetrieben hatte, nun allmählich einen rückläufigen Aufsaugungsprozeß zu vollziehen vermochte, wie H. überzeugend nachweist. -- Die zweite wirtschaftsgeschichtliche Arbeit von L. Hümmert ( 1486) befaßt sich in ihrem Hauptteil mit dem Verhältnis der maßgebenden jüdischen Bankiers und Heereslieferanten zum bayerischen Staat in den beiden ersten Jahrzehnten des 19. Jhds. Ein sehr kurzer Überblick von vier Seiten gilt sodann den ersten drei Jahrzehnten des bayrischen Verfassungs staates (1818--1848). Aus dem Ganzen ergibt sich, daß für das Napoleonische Zeitalter die Behauptung Sombarts richtig ist, daß die Juden die einflußreichsten und leistungsfähigsten Geldgeber und Heereslieferanten der Fürsten waren. Die Dissertation kann zwar nicht beweisen, daß das Judentum eine überragende Bedeutung für die Entwickelung des modernen Staates in Bayern hatte, sie zeigt aber, ohne es unmittelbar zu beabsichtigen, wie das jüdische Großkapital vom ersten Augenblick der Emanzipation des Judentums an allmählich, und zwar jeweils durch die ihm besonders günstigen Konjunkturen der Zeiten großer Kriege oder innerer Unruhen Einfluß auf den Staat zu gewinnen suchte und wußte. -- Die dritte Arbeit von A. Popp ( 1181) handelt von der Entstehung der Gewerbefreiheit in Bayern. Gemeinwohl und Eigeninteresse stehen sich scheinbar im Wege. Und doch ergänzen sie sich gegenseitig. Es gab eine glücklichere Zeit, als gesicherte Lebensbedingungen diesen Gegensatz zurücktreten ließen. In der Zeit des politischen und wirtschaftlichen Niedergangs mußte der Konflikt mit dem Staat eintreten. Die Hauptursachen dieses Kampfes untersucht Popp nicht für die gesamten Fragen der Wirtschaft, sondern für einen Teilausschnitt, der aber immerhin von weitreichender Bedeutung war für das Gewerbe, und zwar auf altbayerischem Boden bis 1806, für das rechtsrheinische Bayern sodann bis zum Übergang der bayerischen Gewerbegesetzgebung auf das Deutsche Reich. Der historische Überblick über die Zeit bis 1806 bringt keine wesentlich neuen Ergebnisse; der Verfasser begnügt sich mit 42 Seiten für die Entwickelung von der Urzeit bis zum Beginn des 19. Jhds. Immerhin ist diese Übersicht, die sich auf die maßgebende Literatur und auf vereinzelte wichtige Reichstagsabschiede stützt, eine brauchbare Einführung. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Zeit von 1799 bis 1871. Die historischen Urteile halten sich, soweit sie generell gefaßt sind, meist in den hergebrachten, nicht immer richtigen Bahnen. Wo der Verfasser aber neues Material verarbeitet, hat er sich ein Verdienst erworben.V. Rechts- und Verfassungsgeschichte.Aus der durch Otto
H. Stowassers Buch »Das Land und Herzog« angeregten Diskussion über die Entstehung der Landeshoheit in
Österreich ist K. Lechners Studie über die Grafschaft Raabs entstanden (
280). In Fortführung seiner prinzipiellen Aufstellungen über
Grafschaft, Mark und Herzogtum (vgl. Jberr. 1926, S. 383) die dem Beweis der Existenz geschlossener Grafschaften im 12.
und 13. Jhd. galten, sucht L. nun in einem konkreten Beispiel diese Behauptungen zu erhärten. Er zeigt an der im
Nordwesten Niederösterreichs gelegenen Grafschaft Raabs, daß sich hier seit dem Ausgang des 11. Jhds. eine
»reichsunmittelbare« Grafschaft entwickelt hatte, die erst nach ihrer Teilung von den österreichischen
Landesfürsten erworben
S.510 wurde, die östliche Hälfte zu Beginn, die westliche am Ausgang des 13. Jhds. Aber auch in der Folge lassen die Quellen eine Sonderstellung dieses Gebietes als »Annex« des Landes Österreich erkennen. -- Die Dissertation von von K. Stolz, Die Wiener Nahrungs- und Genußmittelpolitik im MA. ( 1118) ist eine fleißige, wenn auch nicht ganz vollständige Materialsammlung. Neben einigen groben Mißverständnissen, die vor allem das Gebiet des städtischen Finanzwesens betreffen, wird man der Anfängerarbeit ein einigermaßen naives Werturteil über ma.liche Wirtschaftspolitik zugute halten müssen. -- Aus den Vorarbeiten zu einer Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark, die inzwischen erschienen ist, hat Anton Mell eine Untersuchung über das Steirische Weinbergrecht und seine Kodifikation im J. 1543 vorgelegt ( 1119). Der Verfasser, dessen Beiträge zur österreichischen Agrargeschichte des ausgehenden MA. und der frühen Neuzeit zu dem Besten zählen, was auf diesem Gebiete gearbeitet worden ist, gibt einleitend eine Geschichte des steirischen Weinbergrechtes, das in Urkunden seit 1329 ausdrücklich genannt wird. Im Unterschied zur sonstigen Zersplitterung bäuerlicher Rechte und im Unterschied auch zur Entwicklung in den Nachbarländern hat sich in der Steiermark im späteren MA. ein gewisses Landesrecht in Weinbergssachen gewohnheitsrechtlich herausgebildet, von dem eine Anzahl privater Aufzeichnungen des 15. Jhds. Kunde gibt. Das seit dem ausgehenden 15. Jhd. sich durchsetzende Dingen der Grundholden an den Landesherrn führt zur Ausbildung eines landesfürstlichen Gerichtes in Weinbergsachen, dem der herzogliche Kellermeister vorsteht. Trotzdem scheint sich um 1500 ein Zerfall des einheitlichen Weinbergrechtes in der Praxis verschiedener Herrschaften angebahnt zu haben. Das war der Grund, der den steirischen Landtag zu einer amtlichen Kodifikation veranlaßte, die nach langjährigen Verhandlungen von Ferdinand I. 1543 bestätigt wurde. Eine sorgfältige Edition des Weinbergrechtes 1543 beschließt die wertvolle Arbeit A. Mells.III. Rechts- und Verfassungsgeschichte.Eine praktische Zusammenfassung der bernischen Rechtsgeschichte
enthält das Buch von Rennefahrt (
1044). Unter sorgfältiger Verarbeitung der sehr ausgedehnten
Einzelliteratur bietet er zunächst einen Abschnitt über die Rechtsquellen, dann schildert er die
Staatsgeschichte Berns, d. h. das allmähliche
S.516 Herauswachsen der Stadt Bern zum Stadtstaate mit ausgedehntem Herrschaftsgebiet. Besonders schätzbar ist der auf S. 45--46 dargestellte Überblick über die Rechtsentwicklung des heutigen Berner Jura bis zur französischen Revolution (durch die Verträge des Wiener Kongresses wurde dieses Gebiet, zum größten Teil einst im Besitz des Fürstbischofs von Basel, dem Kanton Bern zugeteilt). Ein weiterer Abschnitt beschlägt die Rechtsquellen, sodann folgt ein umfangreicher Abschnitt über die Rechtsordnung vom 13. Jhd. bis zur französischen Revolution (Wehrwesen, Gerichtsbarkeit, Verwaltung der nutzbaren Rechte, religiös-sittliche Aufgaben des Landesherrn seit der Reformation; Vogteiherrschaft und Grundherrschaft).V. Quellenausgaben.Einem kleinen Aufsatz über die Geschichte des Orts Ossogne bei Philippeville hat Roland ( 34) drei Urkunden von 1119, 1280 und 1281 beigegeben, deren älteste, übrigens nicht unverdächtige, schon 1900 bei Prou et Vidier, Recueil des chartes de l'abbaye de Saint-Benoit-sur-Loire gedruckt ist. -- Zwölf Testamente aus St. Gudula zu Brüssel, die Lefèvre ( 35) mitteilt, sind aus den Jahren circa 1230--1293 und rühren meist von Geistlichen her. Das eines Löwener Kanonikers von 1286 nimmt 11 Druckseiten ein; es ist außer von den Exekutoren von Herzog Johann als Landesherrn und je zwei Schöffen von Brüssel und Löwen besiegelt und nimmt am Schluß auf die Lex Falcidia Bezug. --Erens ( 36) veröffentlicht die Urkunden des Prämonstratensernonnenklosters St. Catharinendal zu Breda, das später nach Oosterhout verlegt wurde, 116 Urkunden und Regesten aus den Jahren 1271--1386: Urkunden der Herren von Breda, Papstbriefe von 1285 und 1314, Schöffenbriefe, Notariatsinstrumente und Testamente. --Brouwers ( 37) bringt vier Urkunden zur Geschichte der Beginen in Dinant aus den Jahren 1229--1312 und vier andere Urkunden aus Dinant aus den Jahren 1474--1526. Die Verslagen omtrent's Rijks oude archieven über das Jahr 1927 ( 38) enthalten eine Reihe von Archiv-Inventaren mit Urkundenregesten. Aus den Cistercienserklöstern Mariencroon und Mariendonck in und bei Heusden sind aus den Jahren 1320--1506 fast 600 Urkunden verzeichnet, größtenteils Schöffenbriefe aus Heusden in niederländischer Sprache, ferner lateinische Schöffenbriefe aus 's-Hertogenbosch, drei vom Pfarrgeistlichen aufgesetzte Testamente von 1473/74, Notariatsinstrumente, Urkunden des Hofes von Holland und anderes. Sehr geringfügig sind die ma.lichen Bestände des Gemeinde-Archivs der alten Stadt Tiel, das durch Verwahrlosung große Verluste erlitten hat; das Inventar verzeichnet aus den Jahren 1254--1506 nur 84 Urkunden. Das Gemeinde-Archiv von Ommen besitzt u. a. fünf bischöfliche Stadtrechtsprivilegien von 1248, 1343, 1346, 1381, 1495, die aber teilweise nur in Nachzeichnungen vermutlich des 17. Jhds. vorhanden sind. --Obreen ( 39) bringt, seine Veröffentlichung von zeeländischen Urkunden des 13. Jhds. (vgl. Jb. 1926, S. 678) fortsetzend, 21 weitere Stücke aus den Jahren 1244 bis 1282, darunter eine bemerkenswerte, Krabbendijke betreffende wasserrechtliche Entscheidung des Grafen Florens V. von 1279, deren Text aber verbesserungsbedürftig ist. --Enklaar ( 40) bringt 17 Urkunden und Regesten aus den Jahren 1349--1523 zur Geschichte der spätma.lichen Ministerialität des Bistums Utrecht, und aus den Jahren 1459--1495 5 Urkunden des Bischofs David von Utrecht, welche die landesherrliche Forstverwaltung betreffen. 5. Rechtsgeschichte, insbesondere Verfassungsgeschichte,Kaum geringere Bedeutung als sein Buch hat für die
Geschichte des nordostdeutschen Koloniallandes die großzügige Revision der bisher herrschenden Anschauungen
über die Grundlagen und die Entwicklung der ältesten Landessteuern in Polen, die O. Balzer in
das Gewand einer umfangreichen Monographie über das vielerörterte, aber bisher nicht richtig gedeutete
Institut des »narzaz« gekleidet hat (
14): auch der überaus fesselnden, auf umfassende Heranziehung von
Vergleichsmaterial aus allen Teilen der slavischen Welt gestützten Beweisführung des Meisters der polnischen
Verfassungsgeschichte können wir an dieser Stelle nicht einmal in weitestem Abstande folgen. Heben wir nur heraus,
daß es Balzer gelingt, nachzuweisen, daß der in entsprechenden Varianten auch in pommerschen
und böhmischen Urkunden verwandte Terminus »narzaz« nicht, wie die Mehrzahl der Forscher bisher annahm,
als »narzeź«, d. h. »zur Schlachtung (sc. bestimmtes Vieh)« zu erklären ist, sondern
»die Kerbe« (lat. urkundlich »incisio«) bezeichnet, durch deren Anbringung auf einem Kerbholz,
dem in Gebieten primitiver Kultur weit verbreiteten Zählmittel, die Entrichtung der Abgabe verbucht und
kontrolliert wurde; auf die ungemein aufschlußreichen Ausführungen über die mannigfachen Arten der
Bezeichnung der verschiedenen Abgaben und Dienstleistungen für den Landesherrn, ihre Entwicklung und ihr
Verhältnis zu den Instituten selbst, die zu dem Besten gehören, was uns die vergleichende slavische
Rechts- und Sprachgeschichte zu bieten hat, können wir nur hinweisen. Am wichtigsten sind die Ergebnisse des Buches
für die Kenntnis der allgemeinen Grundlagen der altslavischen Wirtschaftsverfassung, die Balzer bei
seinem Bemühen, den Inhalt jenes terminus allseitg zu erfassen, gewinnt: daß er eine in Haustieren (je nach
Zeit und Ort in Schweinen, Schafen, Kühen, Ochsen und Pferden) geleistete Abgabe bezeichnet, besagen die Quellen
deutlich. Der altertümliche Charakter der Bezeichnung läßt auf das hohe Alter des Institutes selbst
schließen: die Verfolgung dieses Gedankens führt zu dem Nachweis, daß nicht nur den Viehabgaben ein
höheres Alter zukommt als den Steuern mit anderweitiger Leistungsform (Geld und ungemünzte Tauschmittel, wie
namentlich Tierfelle, aber auch Honig und vor allem Getreide), sondern auch die Viehzucht in der altpolnischen und
überhaupt
S.565 der altslavischen Wirtschaftsordnung eine bevorzugte Stellung gegenüber den anderen Zweigen der Urproduktion, insbesondere auch gegenüber dem Ackerbau, einnahm und recht eigentlich die Grundlage des Haushaltes der Landesherren, der Magnaten und der bäuerlich wirtschaftenden Bevölkerung bildete. Bei der Untersuchung der Frage, welche von den verschiedenen Haustiergattungen, die von den Quellen als Gegenstand der narzaz-Abgabe bezeichnet werden, zur Zeit ihrer Entstehung als Grundlage der Besteuerung in Betracht kam, ergibt sich dann weiter die Feststellung, daß nur die Schweinezucht im ältesten polnischen und slavischen bäuerlichen Wirtschaftsbetrieb so allgemein und intensiv gepflegt wurde, daß ihr Ertrag einer jährlich sich wiederholenden, den Viehbestand jedes einzelnen Bauernhofs in Mitleidenschaft ziehenden Abgabenerhebung unterworfen werden konnte. Schaf- und Rinderzucht -- von der Pferdezucht, die in der bäuerlichen Wirtschaft nie eine bedeutende Rolle gespielt hat, ganz abgesehen -- entwickeln sich erst später, ohne aber, auch noch im 13. Jhd., die Nahrungsgrundlage der großen Masse der Bevölkerung zu bilden. Verhältnismäßig spät erst und zunächst nur in schonender Weise kann ihr Ertrag der Besteuerung unterworfen werden. Wie dann die Ausdehnung des ursprünglich nur als Schweineabgabe zu betrachtenden narzaz auf die übrigen Haustiergattungen erfolgte, einerseits zum Ersatz für die Einbußen, die der landesherrliche Haushalt durch die im beginnenden 13. Jhd. den polnischen Herzögen abgerungene Befreiung der Kirchengüter von den althergebrachten Abgaben erlitt, andererseits unter dem Einfluß der allgemeinen Umgestaltung der Wirtschaftsverfassung durch die deutschrechtliche Kolonisationsbewegung, durch die in den landesherrlichen Eigenwirtschaftsbetrieben die Viehproduktion in den Hintergrund gedrängt wurde, wie aber mit dieser Ausdehnung der Steuerwirkung die Abschwächung ihrer Stoßkraft durch den Anstieg der ihr widerstrebenden Kräfte Hand in Hand ging, so daß die Viehsteuer wie die übrigen Glieder der altpolnischen Abgabenverfassung ihre Lebenskraft längst verloren hatte, als sie durch das Kaschauer Privileg von 1372 für den Bereich des damaligen polnischen Staates abgeschafft wurde (außerhalb seiner Grenzen, etwa in Pommerellen und im Kulmerland, blieb sie bestehen), -- alles das wird von Balzer in unübertrefflich scharfsinniger, tiefschürfender Erörterung dargestellt. Seine weitausholende Untersuchung hat für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des gesamten slavischen Siedlungsraums -- und damit auch für die vorkoloniale Geschichte des heutigen östlichen Deutschlands -- epochemachende Bedeutung: was einst J. Peisker in seinen scharfsinnigen und geistvollen, aber durch ihre Einordnung in sein völlig subjektives Bild des Gesamtablaufs der älteren slavischen Geschichte der Nachprüfung an der Hand der Quellen nicht standhaltenden wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Erörterungen erstrebt hatte, das ist Balzers nüchterner, streng quellenmäßiger Forschungsarbeit gelungen -- die grundlegende Revision unsrer Anschauungen über die älteste slavische Wirtschaftsverfassung. Der richtige Kern, den Peiskers Theorien enthielten, ist durch Balzers von ihnen völlig unabhängige Beweisführung zum gesicherten Gewinn der Wissenschaft geworden. Im einzelnen bringt sein Buch eine Fülle wichtiger und anregender Bemerkungen zu den verschiedensten Problemen der älteren westslavischen Rechts- und Sozialgeschichte.5. Rechtsgeschichte, insbesondere Verfassungsgeschichte,Noch ein drittes Buch verfassungsgeschichtlichen Inhalts darf das Interesse
S.566 des Historikers des ostdeutschen Koloniallandes, vor allem Schlesiens, in höchstem Maße für sich in Anspruch nehmen: Z. Wojciechowskis Schrift über das »ius militare« in Polen bis zu den Statuten Kasimirs des Großen ( 237). Ein Teil der Vertreter der früheren Forschung hatte die Anschauung entwickelt, daß der in den polnischen (und schlesischen) Urkunden seit dem 13. Jhd. häufig zur Kennzeichnung einer bestimmten Art des Grundbesitzes und der mit ihr verbundenen Rechte verwandte Terminus »ius militare« als Zeugnis einer (älteren) Rechtsordnung zu betrachten sei, unter deren Herrschaft der Landesherr seinen Kriegern Land als Gegenleistung für ihren Heeresdienst zunächst widerruflich und auf begrenzte Zeit verliehen habe: in einer solchen Rechtsordnung konnte man dann eine, wenn auch nicht vollständige, Parallele zu dem fränkischen Lehnrecht sehen. Diese Anschauung ist dadurch, daß sie in Kutrzebas Grundriß der Verfassungsgeschichte Polens (vgl. Jberr. 2, S. 717) Aufnahme gefunden hat, zum Gemeingut auch der deutschen, namentlich der schlesischen Forschung geworden. Wojciechowski unternimmt es, sie streng an Hand der Quellen nachzuprüfen; dabei ergibt sich, daß die im 13. Jhd. unter dem Sammelbegriff des ius militare zusammengefaßten Berechtigungen aus fünf Elementen bestehen: dem erblichen Grundeigentum, dem Anspruch auf das erhöhte Ritter-Wergeld und auf die Totschlagsbuße der Hintersassen, dem Recht auf die qualifizierte, sog. freie Zehntleistung, der wirtschaftlichen und gerichtlichen Immunität in reiner Form oder in der Gestalt der Berechtigung zur Besiedlung des Grundbesitzes zu deutschem Recht, der Befreiung der Ritter von der Gerichtsbarkeit der landesherrlichen Beamten und ihrer unmittelbaren Unterstellung unter das Gericht des Landesherrn. Zieht man einen weiteren Kreis von Quellen heran, in denen der Terminus ius militare zwar nicht verwandt wird, die sich aber zweifellos auf seinen Inhalt beziehen, so kommt als sechster Punkt eine gewisse Einschränkung der unbedingten Heeresfolgepflicht häufig hinzu, meist in der Form der Zuerkennung eines Soldes für die Kriegsdienstleistung außer Landes. Wojciechowski kann feststellen, daß die Zusammenfassung dieser Elemente zu dem Begriff der ius militare ebenso wie die Entstehung der Elemente 4--6 zweifellos erst im 13. Jhd. erfolgt ist. Die Elemente 1--3 sind älteren Ursprungs: von ihnen besitzt das Grundeigentum grundlegende Bedeutung: zwar kann es in vielen Fällen auf landesherrliche Verleihung zurückgeführt werden, in anderen Fällen aber ist es vorstaatlichen Ursprungs. Eine ausdrückliche Belastung des Grundeigentums mit der Kriegsdienstverpflichtung ist weder bezeugt noch anzunehmen, wohl aber war die Heeresfolge selbstverständliche Pflicht der in den Genuß des ius militare tretenden Grundeigentümer. Von einer auch nur teilweisen Gleichstellung des ius militare mit dem Lehenrecht wird man infolgedessen absehen müssen. Von einer weiteren Verfolgung der Gedankengänge des Verfassers, die eine ganze Reihe wichtiger rechtshistorischer Probleme (Gesamteigentum der Rittergeschlechter und seine Auflösung, Formen und Ausdehnung der Immunität, Entstehung der grundherrschaftlichen Rechte) immer auf Grund umfassendster Quellenkenntnis anschneiden und fördern und namentlich auch wichtige Beiträge zur Würdigung der rechtlichen Bedeutung der deutschrechtlichen Siedlung in Polen enthalten, sowie von der Wiedergabe auch nur des allerwichtigsten Inhaltes des Teiles seiner Untersuchung, der die Bildung der geschlossenen adligen Geburtsstandes in Polen im späteren MA. behandelt, müssen wir an dieser Stelle absehen: erfreulicherweiseS.567 dürfen wir mit dem baldigen Erscheinen einer deutschen Übersetzung rechnen.1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1929§ 29. Territorialverfassung und StändestaatDie Abhandlung Hintzes kann ihren vollen Nutzen der Forschung nur dann bringen, wenn
künftige Monographien über ständische Verfassung die entscheidenden, von ihm und anderen angeregten
Fragen (z. B. die Bedeutung des Magnum consilium bzw. des »geschworenen Rates« der deutschen Territorien
»als Vorstufe« der ständischen Verfassung) aus gründlichem Quellenstudium zu klären suchen,
wie es beispielsweise Martin Haß in mustergültiger Weise getan hat. Die Abhandlung von E.
Paulus (
1393) gibt zu allgemeinen Erörterungen weniger Anlaß, weil sie
lediglich den Übergang vom Lehnstaat zum Ständestaat in der Oberlausitz bis zum Thronwechsel des Jahres 1319,
in dem Ritterschaft und Städte erhöhte Bedeutung für die ständische Entwicklung gewinnen, darstellen
will. Dagegen geht die im übrigen verdienstliche Monographie Anton S.329 Brunners über die Vorarlberger Landstände bis zum Beginn des 16. Jhds. ( 1363) der Erörterung wesentlicher prinzipieller Fragen aus dem Wege. Es genügt nicht, die bloße Tatsache zu erwähnen, daß ein Gesetzgebungsrecht der Stände nicht existiert habe, und die Vorarlberger Landstände ohne nähere Begründung und Angaben irgendwelcher Quellen einfach als Vertreter des Landes und Volkes (!) zu bezeichnen. Das Vertretungsproblem hätte sich an den Besonderheiten der Vorarlberger Landstände besonders eindrucksvoll erörtern lassen. Die Eigenart der Vorarlberger Landstände besteht darin, daß der Landtag sich hier nicht, wie in anderen österreichischen Ländern, aus Adel, Geistlichkeit und Städten, sondern von Anfang an nur aus Vertretern der Städte und freien bäuerlichen »Gerichte«, d. i. Gemeinden, zusammensetzte. Adel und Geistlichkeit gehörten dort niemals zu den politisch berechtigten Ständen -- die Bezeichnung »Dreikuriensystem« paßt also auf die Vorarlberger Verhältnisse nicht. Seit 1541 entwickelte sich der von Landeskommissären geleitete, nur zweimal (1573 und 1620) in Anwesenheit des Landesherrn abgehaltene Ständetag zur bleibenden Institution. Die Stände verhandelten Angelegenheiten des engeren Heimatlandes ganz unabhängig von jedem Einfluß der Regierung auf freien ständischen, von ihnen selbst ausgeschriebenen Zusammenkünften; sie schufen zur Verteilung und Aufbringung der steuerlichen und militärischen Leistungen einen ständischen Verwaltungsapparat mit eigenen Beamten und wußten ihre um 1573 zum Höhepunkt gediehene Machtstellung trotz des im dreißigjährigen Kriege beginnenden Niederganges »der Regierung gegenüber im wesentlichen« bis zum Beginn des 18. Jhds., länger als die Stände aller übrigen österreichischen Länder, zu wahren.§ 29. Territorialverfassung und StändestaatDie Entstehung der
Landesherrlichkeit ist im Berichtsjahre ergiebiger nur von Otto Stolz (
1368) in einer Kritik über P. Valèrs Züricher Dissertation
(»Die Entwicklung der hohen Gerichtsbarkeit und die Ausbildung der Landeshoheit im Unterengadin«, Chur 1927;
vgl. Jberr. 1927 S. 627) behandelt worden. Den Ergebnissen Valèrs, der als erklärter Anhänger der
grundherrlichen Theorie die Rechtstellung der tiroler Landesfürsten im Unterengadin nicht auf eine alte
Grafengewalt, sondern auf Erweiterung grundherrlicher Rechte zurückführen und damit beweisen will, »von
welch eminenter Bedeutung die Grundherrschaft für die Ausbildung der Landeshoheit« gewesen sei (vgl. P.
Valèr S. 41), stellt St. seine abweichende, m. E. wohlbegründete Ansicht zusammenfassend mit folgenden
Worten gegenüber: »Die Landeshoheit der Grafen von Tirol ist in ihrem ganzen Gebiete, das durch Vereinigung
verschiedener Grafschaften des ehemaligen bayrischen Stammesherzogtums und in lehnrechtlicher Abhängigkeit von den
Hochstiften Trient und Brixen zusammengewachsen ist, eben aus der alten Grafschaftsgewalt hervorgegangen, hat diese zur
rechtlichen Voraussetzung und Grundlage gehabt. Letztere wäre aber doch nicht dauernd zur Geltung gekommen, wenn
nicht der neue Landesherr stets darnach getrachtet hätte, der größte Grundherr und
Grundgültenbesitzer in seinem Gebiete zu werden« (S. 447); die landesfürstliche Gewalt »bedurfte
der Grundherrschaft als einer materiellen Stütze ihrer Entwicklung.« Mit Recht bemerkt Stolz, die Entwicklung
der »Landeshoheit« sei in Tirol, »wie in anderen deutschen Landesfürstentümern gegen Ende
des 13. Jhds. zum Abschluß«
S.331 gekommen; nur scheint mir die Bezeichnung Landeshoheit anstößig zu sein. Leider wird noch immer nicht zwischen »Landesherrlichkeit« und »Landeshoheit« scharf geschieden und dadurch das rechte Verständnis der Verfassungsentwicklung verdunkelt. Der dingliche Charakter, den die »Landesherrlichkeit« im 12./13. Jhd. unter dem Einfluß des Lehnwesens angenommen, verwandelte die Staatsgewalt in ein lehnbares Eigentum, das geteilt und veräußert werden konnte. Je ausschließlicher das Lehnrecht in seiner eigentümlichen Entwicklung zur Geltung kam, um so mehr verlor man den staatsrechtlichen Gesichtspunkt aus den Augen. An Stelle der im 12./13. Jhd. aus der Erblichkeit des Lehens entstandenen Landesherrlichkeit erhob sich seit dem 14./15. Jhd. in der »Landeshoheit«, d. i. in der ihrem Wesen nach einheitlichen, unteilbaren, unveräußerlichen obrigkeitlichen Gewalt, ein ganz neues Prinzip, das mit Hilfe des römischen Rechts die im Eigentumsbegriff fast untergegangene Staatsidee, Einheit und Ordnung wiederherstellte. Die Landeshoheit suchte im Kampf mit den schädlichen Wirkungen des Lehnrechts eine starke, in sich selbst ruhende fürstliche Gewalt, die staatliche Einheit wieder aufzurichten und führte damit das Fürstentum aus dem Niedergange heraus, in den die »Landesherrlichkeit« durch die vom Lehnwesen begründete privatrechtliche Auffassung geraten war. Vgl. O. v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd. 1, S. 297, 535, 536, 650, Bd. 2, S. 856, 857. -- Die seit Entstehung der Landeshoheit beginnende Entwicklung des modernen Staatswesens mit seinem Anspruch auf Gebietshoheit wird von O. Prausnitz ( 1344) an dem Schicksal der »feuda extra curtem«, d. i. der Lehen, »die ein Landesherr in den Territorien eines anderen Landesherrn vergibt« (feuda extra territorium), mit besonderer Berücksichtigung der brandenburgischen Lehen in Österreich für den Zeitraum vom 14. bis zum 19. Jhd. veranschaulicht, indem er in drei Abschnitten »die Entwicklung der feuda extra curtem« (die historischen und juristischen Grundlagen für das Bestehen der Außenlehen), ferner »das Recht der feuda extra curtem und die Aushöhlung des Lehnrechts durch das Staatsrecht« (die Kollisionen zwischen Lehnsherrn und Landesfürsten auf richterlichem, legislativem und konfessionellem Gebiet) und endlich den »Untergang der feuda extra curtem« darstellt. Der »Zusammenstoß zwischen Lehnrecht und Staatsrecht« erfolgte im 16. Jhd.; damals begannen die Landesfürsten, den Einfluß der fremden Lehnsherren im eigenen Lande mehr und mehr zu beseitigen, die als Fremdkörper empfundenen Außenlehen mit dem Lande, in dem sie lagen, zu verschmelzen und sich die volle Gebietshoheit zu sichern. Aber lange währte es noch, bis die feuda extra curtem »in die Sphäre des Privatrechts herabgedrückt« wurden; der endgültige Austausch der Lehen zwischen Brandenburg und Österreich war erst 1828 beendet. Sieben am Schluß beigefügte Exkurse geben auf Grund der Austauschakten des preußischen Justizministeriums einen Überblick über die Außenlehen, die Preußen in Sachsen, Braunschweig, in den Niederlanden, Schwarzburg, Schaumburg-Lippe, Hessen, Anhalt und die letztgenannten sieben Staaten in Preußen besessen haben.Staats- und Rechtsverhältnisse.In staatliche Verhältnisse früherer Zeiten führt die
Untersuchung von Blank (
1437) über die Freischulzen, die ursprünglich die Dorflokatoren in
der Kolonisationszeit gewesen waren. Daraus hatten sie eine besondere Beziehung zum Grundherrn erhalten. Durch den
Dreißigjährigen Krieg, die Wirtschaftsveränderungen besonders im 18. Jhd. und schließlich die
Allodifikationsgesetze der Gegenwart sind sie erst allmählich und dann ganz verschwunden. Früher aber gab es
ein festes Lehnsverhältnis zwischen ihnen und dem Lehnsherrn, das unter Darlegung der beiderseitigen Rechte und
Pflichten anschaulich geschildert wird. -- Für ein Land am Meere wird immer die Untersuchung der
Rechtsverhältnisse am Strande von Wert sein. Willert (
1384) stellt in dieser Frage für Mecklenburg fest, daß die
staatlichen Hoheitsrechte bei Rostock eine Einschränkung erfahren, weil dieses bereits im MA. Recht am Strand
erworben hatte. Sonst hat der Landesherr die Ansprüche von Grundherren am Strande höchstens als Strandnutzung
S.456 gestattet. Diese erfolgt heute nach Gemeingebrauch (Jagd, Fischerei, Badebetrieb u. a.), worüber die Polizei die Aufsicht übt. Daneben wird noch die besondere Nutzungsverleihung durch eine Behörde und die Gebrauchserlaubnis durch die Polizei erörtert. Die Arbeit trägt überwiegend juristischen Charakter und berührt nur gelegentlich die historische Entwicklung. In der Streitfrage über die Hoheitsrechte in den Gewässern der Lübecker Bucht bei Travemünde werden die immer noch weiter veröffentlichten Gutachten kaum noch geduldige Leser finden. Hier folgt jedoch nach dem 4. und 5. (Schluß-)Teil des Rörigschen ( 1385) Gutachtens ein Abdruck des im Juli 1928 gefällten Urteils des Staatsgerichtshofes. In ihm werden nach Aufzählung aller Gutachten und Beweisstücke für den Prozeß und den Nachweis der Zuständigkeit des Gerichts die Streitpunkte dahin entschieden, daß in dem strittigen Gewässer die Fischereihoheit und Schiffahrtshoheit Lübeck zusteht unter einem Mitbefischungsrecht der Mecklenburger Fischer. Bemerkenswert ist, daß die umfangreichen Erörterungen über die Lage der Travemünder Reede in den Gutachten nach Ansicht des Gerichts nicht »anreichende Klarheit« gebracht haben. Eine andere Rechtsfrage ist für ein landwirtschaftliches Land wie Mecklenburg das Jagdrecht. Köster ( 1539) untersucht seine Entwicklung für die Rostocker Heide, in der die Ausübung dem Rate zustand. Darüber werden zahlreiche Einzelheiten vom 16. Jhd. an mitgeteilt, und außerdem noch verschiedene Sonderrechte, wie das Jagerablager, das Recht der Folge und die Vorjagd, die als besondere Freiheiten des Landesherrn z. T. bis in die Neuzeit Geltung hatten, erörtert. Weiterhin gibt der Verfasser in zwangloser Reihe allerlei Erfahrungen und Betrachtungen aus seinem langen Berufsleben als Forstmann.Stadtgeschichte.Eine besondere Bereicherung des
stadtgeschichtlichen
S.457 Schrifttums bedeutet das monumentale Werk von Techen ( 213) über Wismar. Diese nicht allzugroße Stadt hat durch ihre günstige Lage an der See und die Güte des Hafens an dem bunten Wechsel der politischen Machtverhältnisse stets lebhaften Anteil genommen, so daß sich für den Ablauf der Stadtgeschichte von selbst der lebendige Hintergrund der politischen Geschichte ergibt. Denn Wismar war in jedem Falle darauf bedacht, seine althergebrachten Sonderrechte, ob es gegen den Landesherrn oder gegen fremde Mächte geschah, zäh zu verteidigen. Diese Rechte bestanden vor allem in der selbständigen Gesetzgebung und der Finanzverwaltung, dazu hatte früher noch das eigne Gericht mit dem Oberhof in Lübeck gehört und das Münzrecht. Die letzten Sonderrechte wurden erst in den Jahren nach dem Weltkrieg an den Staat abgegeben. Die reichen Quellen der Stadtgeschichte ermöglichten eine eingehende Behandlung der kulturellen Entwicklung, deren Darstellung durch vielfache Hinweise auf entsprechende Verhältnisse in anderen Städten äußerst glücklich belebt wird. Die Darstellung wird bis in die 80er Jahre des vorigen Jhds. geführt und dann noch ein Kapitel über »Weltkrieg und Revolution« angeschlossen, in dem merkblattmäßig die vielfältigen Veränderungen der äußeren Lebensverhältnisse aufgereiht werden. Sehr bedeutsam ist der kritische Apparat, der fast den vierten Teil der Darstellung einnimmt und dem Buche einen besonderen Wert verleiht. Den Schluß bilden 76 Bildtafeln; darunter befinden sich auch ältere Stadtpläne, die jedoch leider zu klein ausgefallen sind, als daß sie den in der Darstellung berührten topographischen Problemen gerecht werden. In einer besonderen Arbeit sucht Techen ( 1386) die Rechte der Stadt Wismar am Hafen im Sinne der Gebietshoheit an den verschiedensten Vorgängen früherer Zeiten durch Urkunden und Akten nachzuweisen. Für seine Heimatstadt Stettin plante der leider zu früh verstorbene Fredrich ( 444) eine umfangreiche Darstellung der Baugeschichte unter König Friedrich Wilhelm I., von der nur ein 1. Teil erschienen ist, der jedoch auch kaum als die letzte Fassung der Arbeit angesehen werden kann. Wichtig bleibt aber darin die Beschreibung und meist bildliche Wiedergabe der Pläne zur Befestigung Stettins von der Zeit des Großen Kurfürsten (1677) an bis in die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I., der nach der Besitzergreifung Stettins dieses stark zu befestigen gedachte. Nach den militärischen Bauten wird die Baugeschichte der öffentlichen Gebäude der Stadt behandelt, die auf gründlichen archivalischen Studien beruht, wenn auch oftmals nur die Ergebnisse früherer Arbeiten herangezogen werden.IV. Kirchen- und Kirchenverfassungsgeschichte.B. Evangelisches Kirchenwesen. Für die evangelische Kirche hatte das J.
1929 wegen der vierhundertjährigen Gedenkfeier für die beiden Märtyrer Clarenbach und Fliesteden
besondere Bedeutung. Es konnte daher nicht fehlen, daß auch die literarische Produktion hierdurch befruchtet
wurde. Abgesehen von manchen kleineren Gaben, die Ergänzungen zu bereits Bekanntem bringen und die in der
willkommenen bibliographischen Übersicht von W. Rotscheidt (
1926) zu finden sind, ist hier ein inhaltlich wie sprachkünstlerisch
S.517 gleich bedeutsames Werk zu nennen, das einen vollen Abschluß der Forschung bietet, soweit nicht irgendwo noch neue Quellen zutage treten. Das Buch von H. Klugkist Heße ( 1925), im Auftrag des »Wissenschaftlichen Prediger- Vereins der Rheinprovinz« geschrieben, begnügt sich nicht damit, die Lebens- und Leidensgeschichte Clarenbachs auf sicherer Quellengrundlage darzustellen, sondern sucht vor allem auch der theologischen Eigenart und der einzigartigen geistigen Bedeutung des Mannes gerecht zu werden. Was an neuen Quellen vom Verfasser erschlossen werden konnte, war ganz geringfügig, wie ich schon nach meinen Studien zur jülich-bergischen Kirchenpolitik annehmen durfte, bei denen ich natürlich auch über das Verhältnis des Landesherrn zu dieser Angelegenheit etwas zu erfahren suchte. Somit blieb fast dasselbe Material bestehen, das schon Krafft zugänglich war. Aber die Art, wie der Verfasser es verarbeitet und durchleuchtet hat auf Grund einer soliden Kenntnis des zur Kommentierung notwendigen Stoffs, verdient größte Anerkennung. Vor allem kommt es dem Verfasser auch darauf an, die Stellung zu präzisieren, die Clarenbach in seinem reformatorischen Denken und Wirken einnahm; er gelangt dabei zu dem Ergebnis, daß trotz mancher Verwandtschaft mit den »Taufgesinnten« und »Brüdern« Clarenbach doch eine überragende Stellung einnimmt, abhold allem Revolutionären und auch selbständig gegenüber Luthers Lehre, einzig sich gründend auf die hl. Schrift. -- Neben diesem hervorragenden Buche nenne ich noch ein sehr ansprechendes, aber mehr populär gehaltenes Büchlein über Clarenbach von Wilh. Blankertz (Lennep 1929), in dem besonders mit Recht darauf hingewiesen wird, daß das Verhalten der Kölner gegen Clarenbach in merkwürdigem Gegensatz steht zu ihrer sonstigen Behandlung mancher Lutheraner.V. Verfassungs-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte.Für die ma.liche Rechtsgeschichte Württembergs von Interesse sind K. S. Baders vorwiegend
prozeßgeschichtlich eingestellte Untersuchungen über das Vordringen des aus dem kanonischen Recht erwachsenen
Schiedsverfahrens in Schwaben und über sein allmähliches Wiederzurückweichen vor den
anfänglich von ihm begünstigten Territorialmächten auf die Position eines Güteverfahrens in
Bagatellsachen und einer Rechtsinstanz für Streitigkeiten zwischen Reichsunmittelbaren (1929,
1370). Über das Hofgericht in Tübingen und das
württ. Privileg de non appellando legt unabhängig von der 1926 (S. 629) besprochenen Arbeit Graners
Th. Knapp (1928,
1045) eine umfassende Studie vor. Auswirkungen der eigentümlichen
württ. Verfassungsverhältnisse, des Dualismus zwischen Landesherrn und Ständen, weist
Wintterlin in der Entwicklung des württ.
S.539 Heerwesens auf, die er vom 16. Jhd. bis zum Untergang Altwürttembergs verfolgt (1928, 1084 a). Den Kampf der württ. Forstverwaltung zugunsten einer allmählichen Umgestaltung und Einschränkung der Waldgerechtsame, die in dem zwischen Stuttgart und Tübingen gelegenen Waldgebiet Schönbuch, einem früheren Reichsforst, anliegende Ortschaften, Höfe und Adlige, die sog. »Schönbuchgenossen«, besaßen, verfolgt F. Graner bis zur endgültigen Ablösung dieser Rechte im Lauf des 19. Jhds. (1929, 1372); besonders dankenswert ist der recht ausführliche Überblick über die wertvolle, mit dem 14. Jhd. einsetzende Reihe der Schönbuchlagerbücher und -forstordnungen.V. Rechts- und Verfassungsgeschichte.Die
veränderten staatlichen Verhältnisse bewogen Peterka Jberr. 1928,
1067), für die Bedürfnisse der deutschen Rechtsstudenten eine
Rechtsgeschichte der böhmischen Länder zu schreiben, die jedoch zunächst nur das öffentliche Recht
umfaßt und jetzt bis zur theresianischen Zeit geführt ist. Gerade das Privatrecht wird wohl noch lange auf
tschechischer wie deutscher Seite der Bearbeitung harren, da es hier noch sehr an Vorstudien gebricht. Die Einordnung
des sudetenländischen Sonderstoffes in den größeren Rahmen der deutschen Rechtsgeschichte
läßt auch den Forscher mit vielem Nutzen zu der Arbeit greifen, die den neuesten Forschungsstand wiedergibt.
-- Die »Entdeckung« von Koss (Jberr. III, 612) gab neuerlich den Anstoß zur Aufrollung der
vielbesprochenen Frage nach dem Verhältnisse Mährens zum Reiche. Wierer (
273) machte sich in einer Seminararbeit -- sie trägt leider diesen
unfertigen Charakter noch im Druck zur Schau --, in der er von 40 Seiten nicht weniger als 15 der Geschichte der
Erforschung dieser Frage widmet, ohne sonderliches Geschick neuerdings an diesen Problemkreis heran.
--Horna (
65) setzt seine Studien über Mährens Teilfürstenzeit fort
(vgl. Jberr. V,
667) und strebt vor allem nach genauerer Erfassung des
Zentralisationsvorganges zu Ende des 12. und zu Beginn des 13. Jhds. Im Mittelpunkte der Untersuchung stehen die
Provinzen Olmütz und Lundenburg. Dabei fällt auf die Gestalt des Markgrafen Wladislaw Heinrich helles Licht.
-- Wie Böhmen in den größeren Rahmen des ma.lichen Kaisertums eingebaut war, skizziert
Kliment (
100), um sich damit die Grundlagen für die Darstellung der
Böhmens auswärtige Beziehungen betreuenden Organe bis 1620 zu schaffen. Krieg und Friede stehen im
Vordergrunde. Der Landesherr bleibt der wichtigste Vermittler und Vertreter. Bald beteiligen sich freilich auch die
Großen des Landes, später gelegentlich auch die Städte beim Abschlusse solcher Verträge. In
ähnlicher Weise wie beim böhmischen Landesherrn
S.594 untersucht er die Stellung des mährischen Markgrafen, des Olmützer Bischofs, Troppauer Herzogs, vor allem der schlesischen Herzogtümer gegenüber dem Auslande und kommt zu dem wichtigen Schlusse, daß diese doch eine gewisse Selbständigkeit besaßen. Als ausübende Organe kamen der Landesherr oder seine Abgesandten, auch Einzelpersonen in Frage. In dem Abschnitt von 1420 bis 1620 drängen sich die Stände nachdrücklicher in den Vordergrund. -- Einen ähnlichen Zuschnitt weist Kliments ( 99) zweite Untersuchung über das Geleitsrecht in den Sudetenländern auf. Als Einteilungsprinzip dient die Rangstellung des Geleitgebers, wozu sich als zweiter Einteilungsgrund die Rangabstufungen der Geleitsempfänger gesellen. Bei der Behandlung des landesherrlichen Geleites macht K. mit Recht auf die Schwierigkeiten aufmerksam, die sich aus der Verkoppelung der königlich böhmischen Macht mit der Reichsgewalt ergaben, vor allem auch im Falle Hus. K. ist der Ansicht, Sigmund, der freilich niemals wegen seiner Handlungsweise zu entschuldigen sei, habe durch das Geleite mehr sicherstellen wollen, als wozu er rechtlich fähig gewesen sei. In Sigmunds Zeit wird Reichs- und böhmisches Geleite in eines verbunden, erst zu Ferdinands I. Zeit wird ein Unterschied gemacht.§ 27. Rechts- und Verfassungsgeschichte des HochmittelaltersIn diesem Bericht sind im besonderen Ausmaß Leistungen zu würdigen, in denen
Reichsrecht und Reichsverfassung des hohen MA. Gegenstand von Forschung und Darstellung sind. Die Studien zu
frühma.lichen Aufzeichnungen über Staat und Verfassung von P. E. Schramm (
1335) gelten jenem Quellengebiet, dem sich jetzt die Aufmerksamkeit der
Forscher mehr und mehr zuwendet, den Ordines. Das erste Kapitel ist der 1908 veröffentlichten »Decursio de
gradibus« gewidmet, in der der Verfasser eine Gelehrtenarbeit sieht, die nur teilweise »aus dem Rechtsleben
der Abfassungszeit« schöpft, einen »Versuch, mit alten literarischen Mitteln ein neues Thema, die
eigenen Rechts- und Verfassungszustände, zu fixieren«. Im zweiten Abschnitt wird das Polypticum des Bischofs
Atto von Vercelli als cluniacensisch betonter, tiefsinniger und gedankenreicher Traktat über den Staat des MA., als
»Weltspiegel« oder als Spiegel des öffentlichen Lebens hingestellt, im dritten und vierten werden die
ältere (S. IX) und die jüngere (S. XI) Liste der römischen Pfalzrichter auf Grund eingehender
handschriftlicher Studien abgedruckt, die Zusammenhänge der älteren mit der Konstantinischen Schenkung
aufgedeckt und die Stellung der jüngeren wie der älteren in der Entwicklung der römischen Theorien
klargelegt. Doch kommt ihnen schon im Hinblick auf das, was über die Beziehung der dort beschriebenen Ämter
zum Kaiser gesagt wird, eine über die Stadt Rom hinausgreifende Bedeutung zu. Als Erbe der sieben Richter, deren
Namen und Kompetenz in beiden Listen erklärt werden, ist das Kardinalskolleg zu betrachten. -- Im Gegensatz zu
Waitz, der die Pfalzgrafen gerade in der Ottonenzeit als die Vertreter der königlichen Rechte gegenüber den
Stammesherzögen hervorgehoben hatte, tritt Lintzel (
1338) dafür ein, daß »der Niedergang ihrer Stellung«
gerade bereits im 10. Jhd. deutlich und die Mitte des 9. Jhds. »ihre große Zeit« gewesen sei, in der
sie im ostfränkischen Reiche Ludwigs des Deutschen noch als erste Hofbeamte wirkten und den höchsten
geistlichen Hofbeamten gleichgestellt erscheinen. Freilich betont L. anderseits, daß die Erinnerung an den
Amtscharakter der Pfalzgrafschaften und den Inbegriff ihrer Rechte nicht nur in Italien, sondern, wie nicht allein das
Zeugnis Eikes von Repgau beweist, auch in Deutschland in den dem 10. folgenden Jahrhunderten eine sehr starke gewesen
sein muß. Für diese Zeiten werden weitere Untersuchungen Bedeutung und Umfang der pfalzgräflichen Rechte
noch zu klären haben. -- »Der fränkische Staatsgedanke und die Aachener Königskrönungen des
MAs. Eine diplomatische Untersuchung nebst einer Antikritik zum ersten Bande der Rheinischen Urkundenstudien«
bezeichnet Oppermann (
1333) das Buch, in dem er sich mit U. Stutz vornehmlich über die Frage,
ob es eine Thronsetzung vor der Krönung gegeben habe, auseinandersetzt. Die Ergebnisse sind von Eichmann, HZ. 140,
585 ff., und R. Holtzmann, D. Ltztg. 1929, 1684 ff., in der Hauptsache abgelehnt worden und U. Stutz hat Ztschr. der
Sav. Stift. f. Rg. germ. Abt. 50, 441 ff., seinen Standpunkt nochmals und mit Erfolg dargelegt. Die Arbeit enthüllt
S.719 wieder die Vorzüge und Schwächen des verdienten Verfassers -- dem Bestreben, weite Zusammenhänge zu erfassen und das Entstehen einer Urkunde mit einer ganzen Fülle von Beobachtungen vielfach zutreffender Art aufzuklären, steht eine zu weitgehende Skepsis nachteilig gegenüber, der Urkunden auch dann zum Opfer fallen sollen, wenn über die Unechtheit zum mindesten kein unbedingt klarer Bescheid gegeben werden kann. Deshalb habe ich mich im Gegensatz zu O. -- was am Schlusse des Buches zur Sprache kommt -- über das Diplom Lothars III. No 40 für S. Pantaleon im 8. Bd. der DD. nicht unbedingt ablehnend geäußert, obwohl der uns gelungene Nachweis über den Schreiber die Anzahl der Verdachtsgründe verstärkt. Wenn O. nun weitere Gründe für die Unechtheit der Urkunde in Aussicht stellt, ist das sehr zu begrüßen, aber die Gültigkeit dessen, was ich in den Vorbemerkungen vom Standpunkt des J. 1924 gesagt habe, wird dadurch kaum aufgehoben werden können. -- Eine auf Anregung von E. Rosenstock entstandene Arbeit von Prausnitz ( 1344) gilt den feuda extra curtem, d. h. den »Lehen, die ein Landesherr in dem Territorium eines anderen Landesherrn vergibt«. Es ist eine Fülle von Fragen, die bei Erörterung dieses Problems von der Darlegung der juristischen und historischen Grundlagen an bis zur Aufzeigung der treibenden Kräfte bei dem Untergange der feuda extra curtem zu stellen und meistens zu beantworten sind. Der Verfasser hat die allgemeinen Ausführungen darüber mit besonderen über die brandenburgischen Lehen in Österreich verbunden und es muß anerkannt werden, daß er das für diesen zweiten Teil in Betracht kommende archivalische Material mit großer Genauigkeit gesammelt und seiner Darstellung zugrunde gelegt hat. Österreich war als Vorwurf für eine derartige Untersuchung besonders geeignet. Nach der älteren, durch die Arbeit von Heinrich Brunner über das gerichtliche Exemtionsrecht der Babenberger begründeten Anschauung war die Gerichtsgewalt und die Landesherrlichkeit des Herzogs von Österreich auf Grund der markgräflichen Rechte so fest gefügt, daß unabhängige Gewalten im Bereich des Herzogtums nicht bestehen konnten. Die Arbeit von Prausnitz zeigt, daß dies sehr wohl der Fall war und die Abwehrmaßnahmen des späteren MA. und die Entstehung der Souveränität im 16. Jahrhundert notwendig waren, um jenen Zustand herbeizuführen, den für Österreich teilweise das privilegium minus von 1156 und besonders das privilegium maius von 1358 vorwegnimmt. Alle diese Nachweise passen sehr gut zu der in jüngster Zeit namentlich von Stowasser -- von diesem allerdings in zu scharfer Form -- vertretenen Auffassung, Österreich habe die volle Landeshoheit später, als früher angenommen wurde, erreicht. Die anerkennenswerten Bemühungen des Verfassers, in dem Streit, den es darum gesetzt hat, vermittelnd einzugreifen, seien besonders hervorgehoben. Der Verfasser hätte bei noch schärferer Erfassung der österreichischen Probleme und Verhältnisse in diesen Fragen noch zu weiterer Klärung vordringen können, doch mag ihn daran das Bestreben, eine allgemeine auch für andere Länder gültige Darstellung zu liefern, gehindert haben. Aber es ist immer noch sehr viel, was sich bei solcher Verbindung allgemeiner und besonderer Gesichtspunkte für die Darlegung österreichischer Verfassungsverhältnisse ergeben hat. -- Der Vortrag, den E. Hoyer ( 1343) auf dem Heidelberger Rechtshistorikertag 1927 über das Sprachenrecht des Sachsenspiegels gehalten hat, ist mit Anmerkungen überreich ausgestattet in Druck erschienen und gilt einem der vielgestaltigen Probleme, die Eike von Repgau mit seinemS.720 Werk der rechtsgeschichtlichen Forschung gestellt hat. Manches deckt sich mit dem, was ich selbst in einem bei einer sudetendeutschen Tagung in Reichenberg (August 1926) gehaltenen Vortrag ausführen durfte: Eike von Repgau steht auf dem Standpunkt, daß Deutsche und Wenden das Recht haben, zu verlangen, daß die Klage in ihrer Muttersprache vorgebracht werde. Wo nicht zu Königsbann gedingt wird, darf ein Wende nur von Volksgenossen gerichtet werden, ausgenommen im Falle der handhaften Tat, in dem es sich nicht mehr um den Beweis der Schuld, sondern nur mehr um die Verhängung und den Vollzug der Strafe gehandelt hat und in dem es nach Eike auch den Wenden gestattet war, über einen Sachsen zu urteilen. Es ist sehr wirkungsvoll, wenn H. auf Grund solcher und anderer Ergebnisse wieder einmal feststellt, daß die Deutschen auch im Zeitalter höchster Machtentfaltung gegen die Slawen nicht mit Zwang und Entrechtung vorgegangen sind und die Germanisierung slawischer Volksteile eine Folge der starken Volksvermehrung der Deutschen und ihrer höheren Kultur gewesen ist. --Klewitz ( 1373) hat durch eine Preisarbeit über die Geschichte der Ministerialität im Elsaß bis zum Ende des Interregnums von neuem die These erhärtet, daß der Stand der Ministerialen »sich im Wesentlichen aus unfreien Elementen zusammensetzt.« Hiefür wäre auch die von dem Verfasser (S. 14) vorgeführte Bestimmung der Weißenburger Diplome anzuführen gewesen, die die Ministerialität bei Ungehorsam der Zwangsgewalt des Vogtes (vgl. über diese Pischek, Vogtgerichtsbarkeit 87 ff.) unterstellt; denn diese Zuchtgewalt bei inoboedientia oder rebellio hat ihren Ursprung in der unfreien Herkunft derer, die ihr unterliegen. Auf das Kapitel über die Reichsministerialität im Elsaß sei besonders hingewiesen.1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1930II. Landeskunde, Volkskunde, Wirtschaftsgeschichte.In
dem ersten Bande von F. Magers (
421) großangelegtem, auf langjährigen, tiefgreifenden
archivalischen Studien beruhendem Schleswig-Werk, der die Entwicklungsgeschichte der Kulturlandschaft des östlichen
Hügellands und der Geest vom Beginn der historischen Zeit bis zur Verkoppelung am Ende des 18. Jhds. behandelt,
bewundern wir eine ganz ungewöhnliche, grundlegende Leistung, die ohne Zweifel zu den führenden Werken
über die Vergangenheit der Herzogtümer gehören wird. Nachdrücklich hebt M. hervor, daß die
Kulturlandschaft nicht nur von naturgegebenen Bedingungen abhängig ist, sondern in noch höherem Maße von
den Menschen erst geschaffen wird, daß deshalb die archivalischen Quellen zur Erklärung ihres Werdens
weitgehend zu berücksichtigen sind. Das zentrale Problem von M.s Buch bildet die Frage nach den Ursachen für
das allmähliche Schwinden des Waldes und für die Entstehung der Heide, des Hauptmerkmals der Geest.
Wirtschaftsgeschichtlich, überhaupt kulturgeschichtlich von größter Bedeutung sind diese Abschnitte
über die Nutzung des Waldes, die unwiderleglich dartun, wie schon seit Ende des MA. die Holzentnahme den
natürlichen Nachwuchs an Holz weit übertraf, daß aber in historischer Zeit der Waldcharakter für
die schleswigsche Geest gegenüber der Heide noch durchaus vorherrschte. Die Besitzverhältnisse und
Nutzungsrechte, die Wildbahn und die für sie geschaffenen Bestimmungen werden eingehend geschildert. M. betont
auch, unter Hinweis auf seine weitausholenden Forschungen, daß bereits in prähistorischer Zeit nicht so sehr
waldfreies, sondern waldreiches Gebiet zu Siedlungen verwendet wurde. -- Einen wirklichen Begriff von dem in MA. und
Neuzeit (namentlich vom 16. bis 18. Jhd.) bedeutsamen, die Wirtschaft Jütlands zum guten Teil geradezu
beherrschenden Erwerbszweig des Ochsenhandels übermittelt erstmalig Th. O. Achelis (
1453) in einer nicht unbeträchtliches archivalisches Material
verarbeitenden, anziehend geschriebenen Abhandlung. Sehr genau werden die »Ochsenwege«, die großen
Verkehrsadern zwischen Nord und Süd, beschrieben, ferner die umständlichen Transporte der Ochsen zu Land und
auch zu Wasser, die Typen der kleinen Aufkäufer (Pranger) und der großen Händler (Studehandler) und ihre
Herkunft; ebenso erfahren wir, zugleich durch anschauliche Tabellen, Näheres
S.375 über die Zollsätze der Landesherren (der königl. Zoll in Ripen und Kolding war eine »wahre Goldgrube«) sowie der Städte (vorab Haderslebens), über die Zahlen der verzollten Tiere, jedoch auch über die Gründe für den Rückgang des Ochsenhandels seit 1864. -- Ein fast vergessenes Kapitel der Geschichte des deutschen Auswanderungs- und Kolonisationswesens, die Nordwanderung süddeutscher Kolonisten, entrollt M. Steinhäuser (Volk u. Rasse 1930). Die merkantilistischen Bestrebungen Friedrichs V. von Dänemark führten zur Anwerbung von Kurpfälzern (besonders aus der Gegend der Bergstraße), um die als unbezwingbar angesehene Heidelandschaft auf dem Mittelrücken Jütlands zu besiedeln und urbar zu machen. Die Kolonisten blieben hier indes, zumal infolge der Mißgunst der Anwohner wie auch der Ungeschicklichkeit der königlichen Kommissare, von bitteren Enttäuschungen nicht verschont; ein Teil von ihnen wurde, wegen allzu öder, wasserloser Bodenbeschaffenheit des Landes, in den Heide- und Moorstrecken Schleswigs angesiedelt und hat hier günstigere Erfahrungen gemacht. Die deutschen Ansiedler haben das Verdienst der Einführung der Kartoffel in diesen Gegenden; übrigens sind sie trotz deutscher Prediger und deutscher Lehrer rasch im Dänentum aufgegangen. -- H. M. Johannsen ( 1455) befaßt sich in Fortsetzung seiner früheren Studien (vgl. Jberr. 2, 1926, S. 553) mit der Rendsburger »Kramerkompagnie«, die, infolge des Ausbaus der Stadt zur Festung und des damit verbundenen starken wirtschaftlichen Aufschwungs, als Abwehr gegen den Zustrom neuer Gewerbetreibender, vorab Hausierer, -- trotz der ablehnenden Haltung des Rats, ja des unmittelbaren Protestes der Bürgerschaft -- 1701 mit landesfürstlicher Genehmigung ins Leben trat. Die Organisation der neuen Gründung, ihre Schicksale, so die Auseinandersetzung mit ihren Konkurrenten (den Jahrmärkten, ferner den Freikrämern, Hökern und Landkrämern, Handwerkern, Hausierern und Schutzjuden) werden verständnisvoll beleuchtet, auch das Ende der Zunft, das durch Konzessionen seitens des merkantilistischen Grundsätzen huldigenden Landesherrn an freie Krämer, namentlich jüdischer Herkunft, beschleunigt wurde. -- Wie stark westfälische Einwanderer, die aus ihrer Heimat reiche Geschäftserfahrung mitbrachten und offenbar im Fernhandel sich besonders auszeichneten, die hohe wirtschaftliche Blüte Flensburgs im 16. und 17. Jhd. heranführen halfen, zeigt der auch personalgeschichtlich lehrreiche Aufsatz von F. Graef (Zeitschr. d. Ges. f. Schlesw.-Holst. Gesch. 60, 1930); Geschlechter westfälischen Ursprungs, wie die Mervelt, v. Oesede, Nacke, Eckholt, sind in Flensburg politisch und wirtschaftlich führend gewesen.WirtschaftsgeschichteVon den beiden
agrargeschichtlichen Arbeiten von Taut (vgl. Jberr. 1929, S. 506) und Haas (
411) ist letztere die tiefgründigere. H. möchte durch die
möglichst gründliche Untersuchung der agrargeschichtlichen Wandlungen in einem kleinen Gebiet des Westens vom
12. bis 18. Jhd. und vergleichsweise Zusammenstellung seiner Ergebnisse mit den in der Arbeit von H. Maybaum (Jberr.
1926, S. 413) gewonnenen einen Beitrag zur Lösung des Problems der Voraussetzungen für die Entstehung der
ostdeutschen Gutsherrschaft liefern. Die Entwicklung verläuft im Amt Montabaur derart, daß der Erzbischof von
Trier nach dem Ausbau der Landeshoheit -- dem Landesherrn war es hier auch gelungen, jede patrimoniale Zwischengewalt
auszuschalten -- das Interesse am Grundbesitz verlor und die bisher aus privatrechtlichen, grundherrlichen Abgaben
erzielten Einnahmen durch Erhebung von
S.405 öffentlich-rechtlichen Steuern, Abgaben und Diensten ersetzte. Den adligen Grundherrn wurde durch die Politik des Erzbischofs eine Vergrößerung ihres Grundbesitzes unmöglich gemacht. Das landesherrliche, ritterschaftliche und unbedeutende geistliche Erbzinsland wurde allmählich zu bäuerlichem Eigengut. Diese Entwicklung vollzog sich »im Rahmen der gesamten wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse des Territioriums«. -- Tauts Untersuchung der »4 Institutionen der ländlichen Verfassung: Leibeigenschaft, Gerichtsherrschaft, Grundherrschaft und Zehntherrschaft« in der ehemaligen Obergrafschaft Katzenellenbogen ist nützlich wegen des umfangreichen Stoffes, den er in seiner Darstellung ausbreitet. Verwunderlich ist, daß T. in seiner Arbeit nirgends auf die einzigartige Quelle für die sozialen und wirtschaftlichen Zustände in dem von ihm behandelten Gebiet zurückgegriffen hat, die in dem Protokoll einer Visitation von 1514 erhalten und von Fr. Küch mit einer ausgezeichneten Einleitung versehen in derselben Zeitschrift veröffentlicht ist. -- Die Dissertation von H. Pabst (Die ökonomische Landschaft am Mittelrhein vom Elsaß bis z. Mosel im MA. Frankfurt a. M.) versucht die von seinem Lehrer Häpke aufgeworfene Frage nach der ökonomischen Landschaft für das Gebiet am Mittelrhein durch eine Untersuchung über Produktion, Handel, Städte- und Friedensbündnisse zu beantworten. Er kommt dabei auf ein Kerngebiet mit den Städten Worms, Bingen und Frankfurt a. M. an der Peripherie, mit äußersten Ausstrahlungen aber bis Koblenz, Wetzlar, Heidelberg. Deutlich zeigen sich wirtschaftliche Einheiten in Zunftverbindungen und Handelsbeziehungen, die vier Städtegruppen hervortreten lassen. Beziehungen wirtschaftlicher Landschaftseinheiten zu politischen Räumen lassen sich nur in ganz wenigen Fällen nachweisen (vgl. auch S. 285).III. Recht und Verfassung.His, dem
eine gewiß nicht leichte Aufgabe gestellt war, hat in seiner Mappe (
1275) vorzüglich solche z. T. weniger bekannte
S.409 Dokumente vereinigt, die geeignet sind, mit den Eigenarten des westfälischen Rechtslebens (wie Go- und Freigerichte, Marken- und Hofrecht) bekanntzumachen; auch zur Entstehung und Ausbildung der Landeshoheit werden ein paar bemerkenswerte Exempla im Bilde mitgeteilt (so das DH. II 225 für Paderborn). -- Den Untersuchungen Brassers ( 1277) über die Grundlagen der Landeshoheit in den kleinen Herrschaften des westlichen Münsterlandes, von denen allein Anholt und Gemen sich als reichsunmittelbar haben behaupten können, während die übrigen, wie Ahaus, Ottenstein, Lon, Heiden, Raesfeld, Lembeck, Dingden-Ringenberg, teils früher, teils später im Territorium der münsterischen Bischöfe aufgingen, kommt lediglich der Wert einer Materialsammlung zu; sie sind nach einem gleichartigen äußerlichen Schema geordnet, an einer Verarbeitung und Durchdringung des Stoffes gebricht es so sehr, daß man ein klares Bild von dem Verlauf der Entwicklung kaum gewinnen kann. Man sieht nur immer wieder eine Herrenburg als Mittelpunkt, dazu fast überall Besitz von Freigerichten, wogegen Gografschaft und Kirchenvogtei zurücktreten. Bressers Versuch, einen Zusammenhang mit der Grafschaft des Hamalands herzustellen, schwebt völlig in der Luft; bei einer Reihe Herrschaften ist es übrigens kaum zur vollen Ausbildung der Landeshoheit gekommen. -- Höfken führt das von den Grafen von der Mark beanspruchte, schließlich in eine Geldabgabe übergegangene Hundelagerrecht ( 1394) ebenso wie die auf bestimmten Gütern lastende Verpflichtung zur Beherbergung des Landesherrn, über die eine Liste der pflichtigen Höfe aus dem 14. Jhd. Auskunft gibt (abgedruckt Beitr. z. Gesch. Dortmunds 38, S. 173), zutreffend auf die fränkische Gastungs- und Herbergspflicht zurück. Die von ihm im einzelnen festgestellte Ausdehnung beider Rechte läßt leicht und deutlich erkennen, daß sie den Grafen als Inhabern von Vogteirechten (über Kirchen-, Reichs- und Freigut) zustanden.V. Verfassungs-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte.Während die von Tröltsch seinerzeit untersuchte Calwer Zeughandlungskompagnie und die ihr zugrunde liegende Tuchfabrikation sich als Erzeugnis privatwirtschaftlicher Initiative darstellt, erweist G. Karr ( 1438) das Uracher Leinengewerbe als eine Schöpfung der merkantilistischen Wirtschaftspolitik des württ. Herzogs Friedrich I. Die kapitalistische Organisation des Absatzes wandelt sich von der anfänglichen Form eines rein vom Landesherrn getragenen Unternehmens zunächst in einen gemischt wirtschaftlichen Betrieb um und nimmt schließlich die Gestalt der privilegierten Leinwandhandlungskompagnie (1661)) an, an der der Herzog zuerst als Mitgesellschafter, dann nur noch als Gläubiger beteiligt ist, bis er schließlich um 1695 völlig ausscheidet. Die innere Geschichte dieser bis 1793 fortbestehenden Kompagnie läßt sich bei dem Fehlen des kaufmännischen Materials (Geschäftsbücher!) kaum ganz erfassen. Eingehend beschäftigt sich K. auch mit den Verhältnissen der Leineweber und ihrer Beziehungen zur Absatzorganisation; die Arbeit schließt mit dem Erlöschen des Leinwandgewerbes in der Uracher Gegend um 1860. Auf die Wirtschaftspolitik Karl Eugens und König Friedrichs I. fällt ein wenig günstiges Licht. Franken.Geschichte des Landes und der
Einzelgebiete: Von den bereits früher veröffentlichten 4 Aufsätzen, die
Schmeidler unter dem Sammeltitel: Franken und das Reich im MA. (
195), wenig verändert und mit Anmerkungen versehen, neu herausgegeben
hat, kommen nur die beiden letzten für Franken in Betracht. Sie wollen eine vielfach neue Betrachtungsweise der
deutschen Geschichte im MA., wenn auch noch nicht abschließend, zum Ausdruck bringen. Über »die
Stellung Frankens im Gefüge des alten deutschen Reiches bis ins 13. Jhd.« und in der in gewisser Hinsicht
fortsetzenden Forschung über »Franken, seine Mächte und Lage im alten deutschen Reich« (
196) wird die These aufgestellt, daß Franken als das eigentliche
Königsland, das Herzland des deutschen Reiches an allen seinen Gestaltungen und Schicksalen in höherem
Maße teilgenommen habe als eine andere Gegend Deutschlands. -- Wenn auch die 8 Keßlerkreise ganz
Südwestdeutschland umfaßten, so liegt doch der Hauptnachdruck der wichtigen und verdienstvollen Arbeit
Hornschuchs (
1349) auf dem brandenburgischen und seinen Beziehungen zu den
fränkischen Staaten; die wirtschafts- wie rechtsgeschichtlich bedeutsame Untersuchung sichert im ersten Teile durch
kritische Beleuchtung der bisherigen Überlieferungen den tatsächlichen Stand unseres Wissens über die
gesamten Kreise, der umfänglichere 2. Teil erbringt aus der Geschichte des brandenburgischen Verbandes
erschöpfende Ergebnisse für den Aufbau und das Wesen dieser interterritorialen Handwerkergenossenschaft und
ihres Schutzrechtes; sie ist nur an natürliche und wirtschaftliche Grenzen gebunden, ihre Entwicklung verläuft
jedoch gleichläufig mit dem staatsrechtlichen und politischen Niedergang des Reiches. -- Die heute noch so benannte
Gegend um Alzenau (= Wilmundsheim) ist als letztes Freigericht der ganzen Umgebung erst 1500 unter mainzische und
hanauische, wenn auch nicht völlige, Landeshoheit gekommen. Brückner beweist aus der
Geschichte des Gebietes, seinen Abgaben und den Beziehungen zur Kaiserpfalz Gelnhausen den markgenossenschaftlichen
Ursprung dieses Königslandes, dessen 3 Freigerichte sich als Gerichte der Siedler auf Königsland daraus
ergeben haben. Eine andere Art des fortlebenden Zusammenhanges zwischen Gebieten in Franken und ehemaligen
Stammesgepflogenheiten bietet v. Etzel (
1239) in dem Beispiel eines Kampfgerichtes zu Würzburg aus dem J. 1416,
welches das Weiterwirken des fränkischen Kampfrechtes, eine
S.439 Art von Gottesurteil, darstellt. -- Lediglich die innere Regierung findet bei Scherfs Lebensbild des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp Franz v. Schönborn ausführliche Darstellung; die äußere tritt, obwohl alle Gebiete des staatlichen Lebens umfaßt werden sollten, zurück. Die sehr fleißige und gediegene Erstlingsarbeit formt des öfteren in Überschätzung der Bedeutung des Fürsten nicht unvoreingenommene Urteile (vgl. auch S. 193). --Heinrich ( 1297) schildert den Entwicklungsgang der dem Würzburger Landesherrn unmittelbar unterstellten Zentralbehörde, der bischöflichen Kanzlei, der späteren weltlichen Regierung: es ist ein Verdienst, daß er sich nicht auf die Schilderung des Gebrechenamtes, das ja nur ein untergeordneter Teil der Kanzlei war, beschränkt hat. -- Von der Behördenorganisation des Markgrafentums Bayreuth in der 2. Hälfte des 17. Jhds. umreißt Schuh ( 1299) ein kurzes treffendes Bild; in der Hauptsache wird die Stellung der städtisch-bäuerlichen Vertretung des Landes, der Landschaft, ihr Kampf um Fortbestehen ihrer Rechte in jener wirtschaftlichen und finanziellen Notlage geschildert. -- Über den begrenzten Kreis der Geschicke einer Einzelfamilie hinaus sind die sorgfältigen Regesten des fränkischen, später reichsritterschaftlichen Geschlechtes v. Schaumberg ( 301) sowohl für die hennebergische Landesgeschichte wie auch die der späteren Pflege Coburg wichtig. Nur die bedeutsameren rechtlichen und wirtschaftlichen Verbundenheiten zwischen Stadt, Amt und Forst Weißenburg und dem Pappenheimschen Geschlechte bis 1600 greift Kraft heraus; die von demselben veröffentlichten Hofgerichtsbriefe ( 1253) tragen einiges zur Geschichte des kleinen Herrschaftsgebietes der Reichsmarschälle und zur Charakteristik des Heinrich v. Pappenheim bei.3. Politische Geschichte.Zur Geschichte des
Fürstentums Lüttich im MA. hat Rousseau (
192) einen neuen Gesichtspunkt herausgearbeitet. Er faßt das Gebiet
der Maas, das das Kerngebiet des Fürstentums Lüttich bildete, als eine gewisse Einheit bereits am Ende der
Römerzeit. Bis zum 13. Jhd. habe es in militärischer, politischer und kultureller Beziehung eine
hervorragende, fast zentrale Stellung in diesen Gegenden eingenommen. Erst das Emporkommen der benachbarten
Territorialstaaten, namentlich Brabants, habe das Maasgebiet aus dieser besonderen Stellung verdrängt. Bereits
Oppermann hatte in den Jberr. 1928, 520, eine Arbeit von Brünner über die Parteien im Fürstentum
Lüttich besprochen.
S.481 Bonhomme ( 21) setzt sich ebenfalls mit dieser Arbeit auseinander und führt die Forschung selbständig weiter. Schon in die Burgunderzeit führt eine Veröffentlichung von Fairon ( 63), der Dokumente für den Kampf der Lütticher gegen Ludwig von Bourbon und Karl den Kühnen aus dem Staatsarchiv in Lüttich abdruckt; sie bringen neues Material für die Politik Karls des Kühnen gegenüber Lüttich. Das langsame Werden der burgundischen Machtstellung in Flandern zeigt ein Aufsatz von Perroy ( 170) über Gerhard von Coudenberghe, der gegen Ende des 14. Jhds. ein urbanistischer Gegenbischof von Tournai gegen den Kandidaten von Avignon gewesen ist. Seine Stellung erklärt sich lediglich aus den Beziehungen Gents zu Richard II. von England, und sobald es dem Landesherrn gelingt, Gent zu unterwerfen, muß Gerhard ebenfalls weichen. Für die englisch-französische Politik in dieser Gegend ist die Arbeit von einem gewissen Interesse. Über den burgundischen Herzog Anton von Brabant und Limburg hat Quicke ( 183, 184) zwei wichtige Arbeiten veröffentlicht. Sie beruhen auf umfassenden Archivstudien; die eine ist ein Nachtrag zu dem Itinerar des Fürsten und gibt interessante Nachrichten über seinen Hof, die andere läßt aus den Abrechnungen einer Expedition nach Luxemburg einen Einblick gewinnen in die Geschichte der Preise, der Maße und Gewichte in Luxemburg, so daß diese Untersuchung auch wirtschaftsgeschichtlich von besonderem Wert ist (Bourguignon, Rev. belge 10, 693 f.). Zum Schluß sei auf die Arbeit von Lavalleye ( 119) über die Burg von Courtrai hingewiesen, die für die Geschichte der Befestigung der Burgunderzeit von Belang ist, sowie auf die Arbeit von Leuridan ( 131) über eine hennegauische Adelsfamilie von Werchin (1172--1562) und auf die Monographie von Collart-Sacré ( 34) über die Herrschaft Herstal. In diesem winzigen Territorium stand die Wiege des karolingischen Hauses, das ihm lange Anhänglichkeit erwies; es war dann fast 800 Jahre eine Enklave in dem Fürstentum Lüttich. Im 15. Jhd. gelangte es an das Haus Oranien und mit der oranischen Erbschaft an die Hohenzollern und bildete bekanntlich den ersten Anlaß für eine militärische Aktion Friedrichs des Großen. Für die Verfassungsverhältnisse bietet die Monographie einiges von Interesse.5. Städtewesen, Wirtschafts- und Handelsgeschichte.Für die Geschichte von St. Omer sind zwei Arbeiten von
de Pas von Bedeutung (
165,
166); die erste Untersuchung beschäftigt sich mit den
handelsgeographischen Grundlagen der Wirtschaftsstellung von St. Omer. Die frühe Blüte dieser Stadt wird
bestimmt durch die Tatsache, daß das Küstengebiet sumpfig ist und in St. Omer die erste Ansiedlung auf
festerem Boden sich befand. Dadurch wurde es Umschlaghafen für den Flußverkehr und auch für den
Seehandel mit England. Später gelang es der Stadt, auch die Gewalt über den neuangelegten Hafen Gravelingen an
der Küste zu erhalten, und erst das Emporkommen von Calais und Dünkirchen hat im 15. Jhd. die Stellung St.
Omers vernichtet. Die zweite Untersuchung gilt der Beziehung zwischen St. Omer und Gravelingen, das durch Dietrich von
Flandern bereits 1160 als Hafen ausgebaut wurde. 10 Urkunden von 1311--1605 beschäftigen sich mit den Rechten von
St. Omer in Gravelingen. Für das flandrische Städtewesen im allgemeinen hat Espinas (
62) einen wichtigen Beitrag geliefert durch die Neuherausgabe und
Bearbeitung einer Reihe von Dokumenten, die einen Streit zwischen Douai und Lille 1284--1285 behandeln. Es ist daraus
eine umfassende Studie über die inneren Verhältnisse der flandrischen Städte in dieser Zeit geworden (v.
Werveke, Rev. belge 9, 632 f.). Einen Konflikt der Bürgerschaft von Zwolle im 15. Jhd. mit ihrem Landesherrn, dem
Bischof von Utrecht, schildert Elte S.484 ( 57) auf Grund der Stadtabrechnungsbücher von Zwolle. Enklaar ( 59) gibt wertvolle Aufschlüsse über den Kampf Bredas um die Zollfreiheit in Geervliet und Jersekeroord durch die Veröffentlichung von 7 Urkunden des 15. und 16. Jhds., von denen 4 von Karl V. stammen. In einem sachkundigen Kommentar wird die verwaltungsrechtliche Bedeutung dieses Kampfes hervorgehoben. Von dem vor kurzem verstorbenen berühmten Historiker des Benediktinerordens in Belgien, Berlière ( 11), ist eine zweibändige Monographie der Stadt Gosselies im Hennegau zu erwähnen, die im 12. Jhd. einsetzt. Obwohl es sich um Lokalgeschichte handelt, ist durch die Heranziehung der großen unveröffentlichten Archivbestände die Arbeit zu einem besonders wertvollen Beitrag zur Geschichte der Stadtentwicklung wie der Ortsnamenforschung geworden. Besonders ist auf die beigefügten Karten zu verweisen. Verfassungsgeschichtlich ist die Monographie von Grandmetz im Hennegau von Croquet ( 40) von Interesse, weil es eine flandrische Enklave im Hennegau war, obwohl es als Reichslehn galt. Aus einer Monographie über die Herrschaft Bérelles bei Maubeuge von Trelcat ( 227) sind unveröffentlichte Urkunden aus dem Cartular der Abtei Alne (1182--1287) zu erwähnen.1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1931II. Allgemeine Darstellungen.Französische
Darstellungen des ausgehenden MA. sind zwei zu gleicher Zeit erschienen: in dem von Halphen und
Sagnac geleiteten, im ganzen auf 20 Bände berechneten Werk Peuples et civilisations ein Doppelband
von fast 900 Seiten, an dem im ganzen 5 Mitarbeiter beteiligt waren (Nr.
750. Leider war mir nur die 2. Hälfte zugänglich); während
Doucet (
751) auf reichlich halb so viel Raum den gleichen Stoff behandelte, mit
Ausnahme der englischen Geschichte, die Bémont beisteuerte (damit seine gemeinsam mit G. Monod
bearbeitete Histoire de l'Europe au moyen âge abschließend). Beide Werke gehen über die politische und
-- wie man für das MA. hinzufügen muß -- kirchliche Geschichte hinaus mit Abschnitten über
Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft. Beide orientieren über die Geschichte aller europäischen Völker, das
größere macht an den Grenzen Europas nicht Halt, sondern berührt auch asiatische Dinge. Beide haben sich
stärker, als wünschenswert ist, die Stoffanordnung erleichtert, indem sie je einem Volk oder einer Gruppe
kleinerer Völker ein Kapitel widmen und nur in den Schlußabschnitten, die Wirtschaft und geistige Kultur
behandeln, das Geschehen auf mehreren Schauplätzen zusammenfassen. Das erstgenannte Werk (
750) ist gründlich gearbeitet und ruht auf ausgebreiteter Kenntnis, auch
der deutschen Literatur. Es kann sich als Handbuch nützlich erweisen. Doucet dagegen bringt wenig über
deutsche Geschichte, und dies Wenige ist herzlich schlecht. Mehr als mangelhaft berichtet er über Rudolf von
Habsburg, Adolf und Albrecht. Ludwigs des Baiern Kampf mit der Kurie verzeichnet er vollständig, von Albrecht II.
behauptet er gar, er sei im Laufe eines Türkenkrieges getötet worden! Und als Streitobjekte zwischen dem
Deutschen Orden und Polen nennt er Westpreußen und die Odermündung! Diese Proben mögen als Warnung
genügen. Für die schwierige Aufgabe, den bunten Inhalt jener Zeiten, soweit das überhaupt möglich
ist, in einer dem zeitlichen Fortschreiten einigermaßen angepaßten Form darzustellen, bleibt nach wie vor
Rankes zu wenig gekannte Weltgeschichte das beste Vorbild. -- Weit über die Grenzen der deutschen Geschichte hinaus
greift auch Hashagens umfangreiches Buch über Staat und Kirche (
752). Es hebt aus der unübersehbaren Masse der territorialgeschichtlichen
Einzelforschungen alles hervor, was helfen kann, die Frage
S.183 zu klären, inwieweit sich im ausgehenden MA. die Herrschaft des Landesherrn über seine Kirche, wie sie die Perioden seit der Reformation verwirklichten, vorbereitet habe. Außer den bekannten hierhergehörigen Themen wie Pfründenpolitik, Klosterreform, geistliches Gericht, Ablaßwesen usw. erörtert er zum Beginn die Rechtgläubigkeit der Landesfürsten und zum Abschluß die theoretische Begründung des Laieneinflusses in der Kirche. Das Buch erleichtert ohne Zweifel das Sicheinarbeiten und -zurechtfinden in dem ungeheuren Stoff, es gibt auch eine Menge bedeutsamer Hinweise auf seine mögliche Auswertung. Eine großangelegte Darstellung, die zeigt, wie im Lauf jener Jahrhunderte trotz allen Gegenwirkungen ein Baustein nach dem andern hinzukam zum Gebäude des landesherrlichen Kirchenregiments, bis er seine vorreformatorische Gestalt erlangt hatte, ist das Buch nicht geworden und sollte es auch nach der Absicht des Verf., der die Zeit einer solchen Darstellung noch nicht gekommen glaubt, nicht werden. Von Kienasts Buch »Die deutschen Fürsten im Dienste der Westmächte« ( 753) ist die erste Hälfte des 2. Bandes erschienen. Sie umfaßt die Zeit von 1223 bis 1270 bzw. 72, also bis zum Tode Ludwigs des Heiligen und Heinrichs III. von England. Gründlichste Quellenstudien sind in ausgedehnten, oft genug Datierungs- und andere Fehler der bisherigen Literatur berichtigenden Anmerkungen niedergelegt. Die Darstellung ist reich an Einzeltatsachen und enthält zugleich wohldurchdachte, gut formulierte Urteile und Persönlichkeitsschilderungen. Von den handelnden Männern werden u. a. der durch seine diplomatische Tätigkeit für Heinrich III. von England wichtige Peter von Savoyen (S. 172) und sein Bruder Philipp (S. 203) treffend charakterisiert, vor allem aber wird plastisch herausgearbeitet der Politiker in Ludwig dem Heiligen, den seine Landsleute (S. 117 mit N. 1, 192 mit N. 4) allzusehr als uneigennützigen, ausschließlich von frommer Gesinnung beherrschten König darzustellen pflegen. Zu diesen Vorzügen von K.s Buch kommt als besonderes Verdienst die Sorgfalt, mit der die Formen staats- und lehnrechtlicher Verhältnisse und all die mannigfaltigen Mittel des damaligen Machtkampfes geschildert und als Erzeugnis wie als erzeugende Kraft des politischen Geschehens erfaßt werden. Hier ist viel Stoff gesammelt für die so dringend nötige vergleichende Geschichte der germanisch-romanischen Staaten. Als Stichwörter seien angeführt: Politische Pensionen (S. 112 f. Bezeichnend für den Wandel der Zeit, daß Philipp August dem Markward von Anweiler, Friedrich II. einem der französischen Staatsmänner eine Pension aussetzt; überhaupt Rolle des Geldes in der damaligen Politik 112--114, 145 N. 1); Bündnisse gegen den eigenen König im 12. Jhd. in Frankreich, im 13. in Deutschland (S. 135); 1230 erster Schiedsspruch eines französischen Königs im Streit zweier deutscher Fürsten (S. 60); Vasallität ohne Lehen noch weit später, als die herrschende Lehre annimmt (S. 44 N. 2); passive Resistenz des Lehensmanns bei scheinbarer Erfüllung seiner Pflichten: er bringt nur zwei Ritter ins Feld oder kehrt nach 40 tägigem Kriegsdienst unweigerlich heim (S. 38, 52, 58); lockeres Gefüge des Feudalstaates: Flandern kann Frieden mit England auch dann aufrecht erhalten, wenn es in einem englischfranzösischen Kriege dem französischen König Heeresfolge leisten muß (S. 83 N. 1). Nach alledem wird man sagen müssen: eines der gründlichsten und belehrendsten Bücher über politische Geschichte des MA., die wir in den letzten Jahren erhalten haben.S.184 IV. Städtegeschichte.Die Siegel, Wappen und Fahnen von Elbing hat der dortige Stadtarchivar H. Kownatzki unter Beifügung von Abbildungen beschrieben ( 301). Das älteste Stadtsiegel ist mit dem Stempel schon aus dem Jahre 1242 erhalten. Es stellt einen nach links segelnden Koggen dar. Die Umschrift nennt die burgenses. Ein weiteres, sehr viel reicher ausgeführtes Schiffsiegel ist seit 1367 bezeugt. Es zeigt auf dem Banner bereits das Stadtwappen, das auch allein auf einem gleichzeitigen kleineren Siegel vorkommt. Aus dem 15. Jhd. sind mehrere Sekret- und Signetsiegel bekannt. Das älteste Siegel der Neustadt Elbing ist seit 1347 bezeugt. Das Wappen der Altstadt zeigt einen weißrot geteilten Schild mit zwei gleicharmigen ledigen Tatzenkreuzen in umgekehrter Farbe. K. will die Kreuze auf den Deutschen Orden als Landesherrn und die rotweiße Farbe auf Lübeck, dessen Stadtrecht Elbing bei seiner Gründung erhielt, zurückführen. Gegen diese Deutung bestehen einige Bedenken. Rotweiß waren die Farben des alten Reiches und der Hanse. Sie hatten über Lübeck hinaus allgemeine Geltung. Gegen die Ableitung der Kreuze vom Ordenswappen spricht die von K. selbst angeführte Tatsache, daß von den 125 Städtewappen des Ordenslandes nur 4 Wappen Kreuze aufweisen. Zu diesen Städten gehörten gerade die ältesten und größten Hansestädte des Preußenlandes Danzig-Rechtstadt, Elbing-Altstadt und Königsberg-Altstadt. Danzig ist eine Gründung der Vorordenszeit. Nur bei einer der vier Städte, Pr. Eylau, dürften die Kreuze auf den Orden als Landesherrn zurückzuführen sein. Die Herkunft der drei anderen Wappen bedarf noch genauerer Untersuchung im Zusammenhang mit der Entstehung auch anderer hansischer Städtewappen. -- Während die Städte Danzig und Thorn nach ihrem Abfall vom Deutschen Orden das Münzrecht sogleich erhielten und ausübten, blieb dies der Stadt Elbing trotz wiederholter Bemühungen versagt. Nur gelegentlich wurden dort im 15. und 16 Jht. einige Münzen geprägt. Erst als nach der Besetzung Elbings durch Gustav Adolf die Stadt, wenn auch nur für kurze Zeit, von der polnischen Oberhoheit befreit wurde, gelang es dem Rat, den schwedischen König 1626 zur Erteilung des Münzrechts zu bewegen. Mit der erneuten Übergabe Elbings an Polen nach dem Waffenstillstand von Stuhmsdorf 1635 erlosch zunächst wieder Elbings Münzrecht, um erst im nächsten schwedischpolnischen Kriege 1656--60 wieder aufzuleben. Diese Entwicklung hat mit genauer Beschreibung der Münzen und unter Auswertung der zuständigen Archive und Sammlungen S. Rühle ( 361) sorgfältig geschildert. II. Landschaftsgeschichte:Die Pflege der wissenschaftlichen Untersuchungen zur Landschaftsgeschichte Pommerns hat auch für diesen Bericht ein Ergebnis gezeitigt. Wenn auch die Arbeit von Menke ( 1300) über Wolgast nicht sehr in die Tiefe geht, so ist doch der Überblick über die Entwicklung eines begrenzten Bezirks recht willkommen. In den verschiedenen »terrae« werden durch die deutsche Einwanderung und die Klostergründungen von Eldena, Stolpe und Pudagla die ehemaligen Kastellane zu Vögten des Landesherrn, bis schließlich durch Herzog Bogislaw X., dessen Landesverwaltung ausführlich geschildert wird, etwa um 1543 aus mehreren Vogteien ein Amt Wolgast gebildet wird. Dieses erhält einen Amtmann an der Spitze, der zugleich die Rechte des Grundherrn ausübt und nur die Visitatoren des Landesherrn über sich hat. Wirtschaftlich hat er für die Ertragfähigkeit des Landes zu sorgen. Für den Übergang des Amtes an Schweden werden die damit verbundenen Veränderungen in der Amtsverwaltung unter breiter Schilderung der schwedischen Verwaltung Pommerns dargestellt. Der 2. Teil der Arbeit ist dem topographischen Zusammenhang des Amtes gewidmet und baut sich geschickt auf dem historischen Quellenmaterial auf. -- In Verbindung mit der Teilung des Herzogtums Pommern in Stettin und Wolgast im Jahre 1532 wurden die Einkünfte aus dem Fürstentum Rügen durch eine besondere Aufnahme festgestellt. Diesem umfangreichen, im Stettiner Staatsarchiv aufbewahrten Aktenstück ist auch eine Karte von Rügen beigegeben, die man als die älteste ansehen kann. Haas ( 1343) beschreibt diese Karte, die in Faksimile hinzugefügt ist, und veröffentlicht aus dem Aktenstück den ersten Abschnitt über die verschiedenen Einnahmen des Landesherrn aus dem Amte Rügen. IV. Kirchengeschichte:Aus dem Schweriner Archiv veröffentlicht Strecker ( 900) von dort erhaltenen 7 Briefen Blüchers an seinen Landesherrn Herzog Friedrich Franz I. 3 Briefe aus den Jahren 1788, 1790 und 1817. Sie beziehen sich auf persönliche Angelegenheiten Blüchers und offenbaren recht vertraute Beziehungen zwischen beiden. IV. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte.Trotz mancherlei Darstellungen über den Werdegang der städtischen Entwicklung Aachens darf der Aufsatz von
Albert Huyskens (
1282) doch in erheblichem Maße Beachtung verdienen. Der Verf. geht
dabei aus von der Beobachtung des Gebrauchs der Führung des ältesten Aachener Stadtsiegels aus dem 12. Jhd.
Dieses nach dem Vorbild von Kaisersiegeln geschaffene Siegel ist nach stilistischen Kriterien der Zeit vor 1152
zuzuweisen. Die ältesten Urkunden des Stadtarchivs sind für die königlichen Kaufleute ausgestellt, deren
Bedeutung hier erörtert wird. Weiterhin geht der Verf. bei einer Untersuchung des Privilegs von 1166 auf die
Gerichtsverfassung
S.454 und Stadtbefestigung ein, sowie auf die Entstehung des Aachener Rats. Erst 1294 befand sich das Stadtsiegel in der Gewalt der Aachener Bürgermeister, während es noch 1273 in den Händen des Aachener Dechanten war, als vermutlich das in diesem Jahr gegebene Verordnungsrecht den Anlaß gab, das Siegel den Bürgermeistern zu überliefern. -- Das kurtriersche Sammelprivileg von 1332 erklärt E. Schaus ( 1280) mit der Absicht des Erzbischofs, sich vorsorglich die reichsrechtliche Stadtfreiung für etwa entwicklungsfähige Orte zu sichern und jede unmittelbare Einwirkung des Reichsoberhaupts auf die Landesuntertanen auszuschalten. Kraft seiner Stellung als Wahlfürst konnte sich Balduin vom Kaiser eine solche Sicherung seiner landesherrlichen Gewalt gewährleisten lassen. Die Verleihung mit Frankfurter Recht ist mehr als Nachweis des kurtrierschen Besitzstandes aufzufassen in dem Sinne und nach dem Vorgang Hontheims. -- Die Ausführungen von Emil Haas ( 1338), die einen Teil einer noch im Gange befindlichen Untersuchung über die Landgemeinde im Kurfürstentum Trier bilden, zeigen im Gegensatz zu der Auffassung von W. Fabricius, daß die im Amt Montabaur vorhandenen »Zechen« (Amtsgemeinden) nicht den Zentereien in anderen trierschen Ämtern entsprechen. Diese Zechen sind nicht aus gerichtsorganisatorischen, sondern rein verwaltungsorganisatorischen Maßnahmen erwachsen. Die Heimburgen im Amt Montabaur hatten mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit nichts zu tun. Sie sind ihrer Tätigkeit nach in erster Linie lokale Vertreter des Staats und werden vom Landesherrn besoldet. Sie nahmen eine vermittelnde Stellung ein zwischen Staat und Einzelgemeinde. Eine Vertretung der einzelnen Gemeinden der Zeche unter dem Vorsitz des Heimburgen gibt es nicht. Haas nimmt an, daß es sich bei der Schaffung der Zechen um eine Übertragung der linksrheinischen Gerichtsorganisation handelt. Er sieht in den Zechen Vorläufer der modernen Samtgemeinde rheinischer und westfälischer Eigenart. -- Als eine Ergänzung zu Schmollers Darstellung über das Städtewesen unter Friedrich Wilhelm I., zugleich aber auch als ein wichtiger Beitrag zur Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung verdient die Arbeit von Ilse Barleben ( 1326) vollste Beachtung. Mit großer Sorgfalt hat sie die Quellen über das Recht der niederrheinischen Städte aus Staats- und Stadtarchiven durchforscht und verarbeitet, indem sie die Grundzüge der Entwicklung in Gerichtsbarkeit und Verwaltung bis zur preußischen Zeit zur Darstellung brachte, um dann die Einflüsse der Reformen im 18. Jhd. aufzuzeigen. Wertvoll sind die Feststellungen über die Mannigfaltigkeit der Verwaltungsformen in den einzelnen klevischen Städten und überzeugend ihre Behauptung, daß auch im Zeitalter des Absolutismus die Idee der Selbstverwaltung lebendig geblieben ist. Wenn man im Einkörperschaftssystem der rheinischen Bürgermeisterverfassung den fortgeschrittensten Typus der kommunalen Verfassungs- und Verwaltungsorganisation erblickt, so weist die Verf. mit Recht darauf hin, daß es sich dabei nicht um eine Neuschöpfung der französischen Fremdherrschaft handelt. In dieser Hinsicht ist auch die Schlußbetrachtung, in der ein Vergleich zu den Verhältnissen des deutschen Ostens ausgeführt wird, durchaus überzeugend. Hinweise auf die Verhältnisse in anderen niederrheinischen Territorien wären erwünscht gewesen. -- Kleine staatliche Gebilde bieten dem Historiker durch ihre Verfassung bisweilen nicht weniger starkes Interesse als die größeren Territorien. Das zeigt K. Heckmann ( 1338) an der Verfassungsgeschichte der ehemaligenS.455 reichsfreien Herrschaft Homburg an der (oder vor der) Mark, die zunächst als ein Stück der Grafschaft Sayn kurpfälzisches, seit 1276 aber Reichslehen war. Trotz stattgefundener Teilungen unter den Besitzern blieb die Herrschaft und Festung ein Ganzes, eine sogen. Ganerbschaft. Über den Brurgfrieden von 1385, die Verhältnisse der Ganerben untereinander und zu den bergischen Nachbarn, sowie über spätere Verträge, die mancherlei verfassungsgeschichtlich und rechtlich interessante Einzelheiten bieten, insbesondere über den Siegburger Vergleich von 1604 weiß der Verf. Eingehendes zu berichten. Auch die kirchenpolitisch bemerkenswerte Persönlichkeit des Grafen Ludwig d. Ä. zu Wittgenstein tritt bei den Verhandlungen aus dem Ende des 16. Jhds. dabei als eine bisher noch zu wenig bekannte Größe in helleres Licht. --III. Geschichte des Landes und einzelner Landschaften.Der Universitätsprofessor K. A. v. Müller ließ einen Vortrag
über das bayerische Problem (
164) drucken. Nach ihm ruht die bayerische Geschichte, die er kurz und scharf
umreißt, »wie wenige andere in sich selber mit einer Hartnäckigkeit der Selbstbehauptung, die
ihresgleichen sucht«. Vom Bayern aber sagt er: »So wenig es ihn treibt andere zu kommandieren, so wenig
verträgt er selber fremdes Kommando.« -- W. Decker (
1443) bietet uns ein buntes Bild dar von dem Geschlecht der Nothaft, das im
Staatsdienst, auf eignem Besitz, in Industrieunternehmungen usw. viel geleistet hat, das eine Zeitlang stark verzweigt
war, aber durch den 30jährigen Krieg, weil die meisten Besitzungen in der Oberpfalz und in Niederbayern lagen, viel
geschädigt wurde und auch hernach noch Einbuße erlitt, besonders durch die Grundentlastung. -- Bei A.
Schmids Abhandlung (
1266) liegt der Nachdruck auf der Zeit nach dem 16. Jhd., nachdem im 1.
Abschnitt ein Rückblick aufs Mittelalter gemacht worden ist. Der 2. Abschnitt heißt: »Gesetzliche
Beschränkung der Kleinhäusler und Taglöhner vom 16. bis 18. Jahrhundert.« Die Bestimmungen der
organischen Gemeindeedikte von 1808 und 1818 beschließen die von einem sachverständigen Historiker gegebenen
Ausführungen. -- A. Mitterwiesers Buch von 160 S. (Bayer.
S.478 Prunkschiffe aus 5 Jahrhunderten. München, Akad. Druckerei. 5 RM.) kann zeitlich bis 1490 zurück Leibschiffe der Landesherrn auf dem Würmsee nachweisen. Der Höhepunkt ist in der Barockzeit mit dem Bucintoro und seinen Begleitschiffen erreicht. Geographisch werden auch die Kanäle um München, der Chiemsee, Inn und Salzach einbezogen und reiches kulturgeschichtliches Material ausgebreitet. -- Hans Kuhn ( 817 u. 819) hat die Kriegszeit vor 300 Jahren an der Donau in zwei Aufsätzen gut behandelt. Das Merkwürdige an der ganz kurzen Belagerung von Ingolstadt ist der während dieser erfolgte Tod des greisen Feldherrn Tilly in der Festung, der Abzug des bayerischen Kurfürsten aus ihr am linken Donauufer nach Regensburg und der Abbruch der Belagerung durch den Schwedenkönig trotz der verminderten Besatzung. Bei dieser war aber als Gefangener der Obrist Graf v. Fahrensbach, ein geborener Litauer. In Regensburg wurde dem Abenteurer der peinliche Prozeß gemacht, trotzdem beim Kampfe um Bamberg im Heere Tillys er sich ausgezeichnet hatte. Wieviel Schuld noch zum Abenteurerleben kam, ist nicht ganz geklärt. Für den Lebenslauf des Grafen v. Aldringen, seines Widerparts, fällt auch einiges ab.IV. Bibliographie und Ortsgeschichte.Fast 100 Seiten im Kleindruck wurden W. Krag ( 24) für seine literarische Jahresrundschau von Bayern eingeräumt. Diese Feststellung allein gibt schon eine Ahnung von der reichen Jahresernte an geschichtlichen Werken, auch Zeitschriften- und Zeitungsaufsätzen im Südosten des Reiches. --Sandberger ( 1956) behandelt die rechtliche Stellung der Universität Ingolstadt zum Landesherrn, zum Bischof von Eichstätt und zur Stadt. Das 4. Kapitel befaßt sich mit dem Bursenwesen und der wirtschaftlichen Lage der Studenten, das 5. mit der Gerichtsbarkeit des Rektors. -- Pfarrer Jos. Reindl hat im Verlag Weinmayer, Geisenfeld a. d. Ilm ein 180 S. starkes Buch »Erziehung und Unterricht im Ilmgau« erscheinen lassen. Es ist dies der Bereich der Städte, Märkte und alten Klöster Pfaffenhofen, Vohburg, Wolnzach, Geisenfeld, Hohenwart, Scheyern, Ilm- und Münchsmünster. -- Die »Staffelsee-Chronik« von Hans Jakob Gebhart in Murnau ist eines der besten Heimatbücher (132 S.). Es mußten »scheinbar unbedeutende Dinge aufgenommen werden, doch auch für die hohe Geschichte fällt einiges ab, weil es das Gebiet des im Dunkel liegenden Staffelsee-Bistums des 8. Jhds. ist. -- Auch das Buch von Alb. Aschl, Alte und neue Straßennamen der Stadt Rosenheim (Rosenheim, Högner & Grosse, 133 S.) muß noch erwähnt werden, nicht nur, weil es sehr gut ausgestattet ist, sondern auch, weil es eine gründliche Arbeit ist von einem Ortsforscher, der viel weiß und dies angenehm darstellt. -- Zum Schlusse sei noch erwähnt, daß auch die Geschichte von zwei human. Gymnasien erschienen ist, nämlich von Straubing (1773--1931, von Hans Schlappinger) und von St. Anna in Augsburg (1531--1931, von K. Köberlin), endlich als Münchener Dissertation von Fr. Krebs, »Das deutsche Schulwesen Ambergs« vom 15. bis Ausgang des 17. Jhds. (Kallmünz, 99 S.). B. Pfalz und FrankenHäufig auf neuen, eingehenden Aktenforschungen von
Schülern fußend, formt Brandt (
861) ein lebendiges und neu geschautes Mosaik der außen- und
innenpolitischen Bedeutung und Ereignisse sowie der kulturellen Leistungen der fränkischen Markgrafschaften unter
der Regierung der beiden Schwäger Friedrichs des Großen, des Vollblutmenschen Karl Wilhelm Friedrich von
Ansbach und des genußfrohen Förderers von Kunst und Wissenschaft Friedrich von Bayreuth. Das Kulturbild im
ersten Lande ist verhältnismäßig, im anderen weniger schlicht; im ganzen gesehen stellt dennoch diese
Spanne im friderizianischen Zeitalter einen der fesselndsten Abschnitte fränkischer wie deutscher Landesgeschichte
dar. -- Gleichfalls der Kultur- und Geistesgeschichte der ersten Hälfte des 18. Jhds. soll die wichtige und
umfassende Veröffentlichung der Quellen zur Geschichte des Barocks in Franken dienen. Der erste Halbband
umfaßt, in der Hauptsache von Hantsch und Scherf (
1932) gesammelt und wissenschaftlich bearbeitet, in 494 Abdrücken,
Auszügen, Regesten die Zeit von 1693 bis 1716; er bietet eine unermeßliche Fundgrube für die
erstaunliche Mannigfaltigkeit künstlerischen Schaffens in den geistlichen Fürstentümern Bamberg und
Würzburg unter dem Mainzer Kurfürsten und Bamberger Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn.
Bedauerlicherweise ist die Herausgabe des zweiten Halbbandes sowie die Fortsetzung des auf drei bis vier Bände
berechneten Werkes vorläufig zurückgestellt. -- Die Verwaltung und Verfassung eines
oberfränkisch-oberpfälzischen Grenzgebietes findet in einer Einzeldarstellung Knopfs (
1267) eingehende Aufklärung. Vogtei und Amt Vilseck sind zwei
S.481 verschiedene staatsrechtliche Begriffe: Ursprünglich stand das Bamberger Gebiet um Vilseck unter der Vogtherrschaft der Grafen von Sulzbach und dann der Hohenstaufen, seit 1269 zerfällt es in zwei, verschiedenen Landesherrn unterstellte Teile: Die Vogtei über die Stadt und Umgebung bleibt dem bisherigen, dem Bamberger Bischof, es bildet sich um 1300 das Amt Vilseck daraus; die Vogtei über das Vilsecker Land, das spätere bayerische Landgericht Amberg, erben damals die Wittelsbacher. Die Schwierigkeiten in Abgrenzung der bischöflichen und herzoglichen Gerechtsame schildert der Verfasser im einzelnen; sie dauerten bis zur Säkularisation.4. Lokales.Die Dissertation von Schwarzenbach ( 167) beginnt mit einem Überblick über die politische Geschichte des Oberengadins und mit einer Würdigung der erdkundlichen Grundlagen. Als Landesherr erscheint im Oberengadin im Mittelalter der Bischof von Chur. Markgenossenschaft, Meierhöfe und kirchliche Organisation werden dargestellt in ständiger Bezugnahme auf den geistlichen Landesherrn. In einem Abschnitt über die Verkehrsgeschichte wird die Bedeutung der Pässe erörtert. Der dritte Teil befaßt sich mit der Geschichte von Alp- und Weidewirtschaft, Getreidebau und Bergbau. Festgehalten sei die Beobachtung der Verfasserin, daß das Oberengadin in drei Kirchspiele (romanisch »pleifs«) zerfiel, deren Grenzen auch für die politische und für die Verwaltungseinteilung maßgebend wurden. 1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1932V. Katholische und evangelische Kirche.Hellmut
Eberlein (Schlesische Kirchengeschichte, Breslau, Ev. Pressverband) hat mit Geschick einen
gemeinverständlichen Abriß der schlesischen Kirchengeschichte für weitere Kreise verfaßt, der die
Entwicklungslinien und die tragenden Persönlichkeiten klar hervortreten läßt. Nicht alle Abschnitte
konnten mangels brauchbarer Vorarbeiten genügend ausgearbeitet werden; knappe Literaturangaben geben Hinweise
für nähere Studien. -- K. G. Bruchmann (Eine unbekannte Urkunde Papst Alexanders V. aus dem
Jahre 1410, in d. ZVGSchl. 66, S. 130 bis 138) bestimmt scharfsinnig eine nur zur Hälfte erhaltene, von einem
Schweidnitzer Mannrechtsregister abgelöste Urkunde, als ein Indult, vor Tagesanbruch Messe lesen zu lassen. -- Das
kleine Schriftchen »Kloster Kamenz« von Paul Knauer (Liegnitz, Selbstverl.) ist
siedlungsgeschichtlich beachtenswert. Zwei Karten und Abbildungen erläutern den Text. Unter den Äbten sind zu
nennen: Augustin Neudeck, der Erbauer der Wallfahrtskirche in Wartha und Tobias Stusche, der Freund Friedrichs d. Gr.
-- A. Zobel, Beiträge zur Geschichte der Peterskirche in Görlitz i. d. J. 1498--1624 (Neues
Laus. Mag. 108, S. 1--86), mit 9 Blatt Zeichnungen von Johann Kulmann a. d. J. 1621--1624 sind nicht nur
baugeschichtlich beachtenswert, sondern bringen auch urkundliche Erläuterungen über die Altäre, die
Bibliothek, die Epitaphien, die Glocken und die Orgeln. -- W. Dersch veröffentlicht »Das
Inventar des Kirchenornates in der Elisabethkirche des Breslauer Domes« (ZVGSchl. 66, S. 207--217). -- Das Buch
von Schweter <
2378> über die »Hedwigschwestern« ist für Schlesien
besonders wichtig, weil das Mutterhaus dieser Kongregation seinen Sitz in Breslau hat. Der vom Kanonikus Robert Spiske
( 1888) gegründete Jungfrauenverein (i. J. 1848) wurde 1858 von Pius IX. als Kongregation, die nach der
Regel Augustins lebte, anerkannt. Während des Kulturkampfes fanden die Schwestern Zuflucht in Nezamislitz
(Mähren) und kehrten 1889 nach Breslau zurück. Ihre Tätigkeit galt der Erziehung von Waisenkindern und
Verwahrlosten, später auch der Krankenpflege. Die deutsche Provinz umfaßt jetzt 28, meist in Schlesien
liegende Niederlassungen. -- Jul. Rademacher hat seit einigen Jahren mit der Neubearbeitung einer
schlesischen Presbyterologie begonnen, die bisher die Kreise Trebnitz, Militsch (Trachenberg) und Wohlau umfaßt
(Predigergeschichte des Kirchenkreises Wohlau, Wohlau, Selbstverl.). -- Die Pfarrer des Fürstentums Jägerndorf
und der Herrschaft Beuthen lehnten 1579 gegenüber ihrem Landesherrn, dem Markgrafen Georg Friedrich von
Brandenburg, die Annahme der Konkordienformel, des sog. Bergischen Buches, ab. K. Schornbaum <
2510> druckt diese Erklärung ab, die im Nürnberger Staatsarchiv
den eifrigen Studien von Biermann und Loesche entgangen war. -- Ein von Ludwig Musioł
veröffentlichter Visitationsbericht über die evangelischen Kirchen des Plesser Dekanats von 1628 (ZVGSchl. 66,
S. 139--154) aus dem Fürstl. Archive in Pleß stammt aus den letzten Tagen vor dem folgenschweren Einbruch der
Gegenreformation unter dem Burggrafen Karl Hannibal von Dohna. -- Friedrich Schwenker erzählt allzu
breit die Schicksale
S.434 der ev. Gemeinde in Rybnik seit 1790 (Aus den Anfängen der ev. Kirchengemeinde Rybnik in Oberschlesien, i. d. ZVGSchl. 66, S. 191--206).IV. Kirche.Das Werk von Schwartz <
2522> widerlegt die Behauptung, daß die Reformation in Soest auf
soziale oder demokratische Triebkräfte zurückzuführen sei; die in strenger Sachlichkeit vorgetragenen
Tatsachen lassen vielmehr keinen Zweifel, daß das Eindringen der reformatorischen Ideen erst politische Bewegungen
auslöste, die sich an dem ablehnenden Verhalten des altgläubigen Rates entzündeten. Auch mit dem den
Neuerungen abholden Landesherrn, dem Herzog von Jülich, über dessen Kirchenpolitik das Buch wertvolle
Aufschlüsse bringt, gab es Schwierigkeiten. Doch konnte er seine Forderung, statt der 1531 erlassenen, von Oemeken
verfaßten und im lutherischen Geiste gehaltenen Kirchenordnung die klevische Kirchenordnung anzunehmen, nicht
durchsetzen. Jedoch unter den Einwirkungen der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes, dem die Stadt nicht angehört
hatte, mußte sie den katholischen
S.460 Gottesdienst in vollem Umfange wiederherstellen und die Oemekensche Kirchenordnung aufheben. Der Umschwung der politischen Lage im Reich ermöglichte 1552 die Wiedereinrichtung evangelischen Gottesdienstes; jedoch dauerte es bis 1565, ehe alle Pfarrkirchen wieder evangelisch besetzt waren. In der Kontroverse über die Persönlichkeit des Verf. der unter dem Namen des Daniel von Soest gehenden altgläubigen Streitschriften stellt sich Schwartz ablehnend zu der These von Jostes, daß Gropper der Verfasser sei; er hält die Autorschaft des Stadtsekretärs Jasper van der Borg für erwägenswert (bzw. seines gleichnamigen Sohnes; vgl. dazu jetzt Arn. E. Berger in: Dtsche. Literatur, 9. Reihe, Bd. 3, 1933, S. 173 ff.). Dem archivalisch gründlich fundierten Buch ist ein umfangreicher Quellenanhang beigegeben. --Plassmann < 797> möchte in der Verbindung der religiösen Schwärmerei des Niederländers mit praktischer Welterfahrung, im Zusammenwirken eines ganz ma.lichen Irrationalismus mit der nüchternen Weltoffenheit des Renaissancemenschen die Grundlagen für das Handeln und für die Wirkung des münsterischen Wiedertäufers Jan von Leyden sehen. -- Die geschichtliche Bedeutung des münsterischen Domdechanten Gottfried von Raesfeld beruhte, wie Bömer < 2382> zeigt, in seinem Anteil an den Reformen des Bischofs Johann von Hoya, seinem Widerstand gegen die Pläne Konrads von Westerholt, das Bistum Münster in protestantische Hand zu bringen, und in der Berufung der Jesuiten nach Münster. -- Der Ausgabe des Textes der Paderborner Matrikel <1931, 1962> hat Freisen < 2728> einen Band mit biographischen Nachweisungen für die Studenten wie für die Professoren nachfolgen lassen, leider ohne das dringend nötige Register.VI. Rechts- und Verfassungsgeschichte.Die Tagung der
Société d'Histoire du Droit des pays flamands, picards et wallons <
197> war 1932 wissenschaftlich wieder sehr ertragreich. Aus dem
Protokoll seien hervorgehoben die Ausführungen von Piétresson de Saint-Aubin über die deutschen
Einflüsse auf die Diplomatik der Bischöfe von Cambrai im 11. und 12. Jhd., ferner die Mitteilung von Harsin
über den Verzicht Maria von Burgunds auf ihre Rechte auf das Fürstentum Lüttich 1477 und von Laurent
über die Stände von Brabant 1380/81. Perrin <
166> hat auf Grund zahlreicher Urkunden und Quellenzeugnisse die
fränkische Hundertschaft auf lothringischem Boden untersucht. Der Bann der Hundertschaft nahm dort eine eigenartige
Entwicklung, die nur verständlich wird durch die Heranziehung französischer Zeugnisse über die vicaria
(Wolfram, Elsaß-Lothringisches Jahrbuch, 10, 333--334). Für die Verfassungsgeschichte
Flanderns ist über eine Neuerscheinung von grundlegender Bedeutung zu berichten.
Ganshof <
77> kündigt in der Einleitung seiner Untersuchung über die
Gerichtshöfe der Kastellanien in Flandern an, daß sie ein erster Schritt zur Darstellung der
Gerichtsverfassung Flanderns im MA. sein soll. Es werden verschiedene Typen von Gerichtshöfen festgestellt, und
zwar Kastellanien, die nur Schöffengerichte, andere die nur Lehnsgerichte und schließlich solche, die beide
Typen nebeneinander besitzen. Es wird dies in einer besonderen Karte veranschaulicht. Die sehr scharfsinnige Arbeit
behandelt auch allgemeine verfassungsgeschichtliche Probleme und bringt für die deutsche Forschung eine Fülle
von Anregungen (Sproemberg, D. L. Z. 1932, S. 1519 bis 1525). Dagegen ist die Untersuchung von Duesberg
<
51> über die Schöffengerichtsbarkeit in Flandern und Lothringen
doch nur ein kühner, aber nicht sehr gelungener Versuch, die verwickelten Probleme dieser Frage zu lösen,
S.546 vgl. Espinas < 64>, S. 265--266. Ein weiterer wertvoller Beitrag zur flandrischen Verfassungsgeschichte ist die Arbeit von Verlinden < 223>, der die Herkunft der Abgabe der Bürger für die Stadtbefestigung, die in Flandern den Namen Balfart führt, klargestellt hat. Sie beruht auf einem Recht des Landesherrn und nahm später den Charakter einer Grundrente an (Ganshof, Rev. belge, 12, 941--942). Hingewiesen sei auch auf das wertvolle Verzeichnis, das Vanhove < 217> über die Lehen in Seeflandern, zunächst in der Kastellanie von Cassel, zusammengestellt hat (J. De Smet, Rev. belge, 12, 1438--1439). Für die Brabanter Verfassungsgeschichte ist ein nach mehreren Richtungen interessanter Aufsatz von Lousse < 141> erschienen. Von der sogenannten wallonischen und flämischen Urkunde Johanns III. von Brabant vom 12. Juli 1324 wird nachgewiesen, daß beide ursprünglich in romanischer Sprache erlassen waren. Für die Sprachenverhältnisse der Brabanter Verwaltung ist das ebenfalls von Belang (Quicke, Rev. belge, 12, 475--476). Prims < 174> machte kritische Bemerkungen zu den verschiedenen Ausgaben des Keurenbuches von Antwerpen sowie wertvolle Ausführungen über den allgemeinen Charakter derartiger Keurenbücher. Auch einige von ihm veröffentlichte Appellationen von Schöffenstühlen < 175> an den Antwerpener Schöffenstuhl sind rechtsgeschichtlich von einem gewissen Interesse. Besondere Aufmerksamkeit sei auf die Untersuchung von Fruin < 73> gelenkt, da er sich mit dem für deutsche Verhältnisse wichtigen Problem des Übergreifens flandrischer Verfassungs- und Rechtsorganisationsgedanken über die Reichsgrenze beschäftigt. Für Seeland wird das in eindringender Untersuchung nachgewiesen. In der gleichen Richtung ist die große Arbeit von Jansma < 111> über den Rat und den Rechnungshof im Haag von Bedeutung. Es ist gleichzeitig eine Geschichte der Einführung des burgundischen Verwaltungssystems in Holland und Seeland. Dabei ist es für die Beurteilung der Entstehung des burgundischen Staates von hohem Interesse zu sehen, daß der Anschluß an Burgund keinen Bruch in der Verwaltungsentwicklung, sondern ihren Abschluß bedeutet. Die Arbeit ist wichtig für die Kenntnis der Entwicklung der burgundischen Staatsorganisation (Sproemberg, Hansische Geschichtsblätter, 58, 188--191). Ebenso zeigt der Aufsatz von Fockema Andreae < 70> über die Ballei Rheinland in Südholland in interessanter Weise den Übergang der Rechtsformen von Westen nach Osten und ihre eigenartige Weiterbildung. Einen verfassungsgeschichtlich bedeutsamen Fund stellte die Entdeckung des älteren Landrechts von Grimberghen von 1275 durch Meijers < 147> dar. Es ist eine der ältesten Keuren in niederländischer Sprache und scheint als Vorbild für Brabanter Landrechte gedient zu haben, während es selbst stark abhängig ist von flandrischen Keuren, und zwar aus Reichsflandern. Auch hier zeigt sich der Zug der Rechtsentwicklung von Flandern nach Brabant. Für die inneren Rechtsverhältnisse des spätburgundischen Staates ist die Veröffentlichung von Strubbe < 202> aufschlußreich. An dem Beispiel von Courtrai wird die Auswirkung des großen Gedankens Karls V. gezeigt, die zahllosen Einzelverfassungen, namentlich der Städte, in den gesamten Niederlanden aufzuzeichnen und nach großen Gesichtspunkten zu vereinheitlichen (Enklaar, Tijdschr. v. Geschied., 48, 412--413). Für die Entwicklung des Deichrechts und der Wasserverwaltung des späten MA. sind die Aufsätze von Fockema Andreae < 71/ 72> über die Herrschaft Stein bei Gouda beachtenswert. Bei seinen Arbeiten für die große Veröffentlichung der RechtsquellenS.547 von Gooiland sammelte Enklaar < 61> auch Urkunden des Domkapitels und der Altmünsterkirche in Utrecht, die sich auf das Uitermeer beziehen (1395 --1564). In einem kurzen, aber gehaltvollen Kommentar werden einige damit zusammenhängende, für die Geschichte von Utrecht wichtige Fragen behandelt. Der Abschluß der großen Veröffentlichung Heeringas < 99> über die Rechnungen des Stiftes Utrecht bringt auch eine bedeutende allgemeine Einleitung über die Einkünfte der Bischöfe von Utrecht von hohem wirtschafts- und verwaltungsgeschichtlichen Wert (Obreen, Rev. belge, 12, 753) <1926, S. 679>. Auch auf den kleinen Aufsatz von Dept < 49> über die älteste Rechnung von Ostende sei in diesem Zusammenhang hingewiesen. Zur Rechtsgeschichte ist wichtig die scharfsinnige Untersuchung von Ganshof < 75> über die sogenannte Urteilsschelte, die den Schöffen von Lüttich in der Grafschaft Looz bereits im 12. Jhd. zustand (Stutz, Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. Germ. Abtlg., 53, 482). Strubbes < 204> biographischer Abriß der Tätigkeit eines bekannten Brabanter Juristen des 15. Jhds. kommt erhebliche Bedeutung für die Frage der Rezeption des römischen Rechts in den burgundischen Niederlanden zu. Für die Geschichte der Rechtssymbole im MA. verdient große Beachtung die ausgezeichnete Untersuchung von Pirenne < 168> über das Lütticher Hoheitszeichen, den sogenannten »perron« in der Burgunderzeit. Zur Geschichte des Strafrechts im Bistum Lüttich sind Arbeiten von Geßler < 80 und 82> und Bayot < 11> zu nennen; namentlich der Aufsatz über das »ius ignis« -- das Recht, das Haus eines Mörders niederzubrennen -- ist nicht nur für die Lütticher Geschichte wichtig (Debouxhtay, Rev. belge, 13, 398). Den Hintergrund eines Prozesses des 16. Jhds. in der Grafschaft Zutphen, über den Martens van Sevenhoven < 145> berichtet, bildet der Kampf des dort bodenständigen Landrechts gegen das römische und kanonische Recht. Für die ma.lichen persönlichen Rechtsverhältnisse ist die Untersuchung Heringas < 101> über die Beziehung zwischen Zins und Hörigkeit in der Veluwe ein sehr lesenswertes Buch (Van der Heijden, Tijdschr. v. Rechtsgeschied., 12, 421--424). Martens van Sevenhoven < 146> erweist, daß die Rechsstellung der Wachszinspflichtigen in Gelderland im MA. ähnlich der Lage dieser bevorzugten Klasse kirchlicher Hintersassen im Bistum Münster war, weil sich dessen kirchliche Gewalt auf Geldern erstreckte. Ebenfalls eine wichtige Standesfrage beleuchtet die interessante Veröffentlichung Enklaars < 60> aus einem altholländischen Adelsarchiv, die die Frage der Beziehung zwischen Ritterbürtigkeit und Steuerpflicht behandelt.1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1933-34III. Politische Geschichte im 15. Jh.Stofflich und zeitlich berührt sich
damit die Monographie von Ernst über Eberhard im Bart <
1118>. Der Verfasser beginnt mit einer Schilderung des Landes und seiner
Organisation, darauf läßt er einen Abschnitt: E. und Württemberg
S.285 (Hauptstück: Aufrichtung und Erhaltung der württembergischen Einheit) und schließlich einen dritten: E.s Politik nach außen folgen. Das Material, das zur Verfügung stand, war nicht allzu ergiebig. Trotzdem erhalten wir ein vielseitiges, klares Bild vom Wirken dieses Landesherrn und von seiner politischen Umwelt, auch fallen manche Bemerkungen, die die Struktur des politischen Lebens in jener Zeit überhaupt glücklich erhellen. Ich hebe als Beispiele nur hervor die Darlegungen über die Gründe für das Emporkommen der württ. Landstände (S. 56 f.) und über Oberschwaben als Spannungsfeld zwischen Habsburg, den Eidgenossen und Württemberg (S. 124--127). Vergleiche mit anderen Fürsten der Zeit kommen nur ausnahmsweise vor und betreffen dann süddeutsche Nachbarländer. Hätte der Verfasser auch Mitteldeutsches herangezogen (das Buch von Woldemar Goerlitz über Georg von Sachsen lag da sehr nahe), so hätte sich das damals Übliche und das in Württemberg Eigentümliche noch besser sondern lassen. Ein stärkeres Eingehen auf den Anteil Eberhards am Kulturleben der Zeit (der Verfasser hat ihn anderwärts als Universitätsgründer geschildert) hätte das Bild farbiger gemacht. Aber auch so wie es vorliegt, ist das Buch ein Zeugnis gründlicher, gediegener und ertragreicher Arbeit und erweckt den Wunsch, daß es Nachfolger finden möge.III. Deutsche Fürsten und Stände; Politiker und Militärs:O. Hahne < 1176> stellt das Leben des Asche von Cramm dar, eines braunschweigischen um 1490 geborenen Adligen, der nach wechselnden Kriegsdiensten schließlich in die Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen getreten war und in ihnen die Schlacht bei Frankenhausen mitmachte. In dieser Zeit wurde er mit Luther bekannt. Gespräche mit ihm gaben dem Reformator die Veranlassung zu seiner Schrift: »Ob Kriegsleute auch im seligen Stande sein können«, die Asche von Cramm gewidmet ist. Der Verf. zergliedert sie und deckt dabei die Beziehungen zu Cramms Leben auf. Entsprechend den Weisungen Luthers kämpfte der Ritter von nun an nur noch in Diensten seines Landesherrn Heinrichs des Jüngeren von Wolfenbüttel und damit des Kaisers. II. Geschichte einzelner Epochen, Ereignisse, Persönlichkeiten.Recht wissenschaftlich und eingehend behandelt die Polin Joanna Gładyszówna Vorgänge aus den brandenburgisch-polnischen Kämpfen z. Z. Markgraf Ludwigs d. Ä. < 1122>; besonderes Interesse hat die Arbeit gegenwärtig im Hinblick auf Zantoch. -- Zwei wichtige Aufsätze zur Geschichte dieses Kampfes um Zantoch bringt E. Kittel < 1124, 1125>. Im ersten, umfangreicheren, behandelt er mit Quellensicherheit die allgemeinen Hergänge, die Grenzen des Burggebietes und den Verrat der Feste durch die Johanniter an Hussiten und Polen im Jahre 1433. Wie sich die Beziehungen der Johanniter zu dem Landesherrn der Neumark, dem Deutschen Orden, insbesondere infolge dieses Verrates von 1433, gestalteten, zeigt der zweite Aufsatz. Besonders hervorzuheben ist K.s Ansicht, Markgraf Friedrich II. hätte nicht nur mit Geld die Neumark für sich, sondern auch durch Entsendung von Mannschaften Westpreußen dem Deutschen Orden und damit dem Deutschtum für alle Zeiten erhalten müssen. -- Ein feiner Aufsatz R. Lehmanns < 1372> zeigt die stets gutdeutsche, aber leidenschaftlich sächsische Einstellung der Niederlausitzer Stände beim Übergange an Preußen und ihre realen Hintergründe. -- Über umfangreiche Maßnahmen in der Niederlausitz gegen den drohenden Einbruch des »Erbfeindes christlichen Namens, des Türken« im Sommer 1683 geben einige Schriftstücke Auskunft, die R. Lehmann veröffentlicht < 1251>. -- Mit Quellenkritik behandelt E. Schwartz die Episode des Verrats von Prenzlau durch Bürger der Stadt 1425/26 im Rahmen der brandenburgisch-pommerschen Kämpfe um die Uckermark zu Beginn der Hohenzollernherrschaft in der Mark < 1123>. V. Stadtgeschichte.Der Stadtrechtsforschung harren in Pommern noch zahlreiche große Aufgaben; fehlt es doch fast völlig an Untersuchungen, die die Entwicklung der städtischen Verfassung, die Entstehung des Patriziats usw. unter dem Gesichtspunkt der neueren mit Namen wie Fritz Rörig, Karl Frölich, Konrad Beyerle u. a. verbundenen Problem- und Fragestellungen behandeln. Um so bedauerlicher ist es, daß auch die jüngste Arbeit über die Entstehung und älteste Verfassung Stralsunds von P. Baack < 2185> das neueste einschlägige allgemeine Schrifttum so gut wie gar nicht berücksichtigt und daher z. T. zu schiefen und wenig befriedigenden Ergebnissen gelangt. Aber auch die Spezialliteratur ist, um das gleich vorwegzuschicken, keineswegs erschöpfend verarbeitet worden (so vermißt man beispielsweise die Greifswalder Dissertation von I. Kieseritzky, Die Stadt Stralsund geographisch betrachtet, 1922; auch mußten die pommerschen Chroniken nach den modernen Ausgaben und nicht nach denen aus den ersten Jahrzehnten des vorigen Jh.'s benutzt werden), ein Mangel, der sich vor allem im 1. Abschnitt über die Entstehung Stralsunds nachteilig auswirkt. Denn was der Verf. hier über die Anfänge Stralsunds sagt, ist doch zum mindesten sehr problematisch (vgl. hierzu z. B. Gerlach im Stralsunder Tageblatt vom 9. und 11. März 1935, der im Gegensatz zu dem sich in der Hauptsache auf Fock stützenden B. mit guten Gründen eine planmäßige Unternehmergründung annimmt). Bei dieser Gelegenheit sei noch bemerkt, daß die Ausführungen über die Herkunft der Bevölkerung in manchem durch Bahlows Aufsatz < 702> über die Stralsunder Bürgernamen um 1300 berichtigt werden. Im übrigen untersucht B. das Verhältnis der Stadt zum Landesherrn, die Entstehung des Stadtrates, die er ohne zwingenden Grund erst in die Zeit von 1240 bis 1256 verlegt, und die Stellung der Bürgerschaftsvertreter. Der letzte Abschnitt beschäftigt sich dann mit der Darstellung der Verfassungsentwicklung um 1300, bietet daneben aber auch willkommenen Aufschluß über den Aufgabenkreis des Rates. Alles in allem eine fleißige Arbeit, die auch die Lokalforschung um manche wertvolle Beobachtung bereichert, die aber wegen des Außerachtlassens der allgemeinen Zusammenhänge und wegen der anderen geschilderten Mängel keineswegs zu einem abschließenden Ergebnis führt. V. Stadtgeschichte.Einen interessanten Ausschnitt aus seinen umfassenden Vorarbeiten zur Geschichte Bogislaws X. von Pommern bietet M. Wehrmann < 1129> in gewohnt meisterhafter Beherrschung des Stoffes in seinem Aufsatz über Stralsund und Herzog Bogislaw X., der in anschaulicher Weise den Kampf des Landesherrn gegen die Selbständigkeit der bis dahin mächtigen Hansestadt schildert, dar. Wenn auch dieser Kampf nicht zur völligen Unterwerfung Stralsunds führte, so hatte er doch immerhin eine wesentliche Beschränkung und Einengung der bisherigen städtischen Unabhängigkeit und Freiheit zur Folge und bereitete dadurch die 1616 erfolgte völlige Unterstellung unter die herzogliche Gewalt wirksam vor. VI. Rechts- und Verfassungsgeschichte.Der
sorgfältigen Untersuchung S. H. Steinbergs <
2193> über die »Goslarer Stadtschreiber« ist die
späte Veröffentlichung infolge der inzwischen erschienenen wertvollen Arbeiten zur ma.'- lichen Geschichte der
Stadt, vor allem der über die Entstehung und Entwicklung der Ratsverfassung von K. Frölich zugute gekommen.
Die hilfswissenschaftlichen Untersuchungen der Dissertation von 1922 sind stark gekürzt, zum Teil ganz
fortgelassen. Steinberg bringt die Geschichte der städtischen Kanzlei in der Zeit von 1244--1410 in enge Beziehung
zur Entwicklung der Stadt und läßt den starken Einfluß der Stadtschreiber auf die Stadtpolitik klar
erkennen. Trotz des bescheidenen Titels bekleiden sie hier in Goslar im Gegensatz zu anderen ma.'lichen Städten wie
z. B. Hildesheim das einflußreichste Amt in der Stadt. -- V. Weber <
2190> zeigt in seiner juristischen Dissertation über die
»Verfassung und Verwaltung der Stadt Hannover im Mittelalter«, wie Bürgerschaft und Stadt aus kleinsten
Anfängen heraus gegen Ende des MA.'s eine Fülle von Macht auf sich vereinigt haben. Der Übergang zur
Reformation schwächte die städtische Macht nicht sehr, wohl aber die Verlegung der Residenz nach Hannover. Man
beugte sich fast immer den Wünschen des Landesherrn. -- R. Hey <
2195> behandelt
S.565 in einem kleinen Aufsatze das Recht, vom Strande auf jede Art und Weise, besonders von Gütern, die durch Schiffbruch an den Strand gelangen, Nutzen zu ziehen, und verfolgt die Entwicklung der strandrechtlichen Beziehungen zwischen den Hansestädten und dem Lande Wursten. Die ältesten friesischen Rechtsquellen enthalten nichts über Strandrecht. Verträge mit Bremen und Hamburg, die gegen das Strandrecht Schutz bieten sollten, sind unsere Quellen. Hey schildert einige bemerkenswerte Strandrechtsfälle aus dem 15. und 16. Jh. und die neuzeitlichen Strandordnungen.III. Landesgeschichte.Ungewöhnlich zahlreich und bedeutsam
sind diesmal die Neuerscheinungen über die große Zeit von Sachsen-Weimar. Im Zusammenhang mit dem
Karl-August-Werk stehen besonders Großherzog Karl August, Goethe, Kanzler von Müller im Mittelpunkt einer
ganzen Reihe von Büchern und Aufsätzen; daneben sind auch die beiden letzten Träger der Krone, Karl
Alexander und Wilhelm Ernst, eingehend gewürdigt worden. Die von Bergmann peinlich gewissenhaft
bearbeitete Karl-August-Bibliographie <
1410> enthält bis zur jüngsten Gegenwart mehr als 1200
Buchtitel, die übersichtlich geordnet, kritisch geprüft und durch ein ausgezeichnetes Register erschlossen
sind. Dank der Zuverlässigkeit des Bearbeiters ist das Nachschlagewerk ganz allgemein von hervorragender Bedeutung
für die klassische Zeit Weimars. In ursächlichem Zusammenhang damit ist Bergmanns Sammelwerk
über die Begegnungen Karl Augusts mit Zeitgenossen <
1411> entstanden. In zeitlicher Reihenfolge von 1771 bis 1828 sind
Zeugnisse aller Art und von Beobachtern in verschiedenster Stellung aneinandergereiht, die in buntem Wechsel Karl August
als Staatsmann und Soldaten, als Landesherrn und Menschen beleuchten; in der Unmittelbarkeit der Urteile und Berichte
liegt der Reiz des Buches. -- Die wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten im Herzogtum Eisenach zu Ende des 18.
Jh.'s zeigt gut der von Andreas veröffentlichte Bericht des Kammerrats Thon <
2676>. Karl Augusts Ablehnung der Teilnahme an der Wilhelmsbader Konferenz
(1794) und am Rastatter Kongreß (1797/99) erhellt in ihren ursächlichen Zusammenhängen aus den von
Crämer veröffentlichten badischthüringischen Quellen <
1413>. Der Aufsatz von Andreas <
1412> zeigt die enge Verbundenheit, die Ludwig I. von Bayern mit Karl
August, dem Kanzler von Müller und Goethe verknüpfte. --Bürgin <
1415> stellt auf Grund ausgedehnter Aktenstudien die amtliche
Tätigkeit Goethes dar, die er als Geheimer Rat und Mitglied des Geheimen Konsiliums in den beiden ihm besonders
übertragenen Kommissionen, der Wegebau- und der Kriegskommission, von 1779 bis zum Antritt der römischen Reise
ausübte; er schildert insbesondere die von Goethe durchgeführte, an den beschränkten Mitteln des
Kleinstaates aber letzten Endes scheiternde Verbesserung des Straßenwesens und die Reorganisation und Verminderung
des Militärs. Die Arbeit ist zugleich ein Beitrag zu dem noch der Bearbeitung harrenden Thema »Goethe als
Beamter« und zur Geschichte der Verwaltung des Staates Sachsen-Weimar. -- In völlig neues Licht rückt
Crämer die Gestalt des Kanzlers von Müller durch quellenkritische Untersuchung seiner 1851
veröffentlichten »Erinnerungen« <
1414>; der führende Staatsmann Karl Augusts erscheint so als ein
ausgesprochener Verfechter des französischen Rheinbundgedankens, dem er auch die Politik seines Herzogs gegen
erhebliche Widerstände am Weimarer Hof einzuordnen sich bemühte. Die spätere Schönfärbung
dieser Politik in Müllers »Erinnerungen« muß als Versuch einer an Verfälschung grenzenden
Selbstrechtfertigung gelten.
S.599 Da eine neuere Biographie Müllers noch fehlt, bedeutet der Aufsatz von Andreas < 2605> eine willkommene Ergänzung, die Müllers Tendenzen in seinen zollpolitischen Verhandlungen mit Bayern beleuchtet. --Haferkorns Arbeit < 2604> weist nach, daß Bernhard August von Lindenau als der Urheber und Schöpfer des mitteldeutschen Handelsvereins gelten muß und wirft kennzeichnende Schlaglichter auf die Zollpolitik der thüringischen Einzelstaaten. Trotz starker Betonung der Gründe und Rechtfertigung der Motive zeigt sich, daß der Versuch einer zollpolitischen mitteldeutschen Lösung ohne Preußen verfehlt gewesen ist. -- Die Regierungszeit der beiden letzten Großherzöge Karl Alexander und Wilhelm Ernst wird von zwei maßgebenden Zeitgenossen unabhängig voneinander geschildert. Hermann Freiherr von Egloffstein (Das Weimar von Karl Alexander und Wilhelm Ernst. Berlin, Verlag Mittler, 1934), von 1890 bis 1908 als Kabinettsekretär beider Fürsten in engster Berührung mit dem Hofleben, hat nun seine Erinnerungen veröffentlicht. Gerechtes Urteil und nachfühlendes Verstehen kennzeichnen das Buch, das manches lichte Bild von dem nachklassischen Weimar entwirft. Das gleiche gilt von dem Aufsatz Vollerts < 1955>, der als hoher Staatsbeamter dem Großherzog Wilhelm Ernst bis zum Sturz nahestand. Eindringlich zeigt er »das silberne Zeitalter« Weimars unter Karl Alexander und die schwere Tragik, unter der das innere und äußere Leben des letzten Großherzogs gestanden hat.IV. Kirche.Die Forschung über die ständische Zusammensetzung der Domkapitel
wurde mit den Arbeiten von Thiekötter <
2969> und Hanneken <
2971> von neuem aufgenommen. Die von ihnen nach der Zeitfolge und nach
Geschlechtern aufgestellten Listen der Domherren lassen das starke Überwiegen des niederen Adels, zumindest vom 13.
Jh. an, in den Domkapiteln von Münster wie von Paderborn erkennen. Der hohe Adel behauptete sich dagegen im Besitz
der Propstwürde, und zwar in Münster länger als in Paderborn. Von beiden Arbeiten muß allerdings
gesagt werden, daß Vollständigkeit der Materialsammlung wie Bestimmung der Geschlechter manches zu
wünschen übrig lassen. Für Münster hat Zuhorn <
2970> bereits eine Reihe Ergänzungen geliefert, durch die der Anteil
des hohen Adels und des Patriziats eine leichte Steigerung erfährt. Vielleicht noch wichtiger ist sein Hinweis auf
Einflüsse in der ständischen und landschaftlichen Zusammensetzung, die von der Person des Bischofs ausgehen.
Auch der Verbindung von Domherrenpfründen mit den bischöflichen Kaplaneien und den Archidiakonalkirchen hat er
sein Augenmerk gewidmet. Die von Flaskamp herausgegebene Personalchronik der Geistlichen des Amtes
Reckenberg von dem Wiedenbrücker Stiftsdechanten Harsewinkel <
2975> gibt einen Einblick in den anders gearteten ständischen Aufbau
einer ländlichen Stiftskirche: dem (niederen) Adel blieb am Wiedenbrücker Kollegiatstift nur die Propstei
vorbehalten; in den übrigen Stellen trifft man seit dem ausgehenden MA. fast ausnahmslos Nichtadlige. Die
Nachrichten des Chronisten geben weiterhin manchen Aufschluß über die Stiftsverfassung und in geschichtlicher
Hinsicht über das zeitweilige Eindringen reformatorischer Einflüsse im Stift und in den Pfarreien des Amtes.
--Gerlachs Buch »Das Archidiakonat Lemgo« <1932,
2264> ist keine Untersuchung verfassungsgeschichtlicher Art, sondern mehr
eine Kirchengeschichte der Stadt Lemgo und des dazugehörigen Archidiakonats, dessen Einrichtung und Verwaltung im
übrigen darin keineswegs zu kurz kommen. Wohl alle Seiten des vorreformatorischen Kirchentums, des religiösen
und sittlichen Lebens werden beleuchtet. Dabei fällt der Verfasser über die Persönlichkeit des Gobelinus
Person ein recht ungünstiges Urteil. In einem gesondert erschienenen Nachtrag hat G. <
2976> die in der Gymnasialbibliothek und im Stiftsarchiv zu Lemgo
vorhandenen Handschriften verzeichnet; unter ihnen befindet sich eine Briefsammlung des 15. Jh.'s, die den (fingierten
?) Briefwechsel einer Nonne enthält. --Borgwerth <
3087> zeigt am Beispiel Recklinghausens sehr schön, wie die
aufklärerische Einstellung des letzten Kölner Kurfürsten Max Franz sich auch auf dem Gebiete der
geistlichen Verwaltung äußerte und auswirkte in Nutzbarmachung der kirchlichen Arbeitskräfte und
Vermögen für gemeinnützige Zwecke, vornehmlich für das Schulwesen, durch Umwandlung oder Aufhebung
von Benefizien und Bruderschaften, in Zurückdrängung der Orden aus dem Unterrichtswesen, schärferer
Beaufsichtigung der kirchlichen Vermögensverwaltung und einer Neuordnung des gottesdienstlichen Lebens. -- In den
»Beiträgen zur Wattenscheider Geschichte« (Wattenscheid, K. Busch) ist der Versuch gemacht worden, in
einer Reihe von Einzeluntersuchungen verschiedener Verfasser, durchweg münsterischer Doktoranden, das Kirchenwesen
eines Kirchspiels der Grafschaft Mark, Wattenscheid, in seinen gesamten Einrichtungen
S.612 zur Darstellung zu bringen. In Heft 2 gibt zunächst M. Schreiner einen zusammenfassenden Überblick über »Die geschichtliche Stellung der Pfarrherren von Wattenscheid« (1933; 62 S.). Daran schließen sich Arbeiten über das Benefizialwesen, von M. Vogt (H. 3, 1933; 74 S.) über das Primissariatsbenefizium, von Grundel < 2974> über die Kaplanei und die weiteren Vikarien (H. 4, 1933; 59 S.), von W. Höfinghoff über die Kirchspielsvikarie (H. 9, 1934; 51 S.). In ziemlich gleichmäßiger Anlage geben sie über Stiftung, Ausstattung und Besetzung der Benefizien Auskunft. Der Kirchspielsvikarie kommt in der Geschichte der Pfarre eine besondere Bedeutung zu, weil sie die Grundlage für den lutherischen Kultus in Wattenscheid geboten hat; die wechselvollen Kämpfe um ihren Besitz sind für den Bestand des lutherischen Bekenntnisses in der im übrigen überwiegend altgläubigen Pfarrei entscheidend gewesen. Die Ausschaltung des Ordinarius, des Erzbischofs von Köln, durch das Kirchenregiment des Landesherrn, des preußischen Königs, hat bewirkt, daß ähnliche Reformen auf dem Gebiete des Benefizialwesens, wie sie in Recklinghausen durchgeführt wurden, in Wattenscheid zunächst nicht versucht wurden. Erst 1804 wurde durch staatliches Eingreifen eine Zusammenlegung von Vikarien vollzogen und ihre Einkünfte für Seelsorgestellen verwandt. Das Ende der preußischen Herrschaft schuf auch die Voraussetzung für ein Wiederaufleben der Befugnisse des Ordinarius: Im Jahre 1811 wurde in Wattenscheid ein Kommissariat errichtet, das etwa die bisherige Grafschaft Mark umfaßte und bis 1832 bestanden hat. H. Bahrenberg hat die Geschichte dieses kurzlebigen Instituts, unter Einbeziehung der Vorgeschichte, geschrieben (H. 5, 1933; 47 S.). Über die im gleichen Rahmen veröffentlichte Arbeit zur kirchlichen Armenpflege von A. Bathe (H. 1, 1933) ist bereits früher berichtet <1931, 1619>.III. Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte.Die
Zenten in der Kurpfalz als Überreste aus den Zeiten der karolingischen Grafschaftsverfassung hätten schon
längst eine geschichtliche Behandlung verdient, nicht nur, weil sie wegen ihrer Beschränkung auf
fränkisches Stammesgebiet eine Besonderheit im Rahmen des oberrheinischen Raumes darstellen, sondern vor allem
deshalb, weil die alte Institution wenigstens dem Namen nach gerade in der Pfalz besonders lange lebendig blieb. K.
Kollnig <
2232>, der sich nun der Erforschung dieser Dinge zugewandt hat, behandelt
von den sechs pfälzischen Zenten zunächst nur eine, die Schriesheimer, die auf dem Boden der alten Grafschaft
am Stahlbühel bei Ladenburg erwachsen war. Das Wesentliche der Entwicklung läßt sich an diesem Beispiel
deutlich ersehen und wird im ganzen klar und zutreffend zur Anschauung gebracht: die Entwicklung des Zentgrafenamtes aus
der alten Centena, die lange Fortdauer der alten genossenschaftlichen Organisation und ihre allmähliche Aufsaugung
durch die territoriale Amtsverfassung, welche das frühere Hochgericht seit dem 17. Jh. mehr und mehr auf
polizeiliche Funktionen beschränkte und in die Eigentumsverhältnisse der Almendwaldungen durch Geltendmachung
des staatlichen Obereigentums empfindlich eingriff. Als die Zenten beim Übergang der Pfalz an Baden endgültig
aufgehoben wurden, bestanden sie eigentlich nur noch dem Namen nach; im wesentlichen waren es nur die Fragen der
gemeinsam zu leistenden Frondienste und Gerichtskosten, die einer Regelung bedurften. -- Im ersten Band einer geplanten
größeren Reihe von »Beiträgen zur oberrheinischen Rechts- und Verfassungsgeschichte«
behandelt K. S. Bader <
2234> eines jener kleinen staatsrechtlichen Gebilde, die uns in dem
territorial zersplitterten Südwesten des Reichs öfters begegnen, das badisch-fürstenbergische Kondominat
Prechtal. So unglücklich einem an größere Einheitsstaaten gewöhnten Zeitalter diese Einrichtung
einer geteilten Landesherrschaft erscheinen mag, aus Baders Darstellung, die uns ebenso über ihre geschichtliche
wie ihre rechtliche Seite unterrichtet, darf man entnehmen, daß ihre Nachteile in der Praxis nicht so groß
waren, wie man anzunehmen geneigt sein könnte. Bestand doch dieses Zwittergebilde durch volle vier Jahrhunderte,
und zwar im Wesentlichen, trotz der verschiedenen Konfession der Landesherren, gar nicht zum Schaden der Untertanen, in
mancher Hinsicht sogar zu ihrem offensichtlichen Vorteil. An den berüchtigten »querelles allemandes«
fehlte es auch hier nicht, aber daß der Zustand des Kondominats ihr Auftreten mehr als anderwärts
begünstigt hätte, wird man kaum behaupten dürfen. Die Frage der Ausübung der Regierungsgewalt war
hier anders geregelt als in mittelbadischen Herrschaften ähnlichen Charakters: Fürstenberg und Baden regierten
seit dem 16. Jh. in jährlichem Wechsel. --Blaus Arbeit »Zur Entwicklung
S.637 der ländlichen Siedlung am Oberrhein« < 2497>, deren irreführender Titel allgemein siedlungsgeschichtliche Ausführungen erwarten läßt, beschränkt sich tatsächlich auf ein ganz eng gefaßtes Thema, nämlich die Gründungs- und Entwicklungsgeschichte der beiden bei Karlsruhe gelegenen, zu Beginn des 18. Jh.'s begründeten wallonischen Gemeinden Friedrichstal und Welschneureut, deren Verhältnisse allerdings eine gewisse typische Bedeutung haben für solche Siedelungen mittelloser Kolonisten in den durch die Franzosenkriege an Bevölkerung und Anbaufläche stark reduzierten Landstrichen. Im nordwestlichen Württemberg, das zahlreichere wallonische Gemeinden aufweist, vollzog sich die Ansiedelung und Weiterentwicklung in ganz ähnlicher Weise unter unablässiger Begünstigung durch den Landesherrn und nicht ohne starke Reibungen mit den notwendigerweise geschädigten Nachbargemeinden. -- Die Geschichte des Zunftwesens in der kleinen Markgrafschaft Baden-Baden, über die Ziegler < 2707> auf Grund eines zwar umfangreichen, aber nicht sehr ergiebigen Aktenmaterials berichtet, erhält ihre besondere Note durch das Fehlen bedeutender Städte im Bereich des Territoriums. Für die meisten Handwerke, die auf dem Lande und in einigen kleinen Städten wohl fast stets neben und mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit ausgeübt wurden, fehlte eine zunftmäßige Zusammenfassung überhaupt. Eine allgemeine Zunftorganisation wurde erst zu Anfang des 18. Jh.'s von der Markgräfin Sibylla Augusta durchgeführt; sie unterschied sich von den Zunftordnungen älterer Art durch ihren ausgesprochen fiskalischen Charakter und ihre Tendenz auf überwiegende Begünstigung der Verbraucherinteressen. In den Konflikten, welche sich zwischen dieser auf Grund der Reichsgesetze dann noch weiter ausgebauten Zunftorganisation und den industriefördernden Bestrebungen des Merkantilismus des öfteren ergaben, vermochten die unbedeutenden Regenten des 18. Jh.'s keine einheitliche Linie zu verfolgen; sie begnügten sich von Fall zu Fall mit behelfsmäßigen Ausgleichen. -- Von den Speierer Bischöfen aus der Zeit des Absolutismus ist Franz Christoph v. Hutten, der von 1743 bis 1770 den Bischofsstuhl innehatte, bisher in der Literatur am wenigsten berücksichtigt worden. Zwischen dem sparsamen Haushalter Schönborn und dem despotischen, aber hervorragend begabten Limburg-Stirum steht Hutten in der Mitte als der typische Grandseigneur des 18. Jh.'s. Das Bild, das Maas < 2227> von seiner Regierung entwirft, ist nicht sehr erfreulich. Guter Wille ist diesem wenig tatkräftigen Regenten wohl nicht abzusprechen. Was an guten und schlechten Neuerungen auf seine eigene Anregung, was auf die der Behörden zurückgeht, läßt sich schwer entscheiden, da Hutten im Gegensatz zu seinem Vorgänger und Nachfolger in den Akten kaum jemals mit einer persönlichen Äußerung hervortritt. Die wenigen nachhaltigen Verbesserungen -- wie etwa auf dem Gebiet des Straßenbaues -- werden jedenfalls durch die nachteiligen Folgen seines Regiments mehr als aufgewogen. Der üppig wachsende Hofhalt verschlang bald den von Schönborn angehäuften Schatz und einen beträchtlichen Teil der Landeseinkünfte, und die wirtschaftlichen Maßnahmen zur Hebung der Finanzen waren meist verfehlt; da sie die Ideen des Merkantilismus auf ein kleines, zersplittertes und fast ausschließlich agrarisch eingestelltes Gebiet anzuwenden versuchten, war ihnen weder Erfolg noch Dauer beschieden. Einzelnes, wie etwa der Versuch zur Einführung eines hochfürstlich speirischen Bergbaues verdient wirklich nur das Prädikat einer »grotesken Episode«. -- Einen weit besserenS.638 Boden, als das kleine Fürstbistum Speier boten für die gewerbefördernden Tendenzen des Merkantilismus andere Teile des heutigen Baden dar, besonders der Schwarzwald, dessen landwirtschaftliche Unergiebigkeit bei wachsender Bevölkerung zur Industrialisierung drängte und die evangelischen Territorien, in denen die ausländischen Glaubensflüchtlinge ihre industriellen Fähigkeiten entwickeln konnten. Ein Aufsatz von W. Kaiser < 2708> bringt zur Darstellung, wie an diese seit dem Ausgang des 17. Jh.'s vorhandenen Ansätze die fortschreitende Industrialisierung des 19. Jh.'s anknüpfte, zunächst freilich in langsamem Tempo, da die Regierung jener Zeit diesen Dingen gleichgültig gegenüberstand und alles dem privaten Unternehmergeist überließ. Den Wendepunkt bildete der Beitritt Badens zum Zollverein, der allen badischen Industriezweigen -- mit Ausnahme der durch die Konkurrenz des Ruhrgebiets lahmgelegten Eisenwerke -- einen mächtigen Auftrieb gab.V. Verfassungs-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte.Für die Geschichte des Bauerntums in Schwaben ist von großer Bedeutung der von K. Weller geführte Nachweis < 2236>, daß die im späten MA. und in der Neuzeit bezeugten Genossenschaften von freien Bauern Neubildungen des staufischen Zeitraums und keine aus der altgermanischen Gemeinfreiheit abzuleitenden Einrichtungen sind. Die Staufer, voran Barbarossa, Heinrich VI. und Friedrich II. suchen die Besiedlung des weniger ergiebigen Teils des Kronlands dadurch zu sichern, daß sie den Siedlern die Freiheit nach Jahr und Tag gewähren; ihrem Beispiel folgen dann später die Landesherrn. Diese Erkenntnisse sind sehr wichtig für unsere Beurteilung der Anfänge der Eidgenossenschaft. An Hand der Akten, die in den Jahren 1555/72 anläßlich des Streits zwischen Württemberg und der Herrschaft Schramberg um den Schiltacher Floßzoll entstanden sind, entwirft Graner < 2238> ein lebendiges Bild von dem wirtschaftlichen Aufbau und Betrieb der Holzflösserei auf der Kinzig, die ganz auf den Bedarf des Straßburger Marktes eingestellt war. II. Mittelalter:Über das Werk, das E. K.
Winter Herzog Rudolf IV. von Österreich gewidmet hat <
1147>, kann ein endgültiges Urteil erst gefällt werden, wenn der
zweite Band vorliegt, der sehr wesentliche Teile der Gesamtkonzeption enthalten wird. Vorläufig läßt
sich etwa folgendes sagen: Das Buch ist nicht eine historische Monographie, sondern es will die »ausgetretenen
Pfade der an unseren Universitäten üblichen Historik« verlassen und ein »soziologisches und nur
ein soziologisches« Buch sein. Darüber kann sich der Historiker nur freuen. Ein breiter Einbruch
theoretischen Denkens in unsere Wissenschaft kann nur höchst fruchtbar sein und der damit verbundenen Gefahr
übersteigerter Theoretisierung eines konkreten Geschehens wäre leicht zu begegnen. Sie ist auch bei W.
geringer als bei anderen Soziologen, die an ein vom Historiker vorbereitetes Material mit ihrem begrifflichen Werkzeug
herantreten. Besitzt er doch selbst eine außerordentlich ausgebreitete Literaturkenntnis und ist von hier, wenn
auch sekundär, zu den Quellen vorgedrungen. Dazu tritt eine bedeutende schriftstellerische Begabung, eine
gestaltende Kraft in der Formung schwieriger Materien, der Wille, zu den historischen Erscheinungen
S.669 und Persönlichkeiten vorzudringen, die die Gefahr des bloßen Überwerfens kahler Abstraktionen über einen dem Soziologen fremd bleibenden Gegenstand bannt. Die Gefahren dieses Buches liegen an einer anderen Stelle. Das Werk ist nicht aus unmittelbarem geschichtlichen Interesse, das sich sehr wohl verantwortlich der Gegenwart verbunden weiß, sondern aus der politischen Lage der Gegenwart entsprungen. W. vermeint in der »Sozialpolitik« Rudolfs IV. eine unmittelbare und für die Praxis nutzbare Parallele zu den politischen Zielen erkennen zu können, für die er einige Zeit hindurch als Vizebürgermeister der Stadt Wien eintreten konnte. So versteht er denn auch Soziologie als die Theorie jener Sozialpolitik, die im 14. Jh. nach seiner Meinung genau so als Aufgabe gegeben war wie im 20. Jh. Soziologie in diesem Sinne ist aber eine Wissenschaft, die seit dem ausgehenden 18. Jh. und im frühen 19. Jh. entstanden ist. Sie entspringt einer Lage, in der sich moderner »Staat« und bürgerliche »Gesellschaft« gegenüberstehen. Aus dieser Situation, aus der Analyse ihrer Gegenwart, sind die Begriffe der Soziologie abgeleitet. Sind sie auf ältere Jahrhunderte einfach anwendbar? Es scheint so, denn auch die ganze historische Literatur verwendet dieselben Begriffe als allgemein gültig, freilich zumeist nicht in theoretisch geklärter Form, sondern aus der Alltagssprache übernommen. Gerade darum erscheinen sie so selbstverständlich. Bei W. treten sie nun mit theoretischem Anspruche auf, sie erscheinen ihm als platonische Ideen der Gesellschaft und ihre Anwendbarkeit wird auf die These gegründet, daß die »konstanten Faktoren in der Struktur des Menschen und der Gesellschaft entscheidender seien als die variablen«. Das mag sein. Mit den Mitteln der Historie wird sich über diesen Satz kaum streiten lassen. Aber es ist damit noch lange nicht ausgemacht, daß der soziologische Begriffsapparat des 19. Jh.'s jene »konstanten Faktoren« auch schon tatsächlich erfasse. W. scheint es selbstverständlich, daß es im 14. Jh. einen »Staat« gegeben habe und eine »Wirtschaft«, daher auch eine systematische Wirtschaftspolitik des Staates, einen »autoritären Frühsozialismus«. Er nennt den Landesherrn des 12. Jh.'s »souverän« und sieht in den Ständen, wie üblich, soziale Schichten, Wirtschaftsmächte analog der bürgerlichen Gesellschaft. Uns aber scheint es außerordentlich dringend, zuerst einmal nach dem Wesen von »Reich« und »Land«, von Landesherrn und Ständen zu fragen. Kann man im 14. Jh. von »der« Wirtschaft wie im 19. Jh. sprechen und dementsprechend von »Wirtschaftspolitik« als System, wenn »Wirtschaft« im Denken des MA.'s etwas ganz anderes bedeutet als heute? Das alles scheint mir der eingehendsten Erwägung wert, und ich sehe keine Möglichkeit, die sachlichen Probleme in W.s Buch fruchtbar zu erörtern, bevor diese Fragen nicht geklärt sind. Er selbst rühmt sich der »Konstruktion«. Dem in ausgetretenen Pfaden wandelnden Historiker scheint dies kein Lob. Er sieht aus dem Gesamtgefüge der Welt des 14. Jh.'s willkürlich einzelne Probleme herausgegriffen und darum ins Zentrum gerückt, weil sie in der soziologischen Sprache ausgedrückt auf die Gegenwart unmittelbar Bezug zu haben scheinen. Dinge, die dem Historiker höchst sekundär erscheinen, werden so in ein verzerrendes Licht gerückt und künstlich isoliert. Diese Methode bewußter Auswahl, die dem Historiker als Willkür erscheinen muß, läßt es auch verstehen, warum einem Mann von so stupender Literaturkenntnis sehr wichtige Bücher, ja ganze Literaturgruppen entgangen sind. Sie waren offenbar nicht im Kegel seines Scheinwerferlichtes gelegen. Niemand wird leugnen, daß ein solchesS.670 Buch höchst anregend und fruchtbar, freilich auch irreführend wirken kann. Von diesem Gesichtspunkt her begreife ich Winters Hauptthesen über Rudolf IV. als Sozialpolitiker und als Gründer des österreichischen Staates. Beiden liegt Winters Idee »des« Staates zugrunde, dort in seiner Wirkung im Innern, auf die ma.liche Gesellschaft, hier in der Lehre vom »Gründer« eines österreichischen Staates im neuzeitlichen Sinn. Zum zweiten Teil kann nur gesagt werden, daß es mir das Verständnis des Wesens österreichischer Geschichte völlig zu verbauen scheint, wenn man Österreich als partikularen Staat im europäischen Staatensystem der letzten Jahrhunderte und nicht zutiefst als »Hausmacht« des »Kaisers« begreifen will. Was Winter hier über die Außenpolitik der Zeit oder über die Gestalt Kaiser Karls IV. sagt, ist ganz unzulänglich. Wie aufschlußreich wäre hier eine Auseinandersetzung mit der Arbeit Reickes über »Machtpolitik und Weltwirtschaftspläne Kaiser Karls IV.« gewesen. So ist der Eindruck dieses Buches zutiefst zwiespältig: Eine bedeutende geistige Leistung und doch überall zum Widerspruch herausfordernd. Dem Anspruch, ganz neue Wege gegangen zu sein, steht der Eindruck entgegen, daß hier sehr veraltete Anschauungen in das Licht der Theorie gehoben und dadurch in ihrer inneren Brüchigkeit deutlich gemacht wurden. Vielleicht wird hier die zukunftsträchtigste Wirkung dieses Buches liegen.III. Großmachtbildung und gesamtstaatliche Probleme.In dem Sammelwerk »Deutschland und Polen« gibt H. Uebersberger < 379> eine Übersicht über die diplomatischen Beziehungen der Habsburger zu Polen im 17. und 18. Jh. Er würdigt dann die militärische Bedeutung Galiziens für Österreich und die Kulturarbeit der österreichischen Verwaltung in diesem Land, das doch nur ein lose verbundener Außenposten war, endlich die Stellung der polnischen Parteien im Wiener Reichsrat. Aus Vorarbeiten zu einem Buch über den Kardinal Khlesl ist P. Müller eine kleine Schrift über den Jesuiten Georg Scherer < 3054>, den Mann, der Khlesl der katholischen Kirche gewonnen hat, erwachsen. Der um 1540 geborene Tiroler war früh nach Wien gekommen, war 1559 in den Jesuitenorden eingetreten und hatte an der Universität studiert. In Wien wirkte er bis 1600, vor allem als Prediger, dann noch einige Jahre in Linz. Seine zahlreichen Schriften sind schon 1599 in vier Foliobänden gesammelt erschienen und wurden bald in fremde Sprachen übertragen. Nach diesen Schriften zeichnet Müller nun den Prediger und Polemiker, den mutigen aber harten Streiter im konfessionellen Ringen. Leider erfahren wir von der inneren Religiosität dieses Mannes, der scheinbar eigentümliche Züge starker Volksverbundenheit an sich trug, nicht viel, und das wäre doch für ein Abmessen der geistigen Kräfte in diesen Kämpfen sehr wichtig gewesen. -- Es ist noch immer zu wenig bekannt, welche Bedeutung die von den Reichstagen bewilligten Hilfen trotz aller Unzulänglichkeit bei der tatsächlichen Aufbringung in den Türkenkriegen und bei der Organisierung eines dauernden Verteidigungssystems in Ungarn im 16. Jh. besessen haben. Loserth schildert nun zusammenfassend, zum Teil auf eigene Vorarbeiten gestützt, die Beziehungen Innerösterreichs zum Reich, das Zusammenwirken von Reichs- und Landständen < 2250>. Das Buch ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Kriegs- und Finanzgeschichte, sondern auch zur Geschichte des politischen Bewußtseins. Wußten sich doch diese an der Front des Osmanenkrieges liegenden Länder im Südosten in »Schutz und Schirm« des Reiches -- und nicht nur des Kaisers und ihrer Landesherrn aus dem Haus Österreich --, und als Träger der Reichsverteidigung am »Hofzaun des Reiches« gelegen. Das heißt, es gab hier in den Erbländern des Kaisers ein Reichsbewußtsein, in einer Zeit, da die Formel »Kaiser und Reich« schon zum Ausdruck eines Gegensatzes geworden war. -- Die Akten, die Blaschka über Krankheit und Tod des Don Julio (Cesare) de Austria, des unehelichen Sohnes Kaiser Rudolfs II. <1932, 805> bringt, sind wichtig als Beleg für das psychiatrische Gutachten, das Luxemburger im selben Band über diesen geisteskranken Habsburgersprößling veröffentlicht und das die Frage der geistigen Erkrankung (Schizophrenie) einer Reihe von Habsburgern und Nachkommen habsburgischer Frauen im 16. und 17. Jh. erörtert. VII. Rechts- und Verfassungsgeschichte.Es liegen
diesmal die Berichte über zwei Tagungen der großen rechtsgeschichtlichen Gesellschaft <
295> für das nordfranzösisch-niederländische Gebiet vor.
Aus dem Protokoll der ersten Tagung sei nur auf die Ausführungen von Thomas über die
ältesten Einnahmen-Übersichten der Grafen von Flandern hingewiesen, die er aus späteren Akten für
wiederherstellbar hält. Espinas gab einen Vorbericht über Jacques le Blond, einen großen
Tuchhändler aus Douai Ende des 13. Jh.'s. Besonders ertragreich war die Tagung von 1934 auf niederländischem
Boden in Middelburg. Der flämische Rechtshistoriker Strubbe äußerte sich über die
Keure von Gravelingen, der burgundische Historiker Chevrier über die Keuren von Amiens. Von
besonderem Belang waren die Ausführungen von Ganshof über die Gerichtsbarkeit der curia
comitis in Flandern bis Ende des 14. Jh.'s, eine Skizze für ein zukünftiges Seitenstück zu seiner Arbeit
über die Kastellaniegerichtshöfe <1932, S. 545>. Der Aufsatz von Lousse <
188> über die Frage der Stände in den niederländischen
Territorialfürstentümern
S.718 bringt eine sachkundige Übersicht über den Stand der Forschung, neue große Gesichtspunkte und viele Anregungen auch für die deutsche Verfassungswissenschaft (Halphen, Rev. hist., 172, 163--164). Allgemeine verfassungsgeschichtliche Bedeutung kommt dem Aufsatz von Martens van Sevenhoven < 193> über die Bildung der Grafschaft Geldern zu. Zunächst bietet er eine vorzügliche Einführung in die Entstehungsgeschichte des wichtigen niederländisch-rheinischen Territorialstaates. Der allgemeine Wert der Untersuchung liegt in der Feststellung, daß die Grafengewalt an sich nicht ausreichend ist für die Bildung eines Territoriums, sondern daß die notwendige Voraussetzung für den Aufstieg zu fürstlicher Macht eine starke grundherrschaftliche Stellung bildet. Als drittes Moment ist unentbehrlich die Gewinnung königlicher Regalrechte. Eine grundsätzliche Frage für die Entstehung des neuburgundischen Staates erörtert le Foyer < 91> in der Untersuchung des Apanagerechtes des königlichen Hauses Frankreich, bei dem in scharfsinniger Weise verschiedene Stadien herausgearbeitet werden. Die freie Vererblichkeit, die dem neuen Hause Burgund durch die Krone zugestanden wurde, wird auf einen Fehler der Kanzlei zurückgeführt. Das erscheint aber ohne nähere Begründung nicht überzeugend. Vgl. auch die Ausführungen von Petot in Nr. 44. Champeaux < 35> äußerte sich wiederum zu der Frage der ersten Fassung der Rechte des Waadtlandes. Als Verf. weist er auf Jakob von Savoien, Graf von Romont und damit auf burgundische Vorbilder hin (Febvre, Annal. d'Hist. économ. et soc., 6, 512--513). Rolland, der uns bereits eine große Zahl scharfsinniger Arbeiten über seine Heimatstadt geschenkt hat, bringt wiederum zwei wertvolle Aufsätze zur Verfassungsgeschichte von Tournai. Zunächst behandelt er < 273> die merkwürdige verfassungsrechtliche Stellung der Stadt zur französischen Krone. Die Bürger gelten in ihrer Gesamtheit als hoher Kronvasall mit eigener Gerichtshoheit, also eine Rechtsstellung, wie sie etwa die deutschen Reichsstädte im hohen MA. einnahmen. Der Grund ist die geographisch-militärische Lage der Stadt, die eine politisch unschätzbare Exklave Frankreichs innerhalb Flanderns war. Ein anderer Artikel < 272> behandelt im Zusammenhang damit die Erwerbung der Gerichtshoheit der Stadt. Durch Bildung einer Kommune 1147 erhielt sie ein Geschworenengericht und 1314 gelang auch der Erwerb des ehemaligen bischöflichen Schöffengerichtes. Den territorialen Zugehörigkeitsverhältnissen Brüssels von der Frühzeit bis in die Gegenwart widmete Bonenfant < 21> einen aufschlußreichen Aufsatz. Die Untersuchung gibt Gelegenheit, eine Reihe von Territorial- und Verfassungsfragen von allgemeinerem Interesse zu behandeln. Wichtig ist die Gleichsetzung des Schöffenbezirkes von Ukkel mit dem alten Archidiakonat von Brüssel, das wiederum als eine karolingische Grafschaft nachzuweisen versucht wird. Für die Forschung sind die zahlreichen beigegebenen Karten von besonderem Wert (Ganshof, Rev. belge, 14, 352--353). Einen Nachtrag zu seiner großen Arbeit über die burgundischen Zentralbehörden in Holland <1932, S. 546> stellt die Untersuchung von Jansma < 140> über die Instruktion Karls des Kühnen für den Hof von Holland von 1462 dar. Auf Grund neuentdeckter Urkunden über die Vorverhandlungen ergibt sich, daß die Städte bereits einen starken Einfluß gegenüber dem Landesherrn errungen hatten. Weitere Arbeiten werden angekündigt. Das Werk von Becker < 9> über die Gemeindeverfassung ist ein ideenreiches Buch mit neuen Gesichtspunkten aus der Schule Steinbachs,S.719 über das hier nur in großen Zügen berichtet werden kann. Im Anschluß an die Forschungen Steinbachs für Westdeutschland wird auch für Luxemburg als leitende These der Zusammenhang in der Entwicklung herausgearbeitet. Bedeutend sind die Ausführungen über das Ringen der französischen und westdeutschen Rechtseinflüsse und die Aufzeigung der eigenartigen Ergebnisse in Luxemburg, die sie gehabt haben. Für die niederländischen Territorien im allgemeinen ist wichtig die Betonung ihres Staatscharakters auch nach ihrer Einverleibung in das burgundische Reich. Hingewiesen sei auf 5 Karten, darunter z. B. über die Rechtszüge und Oberhöfe von Luxemburg und über die Freiheiten und Rechtsgemeinschaften in diesem Gebiet. Verfassungsgeschichtlich ist noch von Interesse ein Aufsatz über die Rechtsverhältnisse der Abtei Klosterrat (Rolduc) bei Aachen. Die Stellung des Abtes als Mitglied der Stände von Limburg wird auf die dem Kloster im frühen MA. verliehene Immunität zurückgeführt, deren Auswirkung auf die grundherrschaftlichen Rechte und die Gerichtsgewalt nachzuweisen versucht wird. Für die Geschichte der Grundherrschaft im hohen MA. hat Ganshof < 98> eine Untersuchung von allgemeinem Belang geliefert. Wenn man auch die karolingische Großgrundherrschaft in ihrer Verwaltung bereits näher erforscht hat, so war der Prozeß ihrer Auflösung und der Übergang zu einer neuen Wirtschaftsordnung durch Schaffung kleiner Pachtwirtschaften und die Verselbständigung des Handwerkes im einzelnen noch wenig bekannt. An einer Aufzeichnung der Grundrechte von St. Trond aus dem 12. Jh. werden allgemeine Feststellungen über diesen Auflösungsprozeß gemacht. Der ehemalige niederländische Generalarchivar Fruin hat seine Vorträge über Geschichte und Rechtsverhältnisse einer Anzahl freier Herrschaften im niederländischen Gebiet während des späteren MA.'s veröffentlicht < 94>. Wieder sind es Großgrundherrschaften, die sich der Territorialisierung entzogen haben -- in der Hauptsache im Besitz des Hauses Oranien --, die bis 1795 unter der Souveränität des deutschen Kaisers verblieben sind. Fockema Andreae < 88> gab das Archiv der Deichgrafschaft Rijnland in Holland seit dem 13. Jh. heraus und wertete das Material in einer umfassenden rechtsgeschichtlichen Arbeit aus < 90>. Leider waren mir beide Publikationen unzugänglich, ich verweise auf Enklaar, Tijdschr. v. Geschied., 49, 506--508. Ferner untersuchte er noch die Rechtsverhältnisse der Grundherrschaft Valkenburg in der Nähe von Leiden < 89> unter der Hervorhebung der typischen Momente für die niederländischen Zustände. Erhebliches verfassungsgeschichtliches Interesse darf die Publikation der Rechtsquellen von Stadt und Land Gooiland im MA. beanspruchen, mit der Enklaar < 70> seine rechtshistorischen Arbeiten über dieses Gebiet fortsetzt <1931, S. 517>. Es handelt sich um ein Grenzland zwischen Holland und Utrecht, von dem in 474 Nummern Urkunden und Quellen vom 10. Jh. bis Ende des 16. Jh.'s aus niederländischen Archiven zusammengebracht sind. Hinzuweisen ist für die deutsche Forschung auf den dort befindlichen Besitz des adligen Damenhochstiftes Elten, über den eingehend gehandelt wird. Die musterhafte Edition darf als eine Fundgrube für die rechtsgeschichtliche Forschung bezeichnet werden (de Blécourt, Tijdschr. v. Rechtsgeschied., 13, 202 bis 214). Ferner veröffentlichte Enklaar das älteste Strafregister von Breda 1332 < 68>. Aus dem rechtshistorisch interessanten Kommentar sei auf die Ausführungen über die Urteilsschelte im Anschluß an den Aufsatz von GanshofS.720 <1932, S. 547> über dieselbe Frage hingewiesen. Strubbe < 297> veröffentlichte das Stadtrecht der alten flandrischen Stadt Tielt bei Courtrai von 1547 mit einer wertvollen historischen Einleitung. Die Abfassung des Rechtes hängt mit dem Plan Karls V. zusammen, die Stadtrechte in den Niederlanden zu vereinheitlichen <1932, S. 546, Strubbe>. Zwei wichtige Arbeiten über die Rechtsorganisation von Nordniederland und von Seeland bis zur Französischen Revolution von Fruin < 95, 96> waren mir nicht zugänglich (Japikse, Bijdr. v. vaderl. Geschied. en Oudheidk., Reihe 7, 5, 121). Besondere Beachtung verdienen einige Neuerscheinungen zur friesischen Verfassungsgeschichte. Der ausgezeichnete niederländische Rechtshistoriker Gosses hat eine grundlegende Untersuchung über die friesischen Häuptlinge im MA. erscheinen lassen < 112>. Die bisherige Auffassung, die sie als Nachkommen eines urgermanischen Volksadels auffaßte, weist er zurück. Es handelt sich um eine ma.'liche Institution. Die Häuptlinge waren Leute, die ihren Stand der Tatsache verdankten, daß sie eine meist kleine Zahl von Bewaffneten zu halten vermochten (Obreen, Rev. belge, 12, 1192--1192>. Ebenfalls einen Einblick in die friesischen Rechtsverhältnisse gewährt der scharfsinnige Kommentar, den de Blécourt < 15> an die Akten über den Nachlaß einer friesischen Häuptlingstochter des 14. Jh.'s geschlossen hat. Es werden interessante Feststellungen über friesische Rechtsgebräuche in den Gauen Hunsingo und Fivelingo (niederländische Provinz Groningen) gemacht und weitere Bemerkungen über die Stellung der friesischen Häuptlinge im Anschluß an Gosses. Für dasselbe Gebiet ist von Belang die Untersuchung des Ommelander Landrechtes von 1550 durch de Blécourt < 14>. Linthorst Homan < 184> macht in seinem Aufsatz über die Entstehung der Gemeinden in der friesischen Herrschaft Drenthe bemerkenswerte Ausführungen über die Mark und ihr Verhältnis zur Bauernschaft. Zur Standesgeschichte ist inhaltsreich ein Aufsatz von Thomas < 306> über das Recht der Adelsverleihungen durch den Grafen von Flandern im 13. Jh. Die Auffassung der französischen Rechtshistoriker, daß zu dieser Zeit die französische Krone das alleinige Recht zur Standeserhöhung habe, wird für Flandern an Hand einiger Urkunden widerlegt. Diese juristische Frage ist für die Beurteilung der landesherrlichen Gewalt in Flandern bedeutend. Strubbe < 298> entdeckte eine Liste von sanctuariae von St. Amand in Courtrai, die er mit »freigeweihten Frauen« übersetzt. Die Liste ist für die Institution selbst und auch für die Geschichte der Frauennamen von Interesse. Enklaar < 72> untersucht die Rechtsverhältnisse der Ministerialen im Fürstbistum Utrecht seit dem 14. Jh., indem er mit Recht darauf hinweist, daß die Geschichte der Ministerialität der Spätzeit noch wenig erforscht ist. Der gedankenreiche Aufsatz ist eine Vorschau und zeigt, daß bei den Ministerialen das Verhältnis als Dienstmann für den Stand ausschlaggebend war. Für den Übergang vom germanischen zum römischen Rechtssystem im MA. ist der Artikel von Sellier < 285> nicht ohne Interesse, weil hier für Nordfrankreich an Stelle der Zeugenurkunde das Auftreten der Notariatsurkunde im einzelnen nachgewiesen wird. Balon < 7> behandelt auf Grund reichen Archivmaterials für die Grafschaft Namur im 14. Jh. die eigenartige Rechtsform der formalen Übereignung von Grundbesitz bei sofortiger Rückgabe zum Nießbrauch an den Schuldner als Unterlage für Finanzoperationen im großen Stil.V. Rechts-, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte.Čáda <
5> umreißt in großen Zügen die Stellung des tschechischen
Rechtes unter den übrigen nationalen Rechten, namentlich auch sein Verhältnis zum deutschen. Freilich fordern
seine Behauptungen nicht selten zu Widerspruch heraus, so wenn er meint, es habe nur im tschechischen Gebiete Lhota-Orte
gegeben (polnische łgota!), ebenso wenn er über die Stellung der Tschechen in den Städten
ausführt, daß diese in der Hussitenzeit wieder in die Hand der ursprünglichen Bevölkerung
zurückkamen, daß er wegen der Weiterbildung des deutschen Rechtes in den Städten den Zusammenhang mit
dem Ursprungslande für abgerissen hält. -- Kapras <
24> will den Nachweis führen, daß Gottesgerichte mit Wasser
oder Eisen auf die heidnische Zeit zurückgehen, von der Kirche geduldet und erst unter Karl IV. abgeschafft wurden,
obgleich sich Spuren auch noch später erhalten haben. --Rauscher <
67> beleuchtet die Hochgerichtsverhältnisse im Rosenbergschen
Grundbesitz zu Ende des 14. und zu Beginn des 15. Jh.'s, demnach in politisch entscheidungsschwerer Zeit in
Südböhmen, verbreitet sich über das Institut der Popravcen und trachtet die Entstehung des Rosenbergschen
Popravcenbuches zu klären. Auf die sozialen und kulturgeschichtlichen Verhältnisse in der vorhussitischen Zeit
fällt manches Licht. --Veselý <
97> zergliedert Všehrds Rechtsbuch nach der quellengeschichtlichen
Seite und weist nach, daß sich Všehrd auf das eigene Erleben, die vorausgegangenen Rechtsbücher und
auf die Landtafel stützt, von denen diese den größten Einfluß besitzt. -- Der
außerordentlich vielseitige Cibulka <
4> unterwirft die böhmische Krönungsordnung einer eingehenden
Zergliederung. Karl IV. hat sie auf Grund der przemyslidischen Ordnung geschaffen. Diese hin wieder geht in allen
Hauptstücken auf die deutsche Krönungsordnung zurück, während der Einfluß der
französischen Krönungsordnung von 1328 nur von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Die Ordnung Karls IV. weist
nur geringfügige Änderungen gegenüber der przemyslidischen auf, die offenbar schon 1085 angewendet wurde.
-- Vaněček <
96> unternimmt einen energischen Vorstoß gegen die Stutzsche
Eigenkirchenlehre von der Rechtsstellung der Klöster in den böhmischen Ländern her, die er in einem
ersten Teile behandelt. Er will das Wort Eigenkirche durch
S.776 die »Gründerrechte« verdrängen. Denn es könne von einem Eigentum des Gründers, mag er der Landesherr oder sonst ein weltlicher Großer sein, nicht gesprochen werden, sondern nur von vielen Gründerrechten und -pflichten. Es sind Schutz-, Nutz- und andere Rechte, aber kein Eigentumsrecht an den geistlichen Anstalten. Erst in einer Fortsetzung will er auf die grundherrlichen Befugnisse und die Immunität zurückkommen. -- Der nur auf einer sehr schmalen Stoffgrundlage aufgebauten, rein juristischen Arbeit Michaels <S. 117, Nr. 2260> über Wenzels II. Konstitutionen des Bergwesens, die nicht wesentlich über Zycha hinauskommt, entnehmen wir nur die Feststellung, daß das deutsche Iglauer Bergrecht, das den Konstitutionen hauptsächlich zugrunde liegt, als Vorstufe des jüngeren Freiberger Bergrechts eine Quelle für das moderne deutsche Bergrecht abgibt, worüber die römisch-rechtliche Form der Wenzelschen Konstitutionen nicht zu täuschen braucht. -- In einer sehr eindringenden Studie hat Weizsäcker <S. 117, Nr. 2259> durch Vergleich der Nürnberger und Egerer Rechtsgewohnheiten einwandfrei den Nachweis geführt, daß Eger Nürnberger Recht gebrauchte, wenn auch von einer ausdrücklichen Bewidmung nichts verlautet. Die verhältnismäßig geringen Unterschiede in der Rechtsverfassung, die Spruchtätigkeit Nürnbergs gegenüber Eger, die Einholung von Rechtsbelehrungen u. a. weisen in diese Richtung. Da Eger seinerseits wieder einen großen Kreis von Städten im Egertale und bis ins Pilsener Gebiet in seine Abhängigkeit zog, war damit eine wichtige Klammer zu einer zentralen Reichslandschaft gegeben. --Kratochvíl < 28> entrollt die wechselvollen Schicksale des alten Gerichts, der Richterei in der Prager Gallusstadt, d. h. jenes Gebäudes, an dem offenbar seit der Gründung der Gallusstadt die Richterfunktion haftete. Er kommt dabei auch auf die Gründung zu sprechen, ohne Mendls Arbeit zu berücksichtigen. Er hält sich ganz an Vojtíšeks Deutung. Wie anderwärts sinkt auch hier die Bedeutung des Richteramtes zu Ende des 14. Jh.'s, als es aus einem landesherrlichen Amt ein städtisches wird, während das Gebäude bei der Verflüchtigung der Richterbefugnisse zu einem Kaufhaus (Wirts- und Einkehrhaus) umgewandelt wird. Das Schwergewicht der Arbeit ruht in der nachhussitischen Zeit. -- Eine wertvolle Ergänzung früherer Studien über die Königsrichter bietet nun Roubík < 71> für Prag durch die Behandlung des Amtes der königlichen Hauptleute, die 1547 erstmalig eingesetzt und bis 1785 beibehalten wurden. Eng mit der Errichtung des Königsrichteramtes verknüpft, erstehen sie nur in Prag, wo sie die Rolle von vorgesetzten Aufsichtsorganen der Königsrichter und der Bürgerschaft gegenüber von Repräsentanten des Landesherrn für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung spielten. Dieses Amt war der Vorgänger der Polizeidirektion, wie der Name der Stadthauptmannschaft für den Leiter der Polizei ja auch noch an die frühere Zeit gemahnt. R. druckt die erteilten Instruktionen ab und fügt ein Verzeichnis der Hauptleute bei. -- Auch Pešák < 60> setzt seine frühere Studie über die Anfänge der königlich böhmischen Kammer fort, die für die Geschichte der Nationalitätenverhältnisse im 16. Jh. ein einzigartiges Beispiel darstellt. Denn da die Habsburger nicht tschechisch verstanden und die Korrespondenz mit der Hofkammer deutsch geführt wurde, erhält die Kammer tatsächlich äußerlich deutschen Charakter. Schon in den dreißiger Jahren tritt eine deutsche Abteilung einer tschechischen gegenüber. Bei der großen Reorganisation von 1548 wurde dann eine selbständige deutsche und tschechische ExpeditionS.777 eingerichtet. P. beschreibt dann genau die erhaltenen Protokolle, Inventare und gibt so eine Art Archivverzeichnis der Kanzlei. Tabellen veranschaulichen die noch vorhandenen Bestände an Protokollen der Kammer. --Kristen < 30> führt gegen Stloukal den Nachweis, daß das Auslaufsprotokoll der böhmischen Kanzlei Vollständigkeit anstrebte, daß sie ein getreues, nicht wie Stloukal meinte, lückenhaftes Bild des schriftlichen Auslaufs bietet. Daneben gibt K. freilich zu, daß offenbar sehr viele Angelegenheiten auch mündlich erledigt wurden, die dann nicht registriert wurden. --VI. Sozial-, Wirtschafts- und Nationalitätengeschichte.In die landesfürstliche Finanzpolitik führt Volfs < 99> Studie über den Kampf um das Salzmonopol Böhmens im 16. Jh. ein. Er umspannt die Zeit vom Regierungsbeginne Ferdinands I. bis in die dreißiger Jahre des 17. Jh.'s. Das vom Landesherrn in Gmunden erzeugte Salz eroberte sich allmählich eine Monopolstellung in Böhmen. Freilich mußte zuerst die Moldau flößbar gemacht, ein Netz von Salzniederlagen in Budweis, Prag und anderwärts errichtet werden, ein Mühen, das besonders in der zweiten Hälfte des 16. Jh.'s nachhaltig einsetzte, bis das kaiserliche Salz in den dreißiger Jahren des 17. Jh.'s tatsächlich eine ausgesprochene Monopolstellung besaß. Dieser Handel lag fast ausschließlich in deutscher Hand, deutsche Beamte wurden ins Land gebracht, ein Weg, der zur Stärkung des Deutschtums beitrug. V. berichtet auch über Versuche, Salz im Lande zu finden. -- In einer methodisch vielfach in Pekařs Spuren wandelnden Arbeit über das mährische Steuersystem des 17. Jh.'s bespricht Novotný < 48> zunächst die ältere Art der Steuererhebung, bei der als Bemessungsgrundlage Kopf und Besitz galten, die später aber durch eine Bodensteuer ersetzt wurde. Gerade um dessentwillen mußte eine Lanenvermessung durchgeführt werden. N. druckt ein Verzeichnis der Waffenpferde für die ältere Art der Steuerveranlagung ab (1604--43), sodann die Summare der Lanenregister von 1669--79, in dem für die einzelnen mährischen Kreise und Herrschaften Schlußzahlen genannt werden, aus denen die Anzahl der Häuser, der Scheffel und Lane ersichtlich werden. Diese Vermessungsarbeit wurde 1654 in Angriff genommen, so daß hier ebenso wie in Böhmen ein tiefer Einschnitt in der Geschichte des Steuerwesens zu machen ist. -- In den Bereich der territorialen Finanzverwaltung fällt Wenzels II. Münzreform, in die Skalský < 76> sachkundig einführt. S. bietet sogar viel mehr als der Titel verheißt: einen Überblick über die Hauptepochen der älteren böhmischen Geldgeschichte überhaupt, wobei er die Zeit Wenzels des Heiligen, dann die Einführung des Groschenschlages durch Wenzel II. (1300) und schließlich die Prägung des Joachimsthalers als die Hauptwendepunkte heraushebt. In dem Überblick nimmt er zu den Fragen des Geldumlaufs, des Wertes, des Geldsystems, der Edelmetallgewinnung u. a. m. Stellung. In der Einführung der Groschenwährung erblickt er den Sieg der Geldwirtschaft über die Naturalwirtschaft, ohne daß sich die Groschenwährung allzulange erhalten hätte. --Nohejlová < 46> gelingt es, eine Münzstätte Jodoks von Mähren für die Zeit von 1390--1401 in Brünn festzustellen. Ebenso verdanken wir Nohejlová < 47> eine sehr aufschlußreiche Arbeit über Wallensteins, mit seinem Machtstreben im engsten Zusammenhang stehende Münzpolitik. 1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1935IV. Städtewesen.An den Schluß können wir die lebendig geschriebene und überzeugende Studie von Ludwig Petry < 797> über Breslau und Krakau stellen. Sie verfolgt durch die 3 Jahrhunderte des Spätma.'s das Schicksal beider Städte, die auf ähnlichen Grundlagen errichtet, seit 1335 durch eine politische Grenze voneinander getrennt, bis zur Mitte des 15. Jh.'s wirtschaftlichen Streit untereinander nur als Ausnahme kannten. Ihre allmähliche Entfremdung in Verfassung, Handelspolitik, völkischem Aufbau und Kulturleben wird klar herausgearbeitet. Wenn ich besonders interessante Einzelzüge hervorheben soll, würde ich auf folgendes hinweisen: Die längste Zeit liegt Krakau im Wirtschaftskampf mit den Städten des Ordensgebiets, nicht mit Breslau; der Sieg über den Orden im großen Kriege verkehrt diese Fronten. Nachher droht die Aufnahme unmittelbarer Handelsbeziehungen zwischen den oberdeutschen Städten und Polen den Breslauer Handel lahmzulegen. Das größere oder geringere Maß von Unabhängigkeit einer Stadt von ihrem Landesherrn kann in verschiedenen Zeiträumen oft völlig entgegengesetzte Wirkungen äußern. -- Petrys Arbeit bestätigt wieder einmal die Erfahrung, daß die vergleichende Betrachtung geschickt gewählter Einzelstädte sehr fruchtbar werden kann. a) Bibliographie und Quellen.Von
Schottenlohers <
834> großem Werke sind im Berichtsjahr zwei stattliche Lieferungen
erschienen. Sie enthalten die Abteilung »Kaiser und Reich« und den Beginn der Abteilung »Territorien
und Landesherrn«, reichend bis Naumburg. Sehr angenehm ist, daß den einzelnen Fürstentümern
Zusammenstellungen der in Betracht kommenden Fürsten, den Bistümern die der Bischöfe vorausgeschickt
sind. Am umfangreichsten sind natürlich die Artikel, die die einzelnen Kaiser, vor allem Maximilian I. und Karl V.,
betreffen. Eine weitere Einzelwürdigung sei verschoben, bis das Werk im ganzen vorliegt.
S.229 VIII. Kirchengeschichte.Die polnisch geschriebene Übersicht über die Pfarrsprengel des heutigen Erzsprengels Posen von Ehrendomherrn und Dozenten St. Kozierowski < 34>, das Gegenstück zu der vorjährigen über Gnesen, ist nach dem gleichen Schema gearbeitet und für die Kirchen- und Kunstgeschichte nützlich, doch wegen der fast völligen Auslassung der Frage der deutschen Katholiken für die Volkstumsforschung unmittelbar nicht ergiebig, vgl. Z. 30, S. 243. -- Ein lehrreicher Aufsatz von M. Laubert über die Geschäftssprache der Posener katholischen Kirchenbehörden bis zum Sprachenregulativ von 1832 < 35> zeigt die Langmut der absoluten preußischen Regierung nach 1815 gegenüber den politisierenden und verpolenden Bestrebungen und Ausflüchten des Erzbischofs von Dunin, bis ein krasser Fall den Kelch zum Überlaufen brachte, vgl. Z. 30, S. 251. -- Ein weiterer Beitrag desselben Verf. über zwei Episoden aus dem Posener Mischehenstreit < 36> betrifft die Eingabe fast aller Dekane um Herausgabe des vom Staate beschlagnahmten Duninschen Hirtenbriefes und Verzicht auf strafrechtliche Verfolgung trotz Beleidigung des Landesherrn und Oberpräsidenten, sowie die Weigerung polnischer Geistlicher, nach dem Tode Friedrich Wilhelms III. Trauergeläut anzuordnen. -- Zur evangelischen Kirchengeschichte zeichnet Schriftleiter H. Sommer die Entwicklung der luth. Kirche in der Stadt Posen seit dem von Rußland und Preußen erzwungenen Duldungsvertrag von Warschau 1768 < 37>. 150 Jahre hatten die Lutheraner ihren Gottesdienst in benachbarten Städten halten müssen, und erst nach den Bedrückungen durch die Konförderation von Bar konnten sie ihre Kreuzkirche errichten (1786 eingeweiht), der dann bis zum Weltkriege mehrere andere folgten, neben vieren in der Stadt auch Dorfkirchen. -- Den Kampf in der reformierten Unität um die Führung der Kirche im 8. Jahrzehnt des 18. Jh.'s stellt Th. Wotschke < 38> dar. Besonders handelte es sich um den Anspruch des Adels, die Kirche zu beherrschen, 1765 in Lissa beginnend, wobei er nach einem Siege doch schließlich einlenken mußte. II. Hilfswissenschaften.Auf dem Gebiete der
Familienkunde hat der Gründer und Leiter der Ostfälischen familienkundlichen Kommission M.
Burchard <
1614> ein wertvolles Quellenwerk in übersichtlicher Form
veröffentlicht, dessen Urschrift im Staatsarchiv zu Hannover viel benutzt wird. Es ist ein Verzeichnis des Jahres
1585, das die Regierung des Fürstentums Calenberg-Göttingen nach dem Tode Erichs II. für die Huldigung
des neuen Landesherrn, des Herzogs Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, und für eine gleichzeitig
stattfindende Musterung der wehrfähigen
S.458 Mannschaft aufstellen ließ. Wo solche Listen fehlen, wie bei den Städten Hannover, Göttingen, Hameln, Northeim und Münden, die unter Berufung auf ihre Privilegien sich weigerten, Huldigungen zu leisten und ihre Bürger mustern zu lassen, hat Burchard Schoß- oder Zinsregister derselben Zeit zum Abdruck gebracht. Für die Grafschaft Pyrmont hat er eine Kornrechnung als Ersatz genommen. Umfangreiche Familiennamen- und Ortsverzeichnisse erschließen die sorgfältige Arbeit. -- Auf andere wichtige Quellen, die an derselben Stelle aufbewahrt werden, macht G. Möhlmann < 1615> aufmerksam. Die drohende Türkengefahr wurde im Jahre 1664 im Fürstentum Calenberg zum Anlaß für Erhebung einer Kopfsteuer genommen. Diese Kopfsteuer und die dazu notwendige Kopfbeschreibung der Steuerpflichtigen stellt etwas völlig neues in der Steuergesetzgebung der damaligen Zeit dar. Wichtiger als die Kopfsteuer an sich ist heute für den Heimat- und Familienforscher die Kopfbeschreibung, die Personenstandsaufnahme. Eine einzigartige Bedeutung kommt dem ausführlichen Personenstandsverzeichnis vom Jahre 1689 zu. -- An Quellenschriften zur niedersächsischen Familienkunde sind ferner der 2. Band des Goslarer Bürgerbuches für die Jahre 1648 bis 1699 < 1660>, das Schöninger Bürgerbuch für die Jahre 1666 bis 1783 < 1673> und »Akten der Stöckmannschen Heiratsstiftung in Celle« < 1661> erschienen. H. Borstelmann hat das Amt Lüne < 1662> und das Amt Harsefeld (Stader Archiv N. F., Bd. 25, 171--276) familienkundlich erschlossen. -- B. Engelkes »Münzgeschichte der Stadt Hannover« (1915) hat die notwendige Ergänzung durch das Erscheinen des Corpus der stadthannoverschen Münzen, das H. Buck und O. Meier < 402, S. 166> im Auftrage der Stadt Hannover bearbeitet haben, erhalten. Bei eingehender Beschäftigung muß man für die Abschnitte Münzgeschichte -- Regestenform --, Münzgebäude und Münzbetrieb zu Engelkes grundlegender Arbeit greifen. Eigene meist neue Untersuchungen liegen in der Darstellung der vorstädtischen -- also der frühen landesherrlichen und der gräflich Rodenschen -- Prägungen und in dem Abschnitt über das Geldwesen der Stadt Hannover vor. Ein Orts- und Namenregister schließt die mit 8 Lichtdrucken ausgestattete Veröffentlichung. -- A. Hoffmanns < 2061> Schrift ist nichts anderes als eine Zusammenstellung der ihm bekanntgewordenen Steinkreuze, Kreuzsteine und einiger besonders bemerkenswerter Denksteine in Niedersachsen, soweit es zum Arbeitsgebiete der Historischen Kommission gehört, und eine Anregung, diese Steine und ihr Brauchtum wissenschaftlich zu erfassen und aufzuarbeiten. 28 Tafeln mit Strichzeichnungen verdeutlichen besser als Lichtbilder die oft recht undeutlich gewordenen Darstellungen auf den Steinen. Leider muß auf ein Orts- und Personen- sowie ein Sachregister verzichtet werden.V. Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte.Gringmuths <
1532> bis auf wenige Stellen recht zuverlässige Arbeit über die
Behördenorganisation im
S.490 Herzogtum Magdeburg (1680--1806) macht die Eingliederung dieses Gebietes in den werdenden preußischen Gesamtstaat recht anschaulich. Vorsichtig, aber unbeirrbar ging die Regierung gegen den Einfluß der Landstände auf die Staatsangelegenheiten vor; andererseits fanden bei der Durchführung der allgemeinen, für alle Teile der preußischen Monarchie bestimmten Maßnahmen die aus der ehemaligen Selbständigkeit des Herzogtums erwachsenen Verhältnisse starke Berücksichtigung. So spiegelt sich in der Behördenorganisation, die ja nicht Selbstzweck ist, die ganze innenpolitische Haltung wider. -- Ein ähnliches Thema behandelt Schröter < 1029> mit der Eingliederung des Eichsfeldes in die Provinz Sachsen nach 1815. An den Beispielen der Behördenorganisation, dem Kommunalwesen, der Landeskultur (Ablösungen und Separationen!) und dem Verkehrswesen treten die stark beharrenden Eigentümlichkeiten des Gebietes hervor, andererseits der große Gewinn, den das karge Land infolge der Einbeziehung in einen großen Staat erfuhr. -- Durch die Zusammenstellung Krause-Ritters < 1966> der Steuern und Abgaben, die in die Kämmerei- Kasse einer mittleren Stadt wie Naumburg flossen, wird deren ganze Vielfältigkeit und unterschiedliche Herkunft anschaulich gemacht; auch fallen interessante Lichter auf die wirtschaftliche Lage der Stadt überhaupt. -- Die Geschichte der Landstände in Anhalt, wie sie Lenz < 1533> darstellt, weist keine schweren Konflikte zwischen Landesherrn und Ständen auf. Wohl vermochten letztere im 16. Jh. durch Steuerbewilligungen und Übernahme der landesherrlichen Schulden die innere Landesverwaltung weitgehend in die Hand zu bekommen, ihr politischer Einfluß blieb gering. Indem sie freiwillig 1652 die Steuern als dauernde Einrichtung bewilligten, verloren sie völlig ihre Bedeutung.II. Historische Landeskunde.Stengels
Historische-Atlas-Reihe wird fortgesetzt mit der Grafschaft Ziegenhain von Brauer <1933/34,
350>, deren Teildruck an dieser Stelle bereits besprochen wurde <1928,
S. 462>. Für die Ämterentwicklung im Kerngebiet war die landesherrliche Burg der Mittelpunkt, in den
Randgebieten sind fuldische und hersfeldische Vogteirechte sowie Grundherrschaft die territoriale Grundlage geworden.
-- Zur »Kasseler Landschaft« sind vom Herausgeber zwei Arbeiten zusammengefaßt, worin die
zentralisierende Wirkung der Hauptstadt auf ursprünglich verschieden orientierte Gebiete zum Ausdruck kommt. Die
ersten Kapitel von Eisenträgers <
297> Untersuchung der Ämter Ahna, Bauna und Gudensberg sind als
Teildruck ebenfalls besprochen <1931, S. 439>. Im hohen MA. steht die Grafschaft Maden nach dem Aussterben der
Grafen Werner im Brennpunkt der mainzisch-hessischen Auseinandersetzung; Lehnshoheit steht gegen Gerichtshoheit. Die
landgräflichen Gerichtsrechte, von den Stützpunkten Gudensberg und Kassel energisch vertreten, erwiesen sich
auch über die Krise von 1247 hinweg als die stärkeren. Vorübergehend konnten in Ditmold auf Grund des
Hundertschaftsgerichts und der Kaufunger Vogtei die Schaumburger eine eigene Grafschaft aufbauen. Bemerkenswert ist das
Gericht des alten Hessenmittelpunktes Maden, das sich als Grafschaft trotz zeitweiliger Absplitterungen immer wieder
durchsetzt; die Ausbildung zum Provinzialgericht zweiter Instanz wird nicht völlig klar. Die Ämterentwicklung
zeigt frühe Konsolidierung und Kontinuität. -- Der zweite Teil, von Krug und
Stengel bearbeitet <
297>, erhält seine Note durch den Reichsforst Kaufunger Wald sowie das
Kloster Kaufungen, in jüngerer Zeit durch die Auseinandersetzung mit Braunschweig um Münden. Die Bearbeitung
dieser Hauptkapitel durch den Meister selbst ist den Problemen sehr zugute gekommen, wenn auch die Krugschen Teile bei
der außergewöhnlichen Arbeitsteilung um so schwächer und weitschweifiger wirken. Die ältere
Geschichte basiert im wesentlichen auf den Diplomen von 811 und 813 sowie denen für Kaufungen 1008 ff. Der
Reichsforst und die Königshöfe Kassel und Wolfsanger bieten dem mit ihnen dotierten Kloster die Grundlage
für seine reichsfreie Stellung. Das Eindringen der Landgrafen beruht auf der ererbten Klostervogtei. Für sie
wurde die Lage von Kassel entscheidend; von hier aus ist Münden als hessische Gründung auf altem Reichsgut
vorgeschoben, das 1247 an Braunschweig verloren geht. Die Auseinandersetzungen um diesen Besitz bis 1832 sind die Folge
der hessischen Wiedergewinnungspolitik. Das Ämterkapitel behandelt Kassel-Neustadt mit den vier
Schöppenstühlen und den Stiftsdörfern sowie das Oberamt Münden. Der reiche Inhalt der Atlanten kommt
leider unter der groben Technik nicht zur vollen Geltung; hier bestehen entschieden noch Möglichkeiten einer
methodischen Verfeinerung. -- Neben Wredes Territorialgeschichte gibt Klein <
1973> für die Grafschaft Sayn-Wittgenstein-Hohenstein einen
Überblick über wirtschaftliche und soziale Entwicklung seit dem 16. Jh. Die Auswirkungen von Absolutismus und
Merkantilismus in einem solch kleinen
S.500 Territorium sind hier von Interesse. Verf. nennt es ein Reliktgebiet. So fällt der Ausbau der Zentralbehörden erst ins Ende des 17. Jh.'s. Charakteristisch sind die gegenseitige Bedingung der Wirtschaftszweige zu einer Wirtschaftseinheit des Ganzen und die Ausbildung einiger spezialisierter Erzeugnisse, wie Holzkohle und Eisenprodukte, die mit der rationellen Forstwirtschaft (die Wälder sind der Hauptreichtum) und mit der Pflege der Hüttenindustrie (Ausnutzung der Wasserkräfte und des nassauischen Bergbaus im 17. Jh.) unter rein landesherrlicher Initiative einsetzen. Die Landwirtschaft dient unter den ungünstigen Bedingungen nur der Eigenversorgung; Eigengüter mit Realteilung neben Leihegütern nach Anerbenrecht. Die soziale Lage erhält ihr Gepräge durch die überragende Stellung des Landesherrn als alleiniger Gerichtsherr, Leibherr und nahezu alleiniger Grundherr. Für eine merkantilistische Politik größeren Stils fehlte es dem Territorium an Raum, günstiger Verkehrslage und politischer Selbständigkeit.IV. Darstellungen nach der Reihenfolge der Ereignisse.Die Historische Kommission für Hessen und Waldeck setzt nach Gundlachs Publikation über die hessischen
Zentralbehörden die Erforschung der hessischen Verwaltungsgeschichte fort mit Zimmermanns <
854> Ausgabe des »Ökonomischen Staates« Landgraf Wilhelms
IV. von 1585, eines statistischen Handbuches über die Leistungsfähigkeit
S.502 des gesamten Staatswesens, das den Abschluß jahrelanger Aufnahmen in Form tabellarischer Übersichten namentlich über die nutzbaren Rechte durch einen hochbegabten Finanz- und Verwaltungspolitiker bildet. In mustergültiger Editionstechnik auf Grund der vier Handschriften liegen seine Teile, das Lehenbuch, das Dorfbuch, das Forstbuch, die Überschüsse der Ämter, Steueranschläge, Hofhaushalte, Zoll- und Domäneneinkünfte, Zehnten, Preistafeln für Backwaren, Getreide, Wein und Handwerk, sowie der Kriegsetat im zweiten Bande vor. Einleitung und Auswertung bilden den ersten Band. In weit gespanntem Rahmen behandelt der Verf. in vier Hauptteilen die »Staatsraison« des reformierten hessischen Territoriums und den Geist seiner Verwaltung, die Zentralverwaltung, die Verwaltungsstatistik sowie die Wirtschafts- und Sozialpolitik im 16. Jh. In dem Aufbau des Behördenapparates sieht er im wesentlichen eigenes Wachstum, lehnt also einfache Übernahme des österreichischen Vorbildes ab, wenn auch Anregungen und Erfahrungsaustausch zwischen den Territorien von Einfluß gewesen sind. Der Streit zwischen Z. und Gundlach <1933/34, 1179> über die Entstehung der Rentkammer wird fortgeführt, indem Z. ihre Entstehung in das Ende des 15. Jh.'s setzt, während G. erst 1558 für das entscheidende Jahr hält (vgl. auch Dt. Lit.- Ztg. 1934, Sp. 2484). Das erste Kapitel, welches den Bau des »modernen« Staates in innere Verbindung mit dem Gedankengut der Reformation bringt und im Berufsbeamtentum, in der Rationalisierung der Finanzverwaltung, in der Stellung des Landesherrn bereits Ansätze zu Absolutismus und Merkantilismus sieht und somit grundsätzliche Bedeutung beansprucht, wird von Hartung < 854> angegriffen; ihm bietet der »Ökonomische Staat« nicht mehr als »dankenswerte Aufschlüsse über die Verwaltung eines mittleren deutschen Territoriums im Ausgang des 16. Jh'.s.«2. Städte.Die kurze »Geschichte der Stadt Herford« von Fr. Böckelmann (Bielefeld, Velhagen & Klasing, 1934. 77 S., 1,80 RM.) beschränkt sich auf einen knappen, schlicht und nüchtern gehaltenen Tatsachenbericht ohne Quellenangaben und ohne Erörterung von Problemen. -- Wie andere niederdeutsche Städte, z. B. Soest, Warburg, Braunschweig, Göttingen, ist auch Lemgo 1521 in die Wormser Reichsmatrikel aufgenommen worden, obwohl seine Stellung als Territorialstadt nicht in Zweifel gezogen werden kann. Der Anspruch des Reiches gründet sich, wie Copei < 1546> zeigt, auf die Reichskriegssteuerliste von 1427. Seitdem war Lemgo schon mehrfach in Reichsanschlägen genannt worden, hat aber damals so wenig wie nach 1521 tatsächlich Folge geleistet. Landesherr und Stadt haben sich gegen die Versuche des Reiches, seinen vermeintlichen Anspruch auch ernstlich durchzusetzen, gleichmäßig kräftig gewehrt. Nur vorübergehend hat sich die Stadt im 17. Jh. in einem Streit mit dem Landesherrn selbst auf die angebliche Reichsunmittelbarkeit berufen, freilich ohne jeden Erfolg, zumal auch seitens des Reichs nach 1662 der Anspruch nicht mehr geltend gemacht wurde. 4. Agrarwesen.In den »Bildwiedergaben
ausgewählter Urkunden und Akten zur Geschichte Westfalens« bringt die von G. Pfeiffer
zusammengestellte Mappe V (Münster, Archivberatungsstelle. 2,70 RM.) eine Auswahl von Urkunden, Heberegistern,
Steuerverzeichnissen und ähnlichen Quellen, die sich nach ihrem Inhalt zu einem gewissen Gesamtbilde von den
rechtlichen und wirtschaftlichen Bindungen des westfälischen Bauern zusammenfügen. Der landschaftlichen
Verschiedenheit innerhalb Westfalens ist soweit als möglich bei der Auswahl der Beispiele Rechnung getragen.
-- Zwei Spezialarbeiten haben den Weg einer gebietsweisen Behandlung der Agrarfragen beschritten. So
Krawinkel <
1978>, der dabei für Lippe nicht vom Bauern, sondern von der
Grundherrschaft ausgeht. In Übertragung und zugleich Ausweitung Rübelscher Gedankengänge schreibt er die
Bildung der Großgrundherrschaften der Zeit der fränkischen Herrschaft und
S.511 dem folgenden Zeitraum bis etwa 1100 zu; nur ein kleiner Teil der sächsischen Edelinge habe in geringem Umfange seinen Besitz erhalten können. Der Ausdehnung nach glaubt er für diese erste Periode die geistlichen Grundherrschaften als die bei weitem größten einschätzen zu dürfen. Mit dem nach ihm um 1100 einsetzenden Zerfall der Großgrundherrschaft verschiebt sich dieses Verhältnis zugunsten der weltlichen -- landesherrlichen wie niederadligen -- Grundherren. Die Auflösung der Villikationsverfassung ist in Lippe keineswegs gleichmäßig und durchgehend erfolgt. Im ganzen zeigt das Gesamtbild, auch in bezug auf die Rechtsverhältnisse der Bauern, kaum Abweichungen von der Lage im übrigen östlichen Westfalen. Erst die seit Mitte des 16. Jh.'s zu beobachtende Errichtung landesherrlicher und adliger Gutswirtschaften bzw. ihr Ausbau bringt in dieses Bild eine neue Note. Das Ergebnis der bewußt angestrebten Stärkung des landesherrlichen Domaniums ist, daß gegen Ende des 18. Jh.'s etwa 3/5 aller Hofstellen dem Landesherrn eigenhörig sind. Zweifellos sind dem Verfasser bei seiner Neigung zu einer großlinigen Betrachtungsweise manche Schiefheiten und Übertreibungen unterlaufen, besonders in seinen Ausführungen über die älteste Zeit (z. B. über die karolingische Bodenpolitik, die Herleitung der Gogerichte aus den Hofgerichten, den Einfluß des römischen Rechts), und für einzelne der geäußerten Ansichten bieten die Quellen seines Gebiets gar keinen Anhalt; doch wird man ihm dafür andere gute Beobachtungen und Urteile, wie über die Bedeutung der Grundherrschaft gerade für die Erhaltung der Höfe, zugutehalten dürfen. -- Das von Pennings < 1977, jetzt auch in dess. Geschichte der Stadt Recklinghausen Bd. II, 1936, S. 141 ff.> behandelte Gebiet des Vestes Recklinghausen zeigt im 16. Jh. wie auch später keine Ansätze zu einer der lippischen entsprechenden Entwicklung. Um so stärker und länger haben sich die alten grundherrschaftlichen Bindungen in diesem westlichsten westfälischen Territorium erhalten. Mindestens trifft das für die Geltung der Hofesverbände als Gerichtsverbände zu, wieweit auch in wirtschaftlicher Hinsicht, geht aus dem Aufsatz von Pennings nicht deutlich hervor, obwohl er gerade neben den rechtlichen Verhältnissen des Bauernstandes die bäuerliche Wirtschaft in allen ihren Zweigen -- außer Ackerbau und Viehzucht auch Jagd und Fischerei, Marken- und Mühlenwesen -- zum Gegenstand der Schilderung macht. Hervorgehoben sei, daß Pennings die wirtschaftliche Lage der Bauern um 1500 günstig beurteilt und Anzeichen für einen gewissen Wohlstand feststellen konnte. Verwirrend ist die ständige Verwendung der Bezeichnung Reichshof für eine Gruppe von Oberhöfen verschiedener, meist geistlicher Grundherren; sie erscheint mir durch ihre Zugehörigkeit zu dem Verbande des Recklinghäuser Vogteigerichts nicht ausreichend gerechtfertigt. -- Etwa dieselben Gegenstände hat für das südlich angrenzende märkische Land am Beispiel eines einzelnen Hofes Lappe < 1975> untersucht und anschaulich dargestellt. Mögen auch gerade seine Ansichten über allgemeinere Fragen, wie die von der Entstehung der Einzelhöfe durch Ansiedlung der Brukterer, von Umfang und Bedeutung des fränkischen Reichsgutes (zu dem von ihm ohne jeden Grund auch der Hof Kump gerechnet wird), wie nicht minder in manchen Einzelpunkten Widerspruch herausfordern, so überwiegt doch der Gewinn bei weitem, und es zeigt sich, wie fruchtbar es sein kann, die Einzelzüge des Lebens im lebendigen Zusammenhang eines geschlossenen Lebenskreises kleineren Ausmaßes aufzuspüren und zu verfolgen. Wie schon berührt, hat der Verfasser dieser Gelegenheitsschrift -- um eine solche handelt es sich ihrem Anlaß nach -- dabei nicht versäumt, FragenS.512 von übergeordneter Bedeutung anzuschneiden und in weiterem Rahmen zu erörtern: so die Entwicklung des Wachszinsigenrechts, des Zehntwesens, die Einrichtung der Vöhden, die rechtliche Natur und die wirtschaftliche und soziale Bedeutung der Marken und Gemeinheiten sowie die Auswirkungen ihrer Teilung. Was schon Krawinkel und Pennings bemerkt haben, daß auch der Bauer selbst Grundherr sein konnte, findet sich bei Lappe an einem konkreten Beispiel ausgeführt. -- Von der im Ziel gleichgerichteten Arbeit von Meyer-Spradow < 1976> über ihren elterlichen Hof im Mindenschen muß dagegen festgestellt werden, daß sie gänzlich mißlungen ist und ihr nur durch die mitgeteilten Angaben der Quellen ein gewisser Wert verliehen wird. Nach einigen Richtungen bietet für ein eng benachbartes Gebiet die siedlungsgeographische Untersuchung von Horstmann < 1813> Ersatz, insofern er nämlich das Markenwesen und die Waldnutzung eingehender berücksichtigt.IV. Kirche.Spieckermann hat in seiner Arbeit <
2170> einen umfangreichen Stoff abgehandelt. Außer mit Fragen der
Verfassung, den Einrichtungen und den Aufgaben des münsterischen Domkapitels hat er sich auch mit dem nicht minder
vielgestaltigen Komplex seiner Stellung in der Verwaltung, also seiner Beteiligung an der geistlichen Leitung der
Diözese wie an der weltlichen Regierung des Stifts, beschäftigt. Wahlrecht und Konsensrecht haben es in erster
Linie dem Kapitel ermöglicht, sich einen solchen Anteil zu sichern, wobei zunächst jedenfalls das
Bedürfnis nach Sicherung seiner Rechte im Vordergrund stand. Das zeigt der Inhalt der ältesten
Wahlkapitulationen, deren früheste uns überlieferte zwar erst dem Jahre 1381 angehört, die aber
mindestens seit dem Anfang des 14. Jh.'s bezeugt sind. Auf geistlichem Gebiete erreichte das Kapitel ein
Bestätigungsrecht bei den Synodalbeschlüssen, die Gewährleistung der archidiakonalen Rechte und das Recht
der Zustimmung zur Ernennung des Offizials. Die Eingriffe in das Gebiet der weltlichen Verwaltung stehen in Verbindung
mit der Ausbildung eines ständischen Mitregiments, dessen Anfänge, ähnlich wie in anderen geistlichen
Territorien, in der Einsetzung eines Rates zu erkennen sind, zu der es erstmals 1272 aus Anlaß einer Sedisvakanz
kam. Doch ist die Stellung des Domkapitels in der Landesregierung nicht mit seiner Anteilnahme an ständischen
Organen und dem Mitgenuß ihrer Rechte erschöpfend umschrieben. Es genießt daneben noch Sondervorrechte,
die ihm eine geradezu gleichberechtigte Stellung neben dem Bischof verschaffen. Zu wünschen wäre gewesen,
daß der Verfasser angesichts der Bedeutung des Gegenstandes sich eingehender über einzelne Fragen ausgelassen
und allgemein sich um eine größere begriffliche Bestimmtheit und zeitliche Präzision bemüht
hätte. -- In »Auf Roter Erde«, Jg. 10 (Münster, Aschendorff), setzt R. Schulze
seine in Jg. 9 begonnene Reihe der »Bilder zur Geschichte
S.513 des Minoritenklosters zu Münster« bis zum Ausgang des 16. Jh.'s fort. -- Die Rheiner Armenanstalten, denen Röcken eine materialreiche Studie gewidmet hat < 2021>, weisen insgesamt kein hohes Alter auf. Die beiden Hospitäler zum Heiligen Geist sind im 15. Jh. gegründet, und zwar von privater Seite, standen aber von vornherein unter der Leitung des Stadtrates. Beim älteren Hause besaß der Pfarrer wenigstens noch das Patronat über die Kapellenvikarie, beim jüngeren war auch dies nicht mehr der Fall; hier übte ihn schließlich ebenfalls der Rat aus. Eine rein städtische Gründung war das Anfang des 17. Jh.'s errichtete sogenannte »Gemeine Hospital«. Im Gegensatz zu den beiden ersteren Häusern, die dem Unterhalt von Pfründnern aus der Bürgerschaft dienten, war seine eigentliche Aufgabe die Unterstützung der freien -- einheimischen wie fremden -- Armen. Die mißbräuchliche Ausnutzung der Verwaltungsbefugnisse der Stadt zur Befriedigung städtischer Finanzbedürfnisse hat im Zeitalter des Absolutismus zu einer Beschränkung der städtischen Rechte gegenüber den Armenanstalten und stärkerer Beaufsichtigung durch den Landesherrn Anlaß gegeben; dabei lag es im Wesen des sich mit einer kirchlichen Erneuerung verbindenden fürstlichen Regiments, daß eine engere Beziehung zu den kirchlichen Verwaltungsorganen hergestellt wurde. Mit dem Rationalismus setzte von neuem eine Säkularisationstendenz ein, die in französischer Zeit zur Bildung einer Zentralkommission für die Wohlfahrtseinrichtungen, in preußischer zur Errichtung eines Armenvorstandes führte.V. Historische Geographie und Siedlungsgeschichte.In den Landwehren hat man vielfach Reste von Verteidigungsanlagen aus frühma.'licher Zeit erblicken wollen. Genauere Untersuchungen zeigen aber immer wieder, daß die Anlagen erst dem spätern MA. angehören. Hier ist hinzuweisen auf die Arbeiten von W. Engels < 298, 1814> aus dem bergischen Gebiet. Reste der Barmer Landwehr (Linie Hatzfeld-Beyenburg) sind nur an wenigen Stellen erhalten. Urkundlich läßt sich aber der Verlauf verfolgen. Im J. 1696 wurde sie neu abgegrenzt, vom Landesherrn in Besitz genommen und verpachtet. Schon im 16. Jh. war sie abgebaut worden. Form und Linienführung sprechen gegen die Annahme altfränkischen Ursprungs. Sie war nicht als Grenze geschaffen, sondern als Schutzwehr gegen räuberische Überfälle. Wie es märkische Höfe in Berg gab, so auch bergische in der Mark. Auf den hofrechtlichen Beziehungen beruht die Scheidung zwischen Ober- und Niederbarmen, nicht etwa auf der Landwehr. Der Osten des bergischen Landes war von einem Netz von Landwehren durchzogen. Sie entstammen alle dem späten MA. und wurden von Bauern auf Grund ihrer Dienstverpflichtung und nach Anweisung der Amtleute gebaut und unterhalten. Unter den beigefügten Karten befindet sich eine solche über die Profile bergischer Landwehren. -- In dem zweiten Aufsatz konnte der Verf. an der Hand eines Vermessungsprotokolls von 1772 den Verlauf der Landwehr Ibachtal-Leppetal feststellen. Die Suche nach Resten dieser Landwehr blieb ohne Ergebnis. Die Frielingsdorfer Pforte hatte auch im Vorgelände zwei stattliche Grenzwächter: die stolze Bergfeste Neuenberg und die Wasserburg Eibach. Bei Krommenohl endete die Landwehr. Auch daraus geht hervor, daß es sich keineswegs um eine alte Frankenwehr gehandelt haben kann. Es sind Grenzwehren der Grafschaft Berg aus dem 14. bis 16. Jh. Auch diesem Aufsatz sind einige Kartenskizzen beigefügt. -- V. Historische Geographie und Siedlungsgeschichte.Um die wesentlichen Züge der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung des Saarreviers aufzuzeigen, hat E. Ennen < 303> die Geschichte von drei Dörfern an der Grenze untersucht. Großrosseln, ursprünglich eine rein bäuerliche Siedlung, läßt sich schon im hohen MA. nachweisen. Es gehörte teils zu Saarbrücken, teils zu Baden. Im 30jährigen Krieg wurde es fast ganz verwüstet. Seit 1695 beginnt es durch Zuwanderung wieder aufzuleben. Klarental, eine merkantilistische Gründung des Landesherrn aus dem 17. Jh., hat rein industriellen Charakter. Der Fürst beauftragte eine Genossenschaft von Glasmachern, sich hier niederzulassen. Das dritte Dorf, Fenne, ist keine selbständige Gemeinde; es gehört zu Fürstenhausen, dessen Geschichte hier mitgeteilt wird. Eine Glashütte wurde hier im 19. Jh. gegründet. Der Untersuchung sind einige Beilagen beigefügt, u. a. Bannbeschreibungen. VI. Wirtschafts- und Sozialgeschichte.Als einen Beitrag zur Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte des rechten
Niederrheins legt H. Haferkamp <
1980> eine Untersuchung über die Walsum- Sterkrader Großmark
vor. Diese gehörte zu den sechs Marken des Landkreises Wesel und umfaßte die Ämter Dinslaken, Holten,
Beeck nebst dem Kirchspiel Sterkrade. Die Markgrenzen sind mit denen der Ämter und Kirchspiele nicht identisch,
ebensowenig mit denen der Gerichte. Von den Ämtern gehörten oft nur Teile zu der Mark. Am Ende des 15. Jh.'s
wurde die Mark geteilt in die kleineren Marken Walsum und Sterkrade; in organischer Hinsicht wurden sie aber gleich
verwaltet. Nach Erörterungen über die natürliche Beschaffenheit der Mark untersucht der Verf. die
Besiedelung der Mark und die Änderung der Waldflächen, sodann die Grundherrlichkeit der Mark, um dann die
Organisation und Bewirtschaftung sowie die Streitigkeiten um markgenossenschaftliche Rechte und schließlich die
Aufteilung zu behandeln. Die Mark wird im 13. Jh. entstanden sein im Interesse der Erhaltung des Waldbestandes. Da
ursprünglich der König, später der Landesherr, Besitzer des Grund und Bodens war, wird ein
Obereigentumsrecht der Gesamtheit an den gemeinwirtschaftlich genutzten Liegenschaften nicht bestanden haben. Im 14. Jh.
erfolgte Siedlungsstillstand.
S.521 Der Siedlungsvorgang spiegelt sich wider in der verschiedenen Klassierung der berechtigten Markgenossen. Der Zerfall der Mark beginnt mit den Streitigkeiten zwischen Markgenossen und Landesherrn. Der geringe Umfang des Waldbestands trug zum Untergang der Mark bei. Das Vorwort dieser recht tüchtigen Dissertation aus der Schule Eitels in Münster hätte einer Revision bedurft. --V. Ortsgeschichte und Verschiedenes.Elsen <
1827> überschreibt seine Abschnitte: Romanische Bischofsstädte,
Welfische Städte längs der romanischen Salzstraße (Wasserburg, München, Landsberg, Ravensburg),
Drei verschiedene Grundrisse von München, Wandernde Städte (verschiedene Altstadt und Altheim), Ludwig der
Kelheimer als Städtegründer (Kelheim, Landshut, Straubing), Der Zugang nach Oberschwaben (Weilheim, Schongau),
Städte zwischen Inn und Salzach (Mühldorf, Tittmoning, Burghausen, Neuötting), Kampf um Regensburg. Die
im Titel der Arbeit gestellte Frage ist mit dieser Aufzählung schon beantwortet. -- Der Stoff, der mit der
Gründung Münchens 1158 einsetzt, wird von W. Schultheiß <
1993> in zehn Kapitel eingeteilt. Zwei wichtige umfassen nur kurze
Zeiträume, nämlich die freiheitliche Entwicklung unter Kaiser Ludwig d. B. 1330--1347 und die Zeit der
Zunftrevolution 1398--1403. München erstand als Stadt wahrscheinlich im Sinne der kaufmännischen
Unternehmergründung; doch später wurde sie durch den Landesherrn »herrschaftlich« und
»bannrechtlich« überlagert. Keine autonomen Zünfte sind daher die Münchener, sondern
Handwerke
S.543 in starker Abhängigkeit von der Obrigkeit (S. 145). Das sogenannte Schusterprivileg von 1290 ist merkwürdigerweise das älteste Handwerksdokument. Die Müller, Bräuer und Keßler oder Kaltschmiede sind von der städtischen Gerichtsbarkeit ausgenommen; letztere sind damit das älteste Beispiel einer Landeszunft. Das Kirchliche der Zünfte ist vielleicht etwas knapp weggekommen. -- Lauingen, dessen ma.'liche Rechtsordnung die Dissertation von Köppl untersucht < 1566>, wird 890 erstmals genannt. Von den Hohenstaufen kam es in den Besitz der Wittelsbacher, aber Fulda hat niemals formell auf seine alten Rechte Verzicht geleistet. Die Stadt hat 1437 durch König Sigismund die hohe Gerichtsbarkeit erlangt. Zwei Jahre später ist das Lauinger Stadtrecht entstanden, das dann breit behandelt wird, indem seine zivil- und strafrechtlichen Bestimmungen im allgemeinen gut erläutert werden. -- Als ersten Teil der »Geschichte der Grenz- und Festungsstadt Rain am Lech« hat Ludwig Dorn, Stadtprediger, im Selbstverlag »Die Geschichte des Rainer Winkels um 1250« erscheinen lassen. Er berichtet über die Besitzungen der Lechsgemünder und Graisbacher Grafen, die der Wittelsbacher und Scheyerischen Nebenlinien, der bayerischen Pfalzgrafen, des Bistums und St. Walburgsklosters Eichstätt, der Klöster Scheyern, Indersdorf, Kaisheim und Niederschönenfeld in diesem Winkel Mitte des 13. Jh.'s Brucklach sieht er als den Vorläufer von Rain an; von 13 anderen verschwundenen Dörfern und Ortschaften in diesem Winkel weiß er. Der Blick auf die Entwicklung im Herzogtum Bayern, besonders auf die Städtegründungen der Wittelsbacher, wird nicht vergessen. -- G. A. Reischl < 900> schildert, was dieses Rain, dann Aichach, Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Hohenwart, Pöttmes usw. von den Schweden 1632/33 zu leiden hatten und wie dann der Kurfürst kam. Amtliche Schreiben und Privatberichte werden auch wörtlich gebracht. -- Bei J. Dollacker, Kriegsereignisse in der Oberpfalz 1796 (»Die Oberpfalz«, Jg. 29, S. 34--38, 68--72, 95--98, 124--128 und 144 bis 149) sieht man überall in der Kritik der Heeresbewegungen den alten Offizier. Jourdan, Moreau und Bernadotte waren die französischen Heerführer, Erzherzog Karl und Wartensleben die österreichischen. Die Franzosen wurden gegen Würzburg abgedrängt, aber eine Entscheidung ist bei Amberg nicht gefallen, wiewohl sie leicht möglich gewesen wäre. -- In seinem Vortrag sagt M. Hofmann < 1992> S. 14: »Altbayern ist das klassische Land des ungeteilten Gutsübergangs und zugleich der zahlreichen Ehrenblätter, Franken ist das klassische Land der Erbteilung und damit das Land der spärlichen Ehrenblätter.« Denn »Geteiltes Feuer brennt nicht lange«, ist ein alter Erfahrungssatz, ein Rechtssprichwort. »Der viel verlästerten Grundherrschaft verdanken wir in erster Linie das Fortbestehen des kraftvollen bayerischen Bauerntums.« -- Der Bericht von Witz und Kuhn < 11> über die 18. Hauptversammlung zu Amberg 1934 hebt von den Vorträgen hervor den des leider verblichenen Vorsitzers Gg. Hock über die Eiringsburg bei Kissingen, des Prof. Schreibmüller, Das Werden der Oberpfalz, des Prof. Schnetz über die Frage der Slavensiedlung in Bayern, ein Gegenstand der Ortsnamenforschung, Sprater, Der Brunholdisstuhl bei Bad Dürkheim (ein Steinbruch der Römerzeit) <vgl. 654>, von Dachs, Die Anfänge der kolonisatorischen Erschließung der Oberpfalz in der Agilolfinger Zeit, dann solche über das Meso- und Neolithikum und über frühe Hallstadtfunde bei Straubing. Der herkömmliche Ausflug mit Kraftwagen führte in das alte Kloster Kastl. -- Dr. Hans Rid läßt in Alt-Weilheim, Kulturbilder aus vergangenen Tagen (Weilheim O.-Bay., Druck des W. Tagblattes, 284 S.) das Weilheim des verflossenen Jh.'s, kurz gesagt, dasS.544 der Biedermeierzeit erstehen. Eisenbahn und Post, Bürgerwehr und Lohnkutscher, Brothaus und Rathaus, Jahrmarkt, Maifest und Fastnacht und vieles andere ersteht wieder in ansprechender Form. -- Aug. Alckens stellt in seinem Büchlein Die Gedenktafeln der Stadt München (F. Bruckmann, 100 S.) genau 200 solcher Tafeln fest und erläutert sie geschichtlich, nachdem er den Wortlaut gebracht. Das Schlußregister bringt sie abecelich nach den Straßen. -- Rudolf Janik bringt in seiner Geschichte von Schaufling und Umgebung (Gg. Hirth Verlag, München, 87 S.) die Ortsgeschichten der Gemeinden Nadling und Urlading in der Ostmark im Balbinger Winkel bei Deggendorf. -- W. Krag < 49> hat der literarischen Jahresrundschau Bayerns wieder in der seit ein paar Jahren üblichen Einteilung fast 100 Seiten gewidmet. Eine reiche Ernte des Jahres liegt wieder gesichtet vor dem dankbaren Leser.[A. Mitterwieser.]e) Kärnten.W.
Krallert <
2198> untersucht die Beziehungen des kärntnerischen
Zisterzienserklosters Viktring zu seinem lothringischen Mutterkloster Weiler Bettnach und zu seinen
Töchterklöstern Landstraß in Krain und Insel des heil. Jakob in Kroatien. Der Nachweis der engen
Beziehungen zum Mutterkloster, das vom 12. bis ins 15. Jh. immer wieder Visitationen vornahm, erklärt die engen
personellen Beziehungen Viktrings zu Lothringen, der wir die Wirksamkeit des bedeutenden Geschichtsschreibers Johann von
Viktring verdanken. K. bietet auch noch eine Reihe von Ergänzungen zur Lebensgeschichte des Abtes, die F. Schneider
entgangen sind. -- In seinem Aufsatz »Zur Geschichte Kärntens in den ersten zwei Jahrhunderten habsburgischer
Herrschaft« gibt M. Wutte <
823> einen Abriß der Kärntner Verfassungsgeschichte im
späteren MA. Er behandelt die Rechtsstellung der Herzöge und die Entwicklung der Landstände, dann die
Auseinandersetzung
S.561 mit den reichsunmittelbaren Gewalten im Lande, den Grafen von Görz und Ortenburg, den Herrschaften des Erzbischofs von Salzburg und Bischofs von Bamberg. -- Über die Grafen von Görz als Landesherrn von Oberkärnten hat E. Klebel eingehende Untersuchungen angestellt < 824>. Er geht von einer Untersuchung des Besitzstandes aus und gelangt zu Ergebnissen, die auch von prinzipieller Bedeutung sind, so über den Begriff der hochfreien und ministerialischen Herrschaft. Wichtig ist auch seine Darstellung der verfassungsrechtlichen Lage Oberkärntens im ausgehenden MA., die eine Anwendung des Begriffes »Landeshoheit« nur in eingeschränktem Maße zuläßt. -- Anläßlich der 15. Wiederkehr des Jahrestages der Kärntner Volksabstimmung sind in einem Festheft der »Carinthia« mehrere Beiträge zur Geschichte dieser für Kärnten so erfolg- und ruhmreichen Zeit erschienen. Darunter ein ausführlicher Bericht des damaligen Landesbefehlshabers und gegenwärtigen Landeshauptmanns General Hülgert über den Kärntner Abwehrkampf < 1409>, der nicht die Kampfhandlungen selbst, sondern die unter außerordentlichen inneren und äußeren Schwierigkeiten durchgeführte Heeresorganisation darstellt. M. Wutte schildert das Eingreifen der von Professor Coolidge geleiteten amerikanischen Mitteleuropakommission in die Auseinandersetzungen in Kärnten, ein Eingreifen, das entscheidend zum Durchdringen des gerechten Kärntner Standpunktes in Paris beigetragen hat < 1410>.1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1936a) Bibliographie und Quellen.Von
Schottenlohers <
806> großem Werke sind im Berichtsjahr vier weitere Lieferungen
erschienen. Sie bringen den 3. Band zum Abschluß und enthalten den Schluß der Abteilung »Territorien
und Landesherrn«. Es hat sich also gegen die ursprüngliche Absicht ein 4. Band als notwendig erwiesen, der
die »Sachen«, die Gesamtdarstellungen und das Register liefern wird. Die großen Territorien des Reichs
Österreich, Pfalz, Sachsen usw. nehmen in dem vorliegenden
S.236 Bande natürlich den Hauptraum ein. Mit aufgenommen sind auch die Grenzländer des Reichs, wie die Schweiz, die Niederlande, Siebenbürgen, die in jener Zeit ja nur in loser Verbindung mit diesem standen. Die Benutzung des Werkes wird dadurch erleichtert, daß den einzelnen Fürstentümern Zusammenstellungen der in Betracht kommenden Fürsten und den Bistümern Bischofslisten vorausgeschickt werden, außerdem ist an den Schluß des Bandes eine Übersicht über die Kaiser und Landesherren gesetzt, die einstweilen das Register zu ersetzen vermag. Die bibliographische Vollständigkeit, die der Bearbeiter und seine Mitarbeiter erreicht haben, ist bewundernswert. Gerade dieser Band wird für den politischen Historiker ein unentbehrlicher Wegweiser sein. Einige kleine Ergänzungen habe ich an andrer Stelle (Zentralbl. Bibliothekswesen, 54, 5) gebracht.e) Bauernkrieg.Von dem, was das Berichtsjahr
sonst an Veröffentlichungen zur Geschichte des Bauernkrieges gebracht hat, verdient die Arbeit von
Honold <
821> wohl die meiste Beachtung. Sie widmet den Meraner Artikeln, der
interessanten Beschwerdeschrift der Tiroler Bauern und Bürger, eine außerordentlich eingehende, gut
gegliederte Untersuchung. Der Verf. berichtet zunächst über die Voraussetzungen der Artikel, d. h. über
die frühere Entwicklung des Verhältnisses der Tiroler Stände und besonders der Bauern zum Landesherrn und
die Lage der Bauern, untersucht auf Grund der Handschriften die Entwicklung des Textes der Artikel, verbreitet sich
über ihre Form und ihren Inhalt und erörtert schließlich ihr Verhältnis zu andern wichtigen
Dokumenten des Bauernkriegs, besonders zu Geismayers Landesordnung. Es ergeben sich dabei teils Übereinstimmungen
mit, teils auch Abweichungen von den Ansichten, die Franz in seiner natürlich weniger speziellen Behandlung
über diese Fragen ausgesprochen hat. Noch deutlicher kommt bei H. zum Ausdruck, daß es sich um ein Programm
handelt von einer oft überraschenden Modernität, von einer gewissen Großartigkeit der Ideen, dem es aber
formal wie gedanklich an der
S.239 Klarheit und Geschlossenheit fehlte, um zu voller Wirkung zu gelangen. Einen Anteil Geismayers an den Artikeln nimmt auch H. an, wenn auch manches darin zu seinen Wünschen im Widerspruch stand. -- Den Bauernkrieg in und um Freiburg i. B. hat Schaub < 820> in einem Vortrag behandelt. Notizen aus dem Freiburger Universitätsarchiv ermöglichen es ihm, einige Ergänzungen zu unserer bisherigen Kenntnis der Dinge zu liefern. -- Einige Textverbesserungen und sachliche Erläuterungen zu der Veröffentlichung der württembergischen Bauernkanzlei von Franz, die im vorigen Bericht <1935, S. 232> besprochen wurde, bringt Knapp < 818>. --Clos < 819> setzt seine im vorigen Jahrgang <1935, S. 233> erwähnten quellenkritischen Untersuchungen fort. Er zeigt, daß auch eine im Staatsarchiv Königsberg befindliche Aufzeichnung über den samländischen Aufstand, deren Verfasser höchstwahrscheinlich Kaspar Hennenberger war, auf Falcks Überlieferung beruht und in ihrem Hauptstück daher älter ist, als bisher angenommen wurde. Am Schluß druckt er einen Bericht über den Aufstand und das Schicksal des Kaplans Gregorius Frenczel aus der Memlischen Chronica Falcks ab. -- In einem weiteren kleinen Aufsatz bringt Clos < 816> einen neuen Beweis dafür, daß Luthers Schrift »Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, 1525« unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Wittenberg am 6. Mai entstanden ist, und zwar aus einem Brief von Hans v. d. Planitz an Herzog Albrecht von Preußen vom 10. Mai, mit dem eine Schrift Luthers »wider die selben aufrurer« übersandt wurde. -- Zum Thema Thomas Müntzer liefert Baumgarten < 817> einen Beitrag. Er verfolgt die Entwicklung Müntzers vom Theologen zum Bauernführer, sucht insbesondere das Verhältnis zwischen ihm und Pfeiffer zu klären, wobei er zu dem Ergebnis kommt, daß dieser nur vorübergehend im Banne Müntzers gestanden hat, im April und Mai 1525 aber dessen Pläne vielfach durchkreuzt und ihm die Führung in Mühlhausen entrissen hat. Der Verf. prüft schließlich noch quellenmäßig die Frage, ob Müntzer der Führer des Thüringer Bauernkrieges gewesen sei, und stellt sich hier auf die Seite von Franz, indem er ihm tatsächlich die Führung zuweist. Der militärischen Aufgabe aber war Müntzer nicht gewachsen und brach zusammen, als er merkte, daß Gott nicht zu seinen Gunsten eingriff.d) Reformationsgeschichtliche Einzelliteratur.Während Meinholds oben genannte Arbeit weithin die Theologie der Melanchthonschüler behandelt, führt
Moldaenke zu einem der treuesten Schüler Luthers, Flacius Illyricus, dessen Name durch das
große historische Werk der Magdeburger Zenturien dem Profan- und Kirchenhistoriker in gleicher Weise vertraut ist
<
2342>. Auch als Hermeneut hat Flacius schon lange Aufmerksamkeit erregt.
Kein Geringerer als W. Dilthey hat in ihm den Begründer der protestantischen Hermeneutik erkannt. Im Gegensatz zum
katholischen Traditionsprinzip entsteht die protestantische Forderung, »durch ein Organon der Exegese die
normative Selbständigkeit der Schrift darzutun«. Für Dilthey handelt es sich um die Einordnung dieser
Tat des Flacius in die aufsteigende Welt des modernen Geistes. M. hat sich ein anderes Ziel gesetzt. Er gibt die
theologische Ableitung der flacianischen Hermeneutik, und so liest sich sein Werk weithin als eine Gesamtdarstellung der
Theologie des Flacius. M. stellt in ihm den Humanisten dar, der unter dem überwältigenden Einfluß
Luthers die reformatorische Schriftwertung übernimmt, ohne aber auf den Humanismus als wissenschaftliche Methode
verzichten zu können. Der große Umfang des Werkes erklärt sich aus den vielen wörtlichen Beigaben,
die aus den schwer zugänglichen oder ungedruckten Werken des Flacius entnommen sind. Besondere Anerkennung bei
diesem Thema verdient, daß die stark systematische Begabung den jungen Verfasser nicht dazu verführt,
Geschichte im Sinne einer theologischen Richtung zu verfälschen. Wenn von ihm aus der Freude an den reichen
Ergebnissen heraus gefordert wird, daß nach Abschluß der Weimarer Ausgabe der Werke Luthers ein Corpus der
Nachreformatoren geschaffen würde, so ist diese Aufgabe im Hinblick auf Flacius und auch manche anderen wichtig.
Immerhin ist Clemens Einspruch zu beachten, der eine Ausgabe der Werke der Mitreformatoren wie Bucer, Brenz, Bugenhagen
u. a. als vordringlich ansieht. -- Einer der erbittertsten Gegner des Flacius an der Jenaer Universität war Johann
Stigel, der mit vollem Recht durch Pflanz der Vergessenheit entrissen worden ist <
2343>. Denn dieser neulateinische Dichter und Jenaer
Universitätsprofessor ist ein Laie, so daß man in seinen Werken Laientheologie und -frömmigkeit vor sich
hat. Dies erkannt zu haben, macht den Wert der vorliegenden Arbeit aus. Stigel, der seinem Landesherrn von Wittenberg
nach Jena folgte, ist durchaus ein Schüler Melanchthons. Doch geht die geistige Abhängigkeit nicht soweit,
daß er das Interim gebilligt hätte. -- Über Bucer als protestantischen Politiker handelt die
Königsberger Dissertation von G. Schmidt <
2344>. Er leitet aus der bisher unbeachteten
S.402 Schrift Bucers »das ym selbs niemant sonder andren leben soll und wie der mensch dahyn kummen mög« das Eigene an Bucers Tätigkeit ab. Wie jemand sich im Dienst einer Sache verzehren soll, das hat Bucer als Organisator selbst verwirklicht. Als Ganzes ist die Arbeit gegen die Auffassung gerichtet, die Bucer vorwärts zu Calvin und rückwärts zu Luther darstellt. Aber über das Gelingen dieser Aufgabe läßt sich auf Grund des Teildrucks kein Urteil fällen. --Krahns Arbeit < 2355> gibt ein anschauliches Bild von dem Leben, dem Kampfe und der Theologie des Führers des leidsamen Täufertums. Keineswegs ist eine lückenlose Lebensbeschreibung möglich. Es bleiben notwendig Lücken, da es sich um das verborgene Leben eines verfolgten Kämpfers handelt. Die theologische Wertung läßt erkennen, wie wenig Luther für diesen Täufer bedeutet hat. Eher ist an die Abhängigkeit von Sebastian Franck zu denken. Im übrigen ist dies Leben ein Kampf gegen alle -- gegen Katholiken und Kalvinisten, nicht am wenigsten gegen die aufrührerischen Geister im eigenen Lager.V. Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte.Im
Anschluß an frühere Forderungen <1935, S. 481> behandelt H. Schlenger die
»Siedlungskundliche Erforschung der nachma.'lichen Zeit in Schlesien« (Der Oberschlesier, Jg. 18, S.
455--63). -- Maetschke <
2075> sucht die Schwierigkeiten zu lösen, die sich aus der
mangelhaften
S.474 Überlieferung des Henricus pauper, des ältesten Breslauer Rechnungsbuches, ergeben. -- Die mit volkskundlicher Zielsetzung angelegte Dissertation von Klapper < 1794> schöpft in der Hauptsache aus den Guhrauer Stadtbüchern und erschließt damit dem Historiker mannigfaltiges Material, in erster Linie für die lokale Gewerbegeschichte der Habsburgerzeit (Rez. v. Th. Goerlitz, Z. Ver. Gesch. Schles. 71, 1937, S. 595 f.). Zur Geschichte, vor allem zur Wirtschaftsgeschichte, der Stadt Jauer sind im Berichtsjahre zwei sehr beachtenswerte Dissertationen erschienen < 2075a und 2076; Rez. v. H. Schlenger, Z. Ver. Gesch. Schles. 71, 1937, S. 575--77>. In der Arbeit von Kaulbach ist besonders eindrucksvoll die Gegenüberstellung des bedeutenden Leinenexportes vor 1618 und der veränderten Lebensbedingungen nach 1648, als Jauer durch die Verlagerung der Leinwandausfuhr in das Gebirge zu einer Provinzstadt herabgesunken war, die im wesentlichen das Schicksal ihrer von finanziellen Krisen bedrohten, durch die konfessionellen Vorstöße des Landesherrn und die wirtschaftlichen des Landadels beeinträchtigten Nachbarstädte teilte. Halbsguth zeichnet in sorgfältiger Auswertung der -- im Anhang abgedruckten -- Partikularschatzung von 1555 und unter Heranziehung vieler anderer einschlägiger Quellen ein Bild der Stadt Jauer um die Mitte des 16. Jh.'s mit weitausholenden Rückblicken, besonders für Fragen der Topographie, der Verfassung und des Kirchenwesens. O. E. Koßmann, »Schlesische Weber in Polen« (Schles. Jb. 8, 1935/36, S. 75--83 mit 2 Karten) bietet Zahlenmaterial für den starken Anteil der Sudetenschlesier an der Baumwollwebereinwanderung nach Kongreßpolen in der 1. Hälfte des 19. Jh.'s. M. Klante, »Schlesisches Glas im Wandel der Jahrhunderte« (ebd. S. 111--31, mit 2 Karten und 6 Abb.) gibt einen Überblick über die beiden Wellen der Glaskolonisation, die Entwicklung der kaufmännischen Großunternehmungen auf diesem Gebiet und das Auseinanderleben beiderseits der Staatsgrenze von 1742, der zu großen Erwartungen für das angekündigte Buch berechtigt. --Franzke < 1805; Rez. v. M. Laubert, Z. Ver. Gesch. Schles. 70, 1936, S. 501 f.> sieht in seiner auf Zusammenfassung der Einzelliteratur wie auf ungedrucktem Material der amtlichen Breslauer und privater oberschlesischer Archive beruhenden Dissertation in der Reform von 1807 die entscheidende Voraussetzung für das Entstehen einer einheimischen Industriearbeiterschaft und untersucht deren rechtliches, wirtschaftliches und kulturelles Schicksal, ihr Verhalten zum Staat und zur aufkommenden Polenbewegung bis zum Beginn der großen sozialen Gesetzgebung. K. Groba, »Der Unternehmer im Beginn der Industrialisierung Schlesiens« (Breslau, Hist. Kommission f. Schlesien, 31 S.; Rez. v. Fr. Andreae, Z. Ver. Gesch. Schles. 71, 1937, S. 597--99) will einen Baustein zu einer »schlesischen Industriegeschichte nach Unternehmergenerationen«, zu einer »historischen Typologie des führenden schlesischen Wirtschaftsmenschen« liefern, indem er auf dem Hintergrund der geistigen Gesamtsituation die erste Bildungsperiode des industriellen Unternehmers zeichnet, die von dem Beginn der Mechanisierung bis zur Verkehrsrevolution um die Mitte des 19. Jh.'s reicht und lange durch die Notwendigkeit starker staatlicher Mitwirkung (Musterwerke) bestimmt ist. So erklärt sich zu einem guten Teil die frühe Entwicklung der oberschlesischen Magnatenindustrie, das Scheitern und Stocken niederschlesischer Ansätze vor der »Ära Rother« und das anfängliche Fehlen des mittleren und kleineren Unternehmertyps. An Monographien zur oberschlesischen Industriegeschichte sind zu nennen A. Hempelmann, »Die Minerva Schlesische Hütten-, Forst- und Bergbau- Gesellschaft« (Berlin, Deutscher Betriebswirts-Verl., 91 S.; Rez. v. K. Groba, Z.S.475 Ver. Gesch. Schles. 71, 1937, S. 600) und M. Czaja, »Der industrielle Aufstieg der Beuthen-Siemianowitzer und Tarnowitz-Neudecker Linie der Henckel v. Donnersmarck bis zum Weltkrieg« (Diss. München, X, 101 S.). --Kutsche < 2074> erschließt aus den Beständen des Staats- und des Stadtarchivs Breslau ein reiches Material zur Geschichte des schlesischen Postwesens, das von seinen Anfängen im 16. Jh. an bis zur Entstehung der französischen Regie nach dem Siebenjährigen Kriege seine provinzielle Selbständigkeit zu behaupten verstand und dessen Entwicklung wertvolle Aufschlüsse über das Verwaltungs- und Wirtschaftsleben des Landes bietet (Spannung zwischen den habsburgischen Zentralorganen Kammer und Oberamt, Ringen um die Durchsetzung des Postregals gegen die Bestrebungen der städtischen Behörden und der Kaufmannschaft, Mißerfolge der Administrationspacht unter Karl VI.). -- Als 1. Teil einer Liegnitzer Postgeschichte veröffentlicht E. Clauß eine Studie »Das Liegnitzer Botenwesen« (Mitt. Gesch. Altert.-Ver. Liegnitz 15, S. 42--62), dessen Anfänge bis ins 14. Jh. zu verfolgen sind, das eine feste Ordnung aber erst Anfang des 17. Jh.'s nach Breslauer Vorbild erfahren hat. -- Mit schlesisch-polnischen Handelsbeziehungen des Spät-MA.s befassen sich zwei beachtenswerte Arbeiten polnischer Forscher, L. Koczy, »Związki handlowe Wrocławia z Polską do końca XVI wieku« [Die Handelsverbindungen Breslaus mit Polen bis zum Ende des 16. Jh.'s] (Wydawnictwa Instytutu Śląskiego, Polski Śląsk 18, Kattowitz, 34 S.; Rez. v. M. Scholz-Babisch, Z. Ver. Gesch. Schles. 71, 1937, S. 601 f.) und St. Kalfas-Piotrowska, »Stosunki handlowe śląsko-polskie za Kazimierza Wielkiego« [Die schlesisch-polnischen Handelsbeziehungen unter Kasimir d. Gr.] (Roczniki towarzystwa przyjaciół nauk na Śląsku 5, S. 227--81).I. Gesamtdarstellungen.J. Jatzwauk <
29> erörtert die ersten Ansätze zu einer sächsischen
Bibliographie, weiter Dr. Bemmanns und seinen eigenen Anteil an der Gestaltung der bisher erschienenen Bände
<1928, S. 448> und endlich die immer neuen Schwierigkeiten der Drucklegung seit dem Kriege. Hoffentlich
erfüllt sich sein Wunsch, daß sich doch noch ein Mäzen finden lasse, der dem ganzen Werke zu dem
für die sächsische Geschichtschreibung dringend nötigen Abschluß verhelfe. -- Die Dissertation von
G. Hartmann <
2077> hält, was der Eingangssatz des Vorworts verspricht, und bringt
damit die wertvolle Ergänzung zu der Arbeit von A. Hofmann über das Landgeleit in Sachsen <1931, S.
420>. Geleit und Zoll gehen schließlich im »Wassergeleit« begrifflich ineinander über; eine
anfängliche Schutzverpflichtung als Gegenleistung ist wahrscheinlich, aber für die sächsische Elbe
niemals praktisch geworden. Die Rechtsverhältnisse auf Elbe (und Leinpfad) werden schon 983 durch Otto II.
zugunsten des Bistums Meißen festgelegt. Erst seit dem 15. Jh. werden sie mehr und mehr vom wettinischen
Landesherrn bestimmt, bis Kurfürst August 1563 von sich aus willkürlich die Regalität über die Elbe
in Sachsen ausspricht. Den Hauptinhalt der Arbeit bilden die einzelnen Geleitstätten (auch kartographisch
dargestellt) mit den Beziehungen zum Landgeleite und ihre Vergabungen an einzelne und Städte und ferner die
Geleitseinrichtungen im besonderen: Geleitsaufgaben, Geleitsfreiheit, Geleitsverwaltung. Ein eigenes Kapitel ist den
vielen Streitigkeiten nach außen und innen gewidmet; der letzte Teil umfaßt die vereinfachende Neuregelung
durch die Elbschiffahrtsakte von 1821 (in Erfüllung der Artikel 109/115 der Wiener Kongreßakte) bis zur
Aufhebung des gesamten binnenländischen Elbzolls am 1. 7. 1870 durch die Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes. Die
dreifache Verpflichtung, die der Verf. im Vorwort für sich als Historiker aussprechen zu müssen glaubt, hat er
allerdings nirgends erkennbar erfüllt; es ist aber auch kaum denkbar, daß eine sachlich aufschlußreiche
Arbeit, wie sie hier zweifellos vorliegt, als »Historismus um seiner selbst willen« gedeutet werden
könne. -- Die ungemein fleißige Dissertation von W. Fügner <
2078> geht mehr den Volkswirtschaftler als den Historiker an, enthält
aber in den einzelnen Abschnitten manchen geschichtlich wertvollen Aufschluß über Aufbau, Gliederung und
Unterhalt der sächsischen Schulen und Hochschulen. Sie stützt sich durchweg auf amtliche Unterlagen und
liefert namentlich auch in den Tabellen aller Art eine dankenswerte Vorarbeit für die noch ausstehende Untersuchung
über die Gesamtausgaben der deutschen Länder in schulischen Sachen. -- K. Otto <
82> streift eingangs den Werdegang der einzelnen Behörden und ihrer
Büchereien bis zur Bildung des Gesamtministeriums mit der Verfassung von 1831. Es sah nicht immer gut aus in der
Verwaltung dieser Büchereien, weil meist ein sachkundiger Bearbeiter fehlte. Auch nach dem Entstehen des
Gesamtministeriums blieben die
S.480 Bestände der einzelnen Ministerien noch lange getrennt, während anderseits das Geschäftsbedürfnis zum Teil zu neuen Büchereien führte, wie z. B. im Statistischen Amt und im Landeskulturrat, heute Sächsische Landesbauernschaft. Die Schwierigkeiten der Verwaltung lagen darin, daß neben dem Grundstock immer Abzweigungen in den Handbüchereien der einzelnen Räte nötig waren, und daß der Ausleiheverkehr wie auch die Anschaffung nicht nach festen Grundsätzen vor sich ging. Wohl haben verdiente Bücherwarte (z. B. Engel, Alberti) und verständnisvolle Räte (Weinlig, Roscher, Schelcher) sich um die Abstellung der eingetretenen Mängel bemüht, aber der entscheidende Fortschritt kam doch erst mit der hauptsächlichen Unterbringung im gemeinsamen Ministerialgebäude (1904), mit dem Zusammenschluß der einzelnen Ministerialbüchereien in einer Arbeitsgemeinschaft (1922) und mit der gleichzeitigen Anstellung eines wissenschaftlichen Bibliothekars. Heute umfaßt der Bücherbestand dieser Arbeitsgemeinschaft rund 220_000 Bände, ist nach büchereiwissenschaftlichen Grundsätzen geordnet und im Ausleiheverkehr jedem Beamten leicht zugänglich, in besonderen Fällen auch anderen Benützern. Die Arbeit ist für den Fachmann aufschlußreich, aber die Anregungen des Deutschen Sprachvereins (S. 81) hat der Verf. leider nicht im wünschenswerten Maße befolgt.3. Siedlungsfragen.Das Buch von
Schneider <
1427> stellt eine Art Ortslexikon für die Provinz Westfalen (mit
Ausnahme der Kreise Siegen und Wittgenstein) unter Beschränkung auf die bis 1300 vorkommenden Ortschaften dar. Den
urkundlichen Belegen und Namensformen sind in knappster Form gehaltene geschichtliche Nachrichten beigefügt. Der
Benutzer wird allerdings gut tun, von dieser Erstlingsarbeit weder Vollständigkeit und erschöpfende Sammlung
der Belege und Literaturangaben zu verlangen, noch eine durchgehende kritische Prüfung der Quellenstellen und
selbständige Bestimmung der Örtlichkeiten zu erwarten, sondern sich mit einigen Lücken und Mängeln
von vornherein abzufinden. -- Die Sammlung der Flurnamen Westfalens ist vor einer Reihe von Jahren vom
Westfälischen Heimatbund begonnen und dann von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen übernommen
worden. An eine Veröffentlichung des ganzen gesammelten Flurnamenschatzes kann jedoch nicht gedacht werden,
vielmehr wird man sich auf die Herausgabe von Sammlungen für einzelne Bezirke beschränken. Ein Anfang ist mit
dem Buche von Schoppmann <
452> gemacht worden, das den Flurnamenbestand der Soester Börde
(einschl. der Soester Feldmark) enthält. Die Namen sind ortschaftsweise alphabetisch in der heute gültigen
Form aufgeführt; doch ist jeweils die mundartliche Lautform hinzugesetzt; urkundliche Namensformen aus älterer
Zeit sind nur in begrenztem Umfange herangezogen worden. Im ganzen bestätigt die Durchsicht des Namenvorrates die
auch anderwärts gemachte Erfahrung, daß der unmittelbare Ertrag für die geschichtliche Forschung nur
mäßig ist. Vermerkt sei das mehrfache Vorkommen der Bezeichnung Rodland, Rottland u. ä., deren
mundartliche Form überwiegend für die Ableitung von »roden« spricht. -- Die These von
Gregorius <
453>, daß der Flurname »Wöste« nicht Wüstung,
sondern Wald bedeute, muß in ihrem zweiten Teil dahin eingeschränkt werden, daß darunter in der Regel
Heide zu verstehen war. -- Vom siedlungsgeschichtlichen Gesichtspunkt aus, wenn auch nicht allein von diesem, verdienen
die verschiedenartigen Verzeichnisse bäuerlicher Höfe gewürdigt zu werden, die (z. T. aus
familienkundlichen Antrieben) in anhaltendem Maße erschlossen werden. Für das Gebiet der Grafschaft
Ravensberg ist von der landesherrlichen (jülich-bergischen) Verwaltung in den fünfziger Jahren des 16. Jh.'s
ein »Urbar« angelegt worden, das nicht lediglich den Grundbesitz des Landesherrn, sondern sämtliche
Höfe des Landes erfaßt, aber nur für die dem Landesherrn zustehenden die Angaben (z. B. über
Landmaße, Abgaben usw.) in voller Ausführlichkeit enthält. Man bekommt damit eine Übersicht
über die Ausdehnung und den Umfang der einzelnen Grundherrschaften und über den Anteil des Landesherrn, der
Kirche und des Adels am Boden. Eine Ausgabe des Ganzen ist in Vorbereitung. Ihr Bearbeiter, Herberhold
<
2092>, zeigt, wie die Anlage des Urbars mit einer Reform der Landes- und
Amtsverwaltung in Ravensberg in Zusammenhang stand und in welcher Weise die erforderlichen Erhebungen durchgeführt
worden sind. -- Die von dem Gräfl. Rietbergischen Sekretär Schwertener 1804 zusammengetragenen
»Materialien zum Staats- und Privatrecht der Grafschaft Rietberg«, die Flaskamp jetzt mit
verändertem Titel herausgegeben hat <
2095>, enthalten, außer einem Überblick über die
Geschichte der Grafschaft, als wertvollsten Bestandteil eine Übersicht über den gesamten damaligen Bestand an
bäuerlichen Anwesen in der Grafschaft Rietberg und über die gräflichen Höfe
S.508 außerhalb des Grafschaftsgebietes. Angehängt sind die Fassung des Rietbergischen Landesrechts nach der Weisung von 1697 und Erläuterungen über verschiedene Begriffe des bäuerlichen Rechts. -- Vgl. auch Segin (s. unten IV).VII. Kirchen- und Kirchenverfassungsgeschichte.Zum Schluß mag noch eine Schrift »350 Jahre Evangelische Gemeinde Lieberhausen 1586--1936« (32 S.) erwähnt werden, in der Brinkmann eine Geschichte dieses Kirchspiels darbietet. Er zeigt hier, daß die »Bunte Kerk«, wie diese mit schönen oder mindestens interessanten alten Fresken ausgestattete Kirche in dortiger Gegend genannt wird, noch verhältnismäßig lange der alten Lehre treu blieb, daß aber schließlich von der Gemeinde aus der katholische Geistliche gezwungen wurde, sich mit der neuen Lehre zu beschäftigen, und ein überzeugter Lutheraner wurde. Im weiteren hatte die Gemeinde mit den Landesherrn von Gimborn-Neustadt (Grafen von Schwarzenberg) zu kämpfen, denen es aber nicht gelang, sie zum Katholizismus zurückzuführen. Auf den letzten Seiten bietet Pfarrer Stüber eine Würdigung der hochinteressanten Kirche mit einigen charakteristischen Abbildungen. IV. Ortsgeschichte.Von den Anfängen
Münchens bis zum Ende der alten Stadtfreiheit (1803) soll das großangelegte Werk von P. Dirr
<
1988> die Rechtsentwicklung umfassen. Der vorliegende 1. Bd. geht bis zum
»Grundgesetz« von 1403 und bildet Bd. I der von der Kommission für bayerische Landesgeschichte
herausgegebenen »Bayerischen Rechtsquellen«. Er ist schon ungemein reichhaltig und stellt sich auch
buchtechnisch »in besonders gewählter äußerer Form« vor und ist die »erste nach
wissenschaftlichen Regeln bearbeitete und unter bestimmten Leitgedanken zusammengefaßte Münchener
Quellensammlung«. Die guten großen Abbildungen bringen Textproben und mehrere Siegel der Stadt und der darin
befindlichen Stiftungen. München verdient auch eine solche Veröffentlichung, weil bisher seine Stellung als
Kunststätte und als Residenzstadt im Schrifttum zu stark gegenüber der Bürgerstadt betont wurde. Denn das
alte München bis 1803 war keine sich selbst genügende Kleinstadt, sondern der kaufmännische Mittelpunkt
des Voralpenlandes. Das gut vierthalbhundert Seiten umfassende Register strebt geistige Durchdringung des Stoffes an;
die Erläuterungen des Sachregisters sind wirklich beachtens- und nachahmenswert. Vietzens Buch
über den Münchner Salzhandel <
2114> umfaßt die Zeit von 1158--1587, also von der
Stadtgründung bis zur Zeit, da den Bürgern vom Landesherrn der Salzhandel abgenommen wurde. Das zu Anfang des
16. Jh.'s, als Bayern wieder vereinigt war, geschaffene Salzmonopol ließ es geboten erscheinen, dies durch das
Handelsmonopol zu ergänzen. Über die Salzsender, die Salzstößel, die Salzstädel, die
städtischen Einkünfte erfahren wir manches. Für die Geschichte der anderen Städte Reichenhall,
Wasserburg, Landsberg usw., fällt auch manches ab. -- Nach Schnetz <
465> ist Radasbona die alte keltische Form, in der -bona Siedlung bedeutet,
Radas aber die geglättete ebene Stelle an der Donaulände besagt. Von allen Orten an der oberen Donau hat
Regensburg eine unvergleichliche Verkehrslage, weil gegenüber zwei Flüsse, die Naab und der Regen
einmünden, zu denen vom Süden viele Straßen streben. -- Von G. Hecht <
466> ist eine Unmenge Ortsnamen auf 80 Seiten behandelt, allem Anschein
nach mit Glück und großem Verständnis, da alte Namensformen reichlich beigezogen wurden. -- Das
oberpfälzische Städtchen Kemnath (Dollacker <
854>) hatte im 30jährigen Krieg stark durch Beschießungen und
Plünderungen zu leiden, in der Hauptsache aber 1622--49 meist eine Garnison zu unterhalten. Mittlerweile wurde dort
die Gegenreformation durchgeführt. Kurz vor dem Friedensschluß wurde noch von den Schweden das nahe
Schloß Waldeck eingenommen. -- Da die Geschichte der Stadt Rain am Lech von L. Dorn <
282> sicher noch eine Fortsetzung erhält, wird dem nächsten Band
die Besprechung vorbehalten. -- Die Memminger Bürgermeister sind eine Schöpfung der Zunftverfassung,
während die Ammänner vom
S.543 Stadtherrn gesetzt wurden bzw. durch die Landvogtei von Schwaben und dann durch die Stadt selbst aus dem Patriziat. Zwei »möglichst vollständige« Listen dieser Ammänner (bis 1216 zurück) und der Bürgermeister (bis 1351 zurück), welche Verwaltung und Justiz der Reichsstadt bis zur Einverleibung in den bayerischen Staat geleitet haben, machen den Beschluß der Arbeit von Westermann < 1780>. Erst von der Mitte des 15. Jh.'s an geben hierzu die Amtsbücher einfach zu findende Auskunft. -- H. Kuhn < 2117> bringt über 60 Goldschmiedemeister (1385--1803) Ingolstadts Nachrichten, zum Teil mit ganz ansehnlichen Lebensbeschrieben, wodurch er der Familienforschung einen erheblichen Dienst leistet. Auch die Goldschmiedeordnungen von 1480 und 1570 sind hier zu finden. -- Von Werden an der Ruhr stammt Wilhelm Kurman (Aufsatz von Keußen < 2562>), in Pavia wurde er Dr. juris; den Prozeß mit der Universität Köln verlor er. Schon vor dessen Ende war er von Rom aus an die neue Universität Ingolstadt gekommen. Etwa 1481 ist er gestorben. -- Zu J. Sallers Arbeit < 936> fehlt das Inhaltsverzeichnis, von einem Register gar nicht zu reden. Aber sehr viele Einzelheiten werden geboten, besonders aus Archivalien (z. B. über die Herstellung von Kriegsmaterial in der Stadt Straubing, die in diesem Kriege zweimal belagert wurde). Auch das Tagebuch des Abtes von Niederaltaich ist verwertet. Der mutige Hofkaminkehrermeister von Burghausen Cura wird gewürdigt und auch die Anfänge des Gastwirtssohnes von Cham Luckner, der es später zum Grafen und französischen Generalfeldmarschall brachte, werden aufgezeigt, wie auch die Taten des Obersten Trenk, der mit seinen Panduren besonders im Bayerischen Wald übel gehaust hat. Cham kam besonders schlecht weg, auch Dingolfing und Landau a. Is. mußten viel leiden. Das war der mittlere der drei Erbfolgekriege des 18. Jh.'s, in welchen Bayern häufig Kriegsschauplatz war.(A. Mitterwieser)VI. Kirchengeschichte.Die bisher fehlende umfassende wissenschaftliche
Darstellung der Nürnberger Reformationsgeschichte beabsichtigt Engelhardt <
2398> zu veröffentlichen. Der vorliegende erste Band, der 258 Seiten
umfaßt, endet mit dem vom Rat veranlaßten Religionsgespräch von 1525, das den Schlußstein zum
Reformationswerk der Reichsstadt setzte. Blieb der erhoffte Frieden zwischen den Parteien der Alt- und Neugläubigen
dabei auch aus, so folgte der im Vorjahre stattgehabten Loslösung
S.547 von Rom nun die Klärung der innerkirchlichen Lage durch das einheitliche Vorgehen gegen die Klöster in der Stadt; gleichzeitig begann der innere Auf- und Ausbau der landeskirchlichen Gewalt. Trotz der sehr weitläufigen Anlage des Werkes, welches mit ausgedehnten Schilderungen der damaligen, bekannten Reichsverhandlungen und mit vielen Briefstellen belastet ist, kommen die neuen Ergebnisse nicht den etwaigen gesteigerten Erwartungen gleich. Der Verfasser bestrebt sich die verstreuten Einzelschilderungen über die Nürnberger kirchliche Reformation zu einem großen Bilde zu vereinigen; verschiedenes neuere Schrifttum ist dabei seinem Blick entgangen. -- Angesichts der Gegensätze, welche die Pappenheimer Familie in der ersten Hälfte des 16. Jh.'s, besonders in weltanschaulicher Beziehung, spalteten, und der schwierigen Lage, in der sie sich befand -- Condominat über die Herrschaft, als Reichserbmarschälle notwendige Rücksichtnahme auf den Kaiser, auf den sächsischen Kurfürsten als Lehensherrn -- wie angesichts der Teilung der kirchlichen Rechte über die Dörfer zwischen Eichstätt, Ansbach und Pappenheim, ist es begreiflich, daß die Einführung und der endliche Sieg der Reformation in der Herrschaft Pappenheim nicht so sehr von dem Willen und der Macht der Obrigkeit, denn von dem Gehalt der lutherischen Lehre selbst beeinflußt worden ist. Bis zum Tode des Eichstätter Bischofs Christoph von Pappenheim im Jahr 1539 war noch die katholische Lehre in der Herrschaft maßgebend, bis 1546 machte die neue Lehre, wenn es sich auch aktenmäßig wenig nachweisen läßt, Fortschritte. Von da bis zum Augsburger Religionsfrieden wurde unter kaiserlichem und Eichstätter Druck, wenn auch nur widerstrebend, versucht, den alten Glauben wieder einzuführen; seit diesem Staatsgesetz wird die neue Lehre durch die pappenheimischen Landesherrn für die Untertanen verbindlich gemacht. Kraft < 2404> schildert diese Entwicklung unter Einstreuung vieler Urkunden und Briefabschriften in ausführlicher Darstellung: mit dem Aufbau der neuen Kirchenform in den nächsten Jahrzehnten ist die Einführung der Reformation im Pappenheimischen abgeschlossen. -- Ein sehr seltenes Schriftchen aus dem Jahre 1793: Charakteristik des noch unaufgeklärten und ungebildeten Teiles der protestantischen und katholischen Geistlichkeit in Franken, das nach Gürsching < 2397> von zwölf aufklärerischen evangelischen Geistlichen herausgegeben ist, erscheint infolge des Verlustes der gleichzeitigen Konsistorialakten als eine Geschichtsquelle von besonderem, wenn auch unterschiedlichem Werte. Mit dem Charakter einer innerkirchlichen Streitschrift verbindet sie die politische Absicht, die Hardenbergische Religions- und Schulpolitik zu unterstützen. -- Welche Grundgedanken und Absichten diese Politik in Ansbach-Bayreuth unter der preußischen Regierung von 1791--1803/6 verfolgt hat, wie sie im einzelnen durchgesetzt wurde, zeigt die reichhaltige, aufschlußreiche Darstellung Stroedels < 2396>. Die fränkische Kirche wird in dieser Zeit zur Staatskirche umgeformt, die seit dem 16. Jh. geltende unabhängige Konsistorialverfassung durch die einschneidenden Gesetze von 1795 und 1798 der weltlichen Regierung eingegliedert. Der Staat erstreckt im Geiste der Zeit auch in den fränkischen Provinzen seine uneingeschränkte Oberhoheit bis in den innersten Lebensraum der Kirche, er übt die kirchlichen Hoheitsrechte aus, die Pfarrer werden zu den verschiedensten nichtkirchlichen Amtsaufgaben herangezogen. Das gilt für den evangelischen Teil wie für die Reformierten, die zudem einige ihrer Vorrechte aufgeben müssen, und für die katholische Kirche; die Hardenbergische Kirchenpolitik will den Bischöfen nur in jenen Orten Diözesanrechte und geistliche Gerichtsbarkeit zugestehen, in denen sie schon 1624 ausgeübtS.548 worden sind. Die verschiedenartigen und zahlreichen Neuordnungen, die durchweg praktischen Erwägungen entsprangen, fanden nicht alle Erfüllung, kamen z. T. nicht über Planungen hinaus. Doch hat die stets geradlinige und das Vorrecht des Staatsgedankens immer betonende Politik Hardenbergs in Franken schärfer in die Verfassung der Kirchen und ihr Leben eingegriffen als in einem andren Teile des Königreiches es der Fall gewesen ist.1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1937III. Quellen und Darstellungen.Die Anfänge des
Geheimen Rates in Sachsen findet H. Kretzschmar <
2084> im Widerspruch zu Thomasius nicht so
S.475 sehr in der Nachahmung anderer Höfe oder gar in einem Prachtbedürfnis, sondern hauptsächlich in den Ansprüchen der Praxis an den Landesherrn. Wohl hat das Vorbild Habsburgs (seit 1526) allgemein, wenn auch verwässert, in den deutschen Territorien nachgewirkt, aber die wirkliche Herausbildung in Sachsen erfolgt doch selbständig, je mehr der Kurfürst die Kräfte des Landes wirtschaftlich und militärisch sichern muß, um in der großen Politik bestehen zu können. Das war zuerst bei Moritz der Fall, und so hat er mit seinen Instruktionen vom 7. 8. 1547 und 21. 1. 1548 eine erste Einrichtung dazu in einer Hofratsregierung geschaffen. Kurfürst August überträgt ähnliche Befugnisse zunächst auf die Kanzlei, hat dann aber in Mordeisen und Cracow noch Einzelberater bevorzugt und erst nach des letzteren Sturz 1574 die Geheime-Rats- Ordnung erlassen, nach der den Landesherrn fortan ein Kollegium in besonders wichtigen Sachen beraten soll. 4 bewährte Räte (2 adlige, 2 bürgerliche) werden berufen, die alle Konzepte gemeinsam unterschreiben, wobei aber die Ausarbeitung mehr den bürgerlichen Räten zufällt, während die adligen den Kurfürsten auf Reisen begleiten, so oft dies nötig scheint. 1584 wird die Ordnung ergänzt, um auch den Kurprinzen hereinzuziehen. Inwieweit Melchiors von Osse Rat bei der ganzen Einrichtung nachgewirkt hat, kann ebensowenig festgestellt werden wie die unmittelbare Einwirkung auf andere deutsche Länder.III. Ortsgeschichte und Stadtrecht.Die ständig zunehmenden Ortsgeschichten beweisen das Interesse für die Heimatforschung; der dargebotene
Quellenstoff ist meist das Wertvollste für den wissenschaftlichen Forscher. Aus Wetekams
Fortsetzung seiner Ortsgeschichte
S.496 von Vasbeck (Geschichtsbll. f. Waldeck u. Pyrmont 37, S. 21--130; vgl. <1936, S. 495 f.>) sind erwähnenswert Angaben über Vorkommen ma.'lichen Bergbaus, umfangreiche Bevölkerungsübersichten, die Beiträge über Sitte und Brauchtum sowie Nachrichten über Kirche und Schule. -- Das reiche und vielseitige Material in Trablés Ortsgeschichte von »Büdesheim am Scharlachberg« (Bingen, Polax) wäre einer kritischeren Verarbeitung wert gewesen; charakteristisch sind die durch die politische Zersplitterung des Nahegebietes bedingten Überschneidungen der Rechtsverhältnisse, namentlich das Verhältnis des Erzstiftes Mainz als Landesherrn zu St. Stephan in Mainz als Grundherrn. -- An der rassekundlichen Untersuchung der Dörfer Burkhards und Kaulstoss im südlichen Vogelsberg durch B. Richter <1936, 1709> interessieren die historische Bevölkerungsstatistik und -bewegung, die einen auffälligen Tiefstand in den Kriegsjahren 1634--1642 und den Auswanderungsjahren 1854 ff. aufweisen. -- Durch die Auffindung neuer Archivalien der Pfandherrschaft Balduinstein im Archiv der Freiherrn von Eltz-Rübenach in Wahn bei Köln kann Sponheimer (Nassauische Annalen 57, S. 221--229) einige Nachträge zu Michels Ortsgeschichte von Balduinstein über die Rechte der Pfandherrn im 16. Jh. sowie Entstehung und Geschichte der Pfarrei bieten. -- Nachträge zur Bibliographie. Heymann, H. F.: Langsdorfer Heimatbuch. Beiträge zur Geschichte und Volkskunde von Langsdorf in Oberhessen. Gießen, Albin Klein, 309 S. --Trieb, A.: Eppelsheim in Rheinhessen, Geschichte des Ortes seit den frühesten Zeiten bis zur Gegenwart. Eppelsheim, Bürgermeisterei, 241 S. (Befestigung, Adel, alte Familien und ihre Herkunft, Auswanderer; Flurnamen, Grundbesitz, Bodennutzung; Kirche, Schule, Gericht). --Wendel, G.: Geschichte des Dorfes Monzernheim unter Berücksichtigung seiner Umgebung, ein Heimatbuch. Monzernheim, Gemeinde, 195 S. --Walbrach: Geschichte der Badenburg. Arch. f. hess. Gesch. N. F. 34, S. 218--229. --Schmidt, F. A.: Rohnstadt-Ramshart. Nassauische Annalen 57, S. 120--123. --Voelcker, H.: Die Altstadt Frankfurt a. M. innerhalb der Hohenstaufermauern. Frankfurt, Diesterweg, 100 S.IV. Wirtschaftsgeschichte.Mit der
Veröffentlichung von Schuberts Geschichte der nassauischen Eisenindustrie <
2252> wendet sich die Historische Kommission von Nassau einem für ihr
Arbeitsgebiet besonders charakteristischen Forschungszweig zu. Der Schwerpunkt liegt in der umfangreichen
Quellensammlung aus der Zeit von 1298--1619, die zwar Vollständigkeit nicht beansprucht, aber alle Zweige des
Gewerbes und der zugehörigen Nebenprodukte umfaßt: Privilegien, Bergordnungen, Produktions-, Markt- und
Preisregelung, Verfahren der Eisengewinnung und -verarbeitung, Wald- und Holzkohlenwirtschaft, Betriebseinrichtungen und
Inventare, Stellung der Gewerbetreibenden usw.; vor allem ist in den Rechnungen ein reicher Stoff erschlossen, obwohl
gegen die auszugsweise Wiedergabe Einwendungen erhoben werden können. Der darstellende erste Teil ist eine
zusammenfassende Einleitung über die geschichtliche Entwicklung, aus der die führende Rolle des Siegerlandes
vor dem Dillenburger und dem unteren Lahngebiet hervorgeht. Das 15. Jh. bedeutet den Höhepunkt der
Aufwärtsentwicklung, die den Übergang vom Hand- zum Wasserbetrieb mit einschließt, während im 16.
Jh. offenbar eine Grenze des Fassungsvermögens von Produktion und Absatz erreicht wird. Wesentlich ist der
entscheidende Einfluß des Landesherrn. Im Register wirkt sich fehlende Ortskenntnis
S.497 des Bearbeiters nachteilig aus. Vgl. die Besprechung von Böttger in »Siegerland« 1937, S. 77 ff. -- Ein Überblick über »die Lage der Bauern in Nassau-Oranien« von A. Saller (Nassauische Annalen 57, S. 1--84) zeigt das typische Bild der westdeutschen Grundherrschaft. Der Landesherr ist auch überwiegender Grundherr und ausschließlicher Gerichtsherr. Die Lasten der Bauern sind in erster Linie Gerichtsabgaben, in zweiter Linie grundherrliche. Kleinbäuerlicher Besitz zu Erbleihe oder zu Erbzins überwiegt. --Wehners Darstellung des Merkantilismus im Hochstift Fulda < 2251> ist ein erneutes Beispiel, daß der Raum eines kleineren Territoriums von ausgesprochen agrarischem Wirtschaftscharakter für die Auswirkung dieses Systems nicht ausreicht. Besondere Eigentümlichkeiten der Entwicklung treten bei der betonten Beschränkung auf das Allgemeine und dem Verzicht auf die Untersuchung der Verhältnisse in den einzelnen Landesteilen nicht in Erscheinung.III. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte.Die
verfassungsrechtlichen Wandlungen, die Geheimer Rat und Kabinett in Baden unter Karl Friedrich (1738--1811) durchgemacht
haben, unterzieht B. Beinert <
2105> einer eingehenden Sonderbetrachtung mit dem Schwerpunkt auf der Zeit
vor den Koalitionskriegen. Andreas hat in seinem großangelegten Werk die Wichtigkeit der alten badischen
Markgrafschaft und ihrer Verfassung als Kernzelle für die Bildung des neuen Mittelstaates herausgestellt,
Windelband hat einen Querschnitt durch die Verwaltung zur Zeit der Vereinigung der Markgrafschaften Baden-Durlach und
Baden-Baden gelegt. B. lehnt noch stärker die Regierungsweise unter Karl Friedrich an die Persönlichkeit des
Fürsten an. Solange dieser die Regierungsverfassung seines Landes nach eigenem Willen bestimmen konnte, hielt er an
der kollegialen Einrichtung des Geheimen Rates, der Spitze seiner Landesverwaltung, fest und stand zur Wahrung seiner
mit den Zielen der Aufklärung verbundenen patriarchalischen Selbstherrschaft den Versuchen, durch ein
allmächtiges Fachministerium dieses
S.525 Prinzip zu durchbrechen, ablehnend gegenüber. Auch Wilhelm von Edelsheim, dessen Verdienst es den Markgrafen gelingen ließ, seiner Regierung ohne Änderung der alten Kollegien Beweglichkeit zu geben, vermochte seinen Landesherrn nicht zu einer durchgreifenden Umgestaltung des überholten Zentralbehördensystems zu veranlassen. Erst der Zwang der Rheinbundspolitik und die organisatorische Fähigkeit von Männern wie Brauer und Reitzenstein wandelten die Regierungsform und brachten die verlorene Einheitlichkeit der politischen Zielsetzung beim Aufbau des vergrößerten Staates. -- Die staatsrechtliche, wirtschaftliche und soziale Anpassung Elsaß-Lothringens an das übrige Deutschland nach der Rückgliederung in den deutschen Staatsverband ist von deutscher Seite, wie P. Wentzcke in seinem Aufsatz über die Anfänge des Reichslandes Elsaß-Lothringen < 1168> ausführt, spät Gegenstand geschichtlicher und verfassungsrechtlicher Betrachtung geworden. Erst das große, von G. Wolfram herausgegebene Reichslandwerk und sein elsässisches Gegenstück <1936, Nr. 1116> geben von verschiedener Warte aus mit einer Nachprüfung der Bedeutung der deutschen Verwaltung für das zurückgewonnene Land den erwünschten Ansatz. Das erstgenannte Werk ist mit dem im Berichtszeitraum erschienenen zweiten Teil des die Verfassung und Verwaltung behandelnden zweiten Bandes < 1167> zum Abschluß gebracht worden. Das Unterrichtswesen der deutschen Zeit wird namentlich von dem ehemaligen Oberschulrat B. Baier dargestellt. Es sei auf die ruhige und sachliche Erörterung der Sprachenfrage hingewiesen. Außerdem behandeln mit rühmenswerter Sachlichkeit einst im Reichsland führende Männer die deutsche Leistung im Fürsorgewesen, im Bauwesen, in der Verwaltung der Reichseisenbahnen und im Kirchenwesen beider Konfessionen. Ein 1938 herausgegebener Namen- und Sachweiser erleichtert die wissenschaftliche Benutzung des Gesamtwerkes. Als Ergänzung der beiden Standwerke sucht P. Wentzckes schon erwähnter Beitrag die Anfänge des Reichslandes mit der ersten Epoche des Bismarckschen Reiches zu verbinden, unter Auswertung bislang unveröffentlichter Schriftstücke aus Berliner Archiven, während eine an der Innsbrucker Universität erschienene Dissertation von G. Eisenbraun über das staatsrechtliche Schicksal Elsaß-Lothringens seit 1871 < 2104> die verfassungsgeschichtliche Entwicklung der beiden Landschaften im Reich Bismarcks und seit dem staatlichen Wiederanschluß an Frankreich aufzuzeigen unternimmt.§ 66. Baltische StaatenStern < 46, 47> rollt das bisher noch nicht untersuchte Problem der Grenzkämpfe, die sich während des ganzen 15. Jh.'s zwischen den Pleskauer und Nowgoroder Russen einerseits und den livländischen Landesherrn andererseits abgespielt hatten, auf und gibt auf Grund zeitgenössischer Berichte eine anschauliche Schilderung dieses Kleinkrieges im Wildnisgebiet, in dem es den Russen gelang, einige »Grenzregulierungen« durchzusetzen. Waren diese Grenzangriffe der Pleskauer und Nowgoroder Russen gewissermaßen noch harmloser Natur, so wurde das anders, als die Angriffe Moskaus, dem es ums Ganze ging, begannen. Vgl. hierzu Ramm-Helmsing < 48>. 1925 | 1926 | 1927 | 1928 | 1929 | 1930 | 1931 | 1932 | 1933-34 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1938§ 40. Katholische Kirchengeschichte der Neuzeit )Kühne <1937,
2418> behandelt die schwierigen Versuche einer Einigung zwischen dem
brandenburgisch-preußischen Staat und der katholischen Kirche in der Zeit nach dem Westfälischen Frieden bis
zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen. Die Kurie hielt krampfhaft an dem totalen Anspruch auf absolute
Unabhängigkeit der Kirche fest und lehnte die Ausübung einer Kirchenhoheit durch den protestantischen
Landesherrn ab. Die Spannungen hauptsächlich
S.376 im Fürstentum Halberstadt, die klare Stellung des Staates und einzelne führende Persönlichkeiten werden mit neuem Aktenmaterial gut herausgearbeitet. -- |
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