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Anonymi (70)

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Vita:

T: Archontes — ἄρχοντες (Passio LX mart. Hierosol. [BHG 1217]) bzw. Militärs — στρατιῶται (Passio LXIII mart. Hierosol. [BHG 1218]).

V: Es handelt sich um insgesamt 70 Personen, die laut der Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218) aus Ikonion stammten, allesamt reich waren und hohe Ränge bekleideten. Als nach dem fehlgeschlagenen Angriff der Araber auf Konstantinopel 717/18 zwischen Byzanz und dem Kalifat ein Frieden auf sieben Jahre geschlossen worden war, beschlossen sie im siebten Jahr dieses Friedens, nach Jerusalem zu pilgern, um dort das Grab Christi, seine Kreuzigungsstätte und die anderen heiligen Stätten zu besuchen (u. a. Zion, Bethlehem, die Siloaquelle mit dem Schafstor [Προβατικῇ], den Ölberg, Bethanien mit dem Grab des Lazaros und schließlich den Jordan). Als sie sich nach Abschluß dieser Pilgerfahrt zur Rückkehr nach Byzanz aufmachten, wurden sie von den Arabern bei dem Ort Koloneia unweit von Jerusalem gefangengenommen, da unterdessen der Friede zwischen den beiden Reichen abgelaufen war, und zunächst nach Jerusalem ins Gefängnis gebracht, später nach Kaisareia, wo als Gouverneur Sulaimān (# 7161) residierte, der die Angelegenheit an den Kalifen weiterleitete. Dieser befahl, sie zur Abkehr vom Christentum zu bewegen und im Weigerungsfall hinrichten zu lassen. Die Gefangenen wurden gefoltert und, da sie ihrem Glauben treu blieben, zum Tode verurteilt. Sie konnten allerdings mit Geld und guten Worten erreichen, daß die Hinrichtung in Jerusalem statt in Kaisareia stattfand. Auf dem Weg dorthin starben drei von ihnen (nur laut der Passio LX mart. Hierosol. [BHG 1217] cap. 10, p. 6,17f.). Angesichts der bevorstehenden Hinrichtung beschlossen sieben weitere, doch noch zum Islam überzutreten, erkrankten aber an Dysenterie und starben noch am selben Tage (Passio LX mart. Hierosol. [BHG 1217] cap. 10, p. 6,18-22; Passio LXIII mart. Hierosol. [BHG 1218] cap. 13, p. 149,13-18; cap. 16, p. 151,16-24). Die restlichen 60 (bzw. 63), die in der Passio LXIII mart. (BHG 1218) sämtlich namentlich aufgeführt werden, wurden am 21. Oktober am Davidsturm bei Jerusalem gekreuzigt. Ihre Leichname wurden auf einem eigens zu diesem Zweck gekauften Grundstück außerhalb der Stadtmauern (ἐν τοῖς ἐξωπύλοις) nahe der Stephanskirche bestattet, wo sie fortan an ihrem Todestag als Märtyrer gefeiert wurden. Die Zahl der Gefeierten variiert zwischen 60 (BHG 1217) und 63 (BHG 1218). Als ihre Anführer werden in der Passio LX mart. Hierosol. (BHG 1217) folgende Personen genannt: Georgios (# 2109), Ioannes (# 2965), Iulianos (# 3537), in der Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218): Theodulos (# 7978), Eusebios (# 1731), David (# 1249). Dem letzteren Bericht zufolge blieben die Märtyrer nach ihrer Verhaftung in Kaisareia und wurden auch dort hingerichtet. Ihre Leichen wurden an der Hinrichtungsstätte gelassen und nicht ordentlich begraben, blieben aber wunderbarerweise unversehrt, bis sie von Ioannes (# 2967) nach Jerusalem überführt und nahe der Stephanskirche außerhalb der Stadt bestattet wurden. Während die Passio LX mart. Hierosol. (BHG 1217) nach eigener Aussage auf Anregung eines Mönchs Ioannes (# 3147) von einem uns nicht weiter bekannten Übersetzer (# 11283) aus dem Syrischen ins Griechische übertragen worden sein soll, ist die Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218) von einem Mönch Symeon (# 7186) verfaßt worden.

Q: — (Hag.): Passio LX mart. Hierosol. (BHG 1217); Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218); Kanon auf die 63 Märtyrer: ed. A. Debiasi Gonzato, in: Analecta Hymnica Graeca II 245–253 (zum 21. Oktober). — (georg.): Calendrier palestino-géorgien 98 (zum 21. Oktober).

L : Beck, Kirche 483. 506. — Loparev, in: VV 19 (1912/1915) 2–10; Garitte, in: Calendrier palestino-géorgien 363f.; A. Debiasi Gonzato, in: Analecta Hymnica Graeca II 428f.; Huxley, in: GRBS 18 (1977) 369–374; DO Hagiography Database Nr. 116 (zu BHG 1217); Hoyland, Seeing Islam 360–363.

P: Beide Passiones behandeln unzweifelhaft ein und dieselbe Personengruppe, auch wenn die Angaben im einzelnen leicht differieren, was aber auch an der unterschiedlichen Entstehungszeit liegen mag. Die Passio LX mart. Hierosol. (BHG 1217) ist offenbar ikonoklastischen Ursprungs (Leon III. wird als ὁ τῆς ὁσίας μνήμης u. ä. bezeichnet), während die von ihr abhängige Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218) streng ikonodul ist und Leon III. und Konstantin V. scharf angreift. Vertrauenswürdig sind beide nicht! Vor allem ist die Datierung nicht überzeugend, da es 718 keinen Friedensschluß auf sieben Jahre gegeben hat. Friedensschlüsse nach arabischen Angriffen, die bis in die Nähe Konstantinopels führten, sind nur für 678/79 und 782/83 belegt. Ebensowenig passen die arabischen Autoritäten (der Herrscher Ägyptens [ὁ τῶν Αἰγυπτίων ἀρχηγός], der dem Gouverneur im palästinensischen Kaisareia, der wiederum auch für Jerusalem zuständig ist, Weisungen erteilt) der Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218) in die umayyadische Zeit, so daß man an eine erheblich spätere Entstehungszeit dieser Passio denken muß. Auch ist die Namensliste der Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218), in der kein einziger Name mehrfach vorkommt und bezeichnenderweise die beiden Namen Leon und Konstantin fehlen, kaum vertrauenswürdig. — Die bei Beck, Kirche 506 genannte “lateinische Passio dieser Sechzig, die aber griechischen Ursprungs ist und mehr Vertrauen zu verdienen scheint”, bezieht sich auf 60 Märtyrer in Palästina, die zur Zeit des Kaisers Herakleios (ca. 638) das Martyrium erlitten und am 17. Dezember gefeiert werden (Martyrium sanctorum Christi militum sexaginta qui tenti sunt ab impiis Sarracenis [BHL 5672m], ed. Delehaye, in: AnBoll 23 [1904] 300–303; zu ihnen cf. Hoyland, Seeing Islam 347–351). Auch ist die dortige Namensliste mit derjenigen der Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218) nicht identisch, so daß sie allenfalls allgemein als Vorbild gedient haben könnte. — Der Quellenwert der beiden Passiones wird von Huxley (bes. 372–374) äußerst kritisch beurteilt: Die Passio LX mart. Hierosol. (BHG 1217) und die von ihr abhängige Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218) seien reine antiislamische Propaganda und als historische Quellen vollkommen wertlos. Etwas vorsichtiger urteilt jetzt Hoyland, Seeing Islam 362f. — Mit der Stephanskirche ist vermutlich die von der Kaiserin Eudokia im 5. Jh. gestiftete Anlage nordwestlich der Stadt gemeint; zu ihr cf. Bieberstein–Bloedhorn II 231–236 (Koordinaten 1718.1324) (Lit.).

Quellen:

  • Calendrier palestino-géorgien
  • Passio LX mart. Hierosol. (BHG 1217)
  • Passio LXIII mart. Hierosol. (BHG 1218)
  • Analecta Hymnica Graeca